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Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. 45. Dienstag, den 8. November 1853 Verordnung, des Ministeriums des Innern, die Ablösung der Naturralleistungcn an Pforr- und Schullehne betrffd., vom SS. Oktober 1823. Durch eine unterm SV. August 1844 von der Generalcommission für Ablösungen und Gemeinheitstbeilungen an sämmt- liche Specialcommissarien erlassene Verordnung sind mehrere bis dahin vorgekommene Zweifel über die Ablösung der an geistliche- und Schullehne zu leistenden Naturalabentrichtungen auf einseitigen Antrag erledigt worden. Da die« aber nur durch eine an die Ablösungsbehörden ergangene Anweisung und nur rücksichtlich der Naturralabentrichtungen der Gemein den geschehen ist, dermal aber es nöthig erscheint, durch eine allgemein zu veröffentlichende Verordnung die Zweifel zu er ledigen, welche insonderheit auch bei den Kirchen- nnd Schulinspectionen, in der Oberlausitz bei den Collaturbehörden, Un gewißheit darüber herbeiführen könnten, welche den Pfarr- und Schullehnen zustehende Befugnisse von der tz. S3 des Gesetzes vom 15. Mai 1851 135 des Gesetz - und Verordnungsblattes) enthaltenen Bestimmung, wonach längstens bis zum 31. Decemllcr dieses Jahres wegen aller auf einseitigen Antrag ablöslichen Grundlasten und Dienstbarkeiten auf Ablösung zu provociren ist, getroffen werden: so hat das Ministerium des Innern für angemessen befunden, die hierüber geltenden und von den Ablösungsbehörden zu beobachtenden Grundsätze, zugleich zur Vervollständigung der denselben un tern, 20. August 1844 ertheilten Anweisung, nachstehend zur öffentliche» Kenntniß zu bringen. Blos vrivatrechtliche Rechtsverhältnisse hat das Ablösungsgesetz vom 17. März 1832 der Ablösung auf einseitigen Antrag unterworfen, dagegen von dieser Bestimmung Berechtigungen und Verpflichtungen der Gemeinwesen des Staat«, der Politischen, sowie der Kirchen- und Schul-Gemeinden, inwiefern die Berechtigungstitel dem öffentlichen Rechte angehö- ren, 52, u und t> ausdrücklich ausgenommen. Pa nun 1) die Kirchen- und Schulgemeinden kirchenrechtlich, also vermöge eine« Titels des öffentlichen Recht«, zur Unterhaltung ihrer Pfarrer und Schullehrer verbunden find, und daher, so oft fie dem Pfarr- oder Schullehn rücksichtlich einer Leistung an dasselbe gegenüberstehen, die öffentlich-rechtliche Natur dieses gegenseitigen Rechtsverhältnisses, bis zum Erweis des Gegentheils, vermuthet werden muß, so müssen die ihnen, als Gemeinden und nicht etwa auf Grund eines andern, zufälligen Verhältnisses obliegenden Leistungen an das Pfarr- oder Schullehn, bis zum Erweis des Gegentheils, als solche angesehen werden, mittelst deren di« Gemeinde ihrer kirchenrechtliche», mithin auf einem Titel des öffentlichen Rechts beruhenden Verbindlichkeit genügen will, und welche daher der Ablösung auf einseitigen Antrag nicht unterliegen. Es kann dabei nichts darauf ankommen, daß eine Gemeinde dergleichen Leistungen zeither aus den Nutzungen gewisser ihr zugehörigen Grundstücke unmittelbar bestritten, oder vielleicht sogar förmlich darauf angewiesen hat, und sie als Reallast eines Gemeindegrundstücks behandelt worden sind, da neben dem privatrechtlichen Titel dieser Reallast der die Gemeinde, al« solche, verbindende Titel des öffentlichen Rechts, bis zum Erweis des Gegentheilcs, dergestalt wirksam geblieben ist, daß, auch nach Befreiung des betreffenden Grundstücks von der Reallast, die Gemeinde zur unveränderten Fortgewährung der Naturralleistung verbunden bleiben würde, und daher eine Ablösung dieser Verbindlichkeit der Gemeinde durch eine dem Pfarr- oder Schullehn zu gewährende Geldentschädigung nur im Wege freier Vereinigung stattfitiden kann. Ein Anderes würde nur in dem Falle anznnehmen sein, wenn die Gemeinde ein mit einer Naturralleistung an da» Pfarr- oder Schullehn schon behaftetes Grundstück an sich gebracht hätte, da solchenfalls ihre Verbindlichkeit nicht aus dem Parochial- »der Schulverbande, sondern aus dem Besitze des privatrechtlich verhafteten Grundstücks abzuleiten wäre. Von der Anwendung dieser Grundsätze ist auch der Fall nicht auszunchmen, wo nicht sämmtliche, sondern nur einzeln« der eingepsarrten oder eingeschulten Gemeinden eine Naturralleistung an das Kirchen- oder Schullehn über sich haben, weil, wenn schon bet der ersten Bildung des Parochial- oder Schulverbandes und bei der ersten Dotirung der Kirchen- und Schulstellen, blos eine der eingepsarrten oder eingeschulten Gemeinden eine gewisse Naturralleistung übernommen bat, an dere dergleichen Gemeinden aber vielleicht andere Leistungen übernommen haben, oder, sei es nun sogleich ursprünglich da von sreigelasscn oder bet ihrer vielleicht erst später erfolgten Aufnahme in den Verband damit verschont worden sind. Dagegen find Naturralleistungcn, welche den Pfarr- und Schullehnen nicht von den Pfarr- und Schulgemeinden, son dern von andern Personen, insbesondere auch von einzelnen Mitglieder» der Pfarr- oder Schulgemeinde selbst, aus privat rechtlichen Gründen zu gewähren find, der Ablösung auf einseitigen Antrag zwar allerdings unterworfen. Allein e« ist zu- gletch eine Folge des obgedachten obersten Grundsatzes, daß gleichviel ob in Abentrichtung oder in gewissen Verrichtungen (z. B. Führer) bestehende Naturralleistungen, welche entweder allen Mitgliedern einer Pfarr- oder Schulgemeinde, oder gewissen Classen derselben, nach ganz gleichen oder doch mit Rücksicht auf die Befitzverhältniffe gleichmäßig geordneten Vertheilungöbeftimmungen zum Besten der Geistlichen, Lehrer oder Kirchendiener obliegen, aber, erweislich, nicht vermöge eines bloßen Privatrechtstitels auf einem Grundstücke oder Grundstückencomplexe haften, als unablösliche Parochiallasten anzusehen sind. Vorstehende, zugleich die Competenz der Ablösungsbehörden bedingende Grundsätze haben letztere bei den an fie gelan genden Provokationen zu beobachten.