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MMMW WWWWWWWWM ^^WWWI Nr. 17S. — 8. Jahrgang. L« jeden Wochentag Abend (mit Datum de- folgenden TageS) zur Versendung gelangende „Sächsische LaudeS-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter» Haltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlichMPsg., bei denPost-Anst. ?b Pf. (1868er ZtgS.-PreiSliste Nr. 5035.) ür Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: simmer-Eisenbahnlahrulanheft siir Tuchseu. Winter-Eisenbahnfal-rplandeft für Sachse». Jllustr. Kalender des Sächsische» Landboteo. Illnstrirtes Jahresbuch desLandes-stnzeigcrS. Sächsischer §i»li>ks-A>>irlgtt mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Freitag, 3. August 1888. «,-eigeitorrt- d»r „Stichs. Saaes-AmHA^ Kaum einer kkmale» EorvuSzeile IN Big. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifügen lie 8 Silben EorpuSschrist bilden ca. 1 Zelle.) Annoncenannahme nur bis Vormittag. ?nbn: MMn Mt, Bnchdruckerei. Chemnitz. Theaterstraßi ö (Fernjprechstelle Nr.1 Telegr -Adr-: Lander-Anzeiger, Lheumi Mit täglich einem besonderen 4. Sächsisches Allerlei - Unterhaltnngsblatt: 1. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 5. Zllnstrirtes Unterhaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Vom 1. August. Wien. Zufolge einer Meldung der „Polit, Corr." aus Peters burg sollen der finnländische Minister Baron Brunn und sein Gehittfe General Ernroth zurücklretc» und durch den Senator General Dach», bisherigen Gouverneur von Wyborg, und Oberst Tudeer ersetzt werden. London. Der „Times" wird aus Wien gemeldet, daß Basmadjew, Präfekt von Sofia, nach Wien kommt, angeblich mit einem Aufträge Stambnlvws, Vorschläge zur Versöhnung Bulgariens mit Rußland dem russischen Botschafter Lvbanvw vorzulcgen. Men, 2. August. Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht eine Verordnung des Gesammtministeriums bctr. die Einstellung der Wirk samkeit der Geschworncngerichte in Strafsachen, welchen anarchistische Bestrebungen zu Grunde liegen für die Gerichtshof-Sprengel Wien Korne»bürg, Wiener Neustadl, Wels, Prag, Brüx, Gitschi», Jung bnnzla», Reichenberg, Brün», Olmütz, Neutilschein, Graz, Löben. Klagcnfurt Vvm 10. August 1888 bis 31. Juli 1889. London, 2. August, Mittags. Der anhaltende Regen hat in fast ganz England verheerende Ueberschwemmungen veranlaßt Strichweise ist die Ernte gänzlich vernichtet. Die östlichen Stadt- theile Londons, meist von ärmeren Volksklassen bewohnt, stehen unter Wasser. Es herrscht großes Elend. Politische Nimdschait. Chemnitz, den 2. August. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm ist von seiner Ostsccrcise über Kiel und Friedrichsruhe wohlbehalten wieder in Potsdam an gekommen. Der Aufenthalt in Kiel beschränkte sich auf die Fahrt vom Hafen bis zum Bahnhofe, aber die Bewohner der Stadt, welche Beginn und Ende der bedeutsamen Reise gesehen, ließen es sich nicht nehmen, den Kaiser in ihren festlich geschmückten Straßen mit jubelnden Hochs zu begrüßen. — Ans Friedrichsrnhe wird berichtet: Eine Stunde vor Ankunft des Kaisers sah sich Fürst Bismarck auf das Eingehendste die zum Empfang getroffenen Vorbereitungen an. Hunderte von Fremden sind in Friedrichsrnhe eingelrosfen. Der Kanzler wurde überall mit den lebhaftesten Hochrufen begrüßt. Präcise 12 Uhr Nachts lief der aus 9 Wagen bestehende kaiserliche Extrazug ein und wurde am Fürstenhause, dessen Eingang mit Oxygeulampen tagcshell erleuchtet war, vom Fürsten Bismarck empfangen. Der Kaiser, welcher die Marineunifvrm trug, stand am Fenster seines Salon Wagens, grüßte dem Fürsten herzlich zu und schüttelte ihm, nachdem er den Perron betreten, bewegt die Hand. Der Bahnhof war illnminirt und bekränzt, bengalisches Feuer flammte ans, als der Kaiser die Halle betrat. Die zahlreich versammelte Menschenmenge begrüßte den Kaiser mit stürmischen Hurrahs und sang entblößten Hauptes „Heil Dir im Sicgcskranz" und „Die Wacht am Rhein" Zu Ehre» des hvhen Besuchs fand ei» Diner von 12 Gedecken statt Mittwoch Mittags l Uhrfnhr der Kaiser von Friedrichsrnhe nachPotsdam ab. Beim Austritten aus dem Schloßhof wurde der Kaiser, welcher aber mals die Marineuniform trug, von einer seit dem frühen Morgen harrende» Menge enthusiastisch begrüßt, wofür er sichtlich erfreut dankte. Beim Abschiede schüttelte der Kaiser dem Reichskanzler mehrere Male die Hände, dann dem Grafen Herbert und dem Grafen Rantzau nebst Gemahlin, Der Kaiser sah wcttergcbräunt und wohl ans. Fürst Bismarck schien hocherfreut und glücklich. Nach 4 Uhr traf der kaiserliche Extrazug ans dem Hamburger Bahnhof in Spandau ein. Trutz des unfreundlichen Wetters hatte sich eine große Menschen- Leidenschaftliche Herzen. Noman von Karl Zastrow. Fortsetzung und Schlug. Nachdruck verboten. Nun überlegte ich, ob ich Dir Dein Eigcnthum nicht mit einem sicheren Buten zurückscndcn sollte. Ich trug Bedenken, Dir wieder unter die Augen zu treten. Ich wollte nichts behalten, keinen Heller; wollte wieder von Haus zu Haus wandern und mir mein Brod mühevoll mit Singen und Spielen erwerben. Aber der Wunsch, mich persönlich in Deinen Augen zu recht fertigen, siegte. Ehe ich Dich aufsuchte, beschloß ich, die nöthigen Schritte zu thun, um Dich Deinen, wahre» Berufe, dem ich Dich entrissen, möglicherweise wieder zu geben. Ich dachte mir ein Zu sammentreffen mit Dir weniger peinlich für uns Beide, wenn Du mir in einer gcnchtcteren Stellung, als der eines Tanzmusikers, ent gegen treten könntest. Ja, Edmund, ich konnte cs nicht über's Herz bringen, Dich i» einer Stellung zu sehen, die mir eine Entwürdigung Deines reichen Talentes schien. Aber ebenso wahr ist cs, daß ich dem Vorwurf in Deinem Auge nicht begegnen wollte: „Sieh' mich an: was ich bin, bin ich durch Dich geworden; es ist Alles Dein Werk!" Da schrieb ich - sei nicht böse, Edmund, — einen anonymen Brief an Deinen früheren Prinzipal. Ich nannte ihm Deinen Aufenthalt, setzte ihm auseinander, daß Du von Deinem Weibe ge richtlich geschieden seiest, und verschwieg auch nicht, daß die Anna Zriny das unwürdigste und undankbarste Geschöpf sei, auf welches jemals die Sonne hcrniedergcleuchtet. Schließlich bat ich ihn, sich ohne Verzug für Dich zu verwenden, Dich in die Lage zu setze», Deine kaufmännische Carriere wieder aufnehmen zu können. Nenne mich nicht thöricht, Edmund! Ich hatte noch einen anderen Plan im Auge. Ich wußte, daß Emmy Wendling noch unverheirathct war, und — es schien mir nicht unmöglich, daß noch einmal eine Annäherung zwischen Euch Beiden stattfündc. Mußte ich doch nach Allem, was Du mir von diesem Mädchen erzählt hast, annehme», daß Du an ihrer Seite zu einem erneuten Dasein, z» einem schö neren Leben gelangen konntest, als ich es bei meinem irre geleiteten Herzen Dir jemals hätte bereiten können. Den Brief gab ich sogleich nach seiner Vollendung ans die Post und mit dem Vorsatze, gleich am anderen Morgen hierher zu eile», legte ich mich zur Ruhe nieder. Dein Schicksal mußte sich entweder menge eingefunden, welche den Monarchen enthusiastisch begrüßte. Auch während der Havelfahrt auf der „Alexandra" wurden dem Kaiser lebhafte Ovationen dargebracht. An der Landungsstelle des Marmvrpalais wurde der Kaiser von Verwandten und Angehörigen herzlich begrüßt, auch er zeigte die lebhafte Freude, wied.W chaheiin zu sein, seine Gemahlin und seinen in seiner Abwesenheit geborenen jüngsten Sohn umarmen zu können. Der Kaiser ließ in seinen Aenßerungen keinen Zweifel darüber, daß er von seiner Ostsecreise befriedigt deimkehrt. — Sehr ins Gewicht fällt der sofortige Besuch Kaiser Wilhelms II. bei dem Reichskanzler, der doch über alle Einzelheiten der Reise permanent auf dem Laufenden erhalten ge wesen ist. Der Besuch hat wohl zweierlei Gründe: Zunächst will der junge Monarch seinem ersten Ncithgeber eine freundschaftliche Auszeichnung erweisen, dann aber bietet dem Kaiser seine Reise auch in politischer Hinsicht so viel Stoff, daß er eine direkte Aussprache für angemessen erachtete. Welche spcciellen Wirkungen des Besuches von Petersburg eintreten werden, müssen wir abwarten, in jedem Falle ist aber das Finale der Reise, der Aufenthalt in Friedrichs ruhe, ein sehr beglückendes und beruhigendes. Dadurch wird auch bewiesen, daß zwischen dem Kaiser und dem Reichskanzler eine Uebcr- einstinimung und Intimität herrscht, welche durch nichts gestört wer den kann. — Ai» 23. August früh wird der Kaiser znm Johanniter- Rittcrschlage in Sonnenburg eintreffen und Abends wieder abreisen. Dem kaiserlichen Prolector wird der Herrenmcistcr im Ordensschlvsse die Ordens-Insignien überreichen. — Neuer Lärm an der französischen Grenze. Die „Nvrdd. Allg. Ztg." schreibt: Nachdem wir erst vor wenigen Tagen über die Beschimpfnttgcn berichtet haben, welche ein Deutscher auf der Reise von Paris nach Avriconrt zu erdulden hatte, weil er mit einem anderen Passagier deutsch sprach, liegt uns jetzt eine Mittheilung über einen Vorgang vor, welcher jenen Fall an Rohheit noch über- bietct und die cigeitthümliche Gastfreundlichkeit unserer Nachbarn wieder im hellsten Lichte zeigt. Der deutsch: Zolleinnehmcr Arbo gast, ein geborener Elsiißer und ein allgemein beliebter Mann von äußerst ruhigem Auftreten, begab sich am 22. Juli nach seinen vor dem Grenzpolizeikommissar zu Novsant abgegebenen Erklärungen mit seiner Frau und einem Freunde zu Fuß nach dem unweit der Grenze bclegencu französischen Dorfe Arnavillc. Bei dem Zollhaus« in Aruaville wurden die Spaziergänger von vier anscheinend den besseren Ständen angehörigen jungen Leuten cnigehalten und zur Vorzeigung ihrer Pässe aufgcfordert. Ihr Ersuchen, sie gehen zu lassen, fand weder bei den jungen Leuten, noch bei den in der Nähe stehenden französische» Zollbeamten Beachtung. Als Herr Arbogast und seine Begleiter versuchte», die Dorsstraße hinunterzi,gehen, wurde ihnen vielmehr der Weg verlegt. Tie vier Burschen unttanzlen sic, drohte» ihnen mit geballten Fäusten, traten mit Füßen in der Richtung auf sie und beschimpften sic als schmutzige Preuße», Kosacken, Wilde und mit anderen Ausdrücken, deren Wiedergabe uns der Anstand verbietet. Namentlich richteten sich diese Beschimpfungen auch gegen Frau Arbo gast, welche die Burschen bat, ans dem Wege zu gehen und mit ihren Belästigungen aufzuhören. Abgclenkt von de» Deutschen wurden die Burschen erst, als zwei Mädchen ans Novsant die Straße passirtcn und Herrn Arbogast und seine Begleiter grüßten. Dieser Gruß erregte so sehr ihren Zorn, daß sie von den Deutschen ab ließe» und nunmehr jene Mädchen mit den unfläthigsten Beleidig ungen überhäuften. Auch dieser Vorgang beweist wieder, daß unser westliches Nachbarreich ein wildes Land ist. Besucher, welche sich in wilde Länder begeben, sollten aber in der That vorher mit sich zu Rathe gehen, ob die Unannehmlichkeiten, die eine solche Reise mit sich bringt, das zu erwartende Vergnügen anfwicgcn. — In den nächsten Tagen werden bei Spandau größere Truppenübungen unter der Leitung des Kaisers beginnen. Ausge dehnte Versuche solle» dabei mit 12-Centimeter-Geschützen gemacht werden. — Der „Köln. Ztg." wird ans Berlin telegraphirt: Der Kaiser hat befohlen, daß das Regiment Garde du Corps und alle Cürassier- Regimenter vom 1. Oktober d. I. ab mit Lanzen zu bewaffnen und üuszubildcn sind. (?) ' " ) — Kaiser Wilhelm kein Freimaurer. Die „Nordd. Allgem." bringt an der Spitze ihrer neuesten Nummer folgende Zeilen: „Die hiesige „Volks,tg." hatte vor einiger Zeit in einem Artikel unter der Ueberschrift „Die Stöckerpartei gegenüber den Freimaurern" Mit- theilungcn gebracht, nach denen unser Kaiser gelegentlich eines Auf enthaltes in Königsberg mit den dortigen Freimaurern in Beziehungen getreten sein sollte. Trotzdem diese Mitthcilungen unmittelbar nach ihrem Bekanntwerdcn durch verschiedene Blätter in bündigster Weise als unrichtig bezeichnet worden sind, erdreistet sich die „Volksztg." jetzt, ihre früheren Behauptungen aufrecht zu erhalten und dieselben dcchin zu ergänzen, daß „die Einführung des damaligen Prinzen Wilhelm, des jetzigen Kaisers, in die Hochgrade der großen Landes-' löge durch den Ober-Stabsarzt vr. Petruschky in seiner Eigenschaft als Kapitelmeister der Andreas-Loge erfolgt sei." Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß auch diese Angaben, ebenso wie die früheren, ans absoluter Erftiwuiijj Keruben." ' " — Nach der jüngsten Landtngsthronrede des Kaisers Wilhelm Ü. wird der preußische Landtag sich während der bevorstehenden fünf jährigen Legislaturperiode mit einer weiteren gesetzlichen Regelung des Gemcinde-Abgabcnwesens zu beschäftigen haben. Bisher wurde der größere Theil der Gemcindcbedürfnisse durch Zuschläge zu den directen Staatssteuern, und zwar unter den mannigfaltigsten Modi- ficativuen in der Belastung der einzelnen Steuern aufgebracht.. Die Zuschläge zu den indirectcn Steuern sind seit der Aufhebung der Mahl- und Schlachtstcuer, welche in den mahl- und schlachtsteuer- pflichtigen Städten in Folge der Ueberweisung eines Drittels der Mahlsteuer an die betreffende» Gemeinden die Mittel zur Deckung eines erheblichen Theiles der Gemeindebcdürfnisse gewährte, nur noch für eine kleine Zahl von Gemeinden von Bedeutung. Außerdem kommen vielfach dirccte und indirecte Gemeindesteuern zur Erhebung. Die besonderen directen Gemeindesteuern sind zum größten Theil reine Communalcinkommenstcucr», die aber vielfach von dem System der Staats-, Klaffen- und klassificirten Einkommensteuer mehr oder minder abwcichen. Vor Allem wird in vielen Städten als eine sehr drückende Last empfunden, daß der größere Theil der Gemeinde bedürfnisse durch Zuschläge zu den directen Staatsstenern aufgebracht wird. Dem sollte durch die Communalstcuergesetzentivürfc, welche dem Landtage vor mehreren Jahren Vorlagen, theiliveise abgcholfen werden. Bei der Berathung der Vorlagen kam aber die Auffassung zur Geltung, daß gesetzliche Normen über das zulässige Verhältniß der Zuschläge zu den einzelnen Staatssteuern nicht angebracht seien, und daß dies sowohl, wie auch ein Zwang der ausschließlichen Er hebung der Cvinmuncilstcncr in Form von Zuschlägen zu den Staats- stcncrn sich mit den verschiedenartigen historischen und socialen Ver hältnissen der Gemeinden, mit dem ungleichen Bermögensstande der selben und ihrer Institute nicht vertrage». Wie nun verlautet, liegt cs in der Absicht der Regierung, den Klagen über den Druck der directen Stenern bezüglich des Zuschlagssystems in geeigneter Weise Rechnung zu tragen. — Der Londoner Speeialarzt Or. Felix Semon hat eine Ab handlung über die Krankheit Kaiser Friedrichs veröffentlicht, in welcher er im Allgemeinen den deutschen Acrztcn und ihrem Bericht Recht giebt. Eine sehr ausführliche Uebcrsetzung dieses Berichts ist übrigens von der Londoner „St. James Gazette" schon längst ver öffentlicht, ohne daß Mackenzie gegen dieses Blatt vorgegangen wäre. — Der Zollanschluß Hamburgs ist für Mitte Oktober in Aussicht ge nommen. Es besteht die Absicht, den Kaiser zu der Feierlichkeit einzuladen. bald oder gar nicht ändern. Wie aber auch die Folgen meines Briefes sein mochten, — ich halte meine Schuldigkeit gctyau, tonnte beruhigt, freudig und mit leichterem Herzen zu Dir ansblicken und das Letzte lhnn, was mir „ach all diesem noch zu thun übrig blieb. So glaubte ich wenigstens. Ich sollte noch mehr erdulden. Am anderen Morgen erwachte ch, von Ficbergluth gepeinigt. In meinem Kopfe hämmerte cs, und die Stirne brannte mir, als läge glühendes Eisen darauf. Das war der Anfang zu einer heftigen, typhösen Krankheit, die mich wochenlang an das Bett fesselte. Es konnte nicht anders kommen. Die furchtbaren Aufregungen, die Seelcnkämpfe der letzten Zeit halten meine physischen Kräfte gebrochen. In wilden Ficbcrphantasicn 'trömtc die gequälte Seele ihre Schmerzen ans. Kaum war ich cinigermaßen wieder im Stande, zusammen hängend z» denken, als mich nichts mehr hielt. Ich packte in Eile mcincHabseligkeiten zusammen und reiste hierher, so schwach ich auch war. Kaum aiigelangt, erkundigte ich mich nach Dir und fand zu meiner Freude, daß meine Hoffnungen hinsichtlich einer Verbesserung Deiner Lage sich erfüllt hatten. Ich wollte Dir einen Boten sende», Dich bitten lassen, hierher z» kommen, aber ich wußte Deine Wohnung nicht. Ich fuhr nach dem Gasthof zum „straffen Segel", in welchem Du gewohnt hattest, und hier übernahm es Amphivn, zu Dir zu gehe» »iid Dich zu bitte», in de» „goldenen Anker" z» kommen. „Amphion?" unterbrach Werner die Erzählerin. Er konnte trotz des mächtigen Eindrucks, welchen die Enthüllungen der einstigen Gattin auf ihn machten, das Interesse für den Klavierspieler nicht verlängnen. „Ja!" sagte sie mit leisem Kopfnicken. „Ich erzählte Dir bereits rüher von ihm. Er ist der arme, bedauernsioerthe Mensch, der zu der Kapelle des alten Anderson in Karlsbad gehörte. Allein er nimmt innigen Authcil an mir, weil er weiß, daß mein Schicksal mit dem einen so viel Aehnlichkeit hat. Nun weißt Du Alles, Edmund, und ich kann ruhig von hinnen cheidcn, in dem Gedanken, daß Du meiner in Frieden gedenken und meinen ehrlichen Namen nicht schmähen wirst. Nochmals bitte ich um Verzeihung für Alles, was Du durch mich gelitten hast. Jetzt, wo ich nichts mehr zu hoffen, nichts mehr zu fürchten habe, kann ich wohl sagen, es hätte Vieles anders sein können — auch anders sein müssen. Ich hätte mich nicht durch eine blinde Leidenschaft für ein Schcin- bild verleiten lassen sollen, einen rechtschaffenen braven Gatten auf- zngcben, ja, ja! -- ein Schcinbild, dem nur meine schrankenlose Phantasie einige Vollkommenheit andichtele. Ich hätte mein Herz, in welchem ja so Manches auch zu Deinen Gunsten sprach, prüfen sollen, bevor ich cinwilligte, Dein Weib zu werden, und da ich es einmal war, hätte ich auch mit der ganzen Kraft meines Willens das falsche Bild, das hinter mir lag, aus meiner Seele verdrängen und dagegen Dein ganzes' reiches Gemüth auf mich wirken lassen müssen. Achl Dn thatest so viel, ui» mich zu Dir empvrzuheben, und wäre ich nur auf Deine Gefühle eingegangen, hätte ich mich bemüht, Dein Herz verstehen zu lernen, Hütte ich Deinen Geist in mich aus genommen, Deine Gedanken und Ideen mit dem Eifer eines lernbe gierigen Herzens so lange erwogen, bis ich sie Dir verschönert, ver tiefter, durchgeistigter hätte zurückgeben können, sieh', dann würde sich auch die Liebe cingefunden haben, und vereint hätten wir dann diesem lieblichsten, freundlichsten Genius des Lebens den reizendsten Tempel aufgebaitt, der jemals zwei glückliche Herzen umschlossen. Eines Sinnes, eines Geistes mit Dir, das hatte mein Ziel sein müssen, und daß ich meine Ausgabe verkannt, habe ich schwer büßen müssen. Doch welches Herz Hütte nicht schon geirrt im Leben? Darum keinen Groll, Edmund!" „Du wirst genesen, Anna! und wenn auch nicht ganz so glück lich, wie Dn cs einst erträumtest, so wirst Du doch ruhig werden." Sie schüttelte schmerzlich das Haupt. „Es ist Alles vorbei," seufzte sie und die Hand auf di< Brust legend, fuhr sie fort: „Hier drin ist Alles starr und todt' Dort im Winkel lehnt meine Harfe. Ich weiß die Zeit nicht mehr, wo ich sie zum letzten Mal angcrührt habe. Ach ! wie soll der äußere Sinn Harmonie» hcrvorzauber», wenn das Saitenspiel des Herzens für immer zerrissen ist? Wohl sehne ich mich nach Ruhe, aber nach jener Ruhe, die ewig ist, weil sie die tiefste ist! Lebe wohl, Edmund, und sei glücklich — Du weißt schon — mit wem!" Sie blickte starr vor sich hin, aber ihre Züge waren um Viele- ruhiger geworden. Die müden Augenlider senkten sich allmälig, »nd cs hatte den Anschein, als ob ein leichter Schlummer sic nmfangen wollte. Die Gemüthsaufrcgung, die Anstrengung des Sprechens halte sie sichtlich sehr erschöpft. Mit einer Thräne ii» Auge schritt der aufs Tiefste erschütterte junge Mann hinaus. Planlos durchirrte er die Straßen der kleinen Stadt, immer mit dem Gedanken an das arme, getäuschte Weib be- Der heutigen Nummer des Sächsische» Landes-Anzeigers liegt bei das Beiblatt „Sächsisches Allerlei".