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>> Beilage zu Rr. 28S. Mittwoch, 12. Deceiillirr 1888. 8. Jahrgang. Sächsische» Laii-es-Anzeiger Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Chemnitz, Theaterstratze 5. tz. Das Weißbuch über Ostafrika. Chemnitz, den II. December. Dem Reichstage ist die Sammlung diplomatischer Actenstücke über den Ausstand in Ostafrika zugegangen. Dieselbe enthält 44 Actenstücke aus der Zeit vom 5. Mai bis 4. Dezember d. I., deren Inhalt fast sämmtlich bekannt ist. Das erste Schriftstück ist ein Be richt des deutschen Generalkonsuls in Zanzibar über den Abschluß des Vertrages, durch welchen der Sultan von Zanzibar der deutschen ostafrikanische» Gesellschaft die Verwaltung seines Küstengebietes süd lich vom Umbaflnsse überträgt. In dem Vertrage heißt es: „Die Verwaltung soll von der Gesellschaft im Namen des Sultans »»ter seiner Flagge und unter Wahrung seiner Souveränctätsrechte geführt werden." Die nächsten Berichte theilen mit, daß bei Hissung der Gescllschastsflagge in mehreren Orte» Unruhen entstanden. Auch die Statthalter des Sultans zeigten sich mehrfach renitent; da von dem Sultan keine entschiedene Zurechtweisung erlangt werden konnte, gingen die deutschen Kriegsschiffe ans eigene Fanst vor. Dabei kam cs i» Lindi, Pangani, Bagamoyo und anderen Orten zu Zusammen stößen. Un'cr dem 6. Oclober sandte Fürst Bis narck aus Friedrichsruhe folgenden Erlaß an den deutschen Generalkonsnl: „Was die Vorgänge in Bagamoyo »nd Pangani betrifft, so bestärken mich die jetzt vor liegenden ausführlichen Mittheilungen in der Auffassung, daß das Hissen der Gescllschastsflagge in den Küstcnhäfcn überhaupt weder geboten, noch rathsam war, und daß der darüber entstandene Streit hätte vermieden werden können, wenn die Gesellschaftsagenten mit der vorsichtigen Beschränkung auf das praktisch Nolhwcndige verfahren wären, welche die Vorbedingung des Gelingens gewagter Unterneh mungen auf unbekanntem Gebiet bildet. Nach Artikel 1 des Ver träges zwischen dem Sultan und der dentsch-vstasrikanischen Gesellschaft soll die Verwaltung des Küstengebietes im Namen und unter der Flagge des Sultans mit Wahrung der Souveränctätsrechte Seiner Hoheit geführt werden. Diesem maßgebenden Grundsätze hat das Auftreten der Gesellschaft in der Frage der Flaggenhissung nicht ent sprochen. Der Sultan blieb auch nach dem Vertrage Landesherr in den Küstengebieten. Seine Autorität auszuüben und den Eingeborenen gegenüber für die Zwecke der deutschen Verwaltung nutzbar zu machen, war die Aufgabe der Gesellschaft, welche an sich und ohne den Sultan weder den auf Gemeinsamkeit der Abstammung und des Glaubens beruhenden Einfluß des Sultans über das mächtige ara bische Element besaß, noch über die in das Innere des Lindes reichenden Machtmittel des Sultans verfügte, durch welche Letzterer bisher seinen Anordnungen Gehorsam zu verschaffen gewußt hatte. Noch bedenklicher und in seinen Folgen gefährlicher war das Ver fahren, welches gleichzeitig mit dem Hissen der neuen Flagge in Bagamoyo gegen die dort wehende Sultausflagge beobachtet wurde. Wenn auch wirkliche Gewaltthätigkciten nicht vorgckommen sind, so hätte dock die Mitwirkung der Matrosen unseres Kriegsschiffes beim Herunternehmen der Sultansflagge unterbleiben sollen. Das Ver fahren ist, wie mir scheint, mehr energisch als umsichtig gewesen, und die Energie in diesem Gebiete außerhalb der Tragweite unserer Schiffsgeschütze ist nur mit unverhältnißmäßigen Opfern durchzusühren." In Folge der Aufhetzung durch die arabischen Sklavenhändler brach nun der Aufstand an der ganzen Küste los. Der vom Sultan von Zanzibar zur Dämpfung der Unruhen gesandte General Matthews mußte vor den Eingeborenen flüchten, die seine Autorität nicht mehr anerkennen wollten. In Lindi, Minkindani, Tanga, und Pangani kam es zu Kämpfen, in denen mehrere deutsche Beamte ermordet wurden, bis schließlich der Aufstand an allen Küstcnpunkten mit Ausnahme von Bagamoyo und Dar-cs-Salaam, Ivo deutsche Kriegsschiffe lagen, die Oberhand behielt. Uebcr das von der denk scheu Gesellschaft weiterhin zu beobachtende Verfahren äußerte sich der Generalkonsnl gutachtlich: „Der Versuch der Gesellschaft, durch ein Zusammenwirken mit dem Sultan sich im Küstengebiete festznsetzen, sei gescheitert, weil die Autorität des Sultans nicht ausreiche, um Der Sohn des Eberwirths. Criminal-Novelle von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Mehrere andere Herren in Zivil waren zu den Beiden, die sich etwas abseits gestellt hatten, herzngclrcten. Sie gaben sich als Ge heimpolizisten zn erkennen und bestätigten die Auseinandersetzung des nniformirten Kollegen in allen Punkten. Jeder hatte seine be sondere Ansicht über die Route, welche der Flüchtling eingeschlagen, sowie über den Aufenthalt, welchen er gewählt haben konnte; Alle jedoch waren darüber einig, daß der Mörder Stettin noch mit keinem Fuße betreten habe. Georg lauschte allen diesen Auseinandersetzungen und Beweis^ gründen mit der gespanntesten Aufmerksamkeit. Er gewann die Ucbcrzengnug, daß auch die Stettiner Polizei sich in hohem Grade für den außergewöhnlichen Fall interessire. Nichtsdestoweniger mußte er dem Plan, de» er sich für die Verfolgung des Flüchtlings gebildet, treu bleiben. „Sie haben Ihre gesamt»te Aufmerksamkeit dem männlichen Rcisepublikn'm zugewendct", begann er, gegen die Diener der heiligen Hcrmandad gewendet. „Haben Sie nicht auch die eingetroffencn Damen ein wenig ins Auge gefaßt?" Die Polizisten sahen ihn lächelnd an. Einige zuckten die Schultern und wandten sich kalt und glcichmüthig ab. Nur einer von ihnen, ein würdevoll und verständig aussehender älterer Herr, der sich vor hin dem Ankömmling als Pvlizeirath vorgestellt hatte, ging, wenn auch verneinend, ans die angeregte Frage ein. „Sie glauben doch nicht etwa, der Spitzbube sei in Frauen- kleidcrn entwichen?" fragte er mit einem Anflug von Sarkasmus. „Und wenn ich nun Gründe für diese Vcrmuthung hätte?" warf Sternberg hin. Der Polizeirath meinte mit Ueberlegcnheit: „Ein Herr in Francngcwändern kommt nicht eine Stunde weit — die Ungeschick lichkeit, seine Bewegungen der ungewohnten Tracht anznpasscn, wird ihn in der ersten Minute verrathen. Das leiseste Abwcichcn von der Rolle macht ihn verdächtig, und wie unendlich viele Einzelheiten giebt es, in die er sich »»möglich sogleich hincinlcbcn kann. Nein, ich glaube alles Andere eher, als dieses!" „Ein Mensch, der mit so viel Energie und kaltblütiger Ent schlossenheit einen Mord aussührt. hat sicher tage- und wochenlang vorher alles bedacht und erwogen, jeden Fall ins Auge gefaßt und sich für jede Rolle, die er nach der That zu spielen für nothwendig erachtet, in sorgfältigster Weise vorbereitet," wandte Sternberg ein. „Alles dies zugcstandcn," fuhr der Zweifler fort; „allein ich muß Ihnen ausdrücklich bemerken, daß der Flüchtling selbst bei der ge wandtesten Durchführung einer Frauenrolle uns Alle, wie wir da sind, auch nicht eine einzige Sekunde zn täuschen vermocht hätte." den Widerstand seiner eigenen arabischen Unterlhanen zu unterdrücken. Am guten Willen des Sultans sei nicht zu zweifeln. Die Vorberei tungen der Gesellschaft zur Beschaffung eigener Machtmittel seien un genügend gewesen. Die ganze Küste auf einmal in Angriff zn nehmen, übersteige die Kräfte der Gesellschaft. Sie müsse die südliche Hälfte sich selbst überlasten, dagegen Dar-es-Salaam znm Ausgangspunkt ihrer Operation machen, von dort aus schrittweise nach Norden das verlorene Terrain wicderzugewinuen." Weiter berichtet der Konsul dann über die sich an einigen Orlen zeigende Besserung der Verhält nisse und über die bekannte Beschießung mehrerer Orte, von welchen ans den Ansständischen Waffen zugeführt worden. Die diplomatischen Verhandlungen über die Sklavenblokade bil den des Weißbuches zweiten Theil. Die deutschen Vertreter in London und Brüssel berichte» über Vorträge, welche der bekannte Kardinal Lavigerie gegen den ostafrtkanischcn Sklavenhandel hielt. Der Kardinal hat auch an den Reichskanzler selbst ein Schreiben gerichtet, worin er um Deutschlands Mitwirkung zur Bekämpfung der Sklaverei bittet. Darauf folgen die Gesuche der Freiburger nnd Kölner Anti-Sklavcrei-Bersammlnng. Am 5. Oetober beauftragte Fürst Bismarck den deutschen Botschafter in London, der englischen Regierung eine Denkschrift zn überreichen mit Vorschlägen für eine gemeinsame Act'on in Ostafrika Am 21. Oclober legte der Reichs kanzler die Gefahren der muhamcdanischen Bewegung in Afrika dar nnd empfahl die Unterdrückung der Waffeneinfuhr und der Skla- venausfnhr. Am 23. Oetober erhielt der Botschafter in Paris den Auftrag, die französische Regierung zum Beitritt zn der Anti-Sklaverci- Action aufznfordcrn nnd zn befürworten, daß auch verdächtige, unter französischer Flagge fahrende Schiffe untersucht werden dürften. Die Pariser Regierung antwortete ausweichend nnd auf eine zweite Auf forderung gar nicht. Frankreich entsprach also dem deutschen Wunsche nicht. Es folgte die schon vom Reichsanzciger milgetheilte „Blokade- vereinbarnng", zn welcher auch Portugal und Italien ihren Beitritt erklären. Auch der Kongostaat ist bereit, auf eigenem Gebiete Maß nahmen gegen die Sklavenjägcr zu ergreifen. Am 2. Dezember er folgte sodann der Beginn der Blokadc, wovon allen Mächten Mit- thcilung gemacht wurdc Damit schließt die Sammlung. Sie zeigt die äußerst ruhige Stellungnahme der Reichsrcgicrnng zu den ost afrikanischen Angelegenheiten. Aus der Rüge, welche der Reichskanzler den Beamten deö deutschen ostafrikanischen Gesellschaft crtheilt, ist er sichtlich, daß zum mindesten die ersten Streitereien hällen vermieden werden können, und daß die Gesellschaft es zwar nicht an Energie, wohl aber an Umsicht hat fehlen lassen, was von ihr selbst bisher bestritten wurde. Deutscher Reichstag. —NN. Berlin, 10. December. 12 Uhr. Präsident: von Lcvetzow. Vertreter der verbündeten Negierungen: Staatssekretär von Bötticher. Bundesrathskommissare: Bosse, Lohmann, von Wodtke. DaS Haus ist gut besetzt. Eingcgangc» ist das Weißbuch über Ostasrika. Au der Tagesordnung steht: Fortsetzung der erste» Bcrathung des Arbeiter-Alters- und Jnvalidcnversicherungsgesetzes. Abg. v. Komior- owskh (Pole) bespricht die tVorlage freudig als einen wetteren Fortschritt auf dem Gebiete der Sozialgesetzgebung. Bon einer Reform der Armen pflege kan» man in keiner Weise rede». Die Rente, wenn auch niedrig, ist doch eine Wohlthat und schließt spätere Erhöhungen nicht ans. Der Ber- sicherungszwang, die Einsührnng von Ortsklasse» nnd die Beibehaltung der Bcmfsgeuossenschaftcn sind zn billigen, dagegen erweckt auch uns der Neichs- beitrag Bedenken, sowie das Decknngsversahren nnd die vorgeschlagene Organisation- Deshalb verdient die Anregung des Abg. von Helldorf, ein Umtagc-Bcrsahren mit staatlichem Reservefonds zn schassen, jedenfalls Er wägung. Die Gcnossenschasle» bilden eine Grundlage, ans welche m» unseres Erachtens »ach die Organisation an, beste» anfbancn kan». Eine besondere Berücksichtigung der Frauen und anderer »nr vorübergehend beschäftigter Arbeiter, die einen sicheren Genuß der Rente nicht zn erwarten haben, wird sich empsehlen. Die Scheu vor dem Qnittnngsvnche begreife ich nicht; gerade gute Arbeiter ha.cn keinen Grund, rin solches Buch nicht zu wünschen. Abg. Grad (Els.): Entgegen den Behauptungen der Sozial demokratie ist doch zu konstatiren, daß die neue Sozialgesetzgebung in de» Kreisen der Arbeiter mit Freude und Anerkennung ausgenommen wird. Die Reute ist eine recht erfreuliche und ein wohlthätigcr Zuschuß zn dem' waS ein Arbeiter für sein Alter erspart. Die Berechnungen für das Lecknngs- Verfahren sind nicht zutreffend, denn der Zinsfuß wird mit den Jahren ab-, die Bevölkerung aber znuchmen und mit der letzteren auch die Zahl der V^f sicherte». Einen Reichszuschnß kann ich ebenfalls nicht empfehlen, die JndustL. muß sich allein Helsen. Noch möchte ich bitten, den Arbeitern nicht z» we', gehende Versprechungen zu machen. Es ist nicht gut, mehr in Aussicht stelle», als man halten kan». Abg. Lohre» tsreikons.) wendet sich gege" die Befürchtung, als ob das Gesetz in dieser Session nicht zn Stande komme« werde. Redner stellt eine Berechnung auf, wonach den älteren Arbeitern bei Inkrafttreten des Gesetzes ein bedentender Vortheil gewährt würde, ohne daß sie eine entsprechende Gegenleistung geleistet hätten. Sehr »achtheilig find die Bestimmungen dagegen für jugendliche Arbeiter, die erst nach mehr als süiff- zigjähriyer Thätigkeit in den Genuß einer Rente komme» sollen. Eine große Härte liegt in der 30 jährigen Wartezeit, uainentlich für die Arbeiterinnen, die meist bis znm 23. Jahre heirathen- Würden solche Arbeiterinnen die gleichen Beträge an eine Privatanstalt zahlen, so empfange» sie vom 70. Jahre an eine Rente von 9- Mark. DaS müßte die staatliche Anstalt auch leiste». 95 aller Arbeiterinnen werden Beiträge zeitweise zahlen, aber, weil sie sich verheirathe», nie eine Rente bekommen. Darauf muß Rücksicht genommen werden. Auch sind die Bestimmungen über die Wartezeit nnd die Wieder- ansnahmcbcdingnngen günstiger zn gestalten. Redner wünscht eine Aenderung der Vorlage in dem Sinne, daß dem Arbeiter in jedcni Falle so viel gewährt wird, als eine Privatgesellschaft aus Grund seiner Beitrüge leisten würde. Dann falle» alle die complicirten Be stimmungen über Wartezeit und Altersgrenze von selber fort. Die Vcstinnn- nngcn über die Jnvaliditätsversicherung müssen ebenfalls geändert werden, nm zn verhindern, daß hohe Renten au nicht bedürftige, besser Sitnirlc gezahlt werden, während wirklich Bedürftige darben müssen. Es liegt mir fern, mit meine». Vorschlägen dem Entwürfe Schwierigkeiten bereiten zn wolle», aber ich wünsche das Znstainekommen in der Form, welche die Gewähr der Dauer in sich trägt. Abg. O ech elh ä use r (natlib.) tritt für Lohnklassen ei», welche er den Ortsklassen vorzieht. Die Schwierigkeiten der finanziellen Bercchunnz. sind nicht zn verkennen, wir sind darin auf die Erfahrung angewiesen. Zweifelhaft ist mir, ob die Berechnungen der Vorlage -n ressen. Die Ein richtung der Markenbücher wir- sich meiner Ansicht na h ganz vermeiden i, lassen, dafür kann Einfacheres gejchassen werden. Bedenklich ist es auch, mitsF diesem Gesetz neue umfangreiche Organisationen zn schaffe», die Börnss»^ gcnossenschaften sind mit einigen Abänderungen vollkommen geeignet, auch diese Versicherung zu übernehmen. Wirklich populär ist das Gesetz in Arbeilerkreifen nicht; wir werden auch »och viel zn thnn haben, uni cs z» einem populären Werk zn machen. Abg. Spahn (Ceutrnm): Der bnrcan- kratische Zug, welcher durch die Vorlage geht, verdirbt dieselbe. Die Pe- rnfsgenossenfchasten sind am besten geeignet, die Versicherung zn übernehmen. Der Streit, ob Lohn-, ob Ortsklassen, ist für mich nicht erheblich. In den Motiven findeich den Fehler, daß immer nur die Ausnahmen in Betracht gezogen sind, statt die allgemeinen Verhältnisse, man kann sich deshalb nicht recht darauf ver lasse». Zn großen Bedenken Anlaß giebt der Reichszuschnß; ich bin überzeugt, cs geht auch ohne ihn. Wollen Sie nicht die BernsSge.iosscnfchasten zn Trägern der Versicherung machen, so innffen wir auch die lokale Selbstverwaltung znrückweisen. Alles klebrige ist »»praktisch. Bnndeskommissar Frhr. von Marjchatl vcrtheidigte die Berussgcnosscnschnsten gegen die neulichcn An griffe des 'Abg. Schräder. In die>er Vorlage haben die Träger der Ver sicherung doch andere Ausgaben zn erfüllen, als die Bernfsgeaosseuschasie» der Unfallversicherung. Beide Versicherungen sind weil von einander verschiede». Die Unfallversicherung ist eine collective, die Atters-nnd Invalidenversicherung ist eine Jndividnal-Versichcrnng. Die Zugehörigkeit z» einer beit.mime» Kasse nnd die Höhe der Beiträge für die Alters- und Invalidenversicherung muß jeden Augenblick evident sein. Prozesse, langes Verfahren würde» die ganze Versicherung gefährden. Auch vor zn großen Formalitäten müssen wir uns hüten- Dazu neigt aber die Bernssgcnesscnichaft mehr, als die neu vor geschlagene Verwaltung. Gegen die vorgeschlagene 'Reichsanstalt erheben sich zahlreiche Bedenken, während territorial abgegrcnzte Verwaltungen manche Schwierigkeiten leichter beseitigen werden.- Das Gesetz wird in der vorliegenden Form die Einigkeit der deutschen Stämme fester knüpsen, als eine Ncichsanstalt es je thnn könnte. Abg. Rickert (sreis.): ES wird am besten sein, die Ncichsanstalt fallen zu lassen. Denn wenn sie anch hier beschlossen würde, würde sie dach beim Bnndesrath keine Annahme finden. Der Kritik, welche der Abg. Sohren über den Entwurf gegeben, kann ich mich nur anschließen. Ich bezweifle nicht das Zustande kommen des Gesetzes, wohl aber seine wohlthätige Wirkung. Jede Abänder ung des Gesetzes macht zugleich eine Aenderung der technischen und rechnungs mäßigen Grundlage» nöthig, wir sehen, wie enorm schwierig der Gegenstand ist. Die Tragweite des Gesetzes ist im Lande noch wenig bekannt; warten Sic ab, lvas man sagen wird, wenn die einzelnen Bestimmungen zu Aller Kcnntniß gekommen sind. Den verbündeten Negierungen ist es nicht zn ver denken, wenn sie die Sache rasch los sein wolle». Gegen die Quittungs bücher haben sich alle Industriearbeiter ausgesprochen, das ist doch deutlich eeung. Die uationalltbcrale Partei hat in kurzer Zeit ihre Swllnng der Vorlage gegenüber vollständig geändert, anch ans der rechten Seite des Hauses ist die Ansicht schnell eine andere geworden. Herr von Hclldorf will die 'Natur deS Arbcitstohnes geändert erblicken in diesem Gesetz nnd nähert sich damit vollständig der Sozialdemokratie. Die Cennunnen werden nicht, wie mehrfach gejagt ist, eine Entlastung von dem Gesetze haben, denn was sie an Armcnkostcn sparen, müssen sie an Vcrwalningskostcn zahlen. Die Behandlung der Arbeiterinnen in diese»! Gesetz ist besonders ungerecht, anch die landmirthschaftlichcn Arbeiter sollten tem lört Kr- and ürte lav gre PS, kte iser nse iat terl ru ßen „Ich bitte um Entschuldigung, mein Herr," versetzte Sternberg gutmüthig, „wenn man, wie der muthmaßliche Attentäter, von nicht zu h her Figur ist, ein glattes, ein wenig weich geschnittenes Gesicht hat und über nicht zu große Hände und Füße verfügt, so ist bei einiger Verstellung des Organs und einiger afscktirter Zurückhallnng im Benehmen die Durchführung einer Franenrolle auf einige Zeit durchaus nicht so schwierig, als cs de» Anschein hat." „Wir können Ihnen nochmals die Versicherung geben, daß unter den heute cingetroffcne» Damen sich keine Persönlichkeit befunden hat, die uns im Geringsten verdächtig erschienen wäre." „Das spricht für die Schlauheit des Ganncrs, keincswegs aber für die Eure!" murmelte der junge Kriminalbeamle, der sich mit jedem Augenblicke mehr auf der Höhe der Situation sah. „Was wollen Sie nun beginnen?" fragte der Pvlizeirath, in dem er den übrigen seitwärts stehenden Polizisten mit den Augen zublinzelte, als wollte er sagen: „Gebt Acht, wie ich den hineinfallc» lassen werde!" „Was würden Sic thnn an meiner Stelle?" gegenfragte aber Sternbcrg lächelnd. „Was überhaupt noch gethan werden könnte, wenn ich die Uebcrzeugung hätte, daß der Mörder nicht inzwischen bereits ergriffen wäre. Ich würde mich also unverzüglich nach Lübeck oder Hamburg begeben und dort Nachforschungen anstcllen. Das wäre aber auch alles. Denn mir erscheint es natürlicher, daß der Flüchtling nicht die Hauptlinie benutzt, sondern auf Seitenpfaden die nicht weit ent fernte mecklenburgische Bahn zu erreichen gesucht hat nnd nun im Begriff steht, nach Amerika zu entwischen." „Da glaube ich einen kürzeren Weg zu kennen," gab Sternberg zurück. „Lassen Sie »och einmal unter Ihren Beamten nachforschen, ob Niemand eine allein reisende Dame wahrgcnvmmcn; lassen Sie ferner sämmtliche Hotels und Gasthöse rcvid.rcn und sämmtliche Schiffe mit verdoppelter Mannschaft besetzen, die zur Abfahrt bereit liegen!" Der alte Polizeibeamte war augenscheinlich verstimmt. „Sie werden es nicht übel nehmen, junger Mann," meinte er, „allein Ihre sämmtliche» Maßnahmen erscheinen mir mit dem herkömmlichen Verfahren und allen polizeilichen Bestimmungen nicht übcreinzu- stinnnen." Er machte eine kurze Pause, sah den ruhig lächelnden Kommissarius von unten herauf an und fuhr fort: „Sie sind wvhl noch nicht lange im Amte?" „Darum handelt cs sich hier nicht, Herr Polizcirath — ob ich kürzere oder längere Zeit im Amte bin, thnt nichts zur Sache. Die Maßnahmen, welche ich treffe, habe ich zu verantworten und ich be trachte die strikte Ausführung derselben als meine Pflicht!" Der Polizeirath nahm schweigend eine Prise aus seiner silbernen Dose nnd blickte nachdenklich vor sich nieder. „Wollen Sie cs glauben", fing er endlich wieder an, „wenn ich Ihnen sage, daß ich einen mit so wenig Besonnenheit nnd so viel zwecklosem Ungestüm vvrgchcndcn jungen Beamten noch nie in meinem Leben kennen gelernt habe? Es will das viel sagen, denn ich bin nahe an 20 Jahre Criminal- pvlizist!" Er sah bei den letzten Worte» auf und nickte Sternbcrg bedeutungsvoll zu. „Ich habe alle Hochachtung für Sic", rief dieser, seinen Hut lüftend, „auch vor Ihrer zwanzigjährigen amtlichen Praxis! Inder That, Ihre Ruhe und Kaltblütigkeit angesichts dieser entsetzlichen Be gebenheit hat etwas Olympisches. Ich zweifle nicht, daß ich nach zwanzigjähriger Pvlizistcnthätigkcil eine ähnliche Hohe erreicht haben werde." Der Polizeirath biß sich auf die Lippen. „Sie sollen Ihren Willen haben", rief er erbost, „allein die Folgen Ihres Verhaltens mögen Sie allein trage». — Meine Herren!" wandte er sich an die Untergebenen, welche cs inzwischen für gut befunden hatten, einige Schritte sich znrückzuziehen, „Sie stehen von diesem Augenblicke an bis auf Weiteres unter dem Befehle des Herrn Commissarins Sternbcrg." Die Angernfenen traten Herz». Der Polizcirath nahm mit kurzem Kopfnicken Abschied nnd schlug den Weg »ach seiner Wohnung ein. Georg ließ einen kurzen prüfenden Blick über die Gruppe der ihm zngetheilten Gehilfen gleiten. Der Ansdruck der Gesichter, auf welche er stieß, war ein verschiedenartiger. Hier begegnete er einer ernsten geheimnißvollcn Spannung, dort einem feinen sarkastischen Lächeln. Zunächst aber trugen alle diese im Amte erhärteten Züge eine stumpfe Gleichgiltigkeit zur Schau. Nichtsdestoweniger kam er sich in diesem Augenblick wie ein Feldherr vor, der seine Generale nm sich versammelt hat nnd im Begriff steht, de» Schlachtplnn bekannt zn geben. Ein Gefühl stolzer Genngthnnng machte seine Brust schwellen, sei» Herz rascher pochen. „Meine Herren," begann er, „Sie alle wissen, um was cS sich handelt, Sie wissen auch, daß bereits ein Preis ans die Entdeckung des Mörders ansgcsctzt ist. Ich habe die vollständige Ueberzengung, der Verbrecher befindet sich am hiesigen Ort." „In Franenklcidern, nicht wahr?" rannte ihm heimlich eine männliche Stimme zu, und als der junge Beamte sich rasch nm- wandte, begegnete er einem bartlosen schmalen Gesicht, das in voller Harmonie mit einer hageren in den Kleidern schlotternden Figur stand. Der kurze prüfende Blick, welchen Sternbcrg über den schmäcbtigcn Mann hinglcile» ließ, wurde durch ein eigenlhümliches Blinzeln er widert. Der Kommissär trat rasch zur Seite. Er begriff, daß der andere ihm eine Mitthcilung zu machen habe. Eine leichte, winkende Bewegung mit dem Kopfe brachte den hageren Mann an seine Seite. „Theilen wir den Gewinn, Herr Kriminalkommissär?" fragte der Letztere in gchcimnißvoll gedämpftem Tone. „Sie erhallen Alles — haben Sic eine Vcrmnlhnng, eine Spur?" Fortsetzung folgt. jelt -ich rüh T. <Fr. dem zu. der ,rtige dem steS- hat. . eiteil 7 stcrn Ver fem. Hürde hrige Ptzen-- ver- keine argen >ohn- sich ,DaS .ll in csicht. r es »f die Ischem rmem hwirk- del ent- :woh- ick zu durch daß isclben -ar iy Stern- c lese» rancn- t ver- dndes: kleine h. Ob leben» -»heit, Brief, Lage» Glichen nach