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nicht abgeneigt, auch dieses Papier zur Beleihung zuzulassen, da dasselbe nach denselben Grundsätzen wie die österreichische Gold rente zur Ausgabe kommen wird. Dieser Beschluß, durch welchen die Reserven unseres Geldmarktes dem Auslande in einer sehr bequemen Weise zugänglich gemacht werden, soll in vielen Kreisen um so mehr befremden, als grade jetzt die öster reichisch-ungarischen Staatspaviere sich keiner besonderen Beliebt heit erfreuen. Wie wenig Oesterreich seinem eigenen Kredite traut, beweist übrigens am besten der. Emissions - Kurs der österreichischen Goldrente selbst. Dieselbe wurde zu 56 Procent ausgegeben und bedingt demnach eine etwa 7'/>«procentige Ver zinsung. Zwischen dem deutschen Reiche und Schweden ist mit An fang Januar eine neue Telegraphen-Konvention m, Kraft ge treten. Nach dem dabei zu Grunde liegenden s. g. ge mischten Systeme kosten bei einem in Schweden aufgegebenen Telegramme, das an eine deutsche Adresse geht, die ersten 20 Worte 3 Kronen <3,33 Mark) mit Zuschlag des halben Tarifs ftir je fernere 10 Worte. Ein nach Schweden bestimmtes Te legramm, das in Deutschland aufgegeben wird, ist hingegen nach dem Worttarif zu berechnen, so daß man zunächst eine Grund taxe von 40 Pfennigen bezahlt und, ohne Rücksicht auf die Zahl der Worte, außerdem für jedes fernere Wort 20 Pfennig erlegt. Schon in diesen Tagen werden im Reichskanzleramte die Arbeiten beginnen, welche sich auf die neue Reichstagssession be ziehen. Es handelt sich dabei zunächst um den Etat für das Jahr vom 1. April 1877 bis ulnmv März 1878. Wenn im Großen und Ganzen für diese Aufgabe durch den kürzlich be schlossenen Etat für die ersten drei Monate des künftigen Jah res bereits vorgearbeitet worden ist, so entstehen doch mancher lei wichtige und umfangreiche Erörterungen über neue Posten und Mehrforderungen, welche ausdrücklich bei der letzten Etats aufstellung zurückgesetzt worden waren, um bei dem nächstjäh rigen Etat zur Erledigung zu kommen. Diese fraglichen Posten betreffen namentlich den Militär-Etat, das Marine-Budget und, wie man annimmt, auch das Gerichtskostengesitz. In Beziehung auf das Börsen-Kommissionsgeschäft hat das Reichs-Oberhandelsgericht folgende allgemein wichtige Rechts sätze aufgestellt. 1) Ein Bankier, welcher für einen Anderen Werthpapiere kauft, um sie wieder für diesen zu verkaufen, hat nicht nöthig, die eingehandelten Stücke von dem Verkäufer sich ausantworten zu lassen; vielmehr genügt es, daß die Stücke zur Disposition stehen, sobald der Kommittent die Auslieferung derselben gegen Zahlung des Kaufpreises fordert. 2) Zur Fest stellung einer baaren Auslage oder Aufwendung, welche nach Art. 371 H.-G.-B. der Kommittent dem Kommissionär ersetzen muß, genügt es, daß Letzterer Schuldner des Dritten, mit welchem er zur Ausführung des Auftrages des Kommittenten kontrahirt hat, geworden ist; eine Baarzahlung des Kaufpreises seitens des Kommissionärs ist nicht erforderlich. 3) Bei Ver sicherungen gegen Feuersgefahr, welche die zu einem Handels- Etablissement gehörigen Materialien und Borräthe zum Gegen stände haben, finden nach einem Erkenntniß des Reichs-Ober- Handelsgerichts für etwaige Streitigkeiten der Kontrahenten über den Werth des Feuerschadens, die Vorschriften des Handelsge setzbuchs über die Beweisfahigkeit und Beweiskraft der Han delsbücher des Versicherten Anwendung. Der am 12. Januar d. I. zusammentretende preußische Landtag wird sich in der ersten Session nur mit dem Staats haushalts Etat vom 1. April 1877—1878 zu beschäftigen haben. Es ist jedoch nicht unmöglich, daß demselben auch so fort die Wege-Ordnung und das Gesetz, betreffend die Befähi gung für den höheren Verwaltungsdienst vorgelegt werden. Bis auf zwei oder drei Punkte hat sich die Regierung bei diesen beiden Gesetzen mit den Beschlüssen des Abgeordneten hauses einverstanden erklärt, und dürfte eS jetzt nur darauf ankommen, über die Differenzpunkte eine Verständigung zu er zielen. Das Abgeordnetenhaus wird indeß schwerlich bis zum 16. oder 19. Februar, in welchen Tagen der neuaewählte RcichGag berufen werden soll, mit der Beratbung des Budgets fertig. Es tritt dann wiederum der fast unerträgliche Zustand ein — diesmal in Folge der Verlegung des Etats jahres — daß Land- und Reichstag 8 bis 14 Tage neben einander tagen. Nach einer Veröffentlichung des „Reichsanzeigers" ist der bisherige preuß.Unterstaatssekretär Ui. Friedberg zum Staats sekretär im Reichsjustizamte ernannt und der Geh. Oberre- gierungsrath vr. Michaelis Direktor der Finanzabtheilung im Reichskanzleramte geworden. Die bisher von Herrn von Amsberg innegehabte Stelle eines Direktors im Reichsjustiz amte soll einem baierischen Juristen übertragen werden. Oesterreichisch-Uugarische Monarchie. In Ungam ist man neuerdings plötzlich sehr kriegslustig geworden. Der „Pester Lloyd" tritt wenigstens energisch für die Rüstung Oesterreich- Ungarns ein, indem er an die Situation nach Novara erinnert. Er bespricht die offenbar werdende innere Schwäche Rußlands, und hofft, die türkischen Gegenvorschläge an die Konferenz würden derart sein, daß sie genügende Garantie böten. Dann bliebe es Rußland überlassen, seine eigenen Wege allein zu gehen. Hoffentlich wird Graf Andrassy erwägen, wo die Interessen Oesterreich-Ungarns am ehesten gefährdet erscheinen, ob in der türkischen Provinz Bosnien oder in der russischen Provinz Serbien. — Der Stand der Bankfrage ist bisher ein völlig unveränderter und diese Angelegenheit durch die äußere Politik vorläufig in den Hintergrund gedrängt worden. Es wird wenigstens versichert, daß die beiderseitigen Ministerien im Augenblicke sich lediglich mit den Eventualitäten der Okkupation Bosniens beschäftigten und nicht daran dächten, die Ausgleichs verhandlungen jetzt zu Ende zu führen. Frankreich. Die Kammerverhandlunqen der letzten Tage haben den bislang zwischen den beiden gesetzgebenden Körper schaften bestandenen Konflikt zum ausgleichenden Abschluß ge bracht. Es ist nicht nur der vom Kriegsminister unterstützte Antrag auf Wiederherstellung der Kredite zur Entschädigung der ins Feld rückenden Offiziere genehmigt, sondern auch der Etat für die Feldprediger bewilligt worden. Damit ist der hauptsächlichste Stein des Anstoßes in dem jüngsten parlamen tarischen Konflikte beseitigt, und die Wahrscheinlichkeit vor handen, daß der Senat nunmehr in den übrigen untergeord neten Punkten nachgiebt; dies liegt um so näher, als einmal das Budgetrecht des Oberhauses von der Deputirtenkammer aner kannt wird, und zweitens der Wunsch, rege geworden ist, die parlamentarischen Ferien beginnen zu können. Daß das zwischen den Majoritäten der beiden Kammern erzielte Ein vernehmen dessen ungeachtet auf sehr schwachen Füßen steht, bedarf keiner weiteren Ausführung. , - Großbritannien. Der gestrige Neujahrstag wird in der Geschichte des britisch-indischen Reichs mit hervorragenden Lettern verzeichnet werden; denn an diesem Tage haben sämmtliche einge borene indische Fürsten, die Unterthanen Englands sind, der Königin Victoria als Kaiserin von Indien ihren Huldigungseid zu leisten ge habt. Was Indien an blendendem Reichthum und Glanz birgt, ist zur Schau gestelltg ewesen, und mit märchenhaftem Gepränge zogen die indischenRegenten ausihren Elephanten zur feierlichen Kaiserin- Proklamation nach Delhi. , Vom Mutterlande aus strömt be reits reiche Gnade auf die zur Huldigung eilenden Fürsten. Die Maha-Rajahs von Kaschmir und Scindia sind zu Gene rälen der englischen Armee ernannt worden und gleiche Ehren werden auch wohl, noch den anderen einheimischen Herrschern, die im Grunde genommen, doch nichts weiter als die abhängigen Satrapen deS britischen Vicekönigs sind, zu Theil werden. Rußland. Das wichtigste Ereigniß des Tages ist die plötzliche Erkrankung des Höchstkommandirenden der mobili- sirten Südarmee, Großfürsten Nikolas. Die Krankheit scheint indessen einen normalen Verlauf zu nehmen und die Gefahr beseitigt zu sein, welche sich im ersten Stadium derselben kund gab. Was die Armee anbetrifft, so wird versichert, daß von einem angeblich schlechten Zustande der Gesundheitsverhältnisse nichts zu merken sei und es auch sonst den Soldaten an nichts gebreche; ebenso ist die numerische Stärke der Armee eine ihrer Mission vollständig entsprechende, zumal sie über 245 Geschütze vtrfügt und 12,330 Mann Kavallerie zählt. Man betrachtet eS übrigens als ausgemacht, daß schon in den nächsten Wochen weitere vier Armeekorps mobilisirt werden.