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Nr. 153. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de« solgende» Taqes) z„r Bcrieudung gelangende „Süct>siic!>eLa»dcS>?l»ze>gcr" mit täglich einem besonderen Unter- baltimgsblatt? und mit dem Extrabeiblatt SiistigeS «iiöerbtich kostet bei den Ausgabe, stellen monntlichMPig., bei denPost-Nnst. Pf. (1888er Ztgs.-Preisliste Sir. ü03ö.) Für Abounenten erscheint je einmal im Jahr: Somi»er-Lise»bal>nf»hlvi>i»hcsi für Lnctiicn. Mnter-MeilbalnifMimiichett für Sachsen. Ilinstr. Kalender des Sächsischen Sendboten. Jllnstrirte-3ahreSl>uchdessjandes-st»ze>lier-. Sächsischer §«i>i>es.Ai»ei>>kr «»chvruckerei, Cliemmlz. Theaterstrabe S (Fernsprechstelle Nr. ISS). Telegr.-Adr.: Landes-Anzeiger, Chemnitz. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Mit täglich einem besonderen Unterhalb,ngsbliitt: i. Kleine Botschaft - 2. Sächsischer Erzähler - 3. Sächsische Gerichts-Zeit«,»g 4. Sächsisches Allerlei — 6. Jllnstrirtes Unterhaltnnasblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt Lustiges Bilderbuch. Mittwoch, 4. A«N 1888. «njkigenvrkiS deS„SSchs. SindrS-Anzelaer»', Raum einer schmale» Corpii-jeile U> Pfa. Bevorzugte Stelle (lsvalt. Petitzeile) SO Pf. LejWiederholnng grober Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Ansmärts wolle mal» Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifügen (>e 8 Silben Corpnsschrift bilden ca. 1 Zeile.) Annoncenannahnie nur bis Vormittag. Telegraphische Nachrichten. Vom 2. Juli. Wien. Eine Deputation überreichte dem stellvertretenden Justiz minister Ziemialkowski ein Massoigcsuch zur Begnadigung Schönerer's. Die Annahme wurde abgelehnt, mit der Motivirung, Begnadigungs- Gesuche seien nur durch Verurtheilte oder nächste Angehörige übcr- reichbar. Schönerer meldete seinen Strafantritt für den September an. — Die rumänische Regierung unterhandelt mit dem Grusonwerk wegen Lieferung von Panzerthürmen nach dem System des Majors Schumann für die Bukarester Befestigungen. — Die „Polit. Corr." veröffentlicht eine Zuschrift aus Sofia, in welcher die Meldung einiger Blätter, der deutsche Geschäftsträger in Konstantinopel habe die Pforte angegangen, die Absetzung der bei der Rnstschuker Affaire bethciligten bulgarischen Offiziere und die Salutirung der russischen Flagge durch- zusetzcn, als unbegründet bezeichnet wird. Sofia. Die Fürstin-Mutter reist Ende der Woche über Rust- schuk nach Wien; dieselbe wird bis zur rumänischen Grenze (Orsova) von dem Fürsten Ferdinand begleitet werden. London. Den „Daily News" wird aus Wien gemeldet, Kaiser Wilhelm würde nach der Zusammenkunft mit dem Zaren mit dem Kaiser Franz Joseph in Gastein zusammentreffen. Die englische Presse zeigt sich auffallend beunruhigt. Der „Standard" hofft, die Zusammenkunft mit dem Zaren werde mit Oesterreichs unveränderter Politik vereinbar sein. Der „Daily Telegraph" meint, die Interview bedeute Frieden im Westen und mögliche Störungen im Osten. Zur Politischen Lage. Hs Chemnitz, den 3. Juli. Daß der Reichskanzler ein Meister der auswärtigen Politik ist, hat er jetzt abermals bewiesen, indem es ihm gelungen ist, die eine Zeit lang höchst zweifelhaften Beziehungen zu Rußland zu verbessern, derartig sogar, daß für absehbare Zeit die Träume der russische» Panslawistenpartei und der französischen Revanchepolitiker von einem gemeinsamen Bündniß gegen Deutschland als zerstört anzusehen sind. Rußland und die russische auswärtige Politik haben dem Fürsten Bismarck seit 1870 sehr viele Mühe und sehr vielen Verdruß be reitet; oft sind die angeknüpftcn politischen Fäden tvtal zerrisse», und die Schwierigkeiten nahmen einen direct bedrohlichen Character an. Es zeugt für die, Friedfertigkeit der Gesinnung des leitenden deutschen Staatsmannes, daß er niemals die Geduld verlor, sich niemals dazu Hinreißen ließ, die herausfordernde Haltung der russische» Diplomatie durch eine gleiche Haltung zu erwidern. Hätte Fürst Bismarck diese bewundernswcrthe Ruhe und Kaltblütigkeit nicht besessen, wir hätten längst den russisch-deutschen Krieg. Nach 1870 waren die Beziehungen zum Petersburger Hofe vortreffliche, so vortreffliche, daß das Drei- Kaiser-Bündniß zum Abschluß gelangen konnte. Aber dies Ereigniß, von dem viel für die Entwickelung der Geschicke Europas erwartet wurde, erreichte kein hohes Alter. Nach dem Orientkriege von 1877/78 und dem Berliner Congrcß erlangte die Panslawlstenpartci in Petersburg und Moskau dermaßen Oberwasser, daß ein totaler Bruch mit Deutschland und ein Bündniß mit Frankreich drohte. Aus Vorsicht, zur Selbstverthcidigung gegen die schwere Gefahr ver einbarte Fürst Bismarck damals das Friedensbündniß mit Oesterreich- Ungarn, dessen authentischer Text vor nicht allznlanger Zeit erst be kannt gegeben worden ist. Es war eine Zwangsmaßregel von dringender Nothweudigkeit, über welche in aufrichtigster Weise auch Rußland reiner Wein eingeschenkt wurde. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland waren auch zum Beginn der Regierung des jetzigen Zaren herzlich schlechte. Die Panslawisten, an ihrer Spitze General Skobelow und Graf Jgnatiew, legten ihren Gefühlen nicht den mindesten Zwang an, und der von diesen Elementen sehr Leidenschaftliche Herzen. Roman von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Er fühlte, daß er jetzt vor allen Dingen mit der Künstlerin über die nächsten Schritte Rücksprache nehmen müsse, aber dazu war cs nöthig, den Aufenthalt der fahrenden Musiker zu erfahren. In der Erwartung, daß der Wirth im Stande sei, ihm hierüber Auskunft zu geben, beschloß er diesen zu Rathe zu ziehe». Herr Maler, so nannte sich der Eigcnthüincr des „weißen Rosses", stand in der Gaststube hinter seinen Buffet. Er nickte dem jungen Mann, der mit höflichem Gruße zu ihm eintrat, freundlich zu. „Nun, Sie sind ja bereits vollständig angekleidct, wie ich sehe," fing er an; „wollen Sie sich unsere Stadt ei» wenig ansehen?" „Ich glaube kaum, daß Waltersdorf viel Interessantes darbietct," warf Werner hin. „Auch bin ich lediglich auf einer Durchreise be griffe». Auf einen Spaziergang durch einige Straßen soll es mir jedoch nicht ankommen." „O, wir haben hier eine Kirche, die wegen ihrer architektonischen Schönheit einen Ruf hat, und auf dem Rathhause befindet sich eine schätzbare Sammlung von Altcrthüuieui aus der Hcidcnzeit. Im Sommer ist es 'ehr hübsch hier. Die Stadt hat eine Prächtige Um gegend. .Sie reisen also nicht in Geschäften?" „Nein," antwortete Werner, indem er dem forschenden Blicke des Wirthes auswich. „Ich mache eine Erholungsreise, will Verwandte besuchen und nebenbei die Welt ein wenig kennen lernen. Aber sagen Sie mir noch, haben Sie nicht auch ein Thcatergebäude hier?" „Es ist gerade nicht viel mit dem alten Hause los," gab der Gefragte zur Antwort; „hat lange unbenutzt gestanden, ist auch etwas baufällig, — der Herr ist vielleicht ein Künstler?" „Nein, aber ich liebe Theater und Concerte, und obwohl ich mich nur einige Tage hier anshalten kann, wäre es mir doch lieb, wenn ich die Abende in einer mir zusagenden Weise verbringen könnte. Ich erwarte einen Vetter, der mit mir von hier aus Weiterreisen will. Es ist immerhin möglich, daß er einige Tage länger ausbleibt, und der Gedanke, in einem so langweiligen Nest länger, als nöthig. zu verweile», hat für mich etwas Entsetzliches." „Ich denke, Sie solle» finden, was Sie amüsircn wird," fuhr der Wirth fort, indem er sich mit vergnügtem Lächeln die Hände rieb, da der junge Reisende ihm die Aussicht auf ein gutes Geschäft stark beeinflußte Alexander III. ließ sie ruhig gewähren. Fürst Bismarck begann indessen seine Minirarbeit im Interesse des Friedens abermals, und nicht ohne Erfolg. Diese unermüdlichen Anstrengungen gipfelten in der Dreikaiserznsammenknnft von Skier- niewice, auf welcher dem deutschen Reichskanzler mit großen Ehren begegnet wurde. Des Kanzlers mühevolles Werk wurde indessen abermals zertrümmert, und zwar durch den Streit um die bulgarische Angelegenheit. Fürst Bismarck war gerade wieder ebenso weit, wie Vor Skiernicwice. Rußlands Stimmung gegen uns wurde immer kühler, und zugleich mit der Spannung in der hohen Politik, an welcher Deutschland so unschuldig war, wie ein neugeborenes Kind, entwickelte sich der wirthschastliche Widerstreit, der in dem deutschen Rubelfeldzuge unk den russischen Zollplackcreien und den erhöhten Schwierigkeiten im GreNzverkchr seinen Ausdruck fand. Die russische Diplomatie war höchst erbittert auf Deutschland, weil dies ihr, nachdem sie sich colossal verrannt, den Gefallen nicht thnn wollte, sich Bulgariens wegen mit Oesterreich-Ungarn, seinem Bundesfreunde, zu Überwerfen. In Paris sah man diesen Zwist mit höchster Freude; es begann ein Liebcswerben der Franzosen um die russische Freundschaft, welches viel zu kleinlich war, als daß man cs einen großartigen politischen Geniestreich hätte nennen können. Der Zar aver und seine Rathgeber nahmen diese Huldigungen mit herablassender Miene an. Aber auch Deutschland war unter diesen Verhältnissen nicht müßig gewesen; ans dem starken Kaiserbund er wuchs der stärkere Friedens- und Dreibund, welcher über eine mili tärische Macht verfügt, wie sie noch niemals ans der Erde dagcwesen ist. Rußland versuchte' Deutschland und Oesterreich-Ungarn durch seine bekannten Truppenverschiebnngen nach der Grenze zn ängstigen. Das zog nicht. Beide Kaiserstaatcn bewahrten ihre äußerst maßvolle Haltung, verstärkten dagegen auch ihre Militärkrast angemessen. Be sonders Deutschland that mit seinem einfachen und doch so großarti gen Wehrgesetz Gewaltiges, und allmählig begann in de» kriegslustigen Staaten die Ansicht zu dämmern, daß Krieg führen und Krieg ge winnen nicht dieselbe Sache sei. Trotzdem so die Wetterwolken am Politischen Horizont sich etwas verzogen, schien doch das Verhältniß zwischen Deutschland und Rußland tvtal gestört, eine neue Anknüpf ung kam» möglich. Der Zar hatte sich selbst nach Aufdeckung der bekannten diplomatischen Actcnfälschungen nicht ans den Banden seiner panslawistischen Rathgebcr befreien können, alle Mühe, welche sich Fürst Bismarck bei der letzten Anwesenheit des Zaren in Berlin ge geben, schien unnütz gewesen zu sein. Trotzdem hat Fürst Bismarck von Neuem begonnen, Fäden in Petersburg anzuknüpsen, ohne aber der Würde des deutschen Reiches etwas zu vergeben, »nd es ist ihm in der That gelungen, die eisig kühlen Beziehungen zwischen den beiden Nachbarstaaten in bessere uinznwandcln. Verschiedene Umstände sind ihm dabei wohl zur Hilfe gekommen. Der Zar hat sich nach gerade doch überzeugt, daß Deutschland ebenso versöhnlich wie stark ist, daß hingegen rie regierenden Kreise in Paris eine Gesellschaft bilden, mit welcher Arm in Arm zn gehen dem autokratischen Kaffer von Rußland doch etwas sonderbar anstehen würde. Kurzum: zum dritten Male seit 1870/71 ist ein erträgliches Verhältniß zwischen dem deutschen Kaiserreiche und Rußland wieder hergestcllt, und wir wollen hoffen, daß der Zar, nach den Jahren der Erfahrung, erkannt hat, daß ein bewahrter deutscher Freund für Rußland das Beste ist, was es überhaupt erlangen kann. Die bevorstehende Kaijerzusammen- knnft in Petersburg besiegelt das neue Verhältniß, durch dessen Schaff ung Fürst Bismarck zugleich einen energischen Hieb gegen Frankreich ansführte. Die französische Rcgublik ist gegenwärtig total isolirt; alle ihre sich selbst am meiste» rühmenden Staatsmänner haben es nicht vermocht, dem Staate eine einflußreiche Stellung in Europa zurückzugewinnen, allenthalben sind sie von der deutschen Politik ans dem Felde geschlagen. Diese Thatsache ist das wichtigste Moment bei der »enen deutsch-russischen Freundschaft, das besonders zu be achten ist. bot. „In dem Theatergevände wird zwar gegenwärtig nicht Theater gespielt. Hcrnmreiscnde Cvmödiantcn haben uns lange nicht besucht, da unser Städtchen — ich muß es leider gestehen — wegen seiner Spießbürgern sehr in Verruf gekommen ist. Es befindet sich aber augenblicklich eine ambulante Gesellschaft am Orte, Musikanten, wie sie für gewöhnlich die Messen und Jahrmärkte zn bereisen pflegen. Diese sollen jedoch etwas mehr los haben und wollen sich deshalb im Schauspielhansc hören lassen. Es ist ein Herr mit zwei Damen. Sie werden heute zum ersten Mal auftrcten." Werner vermochte kaum seine Freude zn verbergen. „Es sind jedenfalls Virtuosen von Ruf!" warf er scheinbar gleichgültig hin, „und es möchte nicht uniutcressant sein, ihre Bekannt schaft zu machen. Hoffentlich logiren sie im „weißen Roß" ?" „Ach nein!" sagte der Wirth, indem er sich mit der rechten Hand durch die Haare fuhr, wobei er ein ziemlich verdrießliches Gesicht zeigte, „die Herrschaften habe» sich bei einer alten Dame cin- gemicthet, die ein kleines Häuschen in der unmittelbaren Nähe des Schanspielhanscs besitzt und immer dergleichen Zugvögel beherbergt. Ach nein! uni einige Zimmer im „weißen Roß" zu bezahlen, — dazu tvird's wohl nicht reichen. So viel wirst die Kunst heutzutage nicht mehr ab!" Er hatte die letzten Worte kopfschüttelnd und mit einer Kenner miene gesprochen und wandte sich daraus seinem Schrcibpulte zu, aus welchem das Fremdenbuch aufgeschlagen lag. „Wollen Sie die Güte haben und sich einzcichnen?" fragte er dann, dem Gaste höflich eine Feder überreichend. Werner schrieb flüchtig Namen und Stand in das Buch und verließ dann das Haus, nachdem er noch dem Wirtch das Versprechen gegeben, zur Spcisestundc wieder zurück zu sein. Frohen Herzens durcheilte er die engen, schiefen Straßen und achtete kaum auf die wenigen Vorübergehenden, die ihm als einem Fremden mit verwunderten Gesichtern »achschantcn. Er war hoch erfreut, daß er die Wohnung der Geliebten wußte. Noch hatte er zwar keinen Plan, in welcher Weise er sich ihr, ohne Aussehen zn errege», nähern sollte, allein er hoffte auf einen günstigen Zufall. Ein kleiner Knabe führte ihn nach dem Schauspielhansc, welches sowohl in seiner einfachen practischcn Bauart, wie in seiner Größe sich vortheilhaft vor den angrenzenden Hausern auszcichnetc. Riesige Zettel, welche neben den drei Eingangsthürrn angcklebt waren, ver kündeten dem Publikum die bevorstehenden musikalischen Genüsse. Politische Rundschau. Chemnitz, den 3. Juli. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm II. wird den in diesem Herbste stattfindcnden Manövern des brandenburgischen Armeecorps und des preußischen Gardccorps beiwohnen. Möglicherweise reist er auch nach Dresden und nimmt an den Manövern der sächsischen Truppen theil — Die Thatsache, daß der Admiralitätsrath Diedrich gleich in der ersten Regierungszeit von Kaiser Wilhelm zu längerem Vortrag über den Neubau von Schiffen empfangen ist, bekundet nicht nur das lebhafte Interesse des Kaisers für die Entwickelung unserer Flotte, sie eröffnet zugleich unserer Industrie die erfreulichsten Aussichten. Der Kaiser war von jeher dafür, daß die deutschen Schiffe sämmtlich auf deutschen Werften hergcstellt werden sollten, und man kann annehmen, daß fortan an diesem Princip mit möglichster Strenge festgehalten werden wird. — Zur Abfassung der Thronreden Kaiser Wilhelm's theilt ein rheinisches Blatt mit, daß der Autor des Aufrufes „An mein Volk!" der Ministerialdircctor Bosse sei. Die Reichstagsthronrede ist in der Hauptsache vom Kaiser verfaßt; die Stellen über die Botschaft Kaiser Wilhelm's I. und über die auswärtige Politik sollen vom Fürsten Bismarck herrühren. Der junge Kaiser soll, so behauptet das Blatt weiter, mit seinen Verwandten in England auf ziemlich gespanntem Fuße stehen. Sehr interessante schriftliche Aufzeichnungen Kaiser Friedrich's sind nämlich nach dessen Tode »ach London gesandt und man verweigert jetzt die Herausgabe, da angeblich in späterer Zeit eine Veröffentlichung stattfinden soll. Was davon wahr ist, lassen wir ganz dahingestellt. — lieber den Besuch Kaiser Wilhelm's II. bei Kaiser Franz Joseph von Oesterreich wird bekannt, daß derselbe gelegentlich der Hcrbstjagden in Steiermark stattfinden wird. Daran schließt sich dann die Begegnung mit dem König von Italien. Da die Reisen keine besonder« politische Bedeutung haben, wird Fürst Bismarck auch nicht an denselben theilnehmen. — In Petersburger Hofkreisen, in welchen ein Besuch Kaiser Wilhelm's schon seit einiger Zeit als ganz sichere Thatsache gilt, ist schon von militärischen Festlichkeiten im Lager bei Kraßnoje-Sclo die Rede, da Festlichkeiten anderer Art der Trauer wegen nicht angebracht wären. — Es ist die Rede davon, daß Prinz Heinrich von Preußen mit der Pacht „Hohenzollern" auch die Höfe von Kopenhagen und Stockholm besuchen soll. Die Reise soll angeblich einen politischen Zweck haben. ' — Der Neichslanzler Fürst Bismarck wird sich zunächst auf einen Tag nach Schönhausen, seinem Stammgut, begeben, v?n dort nochmals zu einer Konferenz mit dem Kaiser nach Berlin zurück- kebren und alsdann nach Fricdrichsruhe zu mchrmonatlichem Aufent halte übersiedcln. — Der „Preußische Staatsanzeiger" meldet amtlich die Ernennung des Untcrstaatssekretärs im Ministerium des Innern, Herrn Herrfurth, zum Staatsminister und Minister dcS Jnnern an Stelle des Herrn von Puttkamer. Damit hat die ininisterlose Zeit nun doch einen sehr schnellen und nicht ganz erwarteten Abschluß gefunden. An die Beförderung des Herrn Hcrrfurth zum Nessortchef ist kaum gedacht. Die Eciicmumg beweist, daß die Politik im Innern im bisherigen konservativen Sinne weitergcführt werden soll, daß aber Partcifragen möglichst unterdrückt werden sollen. Der neue Minister, der schon lange im Ressort des Innern thätig ist und als ausgezeichneter, arbeitskräftiger und umsichtiger Beamter gilt, ist als Parteimann nie hervorgctretcn. Seine schwerste Aufgabe wird ohne Frage in der Verihcidigung des Sozialistengesetzes im Reichstage bestehen. Staats- minister Herrsurth, der die gewohnte Bcamtenkarriere hinter sich hat, ist ein kräftiger und rüstiger Herr. — Die „Nordd. Allg. Ztg." spricht sich an leitender Stelle sehr energisch gegen die im Reichslande gewünschte Aufhebung des Paßzwanges ans. Sie schreibt: „Man hat in Elsaß-Lothringen Werner warf nur einen kurzen Blick darauf, um sich über die Anfangszeit des Concertes zu orientiren, dann ließ er sein Auge über die wenigen Häuser schweife», welche den Platz cinfaßten. Ein kleineres zweistöckiges Gebäude, welches von den übrigen nur durch einen Garten getrennt war, wurde ihm von seinem jugendlichen Be gleiter als das HauS der Wittwe Willing bezeichnet, welche ein Geschäft daraus mache, durchreisende Komödianten und sonstige Künstler während der Dauer ihrer Vorstellungen bei sich aufzunehmen. Nachdem er den Knaben mit einem Geldgeschenk entlassen, faßte er in einem engen Gäßchen, das auf den Thcaterplatz mündete, Posto. Er konnte von hier aus sämmtliche Fenster des kleinen Hauses beobachten, während ihn ein vorspringendes Eckgebäude vor den Blicken der Hausbewohner verbarg. Geraume Zeit wartete er so, ungeduldig den Augenblick herbei- schncnd, wo die Geliebte einmal zufällig am Fenster erscheinen werde. Das kokette Gesicht der Violinistin wurde zu verschiedenen Malen zwischen den Topfgewächsen sichtbar, welche das Fensterbrett zierten. Es starrte sogar eine volle Stunde lang mit dem gewohnten leeren und nichtssagenden Ausdruck auf die Straße hinab, sonst zeigte sich nichts. Die nahe Thurmuhr verkündete die Mittagsstunde und noch, immer nicht gewahrte er eine Spur von der Geliebten. Schon wollte er von jedem weiteren Versuche, noch vor dem Beginn des Concertes seine Anwesenheit kund zn thun, abstchcn und den Rückweg antreten, als er, sich zum letzten Male nach dem Hause umwcndend, plötzlich das bleiche, ernste Gesicht der Künstlerin erblickte. Ihre Züge trugen den gewohnten Ausdruck der Ruhe, fast Gleichgiltigkeit. Die weiße, schmale Hand schob langsam eine Monatsrose bei Seite, welche sie an der Aussicht auf die Straße verhinderte. Sie stand aufrecht, im einfachen, bis an den Hals anschließenden Hauskleide. Nur ein schneeweißer Kragen hob sich als einziger Schmuck von dem dunklen Colorit ab. Sv schaute sie theilnahmlos auf die wenigen Fußgänger, die vorübcrgingcn und den geringen Straßenverkehr bildete». Plötzlich aber flammte ihr Blick auf und mit einem Ausdruck stolzer Freude ruhte ihr Auge aus dem jungen Kaufmann, der klopfenden Herzens aus der Gasse heraus und auf den freien Platz getreten war. Es war jedoch nur ein kurzer Moment, im nächsten schon hatte sie mit einer lebhaften Geberde nach rechts gezeigt und war darnach sogleich vom Fenster verschwunden. Aber Werner halte die Pantomime wohl verstanden. Anna konnte ihn in ihrer Wohnung nicht empfange» und hatte ihm deshalb Der heutigen Nummer des Sächsischen Laudes-Anzeigers lieat bei das Beiblatt „Sächsischer Erzähler".