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Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. 30 Dienstag, den 27. Juli 1852. Durch Anregung der von Seiten des hiesigen Königl. Gerichts gemachten Anordnung, die Hunde bei jetzt vorhandener heißer Jahreszeit nicht frei und ohne Aussicht herumlausen zu lassen, hat sich Unterzeichneter veranlaßt gefunden, Folgendes über die hauptsächlichen Kennzeichen, Ursachen, so, wie womögliche Verhütung der in dieser Zeit möglichen Falls vorkvmnienden schreckenvollen Krank heit, welche unter dem Namen Tvllwuth wohl Allen bekannt ist, hierdurch mitzutheilen. Kennzeichen der Hund-wuth. Anfänglich beobachtet man, daß die daran erkrankten Hunde traurig, träge und mürrisch sind, von ihrem dargereichten Futter und Getränk sehr wenig zu sich nehmen, lieber und noch dazu mit Begierde ungewöhnliche Gegenstände fressen, als ^Holz, Leder, Stroh, Feder», Dünger u. s. w.; suchen dann gewöhnlich dunkle Orte auf, und scheue« so zu sagen das Licht, gegen ihren Herrn zeigen sie eine tückische Freundlichkeit, kommen auf den Zu- ruf derselben mit ängstlich stierem Blick, und beißen darauf oftmals in die Hand oder in den Fuß ihres Wohlthäters (da plötzliche Bewußtloßigkeit eintritt), sie schnappen häufig ohne alle Veranlassungen um sich in die Luft, als wenn ein Insekt sie beleidi gen wollte, kommen mit eiligen Sprüngen aus ihrem Versteck, ohne dazu gereizt worden zu sein, und beißen, was ihnen in den Weg kommt; dabei wird ihre Stimme immer heißerer, das Bel len ist dem Heulen ähnlicher und man hört einen diesen Hunden eigentümlichen, nicht zu be schreibenden Ton. Die Koth- und Urinentleerun gen gehen seltner als gewöhnlich ab, und Erstere sind hart und von dunkler Farbe. Im spätem Verlauf dieser Krankheit nehmen diese Hunde gar kein Futter zu sich, manche sau fen begierig, plätzschern mit der Zunge dabei, und das Schlingen fällt ihnen sehr schwer; es tritt immer mehr Bewußtlosigkeit ein, der Hund er kennt seinen Herr» gar nicht mehr und macht sich von den stärksten Stricken los; angebunden oder eingesperrt fangen sie an fürchterlich zu rasen, bei ßen in alle Gegenstände, bis sie erschöpft nieder fallen, wo dann in kurzer Zeit die Wuthanfälle sich erneuern, das Auge wird feurig, die Pupille (Augenstern) ist im Hellen Sonnenlicht sehr er weitert, und giebt dem Auge einen unbeschreibli chen abschreckenden Blick. Der Gang wird im Kreuze schwankend, der Hals und Kopf ist ge streckt, etwas nach unten gerichtet, die Spitze de» Schwanzes ist häufig fest zwischen die Hinter schenkel geklemmt, es wird sehr viel Geifer im Maule abgesondert, und steht viel Schaum vor demselben, die Nase ist trocken und heiß, die Lippen dick, die Zunge geschwollen und er scheint lähmungsartig, da selbige nach und nach immer mehr zum Maule heraushängt und es be kommt dieselbe, sowie die Schleimhaut dcS Mau les, eine eigenthümliche bläuliche Farbe. Sind nun diese Hunde ihrer Freiheit nicht be raubt, so ist ihr Lauf gerade oder kreisend, doch dabei schnell, beißbn alle ihnen in den Weg kom menden lebenden Gegenstände, nehmen gleich da rauf eine ganz andere Richtung an, fürchten sich vor keiner Drohung, sondern lassen sich nicht stö ren, suchen ermattet in Gebäuden, sbwie im Felde einen wo möglich dunklen und versteckten Ort, ihr Gang wird immer schleppender, bleiben dann eine kurze Zeit mit gekrümmtem Rücken liegen, bis sie durch irgend einen Eindruck die Wuth von Neuem «»fällt, welche immer heftiger wird, bis nach gänzlicher Erschöpfung der Tod im 7. bis 9. Tage diesem traurigen Leben ein Ende macht. Dies wäre nun in Kürze das Bild dieser schrecklichen Krankheit. Was nun die Ursachen derselben sind, so kann man wohl annehmen, daß dieselbe dem Hundegeschlecht eigenthümlich ist, und e« ver fallen tückische, von Natur boshafte Hunde eher in Wuth, als gutmüthige; daß nun durch Anstel lung in Folge von dem Biß eines wuthkranken Hunde«, dieser Zustand besonders eintritt, ist wohl bekannt, vorzüglich verfallen am allechäufigsten und leichtesten diejenigen in Wuth, welche durch hitzige Hündinnen aufgeregt werden und den Ge- schlecktstrieb Nicht befriedigen können, dann solche Hunde, die Sommer und Winter angebunden und in ersterer Jahreszeit der größten Sommerhitze, in letzterer der stärksten Kälte steiS ausgesetzt sind, so ist es auch bei Stubenhündchen, welche im Winter unter dem heißen Ofen liegen, und an keine Witternngseinflüsse gewöhnt sind, ebenso verfallen diejenigen Hunde leicht in Wuth, welche an reinem frischem Wasser Mangel leiben, fauli ge« und stinkendes Wasser sanfen müssen, oder auf große Erhitzung schnell, kalt und viel sau-