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Astronomie de» israelitischen Heerführer» Josua al» falsch dargestellt hat, seitdem der große Galiläi nach seinem erzwungenen Widerrufe angesichts der JnquisttionSrichtcr auSgerusen: „Und sie dreht sich doch!" — seitdem kann es in dem gebildeten Europa nicht mehr vorkommen, daß wie in den früheren Zeiten einem so großartigen Ereignisse, wie eine totale Sonnenfinsterniß ist, mit Angst und Zittern entgegengesehen wird. Wenn wir in Geschichtsbüchern von den Vor bereitungen lesen, welche die in religiösem und physikalischem Aberglauben befangenen armen Leute damals trafen, um gegen die vermeintlichen fürch terlichen Vorgänge möglichst gesichert zu sein, welche die Unwissenheit und der Eigennutz mit dem Eintreten einer totalen Sonnenfinsterniß an gekündigt hatten, so kann mau sich eines mitlei digen, Lächelns nicht enthalten. Da sollten giftige Nebel auf die Erde fallen, weshalb man die Brunnen verwahrte, die Thüren und Fenster her metisch verschloß; Andere kündigten große Wasser« fluchen und Erdbeben an, und die geängstete Volksmenge flehete händeringend und auf den Knieen liegend um Abwendung des Unheils. Der Franzose Fontenelle erzählt, daß noch im Jahre 1654, auf die bloße Ankündigung einer Finster niß hin, eine nicht unbeträchtliche Anzahl der Be wohner von Paris in dse Keller flüchtete. Wie ganz ander« jetzt! Nichts von Angst und Bei'orgniß wird bemerkbar; die Männer der Wis senschaft vom Fach eilen auf die Sternwarten, um die Wissenschaft mit nützlichen Beobachtungen zu bereichern; jeder Gebildete freut sich, während seines Lebens Gelegenheit zu haben, ein solches großartiges Phänomen zu beobachten, und die große Menge des Volkes zeigt rege Wißbegierde oder doch eine harmlose Neugier, nichts weniger aber als Furcht. Eine totale Sonnenfinsterniß ist aber ein so großartiges und so selten eintretendeö Ereigniß, und nicht alle Generationen finden Gelegenheit, ein solches zu beobachten, daß es sich wohl der Mühe lohnt, einige allgemeine und besondere, auf das bevorstehende Himmelsercigniß bezügliche Bemerkungen zu geben. Im mittleren Deutschland, wozu auch unser Sachsen gehört, haben sich im gegenwärtigen Jahr- hundert zwar schon einige bedeutende Sonnenfin sternisse, aber keine totale zugetragen. Die be« merkenswerthesten Sonnenfinsternisse, deren sich unsere Leser vielleicht noch erinnern werden, haben stattqefunden: am 15. Mai 1836, am 8. Juli 1842 und am S. October 1847. Bis zu Ende dieses Jahrhunderts werden nur noch zwei große Sonnensinsternisse für Sachsen eintrete», nämlich am 22. December 1870 und am 19. August 1887. Das darf wohl als bekannt -vorausgesetzt wer den, daß bei einem solchen Ereigniß nicht die Sonne verfinstert wird, sonst müßte auf der gan zen Erde gleichzeitig eine gleich intensive Verfin sterung eintreten, wa» eben nicht der Fall ist, sondern daß hier nur von einer Schattenwerfung auf die Erde die Rede sein kann. Viel richtiger würde mau also das Phänomen mit „Erdfinster- niß bezeichnen, weil man, befände man sich zur Zeit einer Sonnenfinsterniß auf dem Monde, die Erde theilweise oder ganz verdunkelt wahrnehmen würde. Der Umstand, daß eine Sonnenfinsterniß alle mal in der Zeit des Neumondes stattfindet, läßt vermutben, daß der Mond hierbei im Spiele ist. Es ist auch in der That der Mond, welcher, wenn er in gerader Linie zwischen Erde und Sonne tritt, den Erdbewohnern den Anblick der letzteren auf einige Zeit entzieht, wie cs in ähnlicher Weise geschieht, daß die Sonne am heiteren Himmel durch eine vorüberziehende Wolke verdeckt wird. Sowie nun der Schatten dieser Wolke nach der Seite sich hinbewegl, nach welcher sie von dem Winde getrieben wird, ebenso zieht der Mond schatten nach seiner Bewegung von Westen nach Osten in dieser Richtung über die Erdoberfläche hin. Daher kommt es, baß östlicher gelegene» Orten eine Sonnenfinsterniß später bemerklich wird, als westlicher gelegenen Gegenden. Man unterscheidet partielle (theilweise), ring förmige und totale Sonnenfinsternisse. Eine theil weise Sonnenfinsterniß ist diejenige, wenn nur ei» größerer vocr kleinerer Theil der Sonne durch die vorlretende finstere Mondscheibe verdeckt wird. Ringförmige Sonnenfinsternisse sind solche, wo der Mond als Neumond ganz in die Mond scheibe dergestalt einlritt, daß nur ein Heller Ring sichtbar bleibt. Ist dieser überall gleich, d. h. fällt der Mittelpunkt der Mondscheibe mit dem der Sonnenscheibe zusammen, so nennt mau Dies eine central-ringförmige Sonnenfinsterniß. Eine totale Sonnenfinsterniß findet alsdann statt, wenn der Neumond in solcher Nabe der Erde sich befindet, daß dem Auge der Anblick der ganzen Sonnenscheibe entzogen wird, oder wenn die Mondscheibe ^scheinbar größer ist, als die Sonnen scheibe. Bei dem Aufemanderfallen beider Mittel punkte ereignet sich dann eine central-totale Son nenfinsterniß. Noch mag zum Verständniß des Folgenden nicht unerwähnt bleiben, daß der Astro nom, um die Größe einer Sonnenfinsterniß an zugeben, den jeweiligen Durchmesser der Sonnen scheibe in 12 Theile zerlegt, welche Zolle genannt werden, dergestalt, daß wenn der Mond 11 sol cher Theile verdeckt, von einer 11-zölligen Fin sterniß geredet wird. Was nun die Montag, den 28. Juli 1851 in den Nachmittagsstunden statlfindendc Sonnen finsterniß anlangt, so ist dieselbe, wie schon be merkt, eine totale, indem bei dem Eintritt des Neumondes, Nachmittags 3 Uhr 11 Minuten, der scheinbare Durchmesser desselben 32' 59" und