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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.04.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020430029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902043002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902043002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-04
- Tag 1902-04-30
-
Monat
1902-04
-
Jahr
1902
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> -1 l vni 1>. Juni 1961 in Slsaß-Lothringen. Dem Ausschuß» mitrage zu dem Anträge der Landesversicherungsanstalt Westfalen auf Genehmigung von Mehrleistungen gemäß 8 45 -es JnvalideuversicherungSgesetzcs wurde ebenfalls die Zustimmung erthetlt. — Vorher beriethen die ver einigten Ausschüsse für Handel und Vcrkebr und für Justtzwcsen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr, für Justtzwcsen und für Elsatz-Lvthrtngen. -K Berlin, 29. April. (Der Fehlbetrag für die Net chscasscim Jahre 1901.) Während sich aus dem veröffentlichten Ausweise über die Ergebnisse einiger Ein» nahmezweigc des Reichs daS stnanzteUc Verhältntß der Elnzelstaaten zum Reiche für 1901 ziemlich genau beur- thcilcn läßt, ist der Ausfall desselben Jahres für die Rcichs- cafse noch nicht fcstziistellcn, weil einmal eine ganze Anzahl von der Reichscasse verbleibenden Einnahmen nicht be kannt gegeben ist, sodann aber auch über die Ausgaben Meldungen nicht vorliegen. Der Staatssekretär Les RcichSschatzamteS schätzte im Anfang Januar d. I. bei der ersten Lesung des Etats für 1902 im Reichstage das De ficit der Reichscasse für 1001 auf 43 Millionen Mark. Daß die Wirklichkeit sich nicht allzu weit von dieser Schätzung entfernen dürfte, dafür ist allerdings in den bisher über die Einnahmen des Vorjahres veröffentlichten Zahlen ein gewisser Anhalt gegeben. Von den der ReichScassc ver bleibenden Verbrauchssteuern hat gegen den Etat die Znckersteuer ein Weniger von 5,5 Millionen Mark ergeben, die Maischbottichstcuer ein solches von 2,6 Millionen und die Braustcuer von 0,8 Millionen. Die Salzstencr hat ein kleines Mehr von 0,1 Million erbracht, so daß ans den Verbrauchssteuern sich ein Weniger für die ReichScassc gegenüber dem Etat von 8,8 Millionen Mark ergicbt. Die Post- und Tclegraphenvcrwaltung hat, obschon von einigen Seiten unseren früheren Ausführungen gegenüber stets ein andere- Ergebniß als sehr wohl möglich hingestellt wurde, ein beträchtliches Weniger und uvar in Höhe von 6,6 Millionen Mark gegenüber dem Etat erbracht, die Eisenbahnvcrwaltung ein solches von 9,9 Millionen Mark. Wenn auch die Wechselstempelsteuer ein Mehr von etwa einer halben Million und der Spielkartenstempel ein sol ches von etwa 100 000 abgeworfen haben, so geht doch aus den bisher veröffentlichten Ausweisen über Einnahme abschlüsse im Jahre 1901 hervor, dast danach schon ein Fehlbetrag von etwa 25 Millionen Mark vorhanden ist. Dazu würden noch die nahezu 3 Millionen Mark treten, welche für die Brennsteuer zu zahlen sind. Der Fehlbetrag wurde also jetzt schon die Höhe von nahezu 28 Millionen Mark erreichen. Nimmt man weiter an, daß die Mehr ausgaben des JahreS 1901 der Schätzung deS Staatssekre tärs deS NeichSschatzamtS entsprechen und sich auf etwa 4 Millionen Mark belaufen werden und zieht man in Be tracht, daß die aus 4Vs Millionen Mark veranschlagte Ein nahme für den Verkauf deS ExercirplatzeS vor dem Schön hauser Thor in Berlin nicht eingcgangen sind, so kommt man bereits zu einer FehlbetragSsummc von 36 bis 37 Millionen Mark. Daß die Schätzung deS Staatssekretärs des Rcichsschatzamtcs mit 43 Millionen Mark ganz werde erreicht werden, ist wohl jetzt nicht mehr anzunehmen. Der Ausfall bei der Postverwaltung ist nicht ganz so groß ge wesen, wie früher angenommen wurde. Daß jedoch der Fehlbetrag für die Reichscasse im Jahre 1901 ganz beträchtlich und mindestens doppelt so groß sein wird, wie der Ausfall an UeberweisungS- stenern für die Einzel st aaten, darf als ziemlich gewiß angesehen werden. — Dem Reichstage ist die Zuckerconvention, sowie der Gesetzentwurf wegen Abänderung des Zucker- steuer-G esetze« mit einer Denkschrift zugegangen. Durch den Gesetzentwurf werden der zweite und der dritte Tdeil des Zuckersteuer-GesetzeS vom 27. Mai 1896, welche die Be stimmungen über den Zuschlag zur Zuckersteuer und die AuS- fuhrzuscküsse betreffen, aufgeboben. Artikel 2 setzt die Zuckersteuer auf 16 für IVO Kilo Reingewicht (bisher 20 ^t) fest. Artikel 3 bestimmt: „Wird Zucker, der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in eine Niederlage ausgenommen worden ist, nach dem genannten Zeitpunkte in den freien Verkehr oder in eine Zuckerfabrik üdergeführt, so ist der darauf gewährte AuSfuhrzuschuß zurückzuzahlen." Nack Artikel 4 tritt diese« Gesetz gleichzeitig mit dem am 5. März 1902 in Brüssel zwischen dem Reiche und einer Anzahl anderer Staaten abgeschlossenen Vertrage über die Behandlung des Zuckers (am 1. September 1903) in Kraft. — Zu den Diäten der Zolltariscommission schreibt der „Börsen-Courier": „Die Socialdemokratie hat bereits erklär», daß sie da« gebotene Geld zwar an nimmt, aber nicht zu Gunsten de« einzelnen Mitgliedes, son dern für die Parteicassc verwendet, um mit demselben die Agitation gegen den Zolltarif noch zu verstärken. Die beiden freisinnigen Fractionen werden in dem hierfür geeig- neten Moment eine besondere Erklärung abgeben, die den Freunden der Vorlage vielleicht noch unbequemer ist als die socialdemokratische." — Zu der am 5. und 6. Mai d. I. in Hamburg stattfindeuden Eonferenz der Centralstellr für Ar- beiterwohlfahrtSeinrrchtungen sind überaus zahlreiche Anmeldungen ringegangen. Die meisten ReicbSämter und preußischen Ministerien, sowie eine Anzahl der Bundesstaaten werden vertreten sein. — Nach Düsseldorf zur Eröffnung der Ausstellung begeben sich morgen der Reichskanzler Graf v. Bülow, der Minister der öffentlichen Arbeiten v. Thielen, der CultuSminister vr. Studt, der Fiaanzminister Freiherr v. Rheinbaben, der Minister deS Innern Freiherr v. Hammerstein und der HandelSminister Möller. Nach dem Eröffnungsprogramm wird der Reichskanzler sprechen und das Hoch auf den Kaiser auSbringen. — Die „Berl. Pol. Nachr." bezeichnen eS al« wahrschein lich, daß dem preußischen Landtage noch Borlagen zugeben werden, deren unverzügliche Erledigung von größter Be deutung sei. E- sei daber mit einer etwas längeren Dauer der öandtagSsession, wahrscheinlich über Pfingsten hinaus, zu rechnen. — Am Donnerstag, dem 1. Mai, feiert der rastlos thätige Vorsitzende des Eentralvorstandes der nationalliberalen Partei. Dr. Hammacher, seinen 78. Geburtstag. Seit seinem Rücktritt von der parlamentarischen Tbätigkeit bat vr. Hammacher niemals aufgebört, in engster Fühlung mit der Partei zu bleiben. In der Erinnerung aller Tbeünrhmer an der letzten Sitzung'deS CentralvorstandeS im März wird noch die Elasticität, Umsicht und Unermüdlichkeit leben, mit welcher er die Verhandlungen leitete. Dem Jubilar, der an Jugendfrische und Feuereifer ein leuchtendes Vorbild für alle Parteigenossen ist, bringen wir zu seinem 78. Geburtstag die herzlichsten Glückwünsche dar. — Der ärztliche EbrengrrichtShof für Preußen bat neuerding« einige UrtbeilSsprüche gefällt, die auch für die Allgemeinheit ein gewisses Interesse haben dürften. So batte unter Anderem eine Strafkammer einen Arzt verurtbeilt, weil er wider besseres Wißen ein unrichtiges Attest aus gestellt habe. DaS Ehrengericht kam bei erneuter Prüfung des TbatbestandeS zu ter Ueberzeugung, daß der Angesckulvigte nur fahrlässig gebandelt habe. Entgegen der Anklage- behörde entschied der EbrengerichtShof als höchste Instanz, daß da« Ehrengericht an die tbatsächliche Feststellung de« Strafrichter« »icht gebunden sei. — Ferner wurde festaestellt, daß die von einzelnen Aerztekammern erlassenen „TiandeSordnungen" für den ärzt lichen Ehrenrichter keine verbindliche Kraft baben. — Die Veranlassung öffentlicher Danksagungen verstößt nach dem Spruche deS EhrengerichlShofeS wider die Lrztlicke StandeSebre. Ueber da« Annonciren lassen sich bestimmt formulirte Grundsätze nicht auf stellen. Das Ehrengericht müsse von Fall zu Fall nach freier Ueberzeugung entscheiden. Was die Beziehung von Aerzten zu C urpfuschern anbelangt, so erblickt der Ehrengerichtshof schon in der Tbatsache, daß ein Arzt in einem von einem Eurpfuscher geleiteten Vereine (Weltbund zur Bekämpfung der Vivisection), dessen aggressive ärztefeind liche Tendenzen sich aus der in der Versammlung vertheilten Broschüre „WaS in Hospitälern und an Krankenbetten ge schieht. Zur Aufklärung deS Volkes!" zur Genüge ergeben, einen Vortrag gehalten hat, eine hinreichende Grundlage für die Feststellung eines gröblichen Verstoßes gegen die ärztliche StandeSebre. — Ein „Ostdeutscher Verband der Reform partei" ist am Sonntag in Berlin begründet worden. — Die socialdemokratische Maifeier ist in dem benach- barten Nieder-Sckönbausen verboten worden. Der Gaslwirth, in dessen Local das Fest statlfinken sollte, bekam nach erfolgter Anmeldung vom AmtSvorsteher folgenden Be- scheid: „Auf daS Gesuch vom 23. April d. I. erhallen Sie die Mittheilung, daß öffentliche Lustbai keilen an den Wochen tagen nicht gestattet werden, gez. Moldcnhauer." — Oberst Brandau, Sl» euit« der preußstchen Armee, etat- mäßiges militärüches Mitglied dr« MeichS-MiliiärgerichtS, ist zum Generalmajor, und Major Ohne sorg beim Oberkommando der Schutztruvpen, auberetatmah ges militärisches Mitglied drs ReichS- Militärgerichls, zum Oberstleutnant befördert worden. * Kiel, 29. April. Hier kam eS zu schweren Ausschrei tungen der ausständigen Bauhandwerker. (B. L.-Ä.) * Au« der Ostmark. DaS „Posener Tageblatt" meldet bestätigend die bevorstehende Einbringung einer 100-Mil- lionen-Vorlage, deren Wirksamkeit auf Pose» und West- Preußen beschränkt werden soll. Es sollen nicht nur bäuer liche Ansiedelungen in größerem Umfange als bisher geschaffen, sondern auch Domänen angekauft werden. * Celle, 29. April. Zur Stichwahl im 14. hannover schen ReichStagcwablkreiie bat das vereinigte Wahl- comit« de« „Bundes der Landwirtbe", der Con fer vativen Vereinigung, der Handwerker und der Deutschsvcialen Reformpartei am 26. d. M., wie in den „Hannov. TageSnachr." mitgetheilt wird, Folgende« be schlossen: „Nachdem die Hauptwahl im 14. hannoverschen Wahlkreise zu einer Stichwahl »wischen den Candidatrn der nmionallibrralen und deutschhannoverschen Partei geführt hat, so kommt für uns jetzt nur noch der nationale und der dem unjrtgen am nächsten stehende wlrthfchaftlichr Standpunkt der Landidaten in Frage. Wir ersuchen daher, trotz der mannigfachen und grundsätzlichen Gegensätze zur naitonalliberalen Partei, unsere Wähler, denen wir an dieser Stelle sür ihre treue Mitarbeit bei der Wahl besten« danken, in der Stlch- mahl für den Candidatrn der natioualliberalen Partei, Herrn Fritz Wehl in Celle, einzutreten." * Au» Westfalen. Bon der Verlegung de- OberlanveS- gericht« von Hamm und Münster ging ichon gelegentlich die Rede. Wie die „Rbein. Wests Ztg." jetzt mittbeilt, ist die Verlegung im Princip bereits zu Gunsten Münsters ent schieden. Zum Ersatz dafür soll Hamm mit einem großen Landgericht auSgestattet werden; gegenwärtig gehört eS be kanntlich zum 8audgrricht«bezirk Dortmund. Die Neubildung eine» LandgerichtSbezirkS Hamm soll dazu dienen, einige Land» gerichie erheblich zu entlasten. Wie man hört, würden dem künftigen Landgerichtsbezirk Hamm vier landräthliche Kreise zugethrilt werden: Hamm, Soest, Beckum und Lippstadt. * Köln, 2V. April. Eine allgemeine Versammlung drr christlichen Gewerkschaften, in der auch di« wieder aufgenvmmenen Bestrebungen, katholische Arbeiterver- bände unter ausschließlich geistlicher Leitung an die Stelle der paritätischen Gewerkschaften zu setzen, behandelt wurden, nahm mit großer Mehrheit folgende Entschließung an: „Die Gewerkschaftsversammlung erklärt sich mit den Aus führungen dr« Referenten läo. Mumm über die Bedeutung und Nothwrndtgkelt der christlichen Gewerkschaften vollständig ein verstanden. Insbesondere pflichten die Anwesenden dem Referenten darin bei, daß der interkonfessionelle Charakter der christlichen Gewerkschaften unbedingt bei behalten werden muß. Die Versammlung prolestirt daher mit aller Entschiedenheit gegen den von etntgeu kurzsichtigen Nickt- arbeitern a»S Berlin und Trier unternommenen Beriuch, katholische Gewerkschaften zu gründen, und fordert alle christlichen Arbeiter auf, überall den Machern dieses arbettrrfeladlicheit Projektes die verdiente Antwort zu rrtheilen. Gleickzeitig richtet die Versamm lung an alle christlichen Arbeiter den Appell, mit erneutem Eifer für die weitere Ausbreitung der christlichen interkonfessionellen Ge- werkjckasten zu agitiren." * Frankfurt a. M., 29. April. Nachdem die städtischen Behörden eS übernommen hatten, die Miquel'schr Grab stätte auf städtische Kosten auszusckmücken, wurde ein Aus schuß mit der weiteren Behandlung der Angelegenheit be traut. Dieser bat für da« Grabdenkmal eia« rager« Eoncurrenz veranstaltet, an der sich die Prosefforen HauSmann und Varnesi-Franksurt und Klimsch-Berlin betheiligten. An« dem Wettbewerb ist, wie die „Franks. Ztg." meldet, Varnrsi al« Sieger hervorgegangen. * Wiesbaden, 29. April. Die Nationalliberalen baben als Candidaten sür die ReichStagSersatzwahl im ehemals Lieber'schen Wahlkreis den Landtagsabgeord neten Fabrikanten Krawinkel aufgestellt, der die Candidatur angenommen bat. (-) Karlsruhe, 29. April. Der Groß Herzog empfing beute Vormittag den gestern Abend hier eingetroffenen Prinzen Georg Wilhelm, der ein Glückwunschschreiben seines DaterS, deS Herzogs von Cumberland, über reichte. Mittags empfing der Großberzog im Beisein des SkaatSministers v. Brauer den türkischen Botschafter in Berlin, Tewfik Pascha, welcher dem Großberzog im Auftrage des Sultans den Jmtiazorden überbrachte. Sodann wurde die Be gleitung des Botschafters: Division-general Nessir Pascha und der erste Botschaftssekretär Muslapbe Assim-Bei von dem Groß berzog empfangen. Um 2*/r Uhr Nachmittags unternahmen die Herrschaften eine weitere festliche Runrfahrt durch die Sladt unter lebhaften Huldigungen der Bevölkerung. Um 4Vs Uhr wurden die türkischen Abgesandten von der Großherzogin in Audienz empfangen. Um 5 Ubr fand zu Ehren der tüikischen Gesanbischaft ein Diner statt. Abend« besuchten die Herrschaften da« Hoftheater, wo eine Wiederholung der gestrigen Festvorstellung stattfand. * München, 29. April. Die bayerischen Bischöfe, die durch äußere Umstände verhindert waren, in der Osterwoche zu einer Conferenz zusammenzukommen, beab sichtigen, am 4. und 5. Mai in Eichstätt eine Besprechung über kirchliche und kirchenpolitische Fragen abzuhalteu. Oesterreich - Ungarn. Neue beschütze. * Wien, 29. April. Der „Neuen Freien Presse" wird au« Pest gemeldet, die KriegSveiwaltung werde von den Dele gationen einen Credit von 38 Millionen Kronen für die neuen GebirgSgeschütze beanspruchen; dieser Betrag solle von beiden Staaten durch Creditoperationen aufgebracht werden. Frankreich. Lte Wahlen. * VariS, 30. April. (Telegramm.) Von 11 216 757 eingeschriebenen Wählern übten am Sonntag 8 863 727 das Wahlrecht aus. Davon werden 5 198 193 als repu blikanisch-ministerielle, 3 3L2 895 als antiministerielle gerechnet, 312 639 Stimmen sind zersplittert. Italien. * Rom, 29. April. „Esercito" meldet, ein italienische- Schulgeschwader mit den Schülern der Marine-Alademie werde demnächst einige Hafen deS nördlichen Europa, darunter Kiel, besuchen. Spanien. Sine „könig-treue" Stadt. * Barcelona, 29. April. Der Stadtrath beschloß, die Stadt werde sich an keinerlei Festlichkeit anläßlich drr Krönung des Königs betheiligrn. Großbritannien, ras deutsche H-spttal. * London, 30. April. (Telegramm.) Bei dem grstriarn Jahrrsfesteflen des deutschen Hospital« brachte der Botschafter Graf Wolff-Metternich, welcher den Vorsitz führte, nach Trinkspiüchen auf das englisch« Königsbaus rin Hoch auf den deutschen Kaiser und andrer Gönner der Anstalt aus, in erster Linie auf den Kaiser vva Orstrrrrich, den treuen Verbündeten de« deutschen Kaiser«. Er gedachte de« JntrresseS, welche« dieselben an der Anstalt nähmen, und erwähnte die vorzüglichen Dienste, die des Hospital bei dem Eisenbahnunglück bei Hackury Down« geleistet habe. Die Sammlungen betrugen 2905 Pfund, daruner 200 vom deutschen Kaiser, 50 vom Kaiser von Oesterreich. Dänemark. > Der Jnselvcrkauf; ArbettSsperre. * Kopenhagen, 29. Slpril. Folk et hing, (kort- setzung.) Zu dem von ihm eingebrachten Antrag erkort der Berichterstatter der Majorität, Anders Nielsen, -«r Vorschlag des Landsthings sei unannehmbar, sein Vor schlag aber sei entgegenkommend und bedeute eine defini- trvc Stellungnahme -es Folkething. Alsdann empfehlen Otosen (Linke), Ncergaard (gemäßigte Linke) und Dinesen (Rechte) den Antrag Nielsen, während Hammerich (Rechte» sich vollständig gegen die Abtretung ausspricht. Der Minister des Aeußcrn, Deuntzer, erklärt, der Vorschlag Nielsen sei für die Negierung annehmbar. Er persönlich hätte, falls der Folkething Geneigtheit dazu gezeigt hätte, auch den Vorschlag des Laudsthings annehmen können. Dies sei aber nicht -er Fall gewesen. Der Folkething nahm hierauf mit 98 gegen 7 Stimmen den Antrag Nielsen an. Die Angelegenheit muß in Folge dessen zur noch maligen Berathung an den LandSthing zurückgehen. * Kopenhagen, 29. April. Der Arbettgeberver- e i n theilte heute dem Fachvcrbanbe der Arbeiter mit, daß der Arbettgebervcrein am 6. Mai darüber Beschluß fassen wolle, ob man eine ArbettSsperre als Gegengewicht gegen die von den Fachverbändcn ins Leben gerufenen und gutgeheißenen Ausstände bewerkstelligen wolle. Asten. China. * London, 29. April. Unterhaus. Der Unter- staatSsekrctär deS Aeußeren, Eranborne, erwidert auf eine Anfrage hinsichtlich des strittigen Gebietes bei Tientsin, die russische Regierung habe den Vorschlag der englischen Regierung angenommen, beider seits einen Eommissar zu ernennen zur Berichterstattung über die widerstreitenden Gebiets-Ansprüche. Man beab sichtige, Beamte der beiderseitigen Consulatc in Tientsin zu Eommissaren zn ernennen. * London, 30. April. (Telegramm.) Die „Times" erfahren aus Peking unter dem 29. April, daß am 28. April vom englischen Gesandten Satow, Jnanschikai, Hujusen ein Abkommen unterzeichnet sei, in dem die Bedingungen für die Zurückgabe der Bahnlinie Peking-Tientsin-Schan- haikwan an China festgesetzt werden. Afrika. Unruhen am Congo. * Brüssel, 29. April. „Vtngtisme fidele" theilt mit, daß dieLageamNil sehr bedenklich sei. Mehrere belgische Posten seien von den Eingeborenen in Uganda angegriffen worden. Englische Truppen unter dem Befehle englischer Officiere hätten sich auf belgischen Territorien der Enklave Lados festgesetzt. Daraus seien zwischen den Belgiern und Lnaländern Schwierigkeiten entstanden. Auch vom franzö sischen Congo kämen ungünstige Nachrichten. Am oberen Ubanghi soll abermals ein Aufruhr ausge- brochcu sein. Zwei Sultane hätten heimlich an die Eng länder Elfenbein geliefert. Der mit der Bestrafung der Schuldigen beauftragte Officicr sei, als er mit einer Es korte von 12 Mann bei den Sultanen erschienen, in einen Hinterhalt gefallen und schwer verwundet worden. Amerika. * Washington, 29. April. Präsident Roosevelt bat William Moody, Mitglied deS Congreffe« sür Massachusetts, zum Marinesekretär ernannt. Deutscher Reichstag. Aus den Eommifstone«. * Berlin, 29. April. DiePetitionSeommissioa de« Reichs- tag» erklärte heute die mit mehr al« hundert Untersckristea ver- lehenr Petition, die den Reichskanzler aussordert, Klärung über den Konitzer Mord zu schaffen, für ungeeignet zur Erörterung tm Plenum. Von grnndiätzltcher Wichtigkeit war eine Erörterung darüber, für welche Petitionen der Reichstag nicht zuUlistq sei. Äbg. Vr. Lenzmann vertrat wieder die Ansicht, daß die Nichtzuständigkeit auch dann geboten sei, sobald rin rechts- gilligeS richterliche- Urtheil Vorliege, selbst wenn dasselbe »in Unrecht enthalte. Die socialdemokratischen Mitglieder be kämpften diesen Standpunkt, eio bindender Beschluß über die principielle Frage wurde aber noch nickt gefaßt. Gegen die Festsetzung einer Sitzung der Sommisflo» auf den nächste« Donner-- stockend fort. „Ich habe das gnädige Fräulein vor ungefähr einer halben Stunde in da» Lesezimmer geführt, Frau Gräfin!" Marie wurde kreideweiß vor Entsetzen. Sie starrte Löwen-Polling an und brach kraftlos In einem Stuhl zu sammen: „Eilen Sie, ehe ein » formten ihre versagenden Lippen. Er stürzte fort und durchsuchte das Lesezimmer, den Salon, Speise zimmer und die Korridore. Nicht«! — Tlner der Kellner kam ihm entgegen: ,Haben Sie die blinde junge Dame gesehen?" — Der Mann dachte nach: „Ja, Herr varon, die Dame ließ sich vor zehn Minuten von Jean nach oben führend „War sie sehr aufgeregt?" „Ich habe nichts bemerkt, nur sehr blaß waren da gnädige Fräulein!" „Löwen-Pollingl" rief Marie, die sich über da- Ge- länder beugte. — „Sie ist da, kommen Sie hinauf." Er eilte treppauf. Man hatte Anneliese besinnungslos im Toilettenztmmer gefunden. — Marte bettete sie sorglich auf ihr Lager. Man bot alle Mittel auf, um sie zum Bewußt- sein zu bringen. Aber als sie endlich die Augen aufschlug, war der Blick völlig irre. Sie begann heftig zu deltriren. Der Officicr stieg mit eigner Gefahr auf den schlüfrigen Wegen herab, um einen Arzt zu oolen. Al- er spät am Abend mit diesem zurückkehrte, stand eS bereit- sehr schlimm um die Kranke. DaS Fieber stieg auf fast einundvterzig Grad. Eine Lungenentzündung war mit unglaublicher Gewalt zum Durchbruch gekommen. — DaS arme Geschöpf kam nicht wieder zur Besinnung. Gegen Morgen wichen zwar die Phantasien ein wenig: aber trotzdem röchelte die heisere Stimme unablässig vor sich hin. „Du heirathest — Eva bann ist die — Blinde tobt Mutti er schießt - mein — ge lieb ter Berndl" Marie biß die Zähne zusammen, um den Jammer zu ertragen. Sie machte sich grausame Selbstvarwürfe. Ak arn Abend deS folgenden Tage- ein Herzschlag da leidende, blinde Mädchen von seinen Qualen auf immer erlöste, -rach die Gräfin zusammen. Der traurige Tode-- fall erregte allgemein«» Mitleid. E- war ein Glück, -aß in Löwen-Polling ö«r verzwrtfelten Gräfin Mtd dy; I jammernden Engländerin ein Mann zur Seite stand. Er leitete alle traurigen, nothwenbtgen Dachen. Er erstickte mit seiner Energie ihre Sclbstvorwürfe im Keime. Anne liesen'- letzte Ausrufe hielt er den beiden Damen al» Trost vor und ließ ihnen keine Zett, sich in ihren Schmerz zu ver senken. Der alte Kahle stand ihm, trotz seiner Schwäche, hilfreich zur Sette. Der Baron geleitet« die Trauernden selbst wie ein liebender Sohn von Station zu Station bis nach Groß- brandau. Er überwand alle Schwierigkeiten und setzte eS Lurch, daß der Sarg mitaeführt werden konnte. Die neue Familiengruft öffnete sich wieder. An die Seite Le« ver storbenen Grafen Julian wurde Anneliese Blaumüller zur ewigen Ruhe gebettet. Bernd von Brandau und Stephan von Warell genossen ihre Reffe mit unbeschreiblichem Vergnügen. Da» Neue und Interessante, da- ihnen auf Schritt und Tritt be gegnete, hob sie über sich selbst htnau-. Die Hetmath lag ist« eine ferne, ferne Welt hinter ihnen. Vergangenheit und Zukunft verschwanden wie nie gewesen oder nie nahend vor den wuchtigen Eindrücken der Gegenwart. Nach ihrer Aussprache an Bernd s Krankenlager war ihr Freund» schaftsverhältniß noch inniger geworden, al» nur je. Eva und Feodora wurden nicht mehr zwischen ihnen erwähnt. — Al- die Freunde -et ihrem ersten Zusammentreffen tu Aden Abend» spazieren gingen, sagte Bernd: „Weißt Du, Tteff, ich betrachte diese Reise al» eine mir geschenkte Gnadenfrist. Die ein loSgelassener wilder Hund will ich jede Stunde durchto-end genießen, — wa- nachher kommt?" er seufzte — „vergessen wir jetzt, daß e- ein Nachher giebt, wo die Kette am Kuß de» Verbrechers festgeschmiebet wird! Kein Wort, ich bitte Dich, von jenem furchtbaren Später!" So war e« ihm geworden! Stephan gemahnte ihn nicht an seine Zukunft. Briefe au- der Hetmath erreichten ihn spärlich ober gar nicht. So lebte er der Stunde und kostete sie au». — Im vctover kamen die -eiben Reisenden nach Kalkutta. Nachdem st« die Stadt aus einer Rundfahrt be sichtigt, ließen Ne ihren Wagen vor dem deutschen Konsulat halten. Bernd stellte sich dem Consul vor. legttimtrte sich und erhielt eine Anzahl Tewgramme und Briefe für flch Warell au-ge-ändtgt. Di« Papiere wie ein« Fahue schwenkend, stieg er wieder ein. „So", sagte er, „die Lec- türe aber erst im Hotel!" „Einverstanden!" Endlich betraten sie ihre Zimmer. Stephan setzte sich noch im Staubmantel nieder und erbrach da» Schreiben seine- VaterS. Bernd entledigte sich erst seiner Sachen. Dann stellte er sich an da- Fenster und entfaltete die De peschen. Ein kurzer Au-ruf entfuhr ihm. „WaS ist loS?" fragte Stephan zerstreut und blickte auf. Der Angeredete überflog eins der Telegramme nach -em anderen, als ob er seinen Augen nicht traue. Er sah sehr blaß au-, als er die Arme schlaff sinken ließ. „MenschenSkind, was ist los? Du bist ja ganz entgeistert! Ist Deine Mutter " „Sie- selbst!^ stieß Bernd hervor. „Ich kann eS nicht verstehen, nicht glauben!" Warell ergriff die Papiere und la» sie. Dann schwieg er eine Weile betroffen. „ES ist wahr, ein Jrrthum aus geschlossen!" meinte er endlich mit schwerer Zunge. „Anne liese ist schwer erkrankt. Die Aermste ist tobt! — Gott selbst hat Dich befreit!" Ein tiefer Schrei brach au- Brandau'- Brust. Dann warf er sich in Stephan'» Arme und schluchzte unauf haltsam. Tagelang vermochte er nicht, an die Wendung seine- Schicksal» zu glauben. Dann fand er sich hinein. Zu der Tobten erwachte seine alte Sympathie wieder. Er be klagte ihren schnellen Tod, er bedauerte sie! Aber er konnte e» nicht tiber sich bringen, sich selber zu belügen und mit dem Geschick zu hadern. Sr war freil Da- Zauberwort erweckte ihn Nacht» au- tiefstem Schlafe. SS verfolgte ihn täglich, stündlich! Langsam gewöhnte er sich daran. Ganz allmählich stieg ein leise-, «arte» Hoffen in ihm empor, eine Ahnung von kommen dem Glück. Ungeduldig erwartete er jetzt den Abgang -e- nach Portsmouth bestimmten Schiffe». Er mußte heim! Stephan ließ sich nicht abhalten, ihn zu begleiten. Er sprach - nicht au-, aber er wußte, daß Bernd - Freiheit auch in feiner Familie eine Umwälzung Hervorrufen würde. Da mußte er doch dabei fein! — Am IS. Oktober stachen sie in See. Vie unerträglich lang ihnen die Reise erschien! -- Doch -ar» sie eineu BortheU in sich. Während der lang« Woche« blühte Bernd auf. Aus seinem schönen Gesicht schwanden die Spuren seelischer Qualen. Jugcndkraft und Jugend hoffen sprach au» seinen edlen Zügen. Ungeduld und Sehnsucht häufig auS seinen leuchtenden Augen. Am Weihnachtsabend waren die Freunde in London. Wenige Tage später in Berlin. Gräfin Brandau und Graf Warell, Professor Neubert und Paul erwarteten sie auf dem Bahnhofe. Das war ein Wiedersehen! Marien'S Augen versenkten sich in des Sohnes geliebtes Antlitz. WaS ihr daraus entgegenstrahlte, übertäubte ihre Selbstvorwürfe, ihren Schmerz um die Tobte. Sein Glück linderte ihren Gram und sie verbarg ihn tm tiefsten Innern. Sm 1. Januar waren Warell'» und Brandau'- in Breslau. Die Anderen warteten im Hotel. Bernd fuhr zur Zeit der Sprechstunde in da» Krankenhau-. Erst sprach er lange mit der Oberin allein. Dann führte sic ihn in ihr stille-, einfaches Zimmer. Ihre Augen schwammen in Tbränen, al« sie ihm die Hand reichte: „Ich lasse meine Nichte jetzt holen, lieber, theuerer Bernd! Sie werben ihr viel zu sagen haben! Ich bin mit Ihnen glücklich!" Sin Kltngelzug rief eine- der dienenden Mädchen herbei: „Rufen Sie Schwester Eva au» der Kinderstation, Bertha, sie soll sofort hierher kommen!" — Die Magd verschwand. Nach einigen Secunden entfernte sich auch die Oberin leise. — Bernd blieb in unbeschreiblicher Aufregung allein. Sein Herz klopfte zum Zerspringen. Jetzt erklangen leichte Schritte, e» klopfte an der Thür, eine Hand drückte die Klinke nieder. Coa'» hohe Gestalt stand im Thür- rahmen. Sie erschrak. „Eva, Eva, meine — — meine Eva!" schrie Bern selig. Sie sah ihn einen Augenblick wie betäubt an- Er -rettete die Arme au-. Mit einem Schrei unend lichen, nicht zu erfassenden Glücke- stürzte sie an seine Brust. Zwei filtge Menschenkinder, di« bereit» auf etuauder Ver zichtet hatte», waren wieder vereint l (Sud«.)
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