Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188810307
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881030
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881030
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-10
- Tag 1888-10-30
-
Monat
1888-10
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.10.1888
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
I GtammeSgenosse». Ihr Verbot sei ln keinem Gesetz begründet und daher eine willkürliche Polizciverfngnng. Frankreich. Der wegen Spionage angeklagte Deutsche Kilian ist in Nizza zu 5 Jahren Gefängniß und 5000 Franken Geldbuße verurtheilt. Außerdem ist ihm der Aufenthalt in Frankreich für 6 Jahre verboten. Kilian war beschuldigt, sich unter falschem Namen und mit Verheimlichung seines Berufes in eine» festen Platz eilige- schlichen, Mittheilungen, welche die Sicherheit des Staates betreffen, inS Ausland geschickt und FcflnngSplänc ausgenommen zu haben. Den ersten Anklagcpnnkt ließ der Staatsanwalt selbst fallen. Als Beweis material liegen 14 Berichte vor, die Kilian au einen angeblichen Oberst im Großen Generalstabe zu Berlin geschickt haben soll und welche die Alpenmauövcr n»d Bcrgsorts behandeln. Die Äenieab- theilung des französischen Generalstabcs erklärte diese Berichte für werthvoll und geeignet, der französischen Landcsvertycidignug zn schaden Außerdem habe Kilian eine Grasgewchr-Patronc nach Berlin ab senden wollen und verschiedene Zeugen sagen ans, sie hätten ihn schon lange im Verdachte der Spionage gehabt. Kilian rühmte sich, ein vertrauter Freund Moltkes zu sein; er behauptete von Adel und ehe maliger Offizier zu sein und einen Brief Bismarcks in der Tasche ;n haben, welcher seine Verhaftung als Kriegsfall bezeichne. Der von Amtswegen bestellte Bcrtheidiger stellte Kilian als einen gewöhnlichen Ausschneider hin und erklärte mit großen, Eifer, Kilian sei gar nicht in der Lage gewesen, zn spioniren; was er wisse, wisse alle Welt. Der Angeklagte wurde trotzdem für schuldig befunden, die Pariser Blätter jubeln »u» auch nicht schlecht! — Mit der Ausführung des berichtigte» Fremden-Dekretes geht es nicht so recht. Präsident Caruot hat einen zweiten Erlaß unterzeichnen müssen, wodurch die Meldefrist der Ausländer bis zu Neujahr verlängert wird. — Bei einer am Freitag Abend stattgchabten politischen Versammlung kam cs zu heftigen Zusammenstößen. Die Boulangistcn wollten den Abg. Vergoin zum Vorsitzenden haben, ihre Gegner erhoben indessen lebhaften Widerspruch und versuchten die Rednertribüne zu erstürmen, welche gerade ein ge wisser Lullier iuuc hatte. In Folge dessen entstand ein Handgemenge; Lullier feuerte einen Revolverschuß ab, wurde darauf von der Tribüne herabgcrissen und, während er noch dreimal ans seinem Revolver schoß, mit Stöcken und Messern gemißhandclt, bis endlich seinen Freunden es gelang, ihn aus dem Saal zn bringe». Die Ruhe wurde erst wieder hergestcllt, als der Saalbcsiher den Gashahn zugedreht hatte. An zwanzig Personen sind in dem Tumult verwundet worden, mehrere davon ziemlich erheblich. Russland. Die asiatische Reiie des Kaiserpaares ist beendet. Der Zar hat sich in Batun, auf der kaiserlichen Jacht unter zahl reiche», glänzenden Abschiedskuudgcbungen eingeschifft und fährt von dort durch das Schwarze Meer nach Sebastopol, wo eine große Flottenparade stattfinden wird. Nach derselben geht die Reise direkt nach Petersburg. — Nach Warschauer Blättern erhielten alle dort Wohnenden ausländischen Juden den Polizeibefehl, das russische Staatsgebiet binnen vier Wochen zu verlassen. — Die Petersburger Blätter unterstützen kräftig den Protest der Königin Natalie von Serbien gegen ihre Ehescheidung und schmähen den König Milan in Wüthender Weise. Die sonst so aufmerksame russische Prcßccnsur sagt in diesem Falle gar nichts. — Herr von Giers hat zu seinem fünfzig jährigen Dicnstjubiläum auch von dem österreichischen Minister des Auswärtigen, Grasen Kalnoky, ein äußerst herzliches Glückwunsch schreiben erhalten. Der Wladimirorden, den Giers jetzt vom Zaren bekommen hat, war ihm schon vor einem Jahre zugedacht. Damals Hintertrieben aber die Panslawisten diese Auszeichnung. Orient. König Milan von Serbien ist nach Kräften bemüht, den tiefen Eindruck, welchen die schnelle Ehescheidung im Lande her vorgerufen, zu verwischen. Durch Proklamation verspricht er dem Volke eine neue, freiere Verfassung und rnst die große Nationalver sammlung ein. Die Kommission, welche die Verfassung ansarbeiten soll, besteht aus Mitgliedern aller Parteien. Offenbar hofft der Kö nig auf diesem Wege die Mißstimmung zu beseitigen, welche sein Borgehen gegen die Königin hcrvorrief. Da der König die Angele genheit selbst in Fluß brachte, p-.uß er offenbar die Gewißheit besitzen, dieselbe zu beherrsche». In diesem Falle wäre das Ereigniß mit Genugthuung zu begrüßen, da Serbiens Verhältnisse einer Entschei dung zudrängen und es jedenfalls bester ist, wenn dieselbe durch den König, als wenn sie ohne ihn oder gar gegen ihn hervorgcrusen wird. — König Georg von Griechenland hat am Sonnabend die Kammern in Athen eröffnet. Die Thronrede sagt mit Genugthuung, daß der gegenwärtige Zustand des Landes in jeder Beziehung befrie digend sei, und spricht ihre Freude aus über die Verlobung des Kron prinzen und die dem Könige zn seinem Regicrungsjubiläum dargcbrach- ten Sympathiebcwcisc. Griechenland wolle aufrichtig den Frieden; sollte aber trotzdem ein Krieg ausbrecheu, so werde es zeigen, daß es nichts im Interesse der nationalen Wehrkraft versäumt habe. - Fürst Ferdinand von Bulgarien erösfuetc in Sofia die bulgarische Sobranje mit einer Ansprache, worin er seine Befriedigung darüber ausdrückte, daß im Lande volle Ruhe herrscht. Auf Grund sciucr Rundreise konstatirle er, daß die Bevölkerung sich überall friedlicher Arbeit hingiebt. Er hebt sodann die Ergebenheit der Armee und ihren Eifer in der Ausbildung hervor und kündigt verschiedene Ge- setzesvorlagen an. Zn Präsidenten der Sobranje wurden Negier ings- lcute gewählt. — Bon den rumänischen Kammerwahleu stehen 174 Resultate definitiv fest. Davon sind 153 im Sinne der Regierung ausgefallen. Sächsisches. — Dresden, 29. Okt. Der Exportvcrcin für das Königreich Sachsen hält heute Nachm. 5 Uhr im Saale der Dresdner Kauf mannschaft seine 3. ordentliche Generalversammlung ab, zu der außer de» gewöhnlichen Vorlagen zum Zweck der weiteren Festigung des Vereins nach Ablauf der ersten Einrichtungsjahre Statutenänderungen auf der Tagesordnung stehen. Bor der Generalversammlung findet von Nachmittag halb 3 Uhr ab unter Führung von Verwaltuugs- rathSmitgliedcru eine Besichtigung des Vereins-Mustcrlagers im ehe maligen Köuigl. KadettenhauS statt. An das von der großen Mehrzahl der Bereinsmitgliedcr beschickte Musterlager inländischer Industrie- Erzeugnisse schließt sich die Abtheiluug ausländischer Waarenmuster und Rohprodukten an. — Leipzig, 27. Oct. Heute früh 8 Uhr trafen König Albert, Prinz Georg und Prinz Albrecht von Sachscn-Alteuburg in Begleitung ihrer persönlichen Adjutanten, von Dahlen kommend, hier ein und wurden auf dem Dresdner Bahnhöfe von den Spitzen der Civil- und Militärbehörden Leipzigs begrüßt. Nach kurzem Aufenthalte begaben sich die hohen Herrschaften zur Jagd auf Ehrcn- berger Revier. Nach der Rückkehr hierher wurde das Mahl im Restaurant des Dresdner Bahnhofs eingenommen und darnach mi'tlcls Eztrazuges die Rückreise nach Dresden angetreten. Prinz Albrecht begab sich dagegen nach Altenburg. — Grimma. Zum Empfange des Kaisers sind 100 Husaren von hier nach Leipzig beordert. — In Auerbach i. V. brannte am 26. Okt. Nachmittags die an der Rodewischer Straße gelegene Schankwirthschaft „Zur Wart burg" nieder. — Hohenstein, 27. Okt. Herr Commerzienrath Beck hier und seine Ehefrau haben zur Beschaffung einer in künstlerischem Schmucke zu erbauenden neuen Kanzel für hiesige Kirche die Summe von 2500 Mk. gestiftet. — Ehren friedersdorf, 26. Oct. Das hiesige königliche Amtsgericht hat über das Vermögen der Strumpfwaarenfabrikanten Karl Wilhelm Nehm und Robert Emil Atmannspacher son., beide in Thum, das Konkursverfahren eröffnet. —* Harthau. Am 24. Oct. veranstaltete Herr Fabrikbesitzer Schubert hier eine große Treibjagd, wozu sich eine Anzahl Herren von hier und Umgegend eingcfnnden hatten. Das Ergcbniß ist im Verhältniß zu anderen Jahreu sehr reich zu nennen, umsomehr, da nur ein kleiner Theil des Reviers abgetrieben wurde. Man erbeutete 23 Hasen, 4 Rehe, 2 Füchse und 2 Rebhühner. X Altchemnitz. Am letzten Sonnabend hielt der hiesige Orts-Gewerkverein für Stuhlarbeiter eine öffentliche Versammlung ab, in welcher Herr Schuldirektor Schmidt aus Dresden über „die staatliche Invaliden- und Altersversicherung für Arbeiter" Vortrag hielt. Sowohl Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer hatten sich in ziemlicher Anzahl cingefunden und folgten mit gespanntester Aufmerksamkeit den Ausführungen des Vortragende», welche eine klare und sachliche Kritik über den neuen Gesetzentwurf bildeten. Namentlich waren es die Höhe der Unterstützungen und die überaus hohe Altersgrenze und lange Wartezeit bis zum Bezug derselben, welche der Herr Vortragende als höchst bedenklich bezeichnet«, ebenso führte derselbe an, daß namentlich für weibliche, Arbeiterinnen die Versicherung keinen besonderen Werth habe, da doch die meisten, dem natürlichen Berufe des Weibes zufolge, sich verehelichten und hierdurch meist aus der Versicherung ausscheiden und ihrer Ansprüche verlustig gehen. Zum Schluß seines allgemein verständlichen Vortrages sprach Redner noch den Wunsch aus, daß durch die Verhandlungen des Reichstages der vorliegende Gesetzentwurf eine wesentliche Umänderung erfahren möge, da er in seiner jetzigen Fassung sür die Arbeiter durchaus nicht empfehlenswerth sei. Diesen Ausführungen schloß sich auch der nächste Redner, Herr B. ans Chemnitz, an, und wurde schließlich eine Resolution einstimmig angenommen, in welcher die Bedenken gegen die geplante Versicherung kurz und deutlich ausgedrückt sind. Diese Resolution soll an maßgebender Stelle cingereicht werden. sich zu bezwingen, und so trat gleich darauf wieder das gewöhnliche, freundlich-spvtiische Lächeln in sein Gesicht. „Wenn's Euch so gewaltig darnach gelüstet, zu sehen, wie sich's auf dem Grunde der Nordsee liegt," meinte er, „so ist ja nichts im Wege, daß Jhr's versucht. Aber ich will mit der Narrheit nichts weiter zn schaffen haben!" Er wcndete sich kurzweg um und stieg von der Düne hinab, um dem Dorfe zuzuwandern. Die Anderen eilten Alle miteinander zu dem ganz in der Nähe befestigten, stark und gut gebauten Rettungs boot. So viele Hände griffen hilfsbereit an, daß cs innerhalb weniger Minuten flott gemacht war, und unmittelbar nachher tanzte cs auch schon mit seiner wackeren Mannschaft auf den weißen Wogen- lämmcn der Brandung. Riesenstarke Männer waren es, welche die Ruder führten, und im Hintersteven saß Uwe Pcterscn, der mit jugendlicher Kraft und Geschicklichkeit sein Ruder als Steuer gebrauchte. Wohl hatte Kapi tän Erichsen Recht gehabt, wenn er das Unternehmen für ein bei spiellos verwegenes erklärte; aber die cs begonnen hatten, waren mit dem tückischen Element von Kindesbeinen an vertraut, und sie Würden sicherlich nicht ohne tapfere Gegenwehr in dem schweren Kampfe unterlege» sein. Mehr als einmal, wenn sic schon eine an sehnliche Entfernung gewonnen hatten, wurden sie von einer hoch anfbäumendcu Welle um ein beträchtliches Stück zurückgcworfen und mußten ihr ausrcibeudcs Ringen von neuem beginnen. Endlich aber halten sie die Brandung doch überwunden und konnten nun all' ihre Kraft daran setzen, um zu dem Punkte zu gelangen, an welchem sie das gefährdete Fahrzeug vcrmuthcn mußten. Freilich waren sie da bei unaushörlich von der furchtbarsten Gefahr umdroht. Trotz der Gewandtheit, mit welcher Uwe Pcterscn den Wellen zu begegnen wußte, konnte er doch nicht verhindern, daß dieselben zum Theil über sic hinwcggingen und sie nicht nur bis auf die Haut durch näßten, sondern das Boot auch mehr als einmal dem Kentern nahe brachten. Trotz aller Schrecknisse aber» mit denen sic zu kämpfen hatten, war das Glück den Tapferen treu. Ein Frcudenruf des alten Fischers verkündete, daß er das Boot abermals wahrgcuommcn habe, und es währte nicht lauge, bis sie demselben auf eine geringe Ent fernung nabcgckoiniiieu waren. Für eine kurze Zeit hatte cs frei lich den Anschein, als ob trotz alledem ihr heißes, opfermuthigeS Be mühen umsonst gewesen ses; denn der Autler stär gekentert und seine Ans Nah rmd Fevn. — Mord im Duell. Wie aus Brüssel gemeldet wird, ver- urthcilte der Appellhof in Lüttich am 24. Octobec eine» Herrn Lejeune, welcher Thuillcr, den Corrcspondcuten der „Jndepedance belge", im Duell getödtet hatte, zur Maximalstcafe von zwei Jahren Gefängniß, 2000 Francs Geldbuße und 18000 Francs Entschädigung an Thuillcr's Frau und Kind, ferner den Dncllzeugcn de Herrsch zu 6 Monaten Gesäugniß und 3000 Francs Entschädigung, sowie drei Insassen mußten von den Wogen fortgcrisscu worden sein. Aber die Wackeren strebten dessen ungeachtet uneutmuthigt weiter, und ihre Zuversicht wurde auf das Herrlichste belohnt. Mit dem rechten Arm und mit beiden Beinen an eine losgc- rissene Planke geklammert, trieb ein menschlicher Körper auf den Wellen, und als sic demselben um ein Geringes näher gekommen waren, machten Peterscu's scharfe Augen noch eine neue, überraschende Entdeckung. „Es sind ihrer zwei!" rief er. „Von dem Andern kann ich freilich nur den Kopf erkennen; aber ich sehe doch ganz deutlich, daß es ein Mensch ist!" Und es bedurfte keines ermunternden Zurufes mehr, um die Rudernden zur äußersten Anspannung ihrer Kräfte zu bewegen. Einige unsäglich spannungsvolle, bange Minuten noch, dann war die erste Hälfte des großen Wagnisses gelungen, und die beiden Männer — Uwe Pctersen's Adlerblick hatte sich i» der That nicht betrogen — waren in dem Rettungsboote geborgen. Als man sich bemüht hatte, sie über Bord zu heben, war cs auch zn Tage gekommen, warum von dem zweiten, schwächeren der beiden Männer nur der Kopf über dem Wasser sichtbar gewesen war. Sein stärkerer Gefährte, ein Mann in einfacher Fischerkleidung, hatte den linken Arm um seinen Leib geschlungen und ihn so vor dem Untersinken bewahrt. Er hatte seine eigene Lage dadurch freilich um ein Gewaltiges erschwert; aber wenn in dem Körper des Anderen »och eine Spur von Leben war, so hatte er es allein der Geistes gegenwart und der Riesenkraft des Fischers zu verdanken. Für den Augenblick allerdings ließ sich noch nicht entscheiden, ob es Lebende oder Todic waren, die man der Wuth des zürnenden Meeres ent rissen. Beide Körper waren starr und bewegungslos — mochten sie doch auch schon seit geraumer Zeit als ein beklageuswerthes Spicl- werk der Wellen umhcrgcworfen worden sein. Die wackeren Männer von Sylt halten vorerst nicht Zeit, ihre» ungewöhnlichen Fang einer näheren Betrachtung zn unterwerfen. Noch galt cs, das eigene Leben zu vertheidigcn gegen die ringsum drohende Gefahr und die verderbliche Brandung zum zweiten Mal unversehrt zu durchkreuze». Und cs kamen Augenblicke, wo es für die, welche aus dem festen Lande standen, ganz den Anschein hatte, als ob Copitän Erichsen mit seiner Prophezeihung dennoch Recht behalten sollte. Eben noch hoch oben auf der Spitze einer mächtigen Woge schwebend, schien das Boot im nächsten Moment unter den andere Zeugen zu je eine,» Monat Gefängniß. Lejeune wurde sofort verhaftet. — Möchte cs doch allen Duellwüthigen so ergehen! — Vom Kaiserbcsuch in Pompeji. Die „Gazelta di Napoli" erzählt: „Bei den Ausgrabungen, die in der vergangenen Woche in Gegenwart Kaiser Wilhelms in Pompeji stattgefunden, kam man auch au einen Bäckerladen, der mit einer bronzenen Thür ver schlossen war. Draußen vor dem Laden stand noch der kupferne Trog und auch mehrere Gewichte, womit wahrscheinlich das Mehl gewogen worden war, lagen dabei. Alle Versuche, die Thür zn sprengen, mißlangen und so konnte Kaiser Wilhelm seine Nengi roe, ob noch Brod im Laden vorhanden war, nicht befriedigen." (5siemitiher Stadt Anzeiger. Du pi-nni-liinIrrreBIall«» werdiN ersucht. uns wichtige Begebenheiten giltig» »in n>n:e» Chemnitz, den 29. Oktober. — Drei weitere Medaillen sind Chemnitzer Firmen in Brussel verliehe» worden. Wir erhielten folgende Mittheilnng: „Bei de.» inter nationalen Wettstreit in Brüssel erhielt fürBerbaudsstofse den Ehrenprci- gold ene Medaille mit Diplom die hiesige Firma Max Arnold." Ferner wurde der Werkzeug»,aschinenfabrik von I. E. Neinecker für die von derselben ausgestelltcn Werkzeuge sür Metallbearbeitung, sowie sür eine Feiinnesjmaschinc, mittels welcher Länge,rdiffcrcnzen von Vi»<n>° mm wahrgc- nomme» werden könne», eine goldene Medaille zncrkannt- Eine silberne Medaille erlangte die Chemnitzer Tclcgraphcnbanaustalt vo» H. Pöge aus patcutirte Bogenlampen. Nimmt ma» hierzu noch die den Herren Bergfcldt, Kräblin nndGebr.Lohse verliehenen Medaillen, so crqiebt sich, daß auf Chemnitz allein bisher schon 6 Medaillen auf der Brüsseler Weltausstellung entfallen sind. Die zahlreichen hervorragenden Auszeichnungen sind für den einheimischen Judustrieslciß ein um so werth- volleres Zcngniß, als man doch gewiß bei den von französischen Einflüssen stark beherrschte» Belgiern keine besondere Borliebe für dentsche Erzengnisse voraussctze» kann. — Z ur Lage der ITricotstoff-Fabrikatio» wird dem B. T. vo» betheiligter Seite Folgendes geschrieben: Man liest in diesem und in anderen Blättern zuweilen von dem flotten Geschäftsgänge in der Tricotstoff- Fabrikation und daß das Product dem Consum kaum genügend dienen könne. Derartige Acnßerungcn in der Presse tragen dazu bei, diese Branche für eine rentable Industrie zn halte», geben dadurch erwiesenermaßen zu Nenctablirunge» Anlaß, und ist es deshalb sehr am Platze, hier aufkläreud zu wirken. Es ist wahr, daß in de» Hauptaualitätc» zuweilen großer Be darf. vorhanden ist, dem zu genügen den Fabrikanten oft schwer ist. Zu einem flotten Geschäftsgänge sollte sich aber auch ein Verdienst geselle», der z» dem Risiko, das diese Branche bietet, in richtigem Verhältnis; stünde, und daß dies thatsächlich nicht der Fall, das mögen diese Zeilen beweise». Seit Jahr und Tag wird bei den Stapelartikeln für das Kilo Maare etwa 1 M. mehr bezahlt, als das Garn kostet, d. h. etwa 15 Procent vom Rcchnrings- werthe. Davon müssen Weblohu, Garnabgäugc und Gewichtsdisfcrciizeii, Fabrikativnsspcsc», Fracht für die Stoffe »ach Berlin und die Agcnte». Provision bestritten werden. Der Nutzen sinkt dadurch aus 3—4 Proccut und wenn Maschüieuabnutzung und Amortisation, wie es nöthig ist, in Calcnlatiou gezogen werden, auf 2—3 Proceut, ein gewiß mehr als be scheidener Nutze». Sind Weltpreise fest und steigend, dann geht wenigstens die Abnahme eines abgeschlossenen Quantums glatt, ist aber die Situation eine weichende, oder artet sie gar in eine Krisis ans, wie wir solche in den letzten Jahren wiederholt gesehen, dann weiß der Coiifectionär an der ge lieferten Waarc soviel auszusetzen, daß der Fabrikant entweder zu bedeutenden Nachlässen sich verstehen muß oder Weiterlieferung freiwillig auszugebeu sich gezwungen sieht. Die Gefahren und Verluste am Material, die iu den Krisen der letzten Jahre schon bis 40 Proceut betragen haben, trug der Berliner Cvnfectioilär nicht. Ucbcrdies schmalem erste Berliner Firmen, denen es an reichen Mitteln durchaus nicht gebricht, den ohnehin kleinen Nutzen »och dadurch, daß sie das drcißigtügige Ziel zu einem sechzigtägigc» aus dehne», ei» Verfahren, das öffentlich gerügt zu werden verdient. —so. Vergeudete Kraft. William Towbridgc, Professor an der Bergakademie zn New-Iork, hat kürzlich Berechnungen «»gestellt über den Kraftaufwand bei Rnderwetlfahrten. Acht Studenten durcheilten eine Strecke von vier englischen Meilen oder 21,120 Fuß in 21 Minuten, sic legten also etwa 1000 Fuß in einer Minnte zurück. Der Widerstand des Bootes betrug, wie durch Experiment sestgestellt wurde, bei dieser Geschwindigkeit 75 Mund, die Krastleistung der acht limgen Männer betrug also in der Minute 75,000 Fußpsnnd, das macht ans den Manu 28 Pserdckräftc, mithin etwa sieben Mal so viel, als kräftige Arbeiter an einem Tage zu leiste» pflegen. Wir wollen nicht gegen Rudern, Radfahren oder sonst einen Sport aukämpfen; wir halte» sie für gesunde und vcrnünstigc Vergnügungen und sreuc» uns, caß sie auch in Chemnitz von Jahr zn Jahr mehr Auklang sinden und von schädlichen Genüssen abhalten. Aber gerade weil diese Hebungen zn schätzen sind, sei vor Ucbcrtreibungcn gewarnt, vor der Lust au der Nenoinmagc, die schon manche Tugend in Laster verkehrt hat. Erstens sind diese Wettfahrten ungesund, Herz und Lunge leiden schwer darunter, schwerer vielleicht, als bei fortwährendem Stubcnhocke». Zweitens ist es unsinnig, daß so viel Körperkrajt auf eine Arbeit verwandt wird, die keinem Menschen Vortheil bringt. Dieselbe» Leute, die sich wegen ein paar Medaillen so übermäßig schinden, sehen ost verächtlich aus den armen Arbeiter herunter, der bei seiner Arbeit schwitzt, die für seine Nahrung oder das Wohl seiner Mitmenschen witzig ist. Es ist nicht ehrenvoll für unsere Zeit, daß wir gütererzengcnde Arbcn geringer achten, als überflüssige Krastvergendungen; daß manche sich Tanjcndcn vo» Zuschauern zu zeigen lieben, wie sie in einem besonderen Kostüm wie Pferde arbeite», während sie sich schämen, eine Kiste nach der Post oder aus dem nächsten Bäckerladen ei» Brot nach Hause zn tragen. Wir achten -zwar in der Gegenwart Arbeit und Arbeiter in der Theorie höher, als man je zuvor gerh.ni hat, in der Praxis verhalten wir uns aber gegen körpc.liche Arbeit leiser viel stolzer und ablehnender, als unsere Väter llitd Großväter es thatcn. —* Schnell erwischt. Wir berichteten, daß am 19. d. M. einer ledigen an der Zöllncrstraße wohnhaften 'Arbeiterin ans ihrer Bodenkammer ein schwarzes Kleid gestohlen, und dies Kleid am selben Tage noch bei einem Trödler all der Hainstraße versetzt worden fei; ferner, daß am 23. d. M. der unbekannte Verletzer bei demselben Trödler ein Deckbett zu ver kaufe» versucht habe, welches, wie sich später erwies, ans einer Wohnung an der Sonnenstraße gestohlen worden war. Heue ersahren wir, daß die hcravstürzeiidcn Wasscrmassen erdrückt und begraben, so daß ein Wiedccanftanchcn fast wie etwas Wunderbares begrüßt wurde. Doch wie das hcldenmüthige Wagestück vorhin gelungen war, so gelang es auch diesmal. Kein Mann ging verloren, und Boot wie Besatzung gewannen glücklich das feste Land. Unter den Männern am Strande wurden nicht viele überflüssige Worte ge wechselt. Ein kräftiges Händeschütteln, das war die Anerkennung, welche die Zurückgebliebenen der Mannschaft des' Rettungsbootes spendete»; dann beeilte sich Alles, den beiden scheinbar leblosen Fremdlingen bciznstehe», soweit cs in menschlichem Vermögen lag. Während ihre Körper über die Dünen nach dem nächstgelcgcneu Hause getragen wurden, schickte sich Uwe Pelersen, dessen Anzug von Wasser tricstc, ebenfalls an, die Höhe zn übersteigen. Aber die Anspannung seiner Kräfte war eine zu gewaltige gewesen, die An strengung, welche er sich auferlcgt hatte, war so weit über die Leistungsfähigkeit seiner Jahre hinausgcgangen, daß sich jetzt, wo er sein hctdenmüthiges Werk vollbracht, die unvermeidliche Reaction cinstellte. Ans der Hälfte des Weges brach er plötzlich, ohne einen Laut von sich zn geben, ohnmächtig zusammen, und man mußte auch ihn in eines der nächsten Häuser tragen, damit er sich dort so weit erhole, um in sein eigenes Häuschen am Ende des Dorfe gebracht zn werden. Mit all' der Uneigennützigkeit und Hülfsbereitschaft, welche den friesischen Küstenbewohnern eigen ist, hatte Lars Andresen den beide» Fremdlingen, welche da so unerwartet seine Gastfreundschaft in Anspruch nahmen, die beiden besten, im Erdgeschoß gelegenen Zimmer seines Hauses zur Verfügung gestellt. Bis der in Keitum ansässige Landjchaftsarzt zur Stelle war, bemühten sich einige erfah rene Männer um die Wiederbelebung der den Wellen Entrissenen. Schon als sie entkleidet wurden, hatte einer der Anwesenden, ein alter sturmerprobter Seemann, die Wahrnehmung gemacht, daß der Zartere und Schwächere von Beiden, der sich auch schon seiner städti schen Kleidung nach als Binnenländer chaiakterisirle, eine schwere innerliche Verletzung davongeiragen zu haben scheine. Seine rechte Schulter zeigte eine hoch aufgetriebene, blutunterlaufene Geschwulst, und als man den Arm ein wenig in die Höhe hob, ging ein cigen- thümlichcs Zucken durch seine» ganzen Körper. Dieses Zucken war zugleich das erste sichere Zeichen, daß noch Leben in ihm sei, und es war nur natürlich, daß sich die eifrigste Fürsorge zunächst ihm zuwendete. Fortsetzung folgt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)