Volltext Seite (XML)
Glbebtatt - st- * > Riesa, Strehla und deren Umgegend. W Ä. Dienstag, den IS. Januar 1857. Die Neuenburger Angelegenheit. Obgleich von Seiten der Schweiz sowie Preu ßens die beiderseitigen Rüstungen ihren ungestörten Fortgang nehmen, so glauben wir doch noch an die Erhaltung des Friedens. Nach den Mittheilungen des Bundesraches ist man berechtigt zu glauben, daß vermehrte Aussichten auf eine friedliche / die Schweiz befriedigende Lösung vorhanden sind. Auch aus dein entgegengesetzten Lager, ans Berlin, lassen sich immer mehr Friedensstimmcn vernehmen. Dazu kommt/daß es der europäischen und Nordamerika« nischen Diplomatie nicht an Ernst fehlt, ihre Vcr- mittclungsversuche zu realiflren. Sehr wahr spricht sich das Chemnitzer Tageblatt über die ganze Neu« enbukgcr Angelegenheit in folgender Weise auö: Es ist undenkbar, baß die Schweiz mit Waffenge walt ein nur annähernd gleich günstiges Ergebniß «reicht, wie sie es durch wenig Worte kluger Nach giebigkeit erreichen kann. Lassen wir es zum Kriege kommen: was kann der Ausgang desselben sein? Die Schweizer mögen einen Enthusiasmus zeigen, welchen sie wollen: mit dem bloßen Enthusiasmus werden die preußischen Batterien nicht zum Schwei gen gebracht. Es ist etwas ganz anderes, begeistert mit dem -Degen zu klirren, vivat hoch zu rufen und von Heldcnthatcn zu, träumen, als bei bei» jetzigen Stande der Kriegskunst eine Schlacht' zu gewinnen, und der Gewinn einer Schlacht ist bei dem jetzigen Stande der politischen Verhältnisse noch eine Kleinigkeit gegen die längere Führung eines Krieges überhaupt. Wenn einige tausend Menschen in den Treffen geblieben sind, noch weit mehr als Krüppel in den Siechhäusern liegen, die Werkstät ten und Fabriken still stehen, Wittwen und Weisen um Brod schreien, die Armen nichts mehr geben können und die Reichen nichts mehr geben wollen, und wenn trotzdem nichts erreicht ist, als daß der mächtige Gegner eine neue Armee herbeiziehen und seinen Credit nm einige Millionen mehr anstrengeu muß: wie dann? Werden dann auch noch alle Stim men, dem Kriege um eines bloßen Ehrenhandels willen zujauchzen, oder werden sich vielmehr den vielen Stimmen, die im jetzigen Enthusiasmus der Menge gar nicht laut zu werden wagen, »och die Stimmen aller derer zugesellen, welche von dem Rausche nüchtern geworden sind und an einem po litischen Katzenjammer leiden? Gewiß, das Schwci- zervölk befindet sich jetzt in einem Rausche, es über schätzt seine Kraft und bedenkt nicht, welch gräßliche Wirklichkeit ein Krieg im Jahre 1857 im Vergleiche mit den romantischen Schilderungen eines Johannes Müller von den ruhmreichen Siegen der Vorvordern darbietet, und es giebt sicher unter den Schweizern selbst deren genug, die jetzt schon den Katzenjammer nach dem Rausche kommen sehen. Oder steht der Schweiz, die allein mit Preußen nun einmal nicht fertig werden kann (2,400,000 gegen 17,000,000) etwa fremde und wirksame Hilfe in Aussicht? Sie hat Freunde, das ist wahr, aber wer sind sie, und was können sie thnn? Zuerst die verein igtenStaaten von Nordamerika, die sich durch republikanische Sympathien zur Schweiz gezogen , fühlen. Sie sollen Geld angeboten- haben. Das kann sein, wiewohl wir den Amerikanern durchaus keine großen Geldopfer aus bloßer Sympathie zu trauen und wissen, daß sie auf ihr Geld mehr hal ten als auf ihre Seele. Aber wenn auch, mit Geld allein ist's nicht gemacht, und Truppen und Kriegs schiffe können aus New-Jork nicht nach Bern ge bracht werden/ Ein zweiter Frennd der Schweiz ist da^ englische Cabinet. Von ihm steht' gar keine thätige Hilfe in Aussicht. Ein dritter Freund, oder richtiger eine Freundin ist die europäische Revolu- - tionspyrtei. Abet von ihr mag die Schweiz selbst nichts wissen, da sie völlig erkennt, welche Gefahr ihr in der Bundesgenossenschaft droht. Als vierten Freund können wir den deutschen Michel betrachten, welcher jedesmal dem Auslande gegen deutsche Staa ten beistimmt. Was Michel thut, beschränkt sich auf tapfere Redensarten hinter dem Bierkrug, und die helfen der Schweiz auch nichts. Andere Bundes genossen der Schweiz vermögen wir jetzt nicht z» erkennen, da Oesterreich, so wenig es ganz mit Preu ßen harmonirt, .doch ebenso wenig vom monarchischen Prinzip jassen kann als der französische Kaiser der durch einen Abfall von der Sache der Monarchien auch einen Abfall Frankreichs von der corflschen Dynastie unterzeichnen würde. Politische Wochenschau. Wien. Gutem Vernehmen nach soll der Kai ser den dringenden und wiederholten Bitten des greisen Feldmarschalls Radetzky um Versetzung in den Ruhestand nun entsprochen haben. Wie vre- lautct, wird er chen vollen Jahresgxhalt, welchen er bisher als Generalgouverneur des. Lombardisch»