Volltext Seite (XML)
m.d Em uuterhatleuöes Rtntt für den Mrger und Landmann, Dresden- Amtsblatt für die königl. Amtshauptmannschast Dresden, «euftadt für die Ortschaften des königl.Gerichtsamts Dresden, sowie für die königl. Forstrentämter beziehe» durch Dresden, Tharandt und Moritzburg. — Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. — Juserateu-reis: Für Lie eiuspalüge Zeile IS Ps., unter „Singesandt" so Ps. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrma«« Müller in Dre-de». Abonnements - Einladung. Sir bitten unsere geehrten Leser, die Erneuerung ihres Abonnements für das zweite Quartal ungesäumt geschehen zu taffen. Fie Verlags-Spedition der Sächsischen Aorfzeitung. Politische Wettschau. Deutsches Reick. Die Etats-Berathungen nehmen einen raschen erfreulichen Fortgang. In der Sitzung deS Reichstags ee« 15. d. M. war es nur die Position über die Zölle, welche eine längere Auseinandersetzung veranlaßte. Die Etatposition selbst wurde indeß nicht in Frage gestellt, wenn sich auch die Gchutzzöllner und Freihändler berufen fühlten, die schon so oft -des Breitern erörterten gegenseitigen Principien noch einmal Aar zu stellen. So alt das Thema auch sein mag, so fehlte eS den Anführungen doch nicht an neuen Momenten, z. B. be hauptete Nbg. v Kardorff, es habe bei Aufhebung der Eisen zölle eine Nemesis gewaltet, denn die östlichen Provinzen hätten sich für die Auflegung der Grundsteuer gerächt. Auch der Noth stand in Schlesien wurde als eine Folge jener Zollmaßregel dargestellt. Den österreichischen Handelsvertrag wünschte der Redner zunächst um ein Jahr verlängert zu sehen, damit Eng land- inzwischen Zeit gewinne, seinen Markt dem deutschen Gpiritus zu öffnen; er gab aber zugt-ick den Besorgnissen der Industrie wegen freihändlerischer Umgestaltung des Vertrages, sowie den Beschwerden über mangelhafte Berücksichtigung der Sachverständigen Ausdruck. Jene Besorgnisse wie diese Be schwerden bezeichnete jedoch der Präsident des Reichskanzleramts als durchaus unbegründet. Die Interessenten und Sachverständigen hätten dafür gesorgt, daß es der Regierung nicht an Material fehle, nm liefen die Interessen augenscheinlich vielfach gegen einander. An wesentliche Zvllermäßigungen werde nicht ae- dacht. In scharfer Kritik wurde der Abg v. Kardorff, dem der Abg. Stumm in längerer Rede sekundirte, von den Abgg. Bamberger, Richter (Hagen) und Braun wider legt. Den Grundton der Reden dieser drei Letzteren bildete die Mahnung an die Schutzzöllner, nicht durch ihre unauf hörlichen Agitationen die Industrie in Unruhe zu versetzen. „Wenn Sie',, sagte Bamberger, „mit Ihren Anträgen auf Zollerhöhung so lange warten wollen, bis wir Anträge auf Aollherabsetzung stellen, so wird die Industrie einige ruhige Jahre genießen". Auf den österreichischen Handelsvertrag gingen diese Redner aus leicht begreiflichen Gründen nicht yäher ein. Nachdem dann der Avg. v. Maltzahn-Gültz namenS seiner Partei noch erklärt hatte, für jetzt auf Be- «Sngelung der Art, wie die Position in den Etat eingestellt VMMmLdrsißiyfler Jahrgang. L Enartal. sei, und auf die Höhe derselben verzichten zu wollen, wurde dieselbe ohne Abstimmung vom Hause genehmigt. — Der Ge setzentwurf, nach welchem Landesgesetze für Elsaß-Lothrinam mit Bewilligung des BundesratHS und ohne Mitwirkung ves Reichstags vom Kaiser erlassen werden können, wenn der Lan- desausschuß denselben zugestimmt hat, kam in der Sitzung vo« 17. d. M. zur Berathung. Der Unterstaatssekretär Herzog wies darauf hin, daß die bisher gewonnenen Erfahrungen eS zweckmäßig und zulässig erscheinen ließen, Gesetzentwürfe für Elsaß-Lothringen ohne Inanspruchnahme deS Reichstages auf dem in der Vorlage vorgesehenen Wege berathen und feststellen zu lassen. Es werde dadurch eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung der gesetzgeberischen Arbeit erreicht, ber welcher man dem Landesausschuß eine weitgehende Betheiligung einräume, ohne daß dadurch die Interessen des Reichs und des Reichstags beeinträchtigt würden. Einen Gebrauch von der ihr durch dies Gesetz zugestandenen Befugniß werde übrigens die Regierung vorläufig nur dann machen, wenn der Reichstag nicht versammelt sei und es sich um Gesetzentwürfe von rein lokalem Interesse handele. — Abg. Bergmann (Elsässer Autonomist) begrüßte die Vorlage als einen ersten Schritt zur Selbstständigkeit der Reichslande und sprach die Hoffnung aus, daß man aus diesem Wege bald weiter gehen und oen Landes- ausfchuß zu einer wirklichen Landesvertretung machen werde. Schon vor mehreren Tagen lief das Gerücht durch die Zeitungen, der Chef der Admiralität, Staatsminister General v. Stosch habe dem Kaiser aus Anlaß einer ihn verletzenden Aeußerung des Reichskanzlers Fürsten Bismarck in einer ver letzten Reichstagsfltzungen seine Entlassung eingereicht. Heute erfährt man, daß das Gesuch bislang nicht zurückgenommen ist, trotzdem von den verschiedensten Seiten der Versuch gemacht werde, den Grollenden zu versöhnen und seinem Posten zu er halten. In der am 16. d. Mts. gehaltenen Rede wies der Reichskanzler nämlich unter Anderem auch auf die vielfachen Reibungen hin, denen er ausgesetzt sei; er berichtete, welche Kämpfe er vor zwei Jahren mit der Marineverwaltung habe bestehen müssen, weil diese von ihren Mehrforderunacn nicht ablassen wollte, so daß unter diesen Umständen die Eindringung der Bier- und Börsensteuer eine beinahe unvermeidliche Äoth« Wendigkeit geworden wäre. Erst dem Abg. Richter sei es „mit spielender Leichtigkeit" gelungen, Herrn v. Stosch davon »u über zeugen, daß die Marineverwaltung die großen Geldsummen gar nicht so dringend nöthig habe. In der That war damals in der ersten Sitzung der Budget-Kommission Herr v. Stosch sofort auf den Antrag Richter eingegangen, die erwähnten Be stände einstweilen der ReichSregierüng zur Verfügung zu stellen, so daß diese nunmehr in dse Lage kam, ihre Steuervorlagen zurückziehen zu können. NE wollen hoffen, da- auf beiden Seiten die Liebe zum Mche schwer genug wiegt eim