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Ireitag, den 17. Uugu- 1877. Ein unterhaltendes Malt für den Mrger und Landmann Preis: Exped.. und Redaktion, Dressen- Amtsblatt für die königl. Amtshauptmannschaft Dresden, vierteljährlich 1M.50Pf.Zn die last. Post- Gasse 3. anstalten. Dresden, Tharandt und Moritzburg. Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. Inseratenpreis: Für die einspaltige Zeile 18 Ps., unter „Eingesandt" 30 Pf Neu»«»» für die Ortschaften des königl.Gerichtsamts Dresden, sowie für die königl. Forstrentämter beziehe«durch - kl. Meißner f e> — Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kernnan« Wüller in Dresden. Politische Wettschau. ' Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm hat den österreichischen Kronprinzen Rudolf zum Chef eines preußischen Manen-Regiments ernannt.*. Der junge Prinz war bisher Oberst K la «uito des Kaiser-Franz-Garde-Regiments, dessen Chef sein Vater ist.. Man hofft, daß der Kronprinz Rudolf im Frühjahr, viel leicht zum Geburtstag des Kaisers, nach Berlin kommen werde, um sich dem Kriegsherrn in seiner neuen militärischen Eigen schaft vorzustellen. Eine Deputation des Manen-Regiments, dessen Chef Kronprinz Rudolf wurde, wird sich demnächst zur Begrüßung desselben nach Wien begeben. Die wegen Revision der Gewerbeordnung von Seiten der Bundesstaaten angestellten Erhebungen haben die Nothwendig keit einet Reform in mehr wie einer Beziehung bestätigt und bereits bestimmte Vorschläge zu Folge gehabt. So ist unter An derem die Einführung von Arbeitsbüchern empfohlen worden und zwar lediglich zu dem Zweck, um dem Arbeitsgeber eine Kon- trole über die früheren Arbeitsstellen des Arbeiters, sowie über die Dauer und ordnungsmäßige Lösung seiner Arbeitsverhältnisse zu gewähren, wohingegen man Zeugnisse über Leistungsfähigkeit des Arbeiters als nicht erforderlich erachtet. Ziemlich allgemein wird in allen Gutachten und Anträgen die gesetzliche Regelung des Lehr lingswesens für ein dringendes Bedürfniß erklärt und schrift licher Lehrvertrag, namentlich strenge Bestimmungen gegen dessen vorzeitige Lösung und böswilliges Aufgeben des Lehrlingsver- hältniffes gefordert. Im preußischen Handelsministerium, das sich mit diesen Dingen eifrigst beschäftigt, legt man großes Gewicht auf die Ermittelungen der Fabrik-Inspektoren über alle diese Fragen. Bekanntlich sollen diese Berichte demnächst der Ocffentlichkeit übergeben werden. Bemerkt sei noch, daß schon vor längerer Zeit ein Austausch über die Ergebnisse der Erhebungen und Erfahrungen zwischen den einzelnen Bundesstaaten statt gefunden hat. Die Ausführung, des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874 befindet sich hinsichtlich des wichtigsten Theiles bekanntlich noch in der Schwebe. Nach h 22 ist der Erlaß der fischereipolizei lichen Anordnungen über Minimalgröße der Fische, Schonzeiten rc. landesherrlichen Verordnungen Vorbehalten; bis das ge schehen, sollen die bezüglichen, zur Zeit bestehenden, auf Gesetz und Verordnung beruhenden Vorschriften in Kraft bleiben. Für die östlichen Provinzen Preußen, Pommern und Posen, in denen die Flüsse durchgängig nur preußisches Gebiet berühren, ist der Erlaß der in Rede stehenden Vorschriften im Mai d. I. erfolgt. In den übrigen Flußgebieten des Staates aber, welche nur strecken- oder uferweise preußisches, außerdem aber deutsches und theilweise fremdes Gebiet berühren, wie Elbe, Weser, Rhein, wäre es unthunlich, durch einseitigen Er laß solcher Vorschriften die preußischen Uferbewohner in Bezug Neununddreißigster Jahrgang III. Gnartal. auf Fischfang und Fischzug zu beschränken, während an den nichtpreußischen Flußläufen bezw. Flußufern solche Beschränkun gen nicht bestehen. In diesen Gebieten ist also die Aus führung des § 22 des Fischereigesetzes von einer vorherigen Verständigung mit den übrigen Uferstaaten abhängig. Zu die sem Zwecke ist bereits am 15. Mai 1876 zwischen Preußen einerseits und den thüringischen Staaten und Anhalt anderer seits eine Uebereinkunst abgeschlossen werden, durch welche die genannten Staaten sich zunächst dem preußischen Fischereigesetz anschließen. Diesem ersten Schritte ist in den Tagen vom 11. bis 17. Juni in Hamburg ein zweiter gefolgt, indem die Bevollmächtigten Preußen-, Sachsens, Helder Mecklenburg, Braunschweigs, Oldenburgs und der drei Hansestädte sich bereit erklärten, dem zwischen Preußen, den thüringischen Staaten und Anhalt am 15. Mai. v. I. unterzeichneten Uebereinkommen unter geringen Abänderungen, vorbehaltlich der Zustimmung der Landesvertretungen, beizutreten. In Folge dieser Verein barung scheint nunmehr die Herstellung einer übereinstimmen den Fischereigesetzgebung und der Erlaß gleichlautender fische rei-polizeilicher Vorschriften für den ganzen Nordosten und Nordwesten Deutschlands gesichert. Verhandlungen mit den übrigen deutschen Staaten und mit Oesterreich-Ungarn stehen ebenfalls in Aussicht. Im Reichskanzler-Amte tritt bekanntlich im Herbste eine Untersuchungs-Kommission zusammen, um darüber zu be- rathen, ob der Spiritus in Zukunft nicht ebenfalls nach Ge wicht verkauft werden solle. Dieses Petitum ist in den letzten Jahren wiederholt an den Reichstag gelangt, demzufolge von den einzelnen Regierungen die Handelskammern aufge fordert worden sind, sich über diese Angelegenheit gutachtlich zu äußern. Nach dem Bericht der Handels- und Gewerbckammer in München wird nun die Nothwendigkeit einer solchen Aenderung verneint, weil sie die Usancen der Producenten und Handel treibenden tief berühre und neben vielen Vortheilen auch manche Schattenseite habe. In Baiern sei man gewohnt, den Spiritus nach dem Faß zu kaufen und zu berechnen, und sowohl Pro ducenten wie Konsumenten hätten sich nicht auf das L>pLritus- gewicht eingerichtet. Eine bestimmte Persönlichkeit, welche nach Berlin zu Her betreffenden Voruntersuchung zu entsenden wäre, ist von der Münchner Handelskammer noch nicht ernannt worden. Von Seiten einiger süddeutschen Tabakpflanzer ist der Ver such gemacht, die dortigen Regierungen zu bestimmen, beim Bundesrathe eine Erhöhung des Eingangszolls auf Rohtabak bei unveränderter Höhe der inländischen Steuer zu beantragen. Dem Vernehmen nach, haben aber diese Herren mit ihrem Projekte kein Glück gehabt und sowohl in München als in Karlsruhe eine ablehnende Antwort erhalten. Bemerkenswerth ist daneben, däß die pfälzische Handelskammer im Sinne der süddeutschen Tabakpflanzer entschied und die Einführung des Eingangszolls 61