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Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188807058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880705
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-07
- Tag 1888-07-05
-
Monat
1888-07
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.07.1888
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«Mvs — >> «..m.,w,u« U. — Die Kriegsschüler au» Metz, welche vor einiger Zeit au» Bersch« die ftanzöfische Grenze aus weuige Meter bet Amauweiler -««teu haben, find mit strengem Arrest bestraft worden. 0« ahn- 8<h« Vorfällen möglichst vorzubeugen, ist neuerdings der Besuch der Schlachtfelder nud da» Verlassen der Festungszone nur denjenigen Militärs erlaubt, welche sich im Besitz eines besonderen Erlaubniß- scheineS befinden. Ohne Zweifel wird man sich auch entschließen müssen, die Grenze in der Umgebung von Metz deutlicher als seither Lnntlich werden zu lassen. Bekanntlich kommen auch seitens der französischen Soldaten und uniformirten Grenzbeamten fortwährend Grenzverletzungen in großer Zahl vor. Diese gelangen jedoch meist nicht einmal zur Kenntniß der deutschen Behörden, und wenn eS doch einmal geschieht, wird kein weiteres Aufheben davon gemacht. Es ist leider kaum zu hoffen, daß auch französischerseits daS gleiche Ver fahren eingeschlagen werde. — Seitdem von der deutschen Reichsregicrung an der deutsch französischen Grenze der Paßzwang eingefiihrt worden ist, haben die belgischen Behörden Tag für Tag ungewöhnlich zahlreiche Auslands pässe auszustellen, was der belgischen Staatskasse eine recht hübsche Einnahme brachte. Inzwischen stellte sich aber heraus, daß der größte Theil der Pässe für Franzosen bestimmt war, welche belgische Pässe vorzogen, in der Erwartung, damit allen Weiterungen in Elsaß- Lothringen zu entgehen. Infolge einer Beschwerde des deutschen Ge sandten in Brüssel hat jetzt der Generaldirektor der öffentlichen Sicher heit auf Anweisung des belgischen auswärtigen Amtes die belgischen Behörden angewiesen, keine Auslandspässe an Nicht-Belgier zu ver abfolgen und in jedem Falle, in welchem ein Ausländer einen belgischen Paß wünscht, an ihn zu berichten. — Die Verhandlungen, welche von der deutsch ostafrikanischen Gesellschaft mit dem Sultan Said Bargasch von Zanzibar wegen des feiner Herrschaft unterstellten, zehn englische Meilen breiten Küsten striches geführt sind, hatten, wie wir seiner Zeit gemeldet, zum Ab schluß eines Vertrages geführt, den nach Said Bargaschs plötzlichem Tode sein Bruder und Nachfolger Said Khalifa alsbald genehmigt hatte. Die Vorbereitungen zur Ausführung dieses Vertrages sind inzwischen so weit gediehen, daß vom 15. August an die deutsch ostafrikanische Gesellschaft in der Lage sein wird, über diesen Küsten strich die ihr in jenem Vertrage eingeräumten Rechte auszuüben. Italien. Die Antwort des Grasen Herbert Bismarck aus CriSPi's Telegramm aus Anlaß der deutschen Rcichstagsrede enthält folgende Worte: „Deutschland ist stolz darauf, sich als Freund Italiens proklamiren zu können. Dies war der Gedanke, welchem der Kaiser i» seiner im Reichstage gehaltenen Thronrede Ausdruck geben wollte. Ich bin glücklich, bestätigt zu sehen, daß der Kaiser verstanden wurde." — Der Papst empfing den preußischen Gesandten Von Schlözer zur Ueberreichung des neuen Beglaubigungsschreibens, der König den deutschen Botschafter Grafen Solms zu demselben Zwecke. Am Dienstag Abend ist der König mit dem Kronprinzen nach Schloß Monza bei Mailand gereist. — Die Cholera in Sizilien? Seit einigen Tagen laufen aus Messina Nachrichten über angeblich dort vorgekommene Cholerafälle ein. Die Behörden bestreiten, Wie alljährlich, das Vorhandensein von Cholerafällen und geben nurzu, daß man es mit einer choleraähnlichen Krankheit zu thun habe. Nament lich in der Nähe des Hafens kamen viele Krankheitsfälle vor, woraus das Gerücht entstand, die Cholera sei mit 25,000 aus Bombay kommenden Getreidesäcken eingeschleppt worden. Dis Ursache der ungünstigen Sanitätszustände liegt im Mangel an Trinkwasser, der durch zahlreiche Röhrenbrüche verursacht ist. Unter der Bevölkerung herrscht lebhafte Aufregung, es fanden drohende Demonstrationen vor dem Hause des Bürgermeisters statt. Frankreich. Boulanger hat jetzt neue Annäherungsversuche an die bonapartistische Partei unternommen, weil er finanziell in großer Klemme ist. — Kriegsminister Freycinet hat die Bestimmungen des Gesetzes vom l7. December 1643 über die Heirathen der Offiziere abgeschafft und angeordnet, daß active Offiziere und Militärbeamte, deren regelmäßiges Gehalt 5000 Franken beträgt, heirathen können, ohne daß die Braut Vermögen in die Ehe zu bringen braucht. — Auf die Erklärung des „Figaro", daß die Nachricht von einer bevor- . stehenden Vermählung des Herzogs von Aumale, Onkels des Grafen von Paris, falsch sei, antwortet die „Justice" mit der Behauptung, daß der Herzog schon seit mehreren Jahren mit der Frau von Clinchamps verheiratet sei; die Einsegnung habe in Palermo statt gefunden. Es handle sich folglich heute nur darum, die morganatische Ehe zur linken Hand in eine vollgiltige und rechtmäßige umzu wandeln. — Der frühere Minister des Auswärtigen Floureus wird die Negierung wegen der neulich im Senat erörterten Wahlbeein- flussungsangelegenheit interpelliren. — Die energische Erklärung der „Nordd. Allg. Ztg.", daß an eine Aufhebung des Paßzwanges nicht zu denken sei, hat in Paris sehr enttäuscht. Man dachte dort, die Maßregel würde sacht einschlasen. — Die französischen Unterthanen in Massauah haben sich geweigert, eine von Italien eingeführte Fremdensteuer zu bezahlen. Sie behaupten, Italien habe nicht das Recht, eine solche zu erheben. England. Heute Mittwoch soll angeblich die Probemobilisir- ung der in den britischen Gewässern befindlichen Kriegsschiffe erfolgen, um festzustelle«, ob die Indienststellung der Schiffe wirklich «ft der wüuschenSwerthea Schnelligkeit vor sich gehen lau«. — Zwischen indischen Sepoytruppen unter dem Kommando zweier englischer Ofstciere und einem afghanischen Grenzstamm hat ein scharfes Ge fecht stattgefunden. Die Officiere und der größere Theil der Mann schaften fielen. — Der englische General Smith hat den Befehl über die 2000 Mann starke Expedition nach dem Zululand übernommen. Mit der Selbständigkeit der einzelnen Zulustämme soll nun definitiv ein Ende gemacht werden. Rußland. Die russischen Blätter bringe» bereits lange Freuden artikel aus Anlaß des bevorstehenden Besuches Kaiser Wilhelms. Sie hoffen auch, daß nunmehr eine Lösung der bulgarischen Frage im russischen Sinne erfolgen werde. Deutschland müsse nun Oesterreich- Ungarn zur Nachgiebigkeit bewegen. Von „müssen" ist gar keine Rede! — Generaladjntant Postjet ist nach dem Kaukasus gereist, um die Bahnlinien für den bevorstehenden Besuch des Zaren zu inspiziren. Orient. König Karl von Rumänien empfing in Schloß Sinaia den Generalmajor Graf Schließen, welcher die Thronbesteigung Kaiser Wilhelms II. anzeigte. Auf die Ansprache des Generals gab der König seinem tiefen Mitgefühl über den Tod Kaiser Friedrichs Ausdruck und sprach zugleich seine wärmsten Wünsche für die Re gierung des neuen Kaisers aus. — Der deutsche außerordentliche Abgesandte, Fürst Radolin, ist in Konstantinopel eingetroffen und mit großen Ehren empfangen worden. — Aus Bulgarien wird ge meldet, daß im Lande die vollste Ruhe herrscht; es waren also wieder einmal leere Gerüchte, die von einem bevorstehenden Aufstand fabelten. Afrika. Es läßt sich nicht verkennen, daß die Engländer in letzter Zeit mit ihren Bestrebungen, sich den Haupteinfluß auf Central- Asrika zu sichern und die Deutschen zurückzudrängen, großen Erfolg gehabt haben. Die Ursache ist, daß sie mit ganz anderen Geldmitteln operirten, als die deutschen Colonialgescllschaften. Zunächst warfen die reichen Engländer sich als Nothhelfcr auf in den finanziellen Schwierigkeiten des Kongostaates und gewannen dort den vorwiegenden Einfluß. Gleichzeitig verschaffte sich die britische „National Äfrican Company" durch offenbare Verletzung des Berliner Vertrages die wirthschastliche und politische Alleinherrschaft am Niger und Benua, der südwestlichen Pforte zum Sudan. Unmittelbar von Staatswegen drang England von der Capcolonie aus unaufhaltsam nach Norde» vor und unterwarf Betschuanaland und die Küsten zwischen Natal und Delagoa-Bay seinem ausschließliche» Einfluß. Im vorigen Mo nat erklärte es endlich eine Art Oberherrschaft über das Land zwischen dem 22. Grad südlicher Breite und dem Zambesi, obgleich es sich in dem Grenzvertrage mit Deutschland verpflichtet hatte, seine südafri kanischen Besitzungen nicht über den 22. Grad hinaus auszudehnen. In zwischen hatte die „African Lakes Company" sich die Aufgabe gestellt, das Flußgebiet des Zambesi und seines nördlichen Nebenflusses Schire, sowie die Länder am Nyassa- und Tanganjika-See in englische Hände zu bringen und so Dentsch-Ostafrika von seinem Hinterlande abzu schneiden. Während diese Gesellschaft mit wechselndem Erfolge ihrem Ziele im Süden zustrebt, verfolgt denselben Zweck nördlich von Zan zibar die englisch-vstafrikanische Gesellschaft, und cs ist wahrscheinlich, daß sie am Victoria-Nyanza-Sce und in den südlichen Nilgegenden die Oberhand gewinnen wird. So waren denn schon die innerafri- kanischen Länder in ununterbrochener Reihenfolge vom Capland bis an den Sudan der englischen Vorherrschaft gewonnen, als kürzlich die Nachricht cintraf, Stanley habe nördlich vom Kongo, am Bahr- el-Gasal, für England ein großes Reich gegründet. Bestätigte sich dies, so wäre damit das letzte fehlende Glied in der großen Kette vom Capland bis Alexandrien, tzcingesügt. So sehen wir England ein innerafrikanisches Reich gründen, das sich der Länge nach durch ganz Afrika zieht, einstweilen erst in Form eines riesigen Rückgrates, von welchem zahlreiche Rippen mach der Küste hinauslaufen. Zwischen diesen Nippen eingepfercht liegen die deutschen, französischen, portu giesischen und italienischen Besitzungen, von jeder weitreichenden Aus dehnung ausgeschlossen. Es wird gewaltiger Anstrengungen bedürfen, wenn den Engländern mit Erfolg die Spitze geboten werden soll. Sächsisches. — Am 1. Juli dss. Js. ist an Stelle der bisherigen Spe- cialbestimmungcn und Tarife vom 1. November 1884 für den Localverkehr der königlich sächsischen Staatseisenbahne» und der in Verbindung mit denselben verwalteten sonstigen Eisen bahnen ein neuer Tarif, Theil II, für die Beförderung von Leichen, Fahrzeugen und lebenden Thiercn in Kraft getreten. Der selbe gilt in Verbindung mit dem unterm gleichen Tage zur Ein führung kommenden deutschen Eisenbahn-Tarif für die Beförder ung von Leichen u. s. w., Theil I, und cs können Abdrücke dieser Drucksache durch die Expeditionen käuflich bezogen werden. Die neuen Frachtsätze für die Beförderung einzelner Stücke Vieh, sowie für Kleinvieh in Etogewagen sind im Allgemeinen niedriger, in einzelnen Fällen aber auch höher, als seither. Insoweit hiermit, sowie mit den anderweit festgesetzten Verbindungsbahnfrachten Fracht- Erhöhungen verbunden sind, bleiben die bisherigen Gebührensätze noch bis zum 15. August d. Js. in Geltung. facher Beziehung einen poetischen Reiz für ihn hatte; vielleicht wäre er trotz des mißstimmcnden Gedankens, daß Manches anders hätte sein können, über kurz oder lang so zufrieden — um nicht zu sagen glücklich — geworden, als es den Umständen nach möglich war, wenn nicht ein Ereigniß eingetreten wäre, das ihn von Neuem gänz lich aus dem Wege warf, den er, seinem Herzen folgend, einge schlagen hatte. Es war ein milder, warmer Frühlingstag. Zum ersten Male fächelten nach der erstarrten Oede und Kälte des Winters laue Lüft chen die Wangen der Spaziergänger, die der dumpfen Werkstätte da heim entflohen und zahlreich ins Freie geströmt waren. Glänzender Sonnenschein lagerte auf den grünen Wissen und Kornfeldern, welche das ziemlich ansehnliche Städtchen Saaldorf im weitesten Kreise um gaben. Am vergangenen Tag um die Mittagszeit war das Künstler paar hier cingetroffen und hatte den anerkannt besten Gasthof der Stadt bezogen. Bereits verkündeten riesige, in verschiedenen Farben prangende Zettel an den Straßenecken das Auftreten der rühmlichst bekannten Virtuosin A. Werner und ihres Gatten. Letzterer hatte von seinem Wirkungsorte aus an den Magistrat des Städtchens geschrieben und um Ueberlassung eines geeigneten öffentlichen Lokals gebeten. Infolge dessen war ihm der Concert-Saal des Gymnasialgebäudes zur Ver fügung gestellt worden. Auch die in der Stadt erscheinenden Lvcal- blätter hatten auf die zu erwartenden Kunstgenüsse aufmerksam ge macht. Sonach waren alle Vorkehrungen getroffen, und die Virtuosen konnten bereits an dem heutigen Tage, der überdies ein Sonntag war, die wohl einstudirten Tonstücke vortragen. Und in der That schienen die Einwohner der kleinen Kreisstadt für musikalische Unterhaltungen nicht unempfänglich zu sein. Säinmt- liche Billets hatten Abnahme gefunden, und der unabsehbare Wall fahrtszug der festlich gekleideten Spaziergänger galt eben dem prächtig decorirten Concertsaal, zu dem man heute auf einem Umwege, welcher an, einem sich weithin ziehenden See entlang führte und somit eine reizende Promenade "bildete, zu gelangen suchte. Schon längst vor der bestimmten Zeit waren die Plätze gefüllt, und mehrfache Zeichen von Ungeduld wurden im Publikum laut. Der Concertsaal bestand aus einem langen, viereckigen Raum, welcher zu drei Viertheilen mit Mahagonistühlen für die Besucher ausgestattet, während der übrige Theil des Saales für das Orchester bestimmt war. Hier war auch die Tribüne für die Virtuosen er- — Ermäßigung der Sisenbahufahrpreise für Schuld Ituder. S« dürste nicht allgemein bekannt sein, daß Schulkiud«; in Gemeinschaft ihrer Lehrer bei Ausflügen auf den Eisenbahnen? Fahrpreisermäßigungen haben, wenn da» Gesuch 3—3 Tage vorher angemeldet wird; 3 Kinder finden dann auf ein Billet Beförderung. Die Lehrer nehmen dann für ihre Person an der Vergünstigung Theil. Im Gesuche müssen die Schulklassen, das Alter der Schüler oder Schülerinnen und die Züge, welche zur Reise benutzt werden ollen, genau angegeben sein. — Auf den beiden sächsischen Landesschulen werden folgende Frei-, bezw. Koststellen voraussichtlich zur Erledigung kommen: In Grimma Ostern 1889: 5 königliche Freistellen und 3 Kost tellen, je 2 Freistellen von Chemnitz und Radeberg, je eine von Annaberg, Borna, Döbeln, Markneukirchen, Mügeln, Oelsnitz, Oschatz, Pegau, Plauen, Wollenstem, Wurzen und Zschopau; zu Ostern 1890: königliche Frei- und 5 Koststellen, ferner 2 von Chemnitz, je 1 von Buchholz, Dippoldiswalde, Döbeln, Geyer, Grvßenhain, Leipzig, Oelsnitz, Oschatz, Pegau, Schöneck, Stollberg und Werdau. In Afra bei Meißen 1889 : 7 königliche Freistellen und 5 Koststellen, von Dresden, je 1 der von Schönberg Rothschönberg, von Friesen, von Freiberg, Meißen, Annaberg. Schlettau; zu Ostern 1890: königliche Frei- und 4 Koststellen, je 2 der von Schleinitz und von Fkeiberg, je eine der von Pflngk und von Miltitz, von Dresden, Lommatzsch, Pirna und Nvßwein. , — Butterpreise von voriger Woche. Bautzen Mk. 1.70—3.00; Chemnitz Mk. 1.80—3.60; Kamenz Mk. 1.80—2.00; Löbau Mk. 1.70—2.00; Reichenbach Mk. 2.40—2.62; Großenhain Mk. 1.75 bis 2.00; Leisnig Mk. 1.68—1.92; Roßwein Mk. 1.60—1.92. — Dresden, 4. Juli. Unser Königspaar wird morgen früh 10 Uhr 45 Min. vom Berliner Bahnhofe aus seine Reise nach Kopenhagen mit Gefolge antreten. Um °/i2 Uhr werden die hohen Reifenden in Berlin eintreffen und den kaiserlichen Majestäten einen Besuch abstatten. Tags darauf erfolgt die Reise nach Kopenhagen und am 9. Juli nach Stockholm. Dort wird der Aufenthalt unge fähr 6 Tage währen, woran sich die Reise in das Innere von Schweden und Norwegen schließen wird. Die Rückkehr nach hier wird vor dem 10. August nicht erfolgen. — Auf dem Theaterplatzel hat man mit der Anfuhr von Materialien begonnen, welche der Aufrichtung des König-Johann-Denkmals gelten. Die Ent hüllung dieses Standbildes ist für nächstes Frühjahr in Aussicht genommen. — Vorgestern starb hier am Schlagfluß Herr Oberlehrer Rudolph Schellhammer, welcher seit länger als 33 Jahren beim hiesigen öffentlichen Schulwesen in ersprießlicher Thätigkeit wirkte. — Der vor einigen Wochen infolge der Landestrauer verschobene III. Deutsche Scatcongreß findet nunmehr endgiltig vom 7. bis 9. d. M. hier im Tivoli-Saale statt. Das Preis-Tournier beginnt Sonnabend um 5 Uhr, für später Kommende 7 Uhr. Neben den ausgesetzten großen Preisen nebst Diplomen sind auch Ehrenpreise und — für Pech habende Scater — Trostpreise ausgesetzt. — Bautzen. Einen gewiß seltenen Ort zum Anbringen seines Nestes hat sich ein Schwalbenpaar in der Seidauer Kinderbewahr anstalt gewählt. In der dortigen Kinderstube, in welcher sich täglich ca. 50—60 Zöglinge aufhalten, befindet sich ein offenes Ventilations fenster, durch welches die Schwalben ihren Zugang gefunden, und haben sich dieselben, die Pfingstferien der Kinder benutzend, ihr Nest, in welchem sich nun Junge befinden, auf die oberste Rosette der im Zimmer befindlichen Hängelampe gebaut. — Leipzig. Wie bereits früher berichtet, ist das hiesige Carola-Theater aus dem Besitz des Herrn Operndirector von Strantz in den des Herrn Privatmann Friedrich übergangen. Dafür hat Herr von Strantz sich in der Nachbarschaft von Leipzig ansässig gemacht, indem das bisher Herrn Friedrich gehörige Rittergut Schmölen, welches in nächster Nähe von Wurzen, am Abhänge einer angenehmen Höhe, in anmuthiger, fruchtbarer Gegend liegt, von ihm erworben worden ist. — In Döbeln starb nach kurzem Kranksein der königliche Oberamtsrichter Wappler, Ritter rc. Der Verstorbene hatte vor ca. 10 Jahren die schwierige amtliche Aufgabe, den in Roßmein ein getretene» Concurs des dortigen Spar- und Vorschußvereins, eingetr. Genossenschaft, zu regeln. Diese verwickelte Aufgabe wurde mit großer Umsicht gelöst und es gelang dem Verstorbenen, den tiefer regten Roßweinern wieder Muth einzuflößen, der ihnen durch den eingetretenen Krach fast gebrochen schien. Sein Andenken bleibt in dieser Stadt unvergeßlich. — Aus Wurzen schreiben die „Nachrichten für Grimma": Von üblem Einfluß auf den Verlauf des Wurz euer Gausänger festes kann ein von dem Festausschuß oder einer Abtheilung des selben gefaßter Beschluß werden, „junge Mädchen ans dem dienenden Stande, gleichviel ob dieselben bis dahin ihren Dienst verlassen haben oder nicht, nicht an dem Fcstzuge theilnchmcu zu lassen". Soweit sich der Beschluß auf noch im Dienst befindliche Mädchen erstreckt, mag er mit Rücksichten auf deren Herrschaft zu entschuldigen sein, die Ausschließung aber auch von Mädchen, welche „bis dahin ihren Dienst verlassen haben", also auch von allen den zahlreichen Bürgermädchcn, die schon irgend einmal in Stellung gewesen sind, richtet. Zwei Pulte mit Stühlen davor standen bereit. Mehrere Mitglieder der Stadtkapcllc waren zur Bcglcitungdcr Concertgebcr und Au ssührung der Finalsätze zusammcnberufen und saßen bei dem Künstler paar mit dem Rücken gegen die Zuhörer gekehrt. Bei Gesangsvor- trägen Pflegte hier ein Flügel zu stehen, dessen ausgiebiger Klang alle Räume des Hauses erfüllte, so daß es den Sängern häufig passirte, daß ihre Stimmen nicht zur vollen Wirkung gelangien. Heule war es anders: das prächtige Instrument hatte den Messing- und Streichinstrumenten weiche» müssen. Endlich schlug die für den Beginn des Concerts festgesetzte Stunde. Durch eine direkt auf die Tribüne führende Seitenthür trat Anna an der Hand ihres Gatten ein. Die junge Frau hatte nur eine einfache Toilette gemacht, aber sie war vollkommen geeignet, ihre Schönheit in das vorteilhafteste Licht zu setzen. Das lange, weiße Schleppkleid, in schneeigem Glanze schimmernd, floß in reichen Falten an der wnnderhcrrlichen Gestalt herab, und reich und üppig wallten ihre glänzenden, schwarzen Haarlocken um die schön gewölbte, weiße Stirn. Nicht, wie es früher so oft ge schehen, suchte ihr strahlendes Auge in ängstlicher Scheu den Fuß boden, jetzt überflog es in sicherer Ruhe den Zuschauerraum, und in der Verbeugung, mit welcher sie sich de», Publikum vorstcllte, lag die ganze vornehme Sicherheit einer Dame, die sich in den cxclusivsten Circeln zu Hause weiß. Ebenso mußte auch der Gatte in seiner leichten, graziösen und doch eleganten Haltung den erschienenen Besucher» imponiren. Wenig stens waren zahlreiche Lorgnetien, von schönen Fraucnhändc» gehalten, auf ihn gerichtet. Der schwarze Frack von feinem Tuche paßte vor trefflich zu seiner schlanken Figur, und war sein Antlitz auch blaß wie immer, wenn cs nicht durch starke innere Auflegung geröthet erschien, so erhöhte diese Blässe doch den geistvollen Ausdruck seiner regelmäßig geschnittenen Züge. Es unterlag keinem Zweifel, daß man ihn interessant fand. Verrieth doch jeder Zoll an ihm den Mann der guten Gesellschaft. Beide Virtuosen wurden mit Acußerungen des größten Beifalls begrüßt. Gleich darauf rauschten dieEinleitungssätzc, von dem Orchester personal ausgeführt, durch den Saal. Nach Beendigung derselben begannen die Solosätze. Die erste Piece bestand in einem interessan- ten Rondo, von einem berühmten neueren Compositeur für Violine und Harfe als Duett arraugirt. Es machte in hohem Grade Effect, ebenso die darauf folgende Ouvertüre zur Oper ^.Oberon", obgleich dieselbe von dem gesammten Personal ausgcführt wurde und die Concertgeber nur die anmuthige GesangsgruppeHvortrugen. Hieran schlossen sich einige größere Concerte berühmter Harfencomponisten und ein Paar der herrlichen Sonaten von Beethoven. Jede Piece gefiel und wurde am Schluß stürmisch applaudirt. Das Auge der junge» Frau leuchtete. Der ungetheilte Beifall, des Publikums berauschte ihr Herz, während der Gatte kalt und un empfindlich jede Huldigung an sich vorübcrgleiten ließ, ohne gleichwohl die Ehrerbietung gegen die Zuhörer aus dem Auge zu setzen. Genau und exakt spielte Werner jede Note nach den Vorschriften des Componistcn, aber es geschah mechanisch, die Töne kamen ohne jene Wärme des Gefühls zum Ausdruck, welche beweist, daß man den Geist eines Tonstückes sich zu eigen gemacht hat. Mit so vollendeter Meisterschaft in Technik und Bogenstrich er sein Instrument zu be handeln verstand,— er war bei alledem doch kein Meister. So kam man zur Schlußabthcilung. Werner verließ mit einer Verbeugung die Tribüne in dem Augenblicke, in welchem seine Gattin in den Vordergrund trat, um ihre herrlichen Phantasien über die Lieder ihres Heimathlandcs vorzutragen. Die tiefste Stille herrschte im Zuhörerraum, als unter den feinen, kräftigen Fingern der Künstlerin das Thema voll und glockenrein erklang, sich klar und mächtig ab hebend von den wild dahcrrauschenden Bcgleitaccorden. Mehr als je schien heute die junge, talentvolle Frau von ihrer Empfindung fort- gerrisscn. Wie die gebrochenen Accorde dahin wirbelten, wie die Harpeggio's in rasendem Sturm alle Saiten vom tiefsten Baß bis in den höchsten Discant durchliefen, wie weich und rührend, wie herz ergreifend die Melodie dazwischen klang, bald geisterhaft zart, bald im Jubel des Entzückens aufjauchzend; bald alle Nuancen des bitteren Wehes, des tiefsten Schmerzes durchlaufend! i Werner, welcher sich unter die Zuhörer gemischt hatte, fand ihr Spiel vollendeter denn je. Verstohlen ließ er seine Blicke durch den Saal schweifen. Die Spannung, die sich auf allen Gesichtern kund gab, verieth ihm, daß cs hier kein Ohr gab, welches nicht mit der schärfsten Aufmerksamkeit der wunderbaren Musik lauschte, die in ihrer köstlichen Zartheit und melodiösen Tonfolge den Sphärengesang der Engel vergegenwärtigte. Da machte plötzlich ein schriller, unbe schreiblich mißtönender Klang alle Herzen erbeben. Es war, als wenn alle Saiten des prächtigen Instruments mit einem Schlage von einer gewaltige» Riesenfaust zerrissen worden wären. Mit dem Vibriren des Nachklanges mischte sich ein wilder Schrei. Aller
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