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vierundzwanzia Stunden die bedeutendsten Fortschritte gemacht hatte! . . . Nun ward mir Angst, ich ktaate mich in meinem Innern der Unwissenheit an, aber ich beschloß ungenblicklich, daß mein Freund nicht das Opfer dieser Unwissenheit werden sollte. Ohne der verzweifelnden Mutter ein Wort zu sagen — und da ich ebensowenig Vertrauen in meine Kollegen am Ort wie in mich selbst setzte —, telegraphirte ich an eine unserer medicinischen Kapacitäten von Weltberühmtheit, welche an der nächsten Universität docirte, und am selben Abend noch langte er an. (Fortsetzung folgt.) Nachrichten ans Dresden und der Provinz. — Se. tönigl. Hoheit Prinz Georg hat sich au- Anlaß de- 70jährigen Militärdienst-Jubiläums des Kaisers Wilhelm am 1. Ja nuar nach Berlin begeben und an der Spitze einer Deputation sächsischer Offiziere dem greisen Oberfeldherrn seine Glückwünsche dargedracht. Der Prinz wird bereits zu Abend wieder nach Dresden zurückkehren, um an den Hoffestlichkeilen Theil zu nehmen. — Vom 19. bis 22. December 1876 hat eine abermalige Ausloosung köntgl. sächs. Staatspapiere stattgefunden, von welcher die 48 vereinigte Anleihe von den Jahren 1852 68, die 5H Anleihe vom Jahre 1867, die 4)K Prioritäts-Anleihen ohne I^itera tauch I^it. genannt) und ö und 0 der vormaligen Alberttbahn- Aktiengeselttchaft, die 4H Anleihe vom Jahre 1869 und die 4H der gleichen vom Jahre 1870 bettoffen worden sind Die Inhaber von Papieren dieser Anleihen wer den hierauf noch besonders mit dem Hinzu fügen aufmerksam gemacht, daß die Ersten der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner An zeiger veröffentlicht, auch bei sämmtlichen Bezirkssteuereinnahmen und Gemeindevorftänden des Landes zu Jedermanns Einsicht ausgelegt werden. Mrt diesen Listen werden zugleich die in früheren Terminen auSgeloosten, aber noch nicht abgehobenen Nummern wieder aufge- rufea, deren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schaden die Ausloosungen übersehen. ES können dieselben nicht genug davor gewarnt werben, sich nicht dem Jcrthume hinzu geben, daß, so lange sie Koupons haben und diese unbeanstandet eingelöst werden, ihr Kapital ungckündigt sei. Die Staatskassen können eine Prüfung der ihnen zur Zahlung prasentirttn Koupons nicht vornehmen und lösen jeden echten Koupon ein. Da nun aber eine Verzinsung ausgelooster Kapitale über» deren Fälligkeitstermin hinaus in ckeinem Falle statttfindet, werden die von den Be theiligten in Folge Unkenntniß der Ausloosung zuviel erhobenen Koupons seiner Zeit am Kapitale gekürzt, vor welchem ost empfindlichen Nachtheile sich die Inhaber von Staatspapieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten (der gezogenen, wie der resttcenden Nummern) schützen können. — Am 16. d. M. fand die technische Prüfung der zum Aus bau gelangten . Strecke Brüx Ossegg der Brüx - Mulda - Freiberger Eisenbahn (Prag-Duxer) statt und wurde den 18. December dem öffentlichen Verkehr festlich übergeben. Da nun von der ganzen Bahnstrecke Brüx-Freiberg nur die 2,8 Meilen lange Strecke Klostergrab-Moldau noch nicht gebaut ist (von Ossegg bis Klosiergrab hat man den Bau infolge eine- Kredits des Oesterre-chifchen Staates von 1,600,000 Gulden in Angriff genommen, und sächsischer- seit- ist die Strecke von Freiberg bis Mulda bereit- im Betriebe), so kennen wir hoffen, daß auch unser Sachsen bald die Früchte ge nießen wird, welche ihm aus der Vollendung der ganzen Bahnlinie er wachsen müssen. Es ist im Allgemeinen wenig über diesen Nutzen bekannt, und daher wird es von Interesse sein, zu erörtern, welche Bedeutung denn eigentlich die neue Bahnlinie Brüx- Osse gg-Mu lda Freiberg für unser Vaterland hat. Be trachten wir eine neuere. Eisenbahnkarte und bedenken wir, daß die Bahn zwischen Brüx-Osseag-Klostergrab eine Gegend durchschneidet, welche mit Recht da- „Paradies Böhmens" genannt werden kann, eine Gegend, die zwar reich auf der Erdoberfläche, doch noch viel reicher durch ihren unterirdischen Segen d. h. durch ihre ausgedehnten Braunkshlenfelder ist, die, wie die chemische Analyse feststellte, die vorzüglichsten Braunkohlen Böhmens liefern § so kann man die Bedeutung der neuen Bahn mit wenigen Worten klar legen, nämlich: „Sie führt dem zwischen Mulda - Freiberg und Leipzig liegenden Theile Sachsin- sämmtliche Industrie- (Glasindustrie rc.) und Naturprodukte de- nordwestlichen Böhmen-, hauptsächlich Braun kohlen zu, von besserer Qualität und zu billigerem Preise, al- die- bisher von Schwaz, Teplitz, Karbitz und Martaschein au- geschah, und da nicht nur Sachsen, sondern via Riesa-Elsterwerda, auch Berlin und via Leipzig, auch Halle und Magdeburg rc. diese Vortheile genießen, so bedingt sie zugleich einen vermehrten Transit verkehr de- davon betroffenen Theile- de- StaatSbahnnetzeS, mithin erhöhte Rentabilität der StaatSbahnen. Die- träte vollkommen klar zu Tage, wenn — die Bahn erst vollendet wäre; aber hier liegt-, denn noch harret die 2,8 Meter lange Strecke zwischen Klostergrab und Moldau ihre- Baue- und fast scheint es, als dächte man sächsischer Seit- an ein „Danaer Geschenk," al- dürfe man sich der Segnungen dieser Bahn nicht versichern ; denn Landtag und Presse erbarmten sich bisher nur wenig dieser nothleidenden Bahnstrecke. So lange die Linie zwischen Freiberg und Mulda nur Sack bahn bleibt, so lange muß man auch beklagen, daß die Leipzig- Dresdner Bahn schon an den Staat überging, ehe sie ihr Projekt des Ankaufs der ganzen Strecke ausführen konnte. Freilich liegt sie nicht ganz im Lande, aber die Berlin-Dresdener Baha auch nicht und wieviel wurde und wird noch für den Ankauf dieser th ueren Bahn durch den Staat agitirt! Wir möchten hiermit den Steuerzahlern zwischen Mulda-Freiberg und Leipzig einen Wink gegeben haben, für die Zeiten, wo man sich auch in der Provinz allmälig zur bekannten Reise in den Landtag rüstet. M. B. — Zu den Gewerbelegitimationskarten für Handelsreisende auf das Jahr 1877 ist eine bellgram Farbe gewählt worden. — Am 29. December v. I. hat im Münchner Hof eine von etwa 70 Wählern des sechsten Reichstags-Wahlbezirks Dresden Land besuchte Versammlung stattgefunden, in welcher über die vier aufge- stcllten Kandidaten: Hofrath Ackermann (Konservativer), Dr. Schaff rath (Fortschrittler), I)r. Rüger (Nationalliberaler) und Auer (So- ciälderyokrat) debattirt wurde. Bei der schließlich probeweise aller dings nur vorgenommenen Wahl erhielt der Erstere dte meisten (27), der Letztere die wenigsten (9) Stimmen, während auf den fortschritt lichen Kandidaten 16 und auf den der nationallideralen Partei 12 Stimmen entfielen. Würde Herr Hofrath Ackermann bei der am 10. d. M. vor sich gehenden wirklichen Reichstagswahl den Sieg davon tragen, so wäre das ein Beweis, daß die ländliche Bevölkerung jenes Wahlbezirks mit der Haltung der konservativen Partei insofern sich einverstanden erklärt, als diese mit den Nationallideralen für die Reichsjustizgesitze stimmten und die Gemeinschaft mit der Fortschritts partei, dem Centrum und den Socialdemokraten in dieser Krage zmückwiesm. — Der wie gewöhnlich am 31. December bei der katholische» Kirche und vor dem Ballkause in der Bautznerstraße stattgefündene Ge- findemarkt war ziemlich stark von Arbritskräfren besucht, und muß konstatirt werden, daß das Angebot die Nachfrage überflügelte, infolge dessen auch die JahreS-Löhne gegen das Vorjahr um ein gut Theil herabgesetzt wurden. Es hatten sich über 400 Dienstsuchende, darunter aber nur wenig Mägde, eingefunden. — In der Nacht zum 31. December erhing sich in einem hiesigen Gastbofe ein Handlungskommis; das Motiv zum Selbst morde soll Schwermuth gewesen sein. — Am Freitag fand in dem Saale de- „Tivoli" eine zahl reiche Versammlung von Hundebesitzern und Hundebesitzerinuen statt, die sich bei öfters sehr erregten Debatten schließlich dahin einigte, dem .Stadtrathe eine Vorstellung zu machen, das lästige Führen der Hunde auf den Straßen an der Leine aufzuheben und zu gestatten, daß an der Leine geführte Hunde mit in die Restaurationen genom men werden dürfen. — Ob diese Petitionen an maßgebender Stelle die gewünschte Berücksichtigung finden werden? — Am 27. December Nachmittags kam ein Produktenhändler aus Potschappel mit Geschirr zur Stadt und kehrte im Gasthause zum „Bamberger Hof" ein, Pferd und Wagen einem vor dem