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sein« Augen schiene« ihr da» begreifiich machen zu wollen, was er jener sagte. „Aber wie, mein Herr? sagte die Gesellschaft-, dame, „diese Sprache ist doch sonderbar! Sie machen mir de» Hof in der Gegenwart des Frau« leinS?" „Sie hört eS nicht, atfo ist da« Uebel nicht groß!" „Tbnt nichts, Sie haben ihr doch sonst glau ben machen wollen, daß Sie sie lieben!" „Ich liebe Sie ans vernünftige Weise! Ich bewerbe mich nm ihre Hand! Eine Convenienz- deiratd! Denn eine Taube kann man nicht lie« bcnSwürdig finden, man kann ja keine Unterhal tung mit ihr führen! „Mein Herr, Sie würden besser sie ansehen, anstatt nist ihr zu sprechen; da» wird eine Ent schädigung sein." „Gewiß, Fräulein Elotilde ist ganz hübsch, aber nicht so schön als Sie, und Lie werden entschuldigen, daß ich Sie schöner finde." „Genug, mein Herr!" rief Madame Launay aufstehend. Der junge Mann wollte fortfahren, aber ein Husten Eloliidcns unterbrach ihn, und die stren gen Blicke der jungen Wittwe schüchterten ihn ein. Er fühlte, daß er zu weit gegangen sei, und schickte sich zum Weggehen ' an, grüßte Madame Launay und bat sie verschwiegen zu sein. „Ich werde nicht» sagen, mein Herr," ant wortete diese. Diese Versicherung beruhigte ihn und er ver ließ da» Hotel, eine fröhliche Melodie summend. * * ' * Eine andere Scene fand denselben Abend zwischen den beiden Damen und einem, von dem jungen Elegant sehr verschiedenen, jungen Mann statt. Dieser, von Traurigkeit niedergcbeugt, ver suchte vergeblich seine Lhräncn zurückzuhalten. Es war Emanuel, der denselben Tag von einer langen Reise zurückgekommen war. Er batte so eben de» Unfall erfahren, der die arme Clotilde betroffen hatte, und eS schnitt ihm tief in'» Herz, die Gefährtin seiner Kindheit so wiedcrzuflnden. Dennoch bemühte er sich, sie heiter anzublicken, um sie nicht durch seinen Kummer zu betrüben. Er ließ sich durch Madame Launay die Einzeln- heilen der schrecklichen Krankheit mittheilen, be dauerte, daß dieselbe so schnelle Fortschritte ge macht hatte, und erkundigte sich nach den ange wandten Mitteln, den zu Rache gezogenen Aerzten und nach den Hoffnungen, welche dieselben ga ben. „Welches Unglück!" rief er. „War eS nicht genug, daß ich selbst jeder Hoffnung auf Glück entsagte? Muß ich auch noch Fräulein Elotilde al» das Opfer eine» solchen unvorhergesehenen Unglücks sehen?" „Kennen Sie sie lange?" fragte Madam» Saunas „Ach! Madame, sonst war ich in ihrer Freund schaft so glücklich. Vor diesem Schicksal fehlt» ihr nichts zu ihrem Glück, sic war sanst und gut gegen Jedermann, .sie batte Talente und Ver stand, sie war eine» glänzenden Loose» würdigt Welcher Schicksalsschlag! es scheint, als nM« da- Geschick feinen AuSerwäbttcn die Vorzüge rauben, auf die sie stolz sein könnte«." „Ich sehe, Herr Emanuel, daß Sie Ihr« junge Freundin zu würdigen wissen, und doch behauptete man, daß ihr zurückhaltendes Beneh men gegen sie eine große Kälte gezeigt." „Kälte? — Nie hat mein Herz seins Ge fühle geändert! Aber ich kann nicht so zarte, ver, bindlichc Phrasen drechseln, als viele Andere, ich kann nicht pomphafte Lobeserhebungen in'S Ge sicht sagen, die die Besch,ideuheit Derjenigen verletzen müssen, an die sie gerichtet sind; und wnzr ich einen Kreis von Schmeichlern um den Gegen stand meiner geheimen Bewunderung versammelt lehe, so verzweifle ich daran, über dieselben zu siegen; deshalb entferne ich mich, schweige und verschließ« meine Empfindungen in meinem Innern. Di« Verehrung die ich übe, ist weniger sichtbar, ab« viel reiner!" Als der junge Mann diese Worte beendet hatte, schlug er seine Augen nieder, denn sie wa ren denen LlotildenS begegnet, die mit dem sanf testen Ausdruck auf ihm ruhten. „Also fragte Madame Launay, haben Sie ihr nie gestanden, daß Sie sie lieben?" „Wie hätte ich das wagen können? Kaum, wag« ich e», Ihnen in ihrer Gegenwart eS mit« zutheilcn, obgleich sie mich nicht hören kann; sie scheint es jedoch beinahe auf meiner Stirn, zu lesen und die Worte an der Bewegung meiner Lippen zu errathen." „Wie thöricht! aber wenigsten» theilten Sie es Frau v. Revel mit?" „Nein, Madame!" „Und warum nicht!" „Weil ich Nebenbuhler hatte, die der Hand deS FräuteinS Elotilde würdiger waren, als ich. Mein Vermögen ist dem ihrigen nicht gleich, und hätte ich um sie geworben, so hätte eS geschienen, als ob mich eigennützige Absichten leiteten. Ach!' waS hätte sie von mir denken sollen? Nein, ich wollte erst einen Namen, eine unabhängige Stel lung erwerben, um mich ihr dann zu Füßen zu werfen; aber bis dahin, Madame, mußte ich schweigen!" Ju diesem Augenblicke näherte sich Madame Launay dem jungen Mädchen und drückte ihm die Hand, daun fuhr sie fort, Emanuel auSzuforscheu. „Und jetzt," fragte sie, „jetzt, da ihre Krank«, beit ihre Bewerber vielleicht entfernt, werden Si» für Sie dieselben Empfindungen hegen?"