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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.04.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020403020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902040302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902040302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-04
- Tag 1902-04-03
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Monat
1902-04
-
Jahr
1902
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2402 nur durch den Ernst der damaligen Lage erklärt werden. Nun beging aber die Negierung eine Art Incvnsequenz; sie bob am 15. Nlärz in Folge des Drängens der üubersten Linken die MiUtarisirung der Eisenbahner auf und er klärte das mit der völligen Wiederherstellung der Ruhe, belieb aber die Iahrcselasse lk>78 vorläufig bei den Waf fen, indem sie den In. Mai als Entlassungstermin in Aus sicht nahm. Diese Umstände veranlassten einzelne nvrd- italienische Umsturzvereine, ihre Macht zu zeigen, und so wurde eifrig gearbeitet, um die Soldaten zu einem Pro- nunciamientv zu veranlassen. Dieses erfolgte aber nur in beschränktem Umfange. Au den Abenden vom 26. bis 28. März versammelten sich vor dem Zapfenstreich in Mai land, Como, Tortoua, Vereelli und Piacenza Soldaten der Classe 1878 in Zahl von je 15 vis 50 auf öffentlichen Plätzen und begannen in lauter Weise ihre Entlassung zu verlangen. Diese Kundgebungen nahmen ein rasches Ende, da sich das Publicum ihnen nicht anschlvst und die Soldaten selbst den Befehlen hcrbeieilcnder Officicrc sich nicht zu widersetzen wagten. Nur in Piacenza wurde der Versuch am nächsten Morgen beim Antreten erneuert, ebenso erfolglos. Ein sehr ernster Erlaß des Kriegs ministers an alle Eorpscommandantcn empfiehlt die schärfsten Maßregeln. Daß eine tiefergehende militärische Bedeutung den Dingen nicht innewohnt, ist gewiß; ebenso sicher aber ist der vcrhängnißovlle Zusammenhang zwischen der Stellung der Umstnrzpartcien zum Eabinet und -em Glauben der Umstürzler an die Straflosigkeit ihrer Propaganda. — General Mi les, Hvchstcommandirendcr der Armee der Bereinigten Staaten, hat in den Augen des Präsi denten und seines Anhangs ein neues Verbrechen be gangen, indem er, vom Scuatsausschuß vorgcladen, seine Meinung über die Bildung eines Geueralstab e s der Armee zu sagen, eine sehr scharfe Kritik an dem vom Kriegssekretär Rovt und Gcneraladfntant Corbin vvrgelegten und vom Präsidenten gebilligten Entwürfe geübt hat und dabei einfließeu ließ, er werde, wenn diese Vorlage vom Senat angenommen werden sollte, den Abschied nehmen. Der Präsident soll dies als einen neuen Fall von Insubordination betrachten und beabsichtige», General Miles zu pcnsivniren. Er wird sich die Sache aber wohl noch überlegen. Der General hatte die Pflicht, seine Meinung zu sagen und wenn er den Ehcf des Generalstabes nicht gleichzeitig zum Oberbefehlshaber der Armee gemacht zu sehen wünschte, so dürfte er viele Militärs auf seiner Seite haben. Es war vielleicht nicht sehr angemessen, vom Abschiednchmen zu sprechen, aber ein Dienstvergehen kann daraus rechtmäßiger Weise nicht cvuslruirt werden. General Miles hat sich der Regierung schon allzu oft unbequem erwiesen. Er war cs, der zuerst die schreck lichen Mißstände in der Hcereöverpfleguiig während des spanischen Krieges anfdcckte, was schließlich zur Be seitigung des Kriegssekretärs Alger führte. General Miles hatte unter den Folgen schwer zu leiden. Als der unfähige General Schafter die Landoperationeu vor Santiago ganz verfahren hatte, da war cs General Miles, der dazwischen fuhr und den Feldzug rettete; aber er hat dafür nur Undank und Verlästerung, anstatt An erkennung seitens der Eliquc in Washington erfahren, die Offenheit und Kühnheit, mit der General Miles dem von derselben Gruppe gemaßregelten und ver unglimpften Admiral S ch le n zu Hilfe kam, und sich dem llrthcil des Admirals Dcwcy über den Fall anschloß, ivar natürlich in den Augen des Präsidenten eine neue Beleidigung. Ebenso das Ersuchen des Generals Miles, ihn mit Beendigung des F i l i p i n o - A n f st a^i d e s zu beauftragen. Der General war berechtigt, eine solche Vcrtaucnsstcllung zu erbitten, da seiner genialen Kriegs führung die Beendigung der Indjaueranfständc zu ver danken ist, die zu ihrer Zeit ebenso gefährlich waren, wie jetzt die Gucrillakümvsc auf den Philippinen. Aber da General Miles kein Republikaner ist, werden allen seinen Thaten und Bestrebungen politische Motive, Präsident schafts-Gedanken untergeschoben, um sie lächerlich zu machen. Wenn übrigens General Miles nach der Präsi dentschaft streben sollte, so ist er dazu weit eher berechtigt, als die meisten Eandtdaten vor und nach ihm. Denn wenn irgend einer, so ist er ein „selbstgemachter Mann", der sich durch harte Arbeit und verdienstvolle Thaten vom gemeinen Soldaten bis zum Obcrgcneral der Armee aufgcschwungen hat, und zwar, ohne die Gunst der Regierenden zn besitzen. Deutsches Reich. L. 0. Berlin, 2. April. Zur Statistik der Streiks und Aussperrungen bringt das 1. Bierteljahrshcft 1902 zur „Statistik des Deutschen Reichs" eine summarische Uebersicht der Streiks im deut schen Reiche im 4. Vierteljahr 1901, Nachträge zur Ueber sicht für das 3. Vierteljahr 1901 und eine summarische Uebersicht der Aussperrungen im deutschen Reiche im 4. Vierteljahr 1901. Vor dem 1. October 1901 begonnen und vor diesem Tage nicht beendet wurden 30 Streiks, von denen 26 sm 4. Vierteljahr beendet wurden. Bon den 116 im 4. Vierteljahr 1901 begonnenen Streiks wur den 105 im 4. Vierteljahr beendet, so daß 131 Streiks be gefährten meiner Wilüfängc kennen zu lernen. Mein Name ist Brandau! — Wollen Sic mich gütigst diesen Damen und Ihrem Herrn Gemahl vorstcllcn?" — Sie hörte die Namen: Lehmann — Mottek — Bruns — Waldberst — wie aus weiter Kerne an ihr Ohr dringen. Sie sah m dem rothen Nebel vor sich tiefe Verbeugungen. Vier Mal streckte sie die Hand aus. Pier Mal lauschte sie mit dumpfem Erstaunen den verbindlichen Worten, die sie selbst sprach. Dann biß sie die Zähne zusammen und ritz die Augen auf. Ihre Linke umklammerte den Schirm, als wollte sie ihn zerbrechen. „Dies ist mein lieber Gatte, Frau Gräfin!" — Nenbert'S hohe Gestalt stand vor ihr. Tie sah seine braunen Augen durch eine Brille angstvoll auf sich gerichtet, sah den langen Bolkbart, der dem schlanken Manne etwas Männliches, Festes verlieh. Seine von der Sonne gebräunte Haut schimmerte fahl. — Wieder streckte sie ihre Rechte aus. Zwei eiskalte, bebende Hände berührten sich. — Plötzlich gewann sie ihre Ruhe zurück, trotzdem ihr Herz so mächtig klopfte, als sollte ihre Brust zerspringen. Eine tiefe Röthe stieg in ihre Wangen. (Fortsetzung folgt.) 5, Jack Hamlin als Vermittler. Von BretHarte. Nachdruck vrrdoten. „Vergiß cs lieber ganz und gar", sagte er ernsthaft, und als er sah, wie seltsam sich ihr Ausdruck veränderte, fügte er mit unsicherer Stimme hinzu: „Ich weiß, daß ich Dir gesagt habe, Tu brauchtest Dich Deiner Vergangen heit weder zu schämen, noch zu vergessen, was Du ge wesen bist — aber solche Dinge meinte ich nicht damit!" „Was hast Du denn gemeint?" fragte sie schüchtern. Das wußte nun Roland eigentlich selber nicht. Er kannte dergleichen nur vom Hörensagen und war mit der Menschcnclasse, welcher seine Frau angehvrt hatte, nie mals in Berührung gekommen; von ihrem Thun und Treiben ahnte seine Seele nichts. Es offenbarte sich ihm fetzt zum ersten Male durch die Krau, die er liebte und die seine Gattin war. Kein Runder, daß sein Schrei darüber noch größer war als seine sittliche Entrüstung. „Gleich morgen sollst Du das Kleid bekommen, Ellen, bann kannst Du all bei» Firlefanz sortthun. Du endet wurden. Betroffen wurden 2kg Betriebe, von denen 88 zu völligem Stillstand kamen. Die Hochftzahl der gleichzeitig streikenden Arbeiter betrug 5Ü3U, die Höchst zahl der gezwungen feiernden Arbeiter 1727. Zu der am 1. Octvber 1001 nvch nicht beendeten 1 Aussperrung kamen im 4. Vierteljahr 5 neue hinzu; 8 Aussperrungen wurden beendet. Die Höchstzahl der gleichzeitig aus gesperrten Arbeiter betrug 3179, von denen 2197 in 13 Mceraner Webcreibetrieben, 727 in einer Lübecker Schiffs werft, 2K5 in einer Weberei in Leiswitz. Die Wcberei- accvrdarbeiter hatten keinen, die Werftarbeiter vollen Erfolg. H Berlin, 2. April. tSocialdcmokratie und Arbeiterschaft.) In einem viel bemerkten Artikel hatte Di-. Richard Freund unter obigem Titel eine interessante Abhandlung in der „Socialen Praxis" ge schrieben, in der er seiner Uebcrzeugung Ausdruck gab, die wirkliche Arbeiterschaft werde sich allmählich von der socialdemokratischen Partei abwendcn; er suchte sein» An sicht durch folgenden Satz zu mvtiviren: „Die „Partei" hängt an der Arbeiterbewegung wie ein Bleigewicht und hindert ihre gesammte Entwickelung; zu dieser Erkenntnis» tvmmen die Arbeiter immer mehr und mehr und die gegenwärtige starke Strömung für eine Neutralisirung der Gewerkschaften, d. h. für eine völlige Loslösung der Arbeiterbewegung, wird zweifellos in absehbarer Zeit die Oberhand gewinnen." — Wir müsseu gestehen, daß mir die optimistische Auffassung über die sogen, „neutralen Gewerkschaften" keinen Augenblick getheilt, sondern stets nachdrücklich hervvrgehvben haben, daß diese Gewerk schaften unrettbar der Soeialdemvkratie verfallen. Zum Beweise für unsere, der Frsunü'schcu gegenüberstehonde Ansicht möchten wir nicht gerade die socialdemokratischen Führer der Gewerkschaften als Kronzeugen aufrufen, aber doch wird die höhnische, theilweise überhebende Art der Abfertigung, die Herr Dr. Freund durch den social demokratischen Reichstagsabgeordneten v. E l m erfährt, der mit Legten an der Spitze der sogen, „neutralen Ge werkschaften" steht, vielleicht Herrn Di-. Freund davon überzeugen, wie sehr er die politische Tendenz und das politische Schwergewicht der neutralen Genossenschaften verkennt: diese letzteren richten sich nicht gegen die Social demokratie, sondern bilden sich zu einem der größten Machtfactvren s ü r die Sveialdcmvkratic aus! — Der eigentliche Zweck der leidenschaftlichen Angriffe v. Elm's gegen Dr. Freund beruht aber doch wohl darin, den An trag Roesicke-Pachuicke im Reichstag, betr. die Organi sation der paritätischen Arbeitsnachweise, bei der Arbeiter welt zu verdächtigen und diese Brücke znr möglichen An bahnung eines socialen Friedens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von vornherein, ehe sie betreten wer den kann, zu zerstören! — Tie Kaiserin wird, wie verlautet, mit ihren jüngsten Kindern im Laufe des kommenden Sommers einen längeren Aufenthalt in Badenweiler nehmen. DaS unweit des OrteS gelegene idyllische Schloß Hausbadcn, in welchem seiner Zeit auck die Königin Wilbelmina von Holland wohnte, soll bereits für die Kaiserin gemiethet sein. Tbatläcklich werden gegenwärtig im Schlosse größere bauliche Veränderungen vorgenommen. Die Bestätigung dieses Gerüchts bleibt in dessen abzuwarten. — Wie wir seiner Zeit mitgetheilt haben, hat der Reichs kanzler Graf Bülow anläßlich des Ablebens deS ungarischen Staatsmannes Koloman TiSza nicht nur an den Sohn des Verstorbenen, Grafen Stefan TiSza, sondern auch an de» Ebes der ungarischen Regierung, Ministerpräsidenten Koloman v. Szell, ein Beileidstelegramm gerichtet, in welchem er seiner aufrichtigen Theilnahme für den Verlust des Dabin» geschiedenen und seiner Wertschätzung für dessen persönliche und politische Bedeutung Ausdruck gegeben bat. Wie der „Börsen-Courier" nun hört, bat sowohl Graf Stefan Tisza, als auch der ungarische Ministerpräsident Koloman v. Szell diese Theilnahmekundgebung des Reichskanzlers mit einem telegraphischen Dank beantwortet, in welchem beide Staats männer zugleich die Bundesgenossenschaft zwischen Deutschland und Ungarn wärmstens hervorheben. — Die „Natlib. Corresp." schreibt: In Bundcsraths- kr eisen glaubt man, daß bei den Besprechungen, welche Gras PosadowSky im Auftrage des Reichskanzlers mit den leitenden Ministern der größeren Einzelstaaten führt, auch die Stellung der letzteren zu dem Toleranzantrage d«S Gent rums und zu dem Beschlüsse des Reichstages wegen Aushebung des tz 2 des Iesuitengesetzes eine gewiss« Nolle spielen dürfte. — Rätbselhaft, meint die „Freis. Ztg.", ist daS Schicksal der Servisvorlage im Bundesrath e. In der amt-' lichen Registrande des BundeSraths ist schon vor Beginn der Osterferien deS Reichstags mitgetheilt worden, daß der BundeSrath eine Novelle zum Servisaesetz angenommen bade. Es ist dies dieselbe Novelle, tue Ende 1901 im BundeSrath eingebracht wurde und nach den Bestimmungen des ServiSgcsetzes von 1897 im Jahre 1902 fällig ist. Di« Novelle, die der Bundesralh zum ServiSgesetz angenommen bat, ist aber im Reichstag noch nicht angekommen. Am Gründonnerstag sind an die Reichstagsabgeordneten mehrere Nummern neuer Drucksachen versandt worden, aber die ServiSnovellc befindet sich nicht darunter. brauchst nicht auszuseheu, wie Tinkic Elifford", sagte er, ohne seine Erregung öurchblicken zu lassen. „Geh' jetzt und spiele weiter." Er bemerkte nicht, daß ihre Augen triumphirend auf blitzten, während sic sich gehvrsam wieder an das In strument setzte. Zerstreut folgte er ihr mit den Blicken und beobachtete sic eine Zett laug von Kopf bis zu Fuß — die schwellenden Schultern, ihre flinken Finger, die über die Tasten flogen, und die goldbraunen Schühchen auf dem Pedal. Nach einem Schlußaccord sprang sie auf und trat wieder zu ihm. „Und wenn ich erst mein hübsches Kattunkleid habe, so daß Du mich kaum mehr von Jo hanne unterscheiden kannst, wenn ich den Haushalt zu führen verstehe und eine gute KarmerSfrau geworden bin — wer weiß, ob ich Dir nicht dann ein Gehcimnitz an zuvertrauen haben werde!" „Ein Geheimnis»?" wiederholte er ernsthaft. „Kannst Du cs mir nicht jetzt sagen?" Schüchtern, erglühend, und doch mit einer gewissen schalkhaften Erregung versetzt sie lachend: „Ich will lieber warten, bis Du nicht mehr ein so feierliches Gesicht machst. Es hat keine Eile." Rtzland sah nach der Uhr. „Ich muß Dick noch einiges wegen der Rinder auftragcn, ehe er sich zur Ruhe bc- gtebt", sagte er. „Dick ist schon nach dem Stall gegangen." „Das thut nichts, ich will es ihm dort bestellen." „Toll ich Dir Deine Stiefel bringen?" fragte sie rasch. „Ich gehe durch die Küche und ziehe sic da an. Leg' Dich jetzt nur zu Bett, Du siehst müde und angegriffen auS; ich bin gleich wieder hier." Sie hatte dunkle Ringe um die Augen, auch ihre hübsche, klare Gesichtsfarbe war nicht mehr so frisch und gleichmäßig wie sonst, was ihm >eyt zum ersten Mals aufsiel. Frau Roland gehorchte mit einem leisen Seufzer und stieg die Treppe hinauf, während ihr Mann sich rasch nach der Küche begab. Er wünschte allein zu sein, nm seine Gedanken zu sammeln und wunderte sich, Johanne noch wach zn finden. Sic saß kerzengerade aus einem Stuhl in der Ecke und schien ibn erwartet zu haben. Jetzt erhob sie sich und kniff die Lippen fest zusammen, aber ihr Redestrom ließ sich nicht eindämmcn. „Ich dacht' mir's schon", begann sie, „daß. wenn Sie über Ihren Geschichten nicht Alles vergessen hätten, so würden Sie noch 'mal durchkommen, um nach -em — Wi« bi« »Post* nochmals zu betonen für nöthig hält, hatte di« Unterredung des holländischen Minister- präsibintiu Kuqpi» mit dem Staatssekretär von Richt- bofen keinerlei politischen Charakter. Es habe sich lediglich um den üblichen Höflichkeitsbesuch gehandelt. Heut« besuchte Herr Kuypcr die technische Hochschule und besichtigte namentlich das elektrotechnisch«, das chemische und das physikalische Laboratorium «>ng,hend. — Nach der,.Natlib, (Zorresp." wird sich di« preußische Negierung beim Begräbniß Lirber'S durch brn Oder- Präsidenten Grafen Zedlitz »««treten lasfrn. — Ueber di, Krankheit deS vp. Lieber theilt die „Köl nische Volkszeitung" mit: Lieber war eigentlich niemals ein gesunder Mann. DaS Uebel, welches ihn in seinen lehlen Lebensjahren jo entsetzlich heimsuchte, war sehr alt. Schon als junger Mann von 20 Jahren hatte er von ihm -u seiden, und als er, in den ersten Jahren seiner parla mentarischen Laufbahn, seine Frau heimstihrte, plagte es ihn schon manch»« Mal- Doch waren die Anfälle vrrhältnißmäßig nicht schwer. Sie traten auf mit heftigen Schmerzen im Unterleib, zu denen sich krampjhastes Erbrechen gesellte. Länger als zwei bis höchsten- drei Tag, pklegten sj« aber nicht zu dauern. In späteren Jahren wurden sie heftiger und der Leidende konnte dann de« lin- dernden Morphiums nicht mehr entrathen. Doch ist er nie, wie zuweilen ««gedeutet wurden ist, „Morphinist" gewesen. Mit großer Willenskraft enthielt ,r sich vollständig dieses gesähllichen Mittels, sobald die rasenden Schmerzen nachgelassen hatten. Wer in dieser Zeit ihn beobackleu konnte, mußt« überhaupt die selten» Geiste»- »lärke und Selbstbeherrschung bewundern, mit welcher er sich seinen parlgmentarischeu Wichten hingab, ohne aus seinen Zustand Rück- sicht zn nehmen. Nur bei eiserner Energie hat ec das leisten können,' was er thalsüchlich geleistet hat. Trotzdem mußte das Morphium, als später die Anfälle immer häufiger, länger und heftiger wurden, seinen Gesundheitszustand ungünstig beeinstulien. Er war sich Lessen auch selbst bewußt, und nicht selten antwortete er, wenn er nach wenigen Tagen unter seinen College» wieder erschien und diese au »einem fahlen Ausjeheu erkannte», was er wieder durchgemacht hatte, seinen theiluahmsvolleu Freunden: „Ich habe wieder Morphium nehmen müssen." — Folgende sebr bezeichnende Episode, die sich auf dem letzten Osnabrücker Katholikentage abgespielt hat, wird jetzt aus dem Leben vr. Lieber'S mitgetheilt: Als der von schwerer Krankheit genesene EentrumSsührer daS Podium des Ausschusses betreten hatte, ging ihm Bisckof Voß von Osnabrück entgegen und küßte ibn auf beide Wangen. Als dann folgten die Bischöfe von Stockholm und Kopen hagen diese»» Beispiel, Dr. Lieber betrat hierauf die Redner tribüne und hielt unter donnerndem Beifall seine große Rede, — die letzte überhaupt! — — Die statistischen Nachweise der Selbstmorde im deutschen Reiche in den Jahren 1898 bis 1900 und in dem Jabrzehnl 1891/1900 ergeben für das Jabr 1900 die böchste Selbstmordzisfer innerhalb de« Jahrzehnts — 11 393 —, nachdem in den beiden Jahren 1898/99 die Zahl der Selbst morde zurückgcgangen war. Aus je 100 000 Einwohner ent fallen 1900 20,3 Selbstmorde. Mit diesem Procentsatze siebt das Jahr 1900 zurück gegen da» Jahr 1894, in dem 21,7 Selbstmorde aus je 100 000 Einwohner sielen. Hinsicktlick der absoluten Zabl der Selbstmorde steht daS letztere Jahr mit insgesammt N135 dem Jahre 1900 am nächsten, dem nächst folgt daS Jahr 1897 mit 11013 Selbstmorden. Nach Geschlechtern unterschieden zeigt die Selbstmordstatistik des Jahrzehnts nur geringe Schwankungen, die der Männer be wegte sich zwischen 31,3 und 35,3, die der Frauen zwischen 8,2 und 8,8 auf je 100 000 Personen desselben Geschlechts berechnet. — Wir mehrfach verlautet, bat der Kaiser sich für nächsten Freitag Hein, englischen Botschafter zum Tiner angejagt. Es sind zahlreiche Einladungen ergangen. — Die Erössnung des Genesungsheims deS Garde- corpS in Biesenthal hat heute Vormittag 10'/, ffhr ohne jede Feierlichkeit stattgefunden. Der leitende Arzt, Oberarzt vr. Rieck, übernahm die Anstalt. Da« Heim ist mit einem Aufwande von 300 000 ^il erbaut. DaS Terrain mit 26 Morgen Flächeninhalt, auf einer Anhöhe mitten im Wald am Wukensee gelegen, ist kosten los überlassen worden. Dos Gardecorps, das eine jährliche Miethe zahlt, hat jederzeit da« Recht, daS Haus gegen Erstattung der Baar auslagen zu erwerben. * Aoptzot, 2. April. Nachdem der Gemeinde Zoppot das Recht verliehen worden ist, die Städteordnung an- zunehmen, wurde gestern in feierlicher Sitzung der städtische» Behörden der erste Bürgermeister v. Wurmb in sein Amt eingeführt. Magistrat und Stadtverordnete sandten sodann an den Kaiser folgendes Telegramm: „Euer Majestät dankt die allerjüngste Stadt allerunterthäuigst für allerhöchstdero Gnade und erneuert das Gelübde unverbrüch licher Treue. Hoch leb« Se. Majestät unser Kaiser." * Kiel, 2. April. Ueber den Lohnkampf im Bau gewerbe wird jetzt berichtet: Die Flottenvermehrung hat in Kiel äußerst günstige ArbritSverhältniss« geschaffen. Die Arbeitnehmer benutzen die gute Lage, um eine Besserstellung durchzusetzen. Sie forderten für 1902 60 bei 9>/r-, für 1903 63 bei neunstündiger Arbeitszeit. Die Arbeitgeber lehnten die Forderung ab und bewilligten 58 auf zwei Jahre. Die Baubandwerker beharrten aus ihrer Forderung. Darauf erklärten die Arbeitgeber, daß sie die Arbeiten vor läufig bis zum 3. Avril rinstellen würden, aber bereit seien, eine» fünfjährigen Vertrag mit KO Stundenlohn abzu Vieh zu sehen. Ich hab' nämlich ein paar Aorrc mit Ihnen zu reden, Herr Ryland. Als ich zuerst zur Hilfe verkam, sagten mir -ic Leute aus dem Ort, ehe Sic Ihre Frau geheirathet hätten, wäre sic so 'ne Sorte „Ballctösc" gewesen. Na, das ging mich nichts an — cs war Ihre Sache. Auf das Geschwätz der Leute gebe ich nicht viel, aber ich brauche meine eigenen Augen. Und, so wahr ich Johanne Mackinnon heiße, da, wo man lügt und betrügt, wo man sich anders stellt, als man ist, wo man Einen zum Narren hat und scheinheilig thut. mit seinem eigenen Mann Possen treibt und ein rechtschaffenes Haus zu einem Tingeltangel und Tanzlocal macht, da vleib' ich nicht, hören Sie's? Da bleib' ich nicht!" „Was oll das heißen?" fragte Ryland streng. „Das soll heißen", sagte sie, und schlug sich bei jedem Wort klat chend auf die Hüften, „daß — Ihre — Frau — den ganzen — Nachmittag hier in der Küche mit einem ihrer früheren Liebhaber aus Frisco zusammengcsteckt hat. Ehe Sic kamen, Hot sic mit ihm gekost und getändelt UNb über die gute, alte Zeit geweint. Ich hab' cs Alles durch s Fenster gesehen. Das wollt' ich Ihnen nur sagen, Herr Ryland." „Es ist nicht wahr. Ein armer Fremder mit einem lahmen Pferd ist hier gewesen. Sie hat es mir selbst cr» rüblt." Johanne stieß ein Hohngelächter aus. ,Hat sie Ihnen auch gesagt, -ab d«r arme Kremde jung und hübsch war und einen schwarzen Echnauzbart hatte? Daß seine seinen Kleider ein Vermögen gekostet haben müssen, auch ohne die schwere Schärpe mit dem Gojdstretfen? Hat sic gesagt, Laß sein Pferd so lahm war, daß er mich schickte, ihm ein anderes zu holen und gar nicht gewartet hat, bis ich rvteberkam? Hat sie Ihnen gesagt, wer der Gast war?" „Nein, da» wußte sie nicht, versetzte Ryland finster und seine Wangen wurden bleich. „Go will ich S Ihnen sagen! — Der Spieler war's, der böse, gewaltthätige Schütze! Der Mensch, dessen Ruf so schlicht ist, baß kein brave- Weib etwas mit ihm zu tbun hoben darf.' Dick war wie vom Blitz getroffen, al- er ihm an der Thür begegnet«, er erkannte ihn auf der Stelle. „Hol' mich dieser und jener", sagte er, „wenn da« nicht Jack Hamlin ist!" Ryland wußte wenig von der Welt, aber den Namen hatte er doch gehört. Ihm fiel plötzlich das Feuer im Walde ein, dt« schlanke Männerg«ftalt — da- ange- -undene Pferd. Dann -achte er an da» erleuchtete schließen. Unter den AuSgesperrten befinden sich 1260 Maurer, 700 Zimmerer, 300 MaurerarbestSlruie. Am Sonnabend biellen die Zimmerer eine Versammlung ab. Der Vorstand bezeichne!« die Vorschläge der Arbeitgeber als unannehmbar; die fünfjährige VertragSdauer schädige namentlich die Organisation. Mit 355 von 399 Stimmen leimten die Zimmerer den entgegenkommenden Antrag ab und beschlossen, auf einen dreijäbrigen Vertrag einzugehen: 1902 und 1903 60 und 1904 «3 ^f. Die Arbeitgeber sollen sich bis Mittwoch entscheiden. * AkietzrichSrnh, 2. April. Von nah und fern trafen auch gestern wieder Zeichen der Verehrung und Liebe ein, prachtvolle Kränze und Blumengaben, um am Sarge Les Fürsten Bismarck niedergelegt zu werden. In einem Bericht der „Hamb. Nachr." deckst es: Durch die farbige» Fensterscheiben der Grabcapelle fällt gedämpftes Licht herein, den stillen Raum mit mattem goldig rosigen Schein übergießend. Die Frau Gräfin Rantzau hat an den beiden Sarkophagen im Namen der fürstlich BiSmarck'schen Familie Kränze aus rothen und weißen Rosen niederlegen lassen. Franz Lcnbach sandte in alter Treue und Verehrung einen kostbaren Lorbeerkranz mit Palmenwedeln und weißer Schleif», die in goldener Schrift den Namen deS Stifters trägt. Ter weitaus größte Theil der fchönen Kränze aber war von den vrrschiedeiicu Ortsgruppen des Alldeutschen Verbandes aus Ost und Sud, aus Nord und West des Vaterlandes, in erster Linie aus Hamburg, ein- getrvsfen, und mehrere andere nationalgesiunte Vereinigungen hatten sich dem Alldeutschen Verband angejchlvssen. Während die vor erwähnten Kränze schon Vormittags eingetrossen und tn di« Capelle gebracht worden wäre», langte Nachmittag» eine Anzahl Herren aus Hamburg an, um als Vertreter ibrer Vereine mit Kränzen als Gaben dankbaren und treuen Gedenkens die Ruhestätte des größten Deutschen zu schmücken. * Lanba», 2. April. Seit beute Mittag streiken etwa 300 Bergarbeiter der Glückaufgruben in Lichtenau wegen Lohnherabsetzung. (B. L.-A.) - Nlldolsta-t, 2. April. Prinzessin Anna zu Bentheim- Tecklenburg, die einzige Schwester des Fürsten Re»ß j. L., ist gestern nach kurzer Krankheit hi«r gestorben. Di« verstorbene Prinzessin war in Gera am 16. December 1822 geboren und ver mählte sich am 7. März 1843 mit dem Prinzen Adolf zu Bemheim- Tecklenburg, der ihr bereits am 3. September 1874 im Tode voraus gegangen ist. * ttzcra, 2. April. Bei der Landtags-Stichwahl in Triebes-Hohenleuben siegte der socialdcmokratischc Eandidat „Genosse" Patzer mit 427 Stimmen gegen den Landrath Rukvejchel, ans welchen 377 Stimmen ent fielen. (Vorw.) * Schillingsfürst, 2. April. In den Kreisen der hiesigen Ein wohnerschaft gedachte man am 31. März lebhaft des verstorbenen Fürsten Chlodwig zu Hohen lohe-Schillingsfürst, dejje» aus Len 31. März fallendes Geburtsfrst alljährlich hier ftierlich be- gangen wurde. * Stuttgart, 2. April. Der württembergische Minister des Innern v. Pifcheck hat neuerdings dem bekannten Freiherr» v. Münck die Erlaubniß ertheilt, zur Wahrnehmung seiner Inter essen in Proceßterminen nach Württemberg zu reisen, hak ihm qdec verboten, Zeitungsredactionen(!) zu besuchen. (B. T.) * München, 2. April. Der Cultusminister setzte bezüglich der technischen Hochschule ähnliche Beschränkungen für Ausnahme von Ausländern wie die für di« technische Hochschule Berlin fest. Ausländer welden zwei Tage später injcribirt als In länder. Ll. München, 3. April. (Privattelegramm.) Die „Allgeni. Ztg." schreib!: Wie wir hören, sind in der gestrigen Eonferenz zwischen dem Staatssekretär Grafen PosadowSky und den Ministern Graf Erailsheim, Freiherrn v. Riedcl und Freiherrn v. Feilitzsch eine Reihe wirthschasts- und zollpolitischer Fragen zur Behandlung gelangt, wobei sich erfreuliche völlige Uebereinstimmung er geben Hal. Frankreich. Marchand. * Paris, 2. April. Mehrere nationalistische Blätter fordern die Pariser Bevölkerung aus, dem Oberstleutnant Marchand, der gegenwärtig in Rußland so geseiert werde einen begeisterten Empfang zu bereiten. Schweden und Norwegen. Lohnbewegung. * Christian»», 3. April. (Telegramm.) Die hiesigen Bäckermeister kündigten den Lohntarif zum 1. Mai. I» einer gestern abgehaltenen Versammlung beschlossen die Arbeitnehmer, in den Generalausstand zu treten, wenn eine Einigung nicht erzielt werde. Rußland. Studenteubewegung. * Petersburg, 3. April. (Telegramm.) Die zum 1. April angekündigte Studentenvemonstration hat nicht slattgesunden, da etwa 30 Anstifter die Nacht vorher verhaftet worden waren. (Berl. Tagebl.) Amerika. Chile und Argentinien. * London, 3. April. (Telegramm.) Die „Times" be richte» auS Buenos Aires unter dem 2. April: Der Be- Wohnzimmcr und den brcuncnöcn Kamin, au die ent blößten Schultern seiner Frau, ihre zierlichen Schuhe und Strümpfe und den wilden Tanz. ES durchzuckte seine stumpfe Einbildungskraft wie eine Offenbarung. Jo hannen» Gestalt schwankte vor seinen Augen bald vor wärts, bald rückwärts; der Raum schien sich zu dehnen und dann wieder einzuschrumpfen. Mit tonloser Stimme murmelte er den Namen Gottes und hielt sich, um auf recht stehen zu blcibcu, am Küchcntisch fest, bis ihm die Arme steif wurden. Nun raffte cr sich zusammen; cr war bleich und kalt, doch bewahrte cr seine Besonnenheit. „Unterstehst Du Dich, auch nur ein Wort hiervon gegen meine Fran zn äußern", sagte er langsam und nach drücklich, „betrittst Dn ihr Zimmer während ich fort bin oder verlässcst Du anch nur die Küche, bis ich wteder- komme, so werfe ich Dich zumHaus hinaus. Sage anch dem Dtenstknccht, cr soll sich hüten, eine Silbe davon gegen irgend Jemand verlauten zu lassen — sonst erwürge ich ihn." Der nilvermuthetc Wnthausbruch des stets so ruhigen, gottesfürchtigen ManncS — den Johanne für einen armen Betrogenen hielt —, war entsetzlich und schüchterte sie cin. Acngstlich floh sie in ihre Ecke zurück, während er sich die Stiefel anzvg, Hut und Mantel nahm und ohne nvch ein Wort zu sagen zur Thür hiuauSging. Er wußte so genau, was cr zu thnn hatte, als wäre eS ihm von einer höheren Macht befohlen worden. Daß er den iungcn Mann im Walde aufsuchcn mußte, stand fest; denn — mochte auch Alles übrige erlogen sein — er und kein anderer war der fremde Besucher. Auge in Auge wollte cr ihm gcgenübcrtrctcn und Alles aus seinem Munde hören. Ehe das nicht geschehen war, konnte er seine Frau nicht Wiedersehen. Er ging mit großen Schritten, aber ohne fieberhafte Erregung. Klaren Geistes erkannte er seine Pflicht: war Ellen abtrünnig geworden, so mußte cr ihr nach seiner Glaubcussatzung noch eine Probezeit gönnen. Verstoßen würde cr sic nicht, aber mit ihrer ehelichen Gemeinschaft war es aus. Zwar hatte er selbst sie tn Versuchung geführt, das ließ sich nicht leugnen, und vielleicht würde ihr Gott deshalb die Sünde vergeben, aber cr, ihr Gatte, konnte sic nie wieder lichen. (Schluß folgt.)
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