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Anserate Mt-och Mtav cuigeyomm« ächsische NochnlunK e 43. Jahrgang Sommöend, den 8. Januar 1881 da die Zahl der Einzuexercirenden durch den ReichS- hau-halt-etat jährlich festgesetzt wird. Wie vnS bedünken will, sinken die Chancen für die Annahme deS Verwendung-.Gesetzes im preußischen Abgeordnetenhause mit jedem Tage. Man kann schon jetzt mit ziemlicher Gewißheit annehmen, daß ein An trag auf Vertagung der Berathung allerseits kräftig unterstützt werden wird. Die Fortschrittspartei und die Secessionisten vertreten schon lange den Standpunkt, möglichst wenig neue Steuern zu genehmigen, sich aber jedenfalls nicht über die Verwendung von Steuern schlüssig zu machen, deren Bewilligung keineswegs in Aussicht steht. Die Nationalliberalen neigen ihrer ab wartenden Natur nach an und für sich zu einer Ver tagung und sprechen die- auch offen auS, indem sie be tonen, daß eS dem Kanzler mehr um die Bewilligung der Steuern, als um die Festlegung der späteren Ver wendung zu thun sei. Ebenso mehren sich auch von konservativer Seite die Anzeichen, daß man sich mit der Annahme des Verwendungsgesetzes nicht die Hände binden will. AuS diesem Grunde sollen viele süd deutsche Reichstag--Abgeordnete konservativ-klerikaler Richtung den Führern ihrer Gesinnungsgenossen im preußischen Landtage es nahe gelegt haben, über daS Verwendungsgesetz zur Tagesordnung überzugehen, da gegen für den Reichstag einen umfassenden Plan vor zubereiten, nach welchem die Reform der direkten Steuern im Reiche und daraufhin die Reichsfinanz reform zu verwirklichen wäre. Da endlich auch da- Centrum sich schwerlich mit der Annahme des Ver- wendungsgefetzes als wichtigstes Tauschobjekt für die Aufhebung der Maigesetze beeilen wird, so ist da- Schicksal desselben schon jetzt entschieden. Wie verlautet, soll die Konkurrenz der SträflingS- arbeit mit dem freien Gewerbetrieb den Gegenstand einer Petition bilden, welche von den Interessenten an den Reichstag gerichtet werden soll. Es wird darin unter Anerkennung der Nothwendigkeit, die Jnhaftirten angemessen zu beschäftigen und die Strafanstalten auf ihre eigenen Einkünfte anzuweisen, der Schaden darge stellt, welcher durch einseitige und wenig rücksichts volle, nur auf möglichst große Einnahmen abzielcnde Geschäftsführung zahlreicher AnstaltSdirektionen den te- theiligten Gewerben erwachse, «o wenig Erfolg die betreffende Petition aus bereits bekannten Gründen haben dürfte so ist es doch bemerkenswerlh daß immer wieder dieselben Kreise in ebengedachter Weise Vorgehen. Die antisemitische Bewegung in Berlin hat be reits einen derartigen Umfang angenommen daß es kaum noch möglich ist, dieselbe behördlicherseits länger zu ignoriren. An allen öffentlichen Orten ist nur noch von ihr die Rede und in einer Menge von Lokalen sieht man Politische Wellschau. Deutsches Reich. Mit der heute erfolgenden Rück kehr de- Fürsten BiSmarck nach Berlin wird eine Reihe höchst wichtiger Fragen in Angriff genommen werden, denn nicht bloS die auswärtigen Angelegenheiten, die eigentliche Domäne deS leitenden Staatsmannes, sondern auch die in den Vordergrund getretene Finanz- und Steuerreform, die neue Phase der Unterhandlungen mit Rom über die BiSthümerfrage, sowie die Lösung deS Problems, wo der Reichskanzler für seine gesammte Politik eine Majorität und damit einen Einfluß auf den Gang der Wahlen finden solle, machen seine Anwesenheit dringend nöthig. WaS den letzten Punkt anbetrifft, so dürften sich Diejenigen einer argen Täuschung hingeben, welche in dem persönlichen Eingreifen deS Kürsten Bismarck klärende Ereignisse in der Konstellation der Parteien untereinander und gegenüber der Regierung erwarten. Alle gesetzgeberischen Vorlagen der jüngsten Zeit und alle Projekte des Reichskanzlers setzen sich mit der Position Ler liberalen Parteien in einen so entschiedenen Gegensatz, daß von dieser Seite her die Aussichtslosig keit einer Verständigung behauptet wird; was aber andererseits daS Centrum betrifft, so lassen dessen Führer keinen Zweifel darüber, daß ihnen der rfferirte Preis noch immer nicht genügend erscheine, um an der Politik deS Fürsten BiSmarck jetzt thälig mitzuwüken. In der Umgebung des Reichskanzlers legt man übrigens der Haltung der Parteien kein allzu großes Gewicht bei; man sagt, daß deren-specifische Interessen ohnehin eine Kooperation mit der Regierung von Fall zu Fall noth wendig machen werden und dieses Lerbältniß als Aus druck deS realen politischen Lebens an Wirksamkeit noch nichts eingebüßt habe. Es ist unter Anderem neuerdings auch die Frage aufgeworfen worden, ob die in Folge der Volkszählung konstatirte Vermehrung der deutschen Bevölkerung nicht eine Aenderung in den Armeeverhältnissen herbeiführen werde. Dem ist jedoch nicht so. Die Reichsregierung hatte im verflossenen Frühjahre vor^eschlagen, daS neue Reichsmilitärgesetz dahin zu formuliren, daß für die Zeit vom 1. April 1881 bis 31. März 1888 d'e Frie- denSpräsenzstärke auf ein Proccnt der ortsanwesenden Bevölkerung vom 1. Dccember 1875 festgestcllt werde. Der Reichstag hat aber die Ziffer von jedem Becuge auf die Volkszählung losgelöst und die Präsenzstärke auf 427,374 Mann normirt. So ist auch das Gesetz verkündet; eine Steigerung findet also nach den Zäh- lungSergednissen nicht statt. Ebensowenig hat die Zählung einen unmittelbaren Einfluß auf die Herbeiziehung der Ersatzreserve erster Klaffe zu militärischen Uebungen, <An unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dres en Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Wüller in Dresden. die kaiserlichen Post- anstalten und durch unsere Boten Bet freier Lieferung in- HauS erhebt die Post noch eme Ge bühr von 2ö Pfg. Laserai«- Auaatzmcstcllenr Ha^eÄktchvogler, Rudolf Mosten S L. Lauste »Ha. in Dresden, Leipzig, Hamburgs Bttlyt, Frankfurt a/M' «. sw. der fortschrittlichen Blätter dir seit JahreSschluß st Partei-Organisation mu- -mi,mil.s»n> autt'-s-n- « die Simiatung-n wr Sr. ohne Mend-ft-n B-ckdrauml- h-llung der Ord s Personen Teilnahmen. «Sh» "nd L°,a P-"«' nickt identisch, sie rekrutirt sich mehr auS dem Mittelstände, während jene ihre haupi' -ck- uchste V tr una in Arbeiter- und kleinbürgerlichen Kreisen findet. ""Vr^e im Frühjahre erfolgte Verlobung de» zweiten Sohnes deS Großherzog von Meck enburg. deS Herzogs Paul Friedrich, mit der Prin zessin Marie Wnd.fchgrätz, ku'si"n j^tzt allerlei Ge- rückte. Der Vater der Braut ,st nämlich «n strenger Katholik und will eine Ehe seiner Tochler nnt einem Protestanten nur unter der Bedingung zugeben, daß der Papst seine ausdrückliche Genehmigung dazu ertheile. Dieser mackt aber wiederum seine Genehmigung von der ausdrücklichen Bedingung abhängig, daß Herzog Paul Friedrich sich bestimmt verpflichte, alle m dieser Ehe geborenen Kinder in der römisch-katholischen Kon fession taufen zu lassen. Als Prinz eines alten prote- stanliscken Fürstenhauses, welcher der Thronfolge ziem lich nahe steht, kann und darf Herzog Paul Friedrich eine solche Bedingung unmöglich eingrhen und auch der G-oßherzog soll bestimmt erklärt Haben, er werde seine Einwilligung nimmermehr dazu ertheilen, daß seine Enkelsöhne katholisch getauft würden. So schweben denn die Unterhandlungen, die von Berlin auS geführt werden, resultatlos roch hin und her. Der Gouverneur von Straßburg, Generalleutnant v. Schkopp, sowie der Kommandant Generalmajor Bauer haben ihren Abschied eingereicht. Ebenso begab sich der Polizeidirektor v. Salbern auf einen vier wöchent lichen Urlaub und dürfte auch nicht mehr auf seinen Posttw ! zurückkebren. Die Gründe, welche diese drei Personen ' (den n wahrscheinlich noch eine weitere Anzahl folgen wird) bewogen, die Reichslande zu verlassen, können dem jenigen nicht fremd sein, welcher die Entwickelung der dortigen Verhältnisse in den letzten Monaten aufmerk- ! sam verfolgte und ist man ^ehr ge'pannt darauf, wa» i die officiellen Zeitungen über den Rücktritt der hohen Militärs und Beamten bringen werden. Qrsterr.-Ungar. Monarctne. Obwohl die Zeit der nächsten ungarischen Rcichstagswahlen noch ziemlich fern liegt, so machen sich die verschiedenen Par- Uxpeb. u. Redaktion Dresden-Xrusta-t kl Meitzner Gasse 3. Die Zeitung erscheint Dienst,,. DOvner-a, und evunatzentz früh. Atzonne»e«1S- PretS: vstrteljShrl M 1,50. diel spalj. ^rile^Pf. Urtier Lingesaudü Feuilleton. Der Verwalter. Eine licflä'ndische Dorfgeschichte. Aus dem Englischen übersetzt von Luise Lrau. (Schluß.) Es gehörte in der That das Feuer der Jugend und die Weisheit des Alters dazu, den Muth vor der Aufgabe nickt sinken zu lassen, welche dem jungen Baron oblag. Zu dem Mißtrauen und der Schlaffheit der Bauern einerseits, gesellten sich die Mängel der Gesetzgebung andererseits. Der Baron war, wie bereits früher erwähnt, zwar Russe von Geburt, allein er hatte schon in früher Jugend sein Vaterland verlassen und war bei seiner Rückkehr betroffen, die Zustände und Verhältnisse in demselben so traurig zu finden. „Auf diesem armen Volke scheint ein Fluch zu lasten", sagte er einst zum Pfarrer, „wohin ich blicke, finde ich Lug, Trug, Unterdrückung, Bestechlichkeit". „Lassen Sie den Muth nicht sinken, Herr Baron!" tröstete der Pfarrer. Verdenken Sie «S Ihren Leuten nickt, daß sie Ihnen weder L ebe noch Vertrauen ent- gegenbringen-, für sie ist daS Wort „Gutsherr" gleich bedeutend mit „Unterdrücker" und leider haben sie da rin nur zu häufig Recht. Aber leben Sie in ihrer Mitte, zeigen sie ihnen, daß ihr Wohl und Wehe Ihnen am Herzen liegt — so werden sie ihnen dankbar sein. „Verlassen Sie unS nicht wieder, Herr Baron! GS giebt noch einige andere wohldenkende und gut ge sinnte Edelleute in dieser Provinz; in Gemeinschaft mit ihnen können Sie viel Gutes stiften. — M-ttlerweile lassen Sie uns an unser kleines Cßmeggi denken. Sie brauchen einen neuen Verwalter. Ich hätte Ihnen einen vorzuschlagen, mit dem Sie wohl einverstanden sein würden." „V elleicht haben wir denselben Gedanken darüber, Herr Pfarrerantwortete ter Baron. Den folgenden Tag wurde Mart nach dem Pfarr hofe beschieden. Als er zurückkehrte, verrieth der Aus druck seines GesickteS, daß er dort Erfreuliches gehört hatte, aber sein Mund schwieg. Anno sah wohl, daß er ein Geheimniß vor ihr bewahrte, aber sie sah auch, daß es ihn nicht drückte und so enthielt sie sich der weiteren Fragen. Mart war sehr geschäftig und halte den jungen Errn überall herumzusühren; dieser schien ihn gar nicht entbehren zu können. Eines Nachmittags kam Mart mit seinem Wagen nach Hause gefahren; er sprang mit ungewöhnlicher Hast herunter und ging zu Anno herein, welche spinnend neben dem kleinen Johann saß. „Anno", fragte Mart, „waS würdest Du zu einer Fahrt nach Nynorm sagen?" Aber ehe Anno noch antworten konnte, hatte er bereits daS Kind mit der einen und das Spinnrad mit der ander» Hand ergriffen und in den Wagen getragrn — dann kam er zurück, suchte noch Allerlei zusammen, warf eS ohne viele Umstände durcheinander in den Wagen und hob zuletzt Anno selbst mit so viel Artig keit hinein, als sei cr noch ihr Bräutigam. Dann pfiff er Karria PoiS zu und fort ging eS im raschen Trabe. Sie nahmen den Weg nach Eßmeggi, dein Herren- Hause vorbei, welches zur Aufnahme des Herrn eben frisch gestrichen und in Stand gesetzt wurde und sahen bald das Verwalter HauS vor ihnen liegen. „Ein hübsches Hauß!" sagte Mart mit funkelndem Blicke. „Vegga illos — sehr hübsch" entgegnete Anno. Es sah in der That hübscher auS, als je. E» war, gleich dem Herrenhause, frisch angestrichen worden — der Garten und AlleS rund herum zeigte sich sauber und ordentlich gehalten. Mart fuhr auf daS HauS zu. „Du sagtest mir einst, ick dürfe Dich hier Vor fahren, Anno! Erinnerst Du Dich dessen?" „Ja, Mart! wenn Du Verwalter sein würdest". „Ich bin es, meine Einokenne!" jubelte Mart, sie umarmend und küssend. Dann hob rr sie vom Wagen herunter. Wir verzichten darauf, Am o'S Verwunderung zn schildern, doch Mart ward ebenfalls im hohen Grade überrascht. Er halte das Haus zwar im reinlichen, ordentlichen Zustande verlassen, aber nun fand er, Laß die wenigen Stunden seiner Abwesenheit dazu benutzt vollständig tinzurickten Da befanden sich Tuche, Stühle und Schränke, sogar ein kleine- Bett iür Johann und in der Speisekammer Vorräthe aller Art. Da hwg auch — da» höchste Ziel deS Ehrgeize» Bauern - «ne Wanduhr, tickend, zwischen den beiden Fenstern! ?rart gingen von einem Stück zum gegenseitig waS sie entdeckter»,' wie em Paar Kinder; sogar der stille kleine Johan»