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Titanen zerwühlen das Land Die wertvolle „brennbare" Erde Dom Gruben betrieb zum Grosstagebau Braunkohle wir- geßörSerk Brauukohlen-Tagebau im HerbstnebelI Das Ende der langen und tiefen Grube ver schwindet im grauen Dunst Ein Zug der elettrischen Abraumbahn klappert vorbei. Der Zug bringt den Abraum zu den Hal- den, wo er „verstürzt' wird. Wer hat den langen Zug zum Ueberlaufen voll mit Ab raum, der unverwertbaren Bodenschicht, die keine Kohle führt, beladen? Das Knirschen vieler Räder auf Schienen wird stärker hörbar. Da taucht langsam aus dem Dunst, gemächlich, aber anscheinend un- aufhaltsam vorwärts schreitend, ein Stahl bauwerk auf. Im ersten Augenblick könnte man glauben, eins der riesenhaften Ur welttiere wäre wiederauferstanden. Eines Neuaufschluß einer Braunkohlengrube an gesetzt, denn für solche Giganten liegt die Kohle nicht hoch genug, man kann sie nicht lohnend zur Kohleförderung verwenden. Für diesen Zweck hat man den Förder- bagger gebaut, der statt auf Rädern auf Raupen läuft. Seine Ausmaße sind nicht gleich phantastisch, aber dafür ist er beweg licher und vorsichtiger in der Arbeit. Ihm kann man das wertvolle Gut anvertrauen, ohne befürchten zu müssen, daß er den wert losen Abraum dazwischenbringt. Ueberall in Mitteldeutschland und in« Rheinland sieht man in den riesigen Löchern der Braunkohlengruben diese Titanen an der Arbeit. Ohne ihre Hilfe würde der scheu Erfahrungen und die fortschreitende technische Entwicklung auch dem Braun kohlenbergbau nutzbar machen konnte, wurde der Grundstein zu seiner jetzigen Bedeutung gelegt. Dazu verhalf ferner ein Verfahren, durch das die Kohle gefestigt und geformt, brikettiert werden konnte. Jetzt wurde die Braunkohle wettbewerbsfähig vor allem als Hausbrand. Aber erst nach der Jahr hundertwende, als die Rohkohle als Aus- aangsprodukt für die Chemie erkannt wor den war, setzte jener gewaltige Anstieg der Förderung ein, und damit verschwand ein Schacht nach dem anderen, denn inzwischen hatte die Technik alle Voraussetzungen ge schaffen, um die Kohle im Tagebau in ungeahnten Mengen zu fördern. — Die Braunkoylengruben erinnern in keiner Weise an den Bergbau mit seinen Förder türmen, es sind riesige Löcher in der Erde, aus denen die Eimer der Bagger die Kohle herausreißcn. Züge stehen unter den Bag gern bereit, um die Kohle in das Kraftwerk oder in das Chemische Werk zu befördern, unter den Baggern laufen endlose Bänder bis zur Brikettierungsanlage. Viele Kilo meter sind die Gleisanlagen lang, riesige Pumpen sorgen für die Senkung des Grundwasserspiegels. Erst durch die neu zeitlichen Großmaschinen, vor allem die riesigen Bagger, ist dieses Ausmaß df Förderung ermöglicht worden. jener phantastischen Tiere mit langem Hals, unwahrscheinlich kleinem Kopf und riesigem Körper, ein Ichthyosaurus, der etwa ein Zeitgenosse der Bäume war, deren Stämme heute als Braunkohle aus der Erde geholt werden. Dieses Stahlungeheuer ist ein Schwenk- bagger, der die Aufgabe hat, den Abraum von der Kohle wegzunehmen, denn jene über der Kohle liegenden Schichten von Sand, Holz und Steinen müssen erst „ab- aeräumt" werden, ehe mit der Förderung der Kohle begonnen werden kann. Sie liegen mehr oder weniger hoch auf der Kohle, aber niemals so hoch, daß sie nicht im Tagebau beseitigt werden können. In manchen Bezirken ist der Abraum nur wenige Meter hoch, in anderen wieder bis zu 20, 30 und 50 Meter. Der Bagger geht diesen unnützen Schichten zu Leibe. Auf Gleisen fährt der Schwenkbagger an der Abbaufront entlang. Er bewegt sich auf vielen, vielen Rädern. Die Eimerleiter mit den Baggereimern hängt in den Stahl seilen. Man muß sehen, wie sich dieser Riese mit der zähen Erde auseinandersetzt. Sie ist im mitteldeutschen Revier, dem größten Braunkohlenrevier Deutschlands und der Welt, oft zäher Lehm, durchmischt mit Felsbrocken und sperrigem Wurzelwerk. Die Eimer kratzen gleichsam den Abraum fort. Wer kann sich einen Begriff von den Titanen machen, die heute in den Braun kohlengruben tagaus, tagein am Werke find, um den wertvollen Rohstoff zu für- dern? Jene Abraum-Schwenkbagger sind zur Zett das größte Bergbaugerät über haupt Sie werden hauptsächlich bei dem Mensch diesen Schatz kaum in dem Maße heben können. Heute ist die Braunkohle ein wichtiger Rohstoff, weniger als Hausbrand, sondern weil sie einen großen Teil der be nötigten elektrischen Energie liefert und außerdem als Ausgangsprodukt für die Chemie größte Bedeutung hat. Braunkohle war schon lange bekannt, aber erst vor knapp hundert Jahren dachten unterneh mungslustige Männer in Mitteldeutschland daran, sie systematisch und bergwerksmäßig zu fördern. Wieder einmal, wie bereits nach dem Dreißigjährigen Kriege und zur Zeit Friedrichs des Großen, litt man in Deutsch land unter einem empfindlichen Brennholz mangel, so daß die Regierungen die Suche nach Kohlenlagern und ihre vernünftige Bewirtschaftung anregten. So begannen die Bauern und Grund stücksbesitzer auf ihren Feldern nach der „brennbaren Erde" oder, wie sie es auch kurzweg nannten, nach Torf zu graben. Die Ausbeute war gering, und mit Bergbau hatte diese Art der Förderung nichts zu tun. Bis man in der Gegend von Meusel- Witz in Sachsen einen Schacht anlegte. Hier wurde dann zum erstenmal bei dem Schim mer blinkender Oellampen die braune Kohle gebrochen und mit Schubkarren zum höl zernen Förderturm und dort durch ein- fachen Seilzug ans Tageslicht gebracht. Eine Dampfmaschine mußte angesetzt werden, um das einbrechende Wasser auszupumpen. Neun Braunkohlengruben entstanden hier im Laufe der Jahrzehnte, und zwei- yundert Bergleute wurden beschäftigt. Das Wasser blieb aber ein schlimmer Feind, und erst Jahre später, als man die bergmänni- Oben IlntS: Gr- ficht eine« großen SohlenbaggerS. Jin Hintergrund ein Ab- raumbaggrr in Tätig kri«. Oben rechts: Bergarbeiter bei der MittagSrast. — Jni Braunkohlenbergbau gibt'S Untertagrarbeil nur noch selten. Rechts: Blick vo» einer Abraumhalde auf eine Brrgarbri tersiedlung. Darunter: Sühl rinnen verbinden dir Brikettfabrik mit dem Verladrschuppen. Unten: Hier wird di« geförderte Sohle auS den Fördrrwagen auf daS Transport band geschüttet und rollt direkt in dir Brikettfabrik. Photo: <S) Eichenberg Bavaria — M.