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Nr. 96. Ein unterhaltender Blatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redakteur »ud Verleger: Herr«««« Müller in Dresden ' ! »lerteljöhrlich 1ü Nzr. -« beziehe« dmch alle kais. Pest- Nußalt« Erscheint jeden Dienstag «nd Freitag früh. JuferattUvreiS: Für d<» Rau« einer gespaltene, 8eil« Ij Nzr. Unter .«»gesandt' s 9 Jecemöer 1873. h Pimlkag, l^' < - - SkemKadt- Dre-de«, A der Expedi tion, kl. Meißn. Gaffe Nr. 3, zu haben. ' Politische WeltschlM, Deutsches Meied. Betreffs der von den Eisenbabnver- Wallungen an den BundeSrath gerichteten Petition wegen deS Meilenmaaße- erfahren wir, daß letzterer dem darin ausgesprochenen Ansuchen nicht willfahren will. ES wurde bekanntlich gewünscht, daS Gesetz wegen Beseitigung des MeilenmaaßeS aus der Maaß- und Gewichtsordvung, welches schon früher die Zustimmung des Bundes raths erhalten hatte, erst mit dem 1. Januar 1>75 (anstatt 1874) M Kraft treten zu lassen. Am 1. Januar 1875 soll die definitive Einführung der neuen Münzveriaffung erfolgtn und hatten die Eisenbahnverwaltungen, erst gleichzeitig mit dieser den Kilometer an Stelle der Meile einzuführen, um die doppelte Umrechnung der Tarife (nach Kilometer und nach Reichsmark) zu vermeiden. Die Ausschüsse Haiten sich indessen gegen dreien Bo, schlag erklärt, weil in diesen Tarifen die Sätze für den Tramps-t ohnehin nur ausnahmsweise nach Meilen, in der Regel aber von Station zu Station aufgestellt sind, die Umrechnung der Meilen in Kilo meter also verdältmßmäßia wenige Arbeit verursache. Der Bun deSrath hat fich dieser Auffassung angeschlofsin, so daß die Pu blikation dieses bekanntlich vom Reichstage beschlossenen Gesetzes nun wohl in kürzester A^it erfolgen wird — Die Vorlage deS Reichskanzler- wegen Einlösung der jetzigen LanoeSgotdmünzen wird von dem betreffenden Ausschüsse des Bünde?raths zur An nahme empfohlen, nur will derselbe zu Protokoll gegeben haben, daß Ubier „landesgesetzlich" alles das v.rstanden werbe, was kraft einer R.cktsnorm überhaupt in Geltung steht. Die diesjährige Rekrutrnaushebung in Lothringen hat trotz vier Instruktionen des Pariser Journales einen durchaus regel mäßigen Verlauf genommen Die bislang noch immer aufge regt gewesenen Gemüther haben sich beruhigt und die gegen daS deutsche Mtlitärwesen gehegten Bormth--ile sind größtenlheils ver- ' schwunden. Herzu baden die theilwrise schon beurlaubte«, theüwetse noch ber ihren Regimentern befindlichen Lothringer ein gutes Theil deigetragen; die bei den hiesigen Truppen h. findlicken Freiwilligen find vom besten Geiste beseelt und der Uedrrzeugung, daß sie sich wvhler befinden, alS ihre nach Frankreich ausgewanv-nen Kameraden, die nun dort ihre weit schwierigere Militärpflicht adleiü-n und dabei noch daS drückend^ Bewußtsein in sich tragen müssen, Hch der Heimath beraubt uüd den Eltern vielleicht die letzte Stütze entzogen zu babeö. Ausidiezahlreich in den GarnisonS- ortew auf Besuch echtreffenden Lattdleute macht r- den besten Eintüfick, daß von den deutschen Militärbehörden auch für^ daS religiöse Bedürfniß der Soldaten aufs Beste gesorgt ist, während eS früher bekanntlich eine Haupssorge der Eltern bildete, daß ihre Söhne in religiöser Beziehung beim französischen Militär vollständiger Vernachlässigung amheim fielen. DaS preußische Abgeordnetenhaus Hatchseiner Sitz ung den fast einstimmigen Beschluß gefaßt, die'ZeitungS- und Kal enderstempelsteuer in der Form eines Gesetze-vom nächsten Jahre an aufzuheben. Welche Haltung daS Herrenhaus dem gegenüber einnehmen wird, läßt sich nicht voraussehen, tritt eS jedoch dem Beschlusse bei, so wird eS der Regierung absolut unmöglich, den Wünschen der beiden Häuser noch länger entge- genzutreten. Ein solches Votum für die Aufhebung einer Steuer Fünsundrtißiyster Jahrgang, IV. Guartal, ist in der parlamentarischen Geschichte wohl noch nie dagewesev, und wir nehmen nickt an, daß eine Regierung demselben lange widerstreben kann. Ohnehin ist der Versuch, den Inhalt deS dem Reichstage vorzulegenden PreßgesetzeS mü der preußischen Zeitungsstempelsteuer in Zusammenhang zu bringen und daraus nun weiter zu rechtfertigen, daß die preußische Regierung wegen Aufhebung dieser nur in Preußen bestehenden Steuer auf Preß- erzeugniffe sich an daS Reich wendet, alS vollständig mißlungen zu betrachten. Der Reichstag wird auf diesen Versuch sich ebenso wenig wie in der vorigen Se'sion einlaffen und auf der preußischen Reg-erung bleibt daher die Verantwortlichkeit dafür, daß sie einem so zu sagen einstimmigen Verlangen der preußi schen Volksvertretung gegenüber eine ablehnende Haltung ein- nimmt, in vollem Umfange lasten. Der „S'aatt-Anz." veiöff-ntlicht nunmehr die vom Staats- Ministerium bestätigte Geschäftsordnung dr-kql. GerichtShofe- für kirchliche Angelegenheiten. Das Regulativ enthält 19 Paragraphen in weichen dre B fugniffe des Präsidenten, die pro- zeßieitenden Beifügungen, die Aosttmmungen u. s w. näher be schrieben weiden.. . Im Zusammenhänge mit den ernstlichen Konfl kten. welche zwischen der Smatsgewalt und den. römisch-katholischen Bischöfe» zum Ausbruch gelangt sind, und rwt den daraus erwachsenden NothstäNden, ist, wie die „N A. Ztg." offiziös mttthe'tt, die Frage wiederholt de>vorgrtreten, ob die bisher für die Vereidi gung der Bt'chöfe bestehenden Formeln noch genügen können. Es ist allerdinaS erkannt, daß der im Jahre 1843 für die ka tholischen Bischöfe f.stgestellte Ekd nicht mehr dem Staat-be- dürfnisse ennpricht, seit nach dem vatikanischen Konzil die katho- liscke Geistlichkeit eine ganz veränderte Stellung zum Staat ein genommen und in Bezug auf die dem Staat gelobte Treue Deu tungen sich Bahn gebrochen h den, welche daS geleistete Gelüb- niß mora'i ch vernicht» n Die Regierung ist deshalb in Bera- tdung über die zu ergreif, n en Maßregeln getreten, und dürfte die Frage zunächst bei der Wiederbesetzung des erledigten Bischoft- sitzeS zu Fulda von praktischer Bedeutung werden. Die Kammer der bairischen ReickSrätbe hat eS in ihrer S'tzung vom 4. d. M. in Betreff de- Herz-Bült'schen An trags wegen Erweiterung der ReichScompetenz über daS gelammte bürgerliche Recht und die Gerichtsverfassung zu keinem Beschlusse gebracht. Nachdem mit 27 gegen 15 Stimmen ausgesprochen worden war, daß jeder sächliche Beschluß als die baterische StaatSverfassung berührend und ändernd, rechtSgiltig und ver bindlich nur in den Formen eines sogenannten Jnitiativbeschlusf seS, d. h mit einer Zweldrittelmehrdelt gefaßt werden dürfe, er hielt der vom Prinzen Ludwig gestellte Antrag nicht die für nothwendig erklärte Stimmenzahl. Tatsächlich ist also von den baierischen ReichSräthen dem genannte»^Herz-Völt'schen Anträge gegenüber tabula rasa gemacht, d. h. ein (nach deren eigener RechtSauffaffung) verbindlicher AuSspruch der Kammer der Reich-- räthe über die Frage der Erweiterung der Reichskompetenz in l der bezeichneten Richtung liegt nicht vor ; die erste daurische Kam- mer hat fich weder für noch gegen solche Erweiterung ausge sprochen, was jedenfalls auf Grund der Sachlage auch da- Wün- schen-wertheste ist. — -e