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Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188807202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880720
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880720
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-07
- Tag 1888-07-20
-
Monat
1888-07
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.07.1888
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MWWWWWWWWW Nr. 167. — 8. Jahrgang. D« jeden Wochentag Abend (mit Datm» de« folgenden^ Lases) zur Perieudyna gelangende.-Silchstsche Ls»dc§-V»zelger" mit täglich einem besonderen Unter- baltunasblatt» und mit dem Extrabeiblatt iustigks Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 Pfg., bei penPost-Anst. 75 Ps. (1888er Ztgs.-Preisliste Nr. 503S.) Für Abonnenten erscheintje einmal iin Jahr: S»mmtr'Eistnbahnfat>rl>ll>nheft für Sachsen. «jnter.Lise»babiifadrpI«Njbest für Sachse». Jllustr. Kalender der Sächsischen Landooten. ZlinstrirterIahrerbuchderLande-.stnzelgerr. Mit täglich einnn besonderen 4. Sächsisches Allerlei - AAchflMr Freitag, 20. Juli W8. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler b. Jllnsirirtes Unterkaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Crtra «^eigeaorelä de» .,Erchs.r»,d»«.>»zeIaer»"» Raum einer schmalen TorvuIzeNe IsPka. Bevorzugte Stelle (Ispalt. Petitzeile) SOPs. BeiWiederbolilng großer AnnoncenRabgtt. Bei Bestellungen von AuSwärt- wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifügen (leSSilben TorpuSschrift bilden ca. IZeile.) Annoncenannahme mir bi» Bormittag. ^ Mit: Nekmin Mit. Unchdnichrrei. Etirmnitz. Theaterstraße 5 (Fernsprechstelle Nr. lSÜ^ Telegr-Adr-: Landes-ANzeiger, Chemnitz. 3. Sächsische Gerichts-Zeitung -Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Amlsgerichtliche Bekanntmachungen. Aus Grund Gesellschaftsvertrags vom 28. December 1886 und Anmeldung dom 2t. Februar 1888 ist heute aus Folium 410 deS Handelsregisters für zugleich verlautbart worden, daß die Inhaber der Aciien der genannten Gesell schaft Inhaber der Firma sind, daß die Einlage derselben Dreißig Tausend Pfund Sterling beträgt, welche in Dreitausend auf de» Inhaber lautende Netten zu je Zehn Pfund Sterling zerlegt sind, sowie daß die Fabrikanten Herr Frederick Longdon, Herr William Henry Gvodey und Herr Arthur Fredcrick Longdon, sämmtlich in Derby, Mitglieder des Vorstandes der Actiem gesellschast sind. Chemnitz, am 12. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk deS nnierzeichnetcn Amtsgerichts wurde heute aus Folium 3141 die am 1. Juli 1888 errichtete Finna Zicgen- bals L Auerbach in Chemnitz (Bernsbachstraßc Nr. 9) und als deren Inhaber Herr Carl Fürchtegott Ziegenhals und Herr Max Hugo Auerbach daselbst eingetragen. Chemnitz, am 14. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Landbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 357 vcrlautbart, daß der Chemiker Herr Horst Pornitz aus der Handelsgesellschaft unter der Firma Pinkcrt Pornitz in Siegmar als Theilhaber ausgeschieden, sowie, daß der andere Mitinhaber, der Kaufmann Herr Carl Fridolin Pinkert daselbst, das Geschäft der aufgelösten Gesellschaft künftig unter der Firma F. Pinkcrt sorlführt. Chemnitz, an» 14. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Lederhändlers Carl Joseph Staut in Chemnitz wird »ach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Chemnitz, den 17. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Limbach. Zwangsversteigerung. Das im Grnndbuche auf den Namen Hermann Friedrich Steinbach eingetragene Grundstück, Drcivicrtelhnscngni, 21 Hektar 48,9 Ar Flächeninhalt, mit 607,25 Steuereinheiten belegt, Folium 56 des Grundbuchs für Nöhrsdorf, ans 35,800 Mk. geschätzt, soll an Amts gerichtsstelle zwangsweise versteigert werden und ist der 3l. Juli 1888, Vor mittags 10 Uhr, als Versteigerungsterm!», sowie der 14. August 1888, Vor mittags 10 Uhr als Termin zur Verkündung des Verthcilungsplans an beraumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangvcrhältnisses kann in der Gerichtsschreiberei des hiesige» Amtsgerichts eingcsehen werden- Gerichtstag in Wittgensdors am 30. Juli 1888. Expeditionszcit von Vormittags 10 Uhr an. Amncldnngcn hierzu sind spätestens bis zum 26. dieses Monats bei Herrn Ortsrichter Rehnert in Wittgensdors zu bewirken. Telegraphische Nachrichten Vom 18. Juli. Petersburg. Die Entrevue wird wahrscheinlich um einen Tag verlängert werden, die Abreise der deutschen Gäste findet an geblich erst Montag Abend statt. Am Sonnabend wird in der deutschen Botschaft ein Galadiner veranstaltet, man hofft, der deutsche Monarch werde zu demselben erscheinen, nachdem er vorher vom Lager von Kraßnoje Selo aus der in Pawlowsk weilenden Königin von Griechenland einen Besuch abgestatlet hat. Für Sonntag Vor mittag ist ein „Dshigitowka", Rciterspiel des tscherkessischen Leib konvois, in Aussicht genommen. Sofia. Im Aufträge der türkischen Regierung verlangte heute Ehlick-Efcndi Erklärungen in Betreff der Annexion der Eisenbahn linie Belluva Vakaril. Die Regierung ist bereit, nächstens solche zu gebe». Paris. Die „Presse" erfährt aus Arcachon, Zorilla sei unter nlichem Namen an diesem Orte gewesen und habe mit mehreren panischen Revolutionären konferirt; es seien wichtige Entschlüsse ge faßt worden. Ortsbehördliche Bekanntmachungen. Burkhardsorf. Der hiesige Gemeindcvorstand bringt zur öffentliche» Kenntniß, daß Herr Louis Uhlig hier als zweiter Fleischbeschauer für hiesigen Ort in Pflicht genommen worden ist. Hartmannsdors. An alle hiesigen Hansgrnndstücksbesitzer, an deren Gebäuden sich entweder gar keine oder nicht mehr gut erkennbare Hausnummer' schilder befinden, ergeht hiermit die Aufforderung, alsbald für Erneuerung bez. Neubeschaffnng solcher und Anbringung in von der Straße ans leicht sichtbarer Weise besorgt zu sein. Der Gemeindevorstand Hiller. Zschopau. An Bezahlung des Schulgeldes auf das II. Quartal 1888 wird mit dem Bemerken erinnert, daß gegen Säumige nun das Zwangsver fahren eingeleilet wird. Bekanntmachung. Die Anfertigung und Aufstellung der 87,00 Meter langen schmiedeeisernen Einfriedigung des Schulgrundstückes, zwei Thore und eine Pforte eingeschlossen, im approximativen Gcsammtgewicht von 2100 Kg., soll im Wege der öffentlichen Snbmilsion in einem Loose verdungen werden. Zeichnungen liegen im Bureau des Unterzeichnete», woselbst die nähere» Be dingungcn mitgetheilt werden, zur Einsicht ans. Versiegelte, mit entsprechen der Ansschrift versehene Offerten sind bis Mittwoch den 25. er. incl. bei mir einzureichen. Der Stadtbauinspector Schönherr. Politische Nimdschair. Chemnitz, den 19. Juli. Deutsches Reich. Das deutsche Kaisergeschwader ist bereits in den russischen Gewässern eiiigetrvffen. Am Mittwoch Morgen l/-,7 Uhr passirte das Geschwader Dagcrort in Esthland. Aus Krvn- tadt ist am selben Tage die russische Aacht „Slawjanka" mit den Osficieren des Steuermannskorps an Bord zur Einlootsung des deutschen Kaisergeschwaders in See gegangen und wird dasselbe bei Hochland erwarten. Die Nachrichten, welche der Aviso „Blitz" von der „Hohenzollern" über Memel nach Berlin befördert hat, melden, daß der Kaiser Wilhelm sich in bester Gesundheit befindet, die Fahrt sehr glatt von Statten ging. Das Panzerschiff „Friedrich der Große", welches zn der Kaiserflottille gehört, hatte auf See einen Todesfall; ein Matrose fiel vom Mast auf Deck und starb alsbald. Seine Leiche wurde vom Aviso „Blitz" nach Swincmünde gebracht und dort beerdigt. — Kaiser Wilhelm und Zar Alexander werden sich bereits um armt habe», wenn diese Zellen in die Hände unserer Leser gelangen. Angesichts des feierlichen Momentes sind denn auch die fanatischen russischen Panslawistenblätter streng vermahnt worden, den Mund zu halten, wenn sie nichts Günstiges über den Besuch des deutschen Kaisers schreiben wollen, und die Petersburger Regierungsblätter flöten geradezu honigsüß. Uns kann das Schweigen ebenso kalt lassen, wie das Jnbiliren, denn Beides ist bestellte Arbeit. Die Zahl der einsichtigen russischen Blätter, welche wirklich die Visite deS deutschen Herrschers zu schätzen weiß, ist klein; aber ihre herzlichen Acnßerungen sind für uns werthvollcr, als der süßliche Ton dea Regiernngspresse. Wie die Sache liegt, ist klar. Nachdem die „Nord deutsche Allgemeine" erst in dieser Woche mit einer Deutlichkeit, welche rein gar nichts zn wünschen übrig läßt, erklärt hat, daß die Reise des Kaisers Wilhelm eine freundschaftliche „Antrittsvisite" be deute, und bei gleichzeitiger Ankündigung der Reise nach Stockholm und Kopenhagen den Besuch bei dem Zaren ungefähr ans die näm liche Stufe gestellt hat, wie den Besuch bei den Königen von Schweden und Dänemark, wird man im Zarenreiche künftig nicht mehr behaupten, Deutschland habe sich bei Rußland nur liebes Kind machen wolle». Eine solche Wendung hat die große Fcbruarrede des Reichskanzlers völlig ausgeschlossen. Damals sagte Fürst Bis marck: „Um Freundschaft werben wir nicht mehr" und „Wir laufen Niemand mehr nach." Es ist nicht ersichtlich, ans welchen Gründen Deutschland heute eine veränderte Politik cinschlagen sollte; Freundschaft und Friede mit Rußland, aber keine Lakaiendienste für die panslawistische Politik. UeberdieS weiß man in Berlin vortreff lich die Zuverlässigkeit der russischen Freundschaft zu würdigen. Wen« die „Moskauer Zeitung" jüngst die Franzose» über die Entrevue mit der Versicherung beruhigt hat, daß Rußland sie im kritischen Moment doch nicht verlassen werde, so hat sie nur verrathen, wa» die ganze einflußreiche Masse der Panslawisten empfindet, von der ich der Zar in seiner bulgarischen und wirthschaftlichen Politik hat , be einflussen lassen. Deutschland weiß ganz genau, daß das große Fricdcnsbündniß mit Oesterreich-Ungarn und Italien alle Anfecht ungen siegreich überstanden hat, daß aber die Freundschaft mit Ruß land regelmäßig in die Brüche ging, sobald nur ein Wölkchen am politischen Himmel erschien. Rußland ist ein Nimmersatt, der in der auswärtigen Politik nicht genug bekommen kann; darin liegt dieVe- ahr seiner Politik. — Der Regierungspräsident von Nasse in Trier ist zum Unter staatssekretär im preußischen Kultusministerium ernannt worden. — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Durch die gesammke französische Presse ziehen Klagen darüber, daß die deutschen Behörde« einzelnen Franzosen, welche sich nach Elsaß-Lothringen begeben wollten, Pässe verweigert oder die Erlangung derselben in höchst störender Weise erschwert haben. In den meisten Fällen sind diese Klagen selbstverständlich erlogen, aber selbst da, wo denselben ein Fünkchen Wahrheit zu Grunde liegen sollte, sind sie vollständig unbegründet und nur ein neuer Beweis dafür, mit welcher Beharrlichkeit man in Frankreich fortfährt, die Stellung der Franzosen zu Elsaß-Lothringen zu verkennen. Nachdem die deutsche Sentimentalität während ganzer Generationen der Gegenstand französischen Spottes gewesen ist, sollten unsere so praktischen Nachbarn doch nicht thalsächlich in Fehler verfallen, die ihnen bei uns so lächerlich ^schienen sind, z. B. nicht den Versuch machen» durch Rührung Sympathien zu erwerben, indem sie lamentable Geschichten erzählen von einem aktiven Offizier, der durch die deutsche Grausamkeit verhindert worden sei, an das Kranken lager seines im Elsaß lebenden Vaters zu eilen. Die Angehörigen aktiver französischer Offiziere haben in Elsaß-Lothringen überhaupt nichts Erlaubtes zu suchen und brauchen sich dort nicht aufzuhalten, und der ganze Zweck des Paßzwangcs ist eben, die sozialen unk» kommerziellen Verbindungen zwischen Frankreich und Elsaß-Lothringen abznbrechcn, nachdem in unzweifelhafter Weise festgestellk worden ist, wie diese Beziehungen von den Franzosen in völkerrechtswidriger Weise gemißbraucht wurden. Dieselben Skribenten, die jetzt nicht laut genug jammern können über die angeblichen Härten der deutschen Behörden, würden die Ersten sein, um den französischen Plebs zur Steinigung eines aktiven deutschen Offiziers auszuhetzen, dem es ein- fallen sollte, sich unter dem Vorwände, einen kranken Verwandten pflegen zu wollen, nach Nancy, Verdun oder einer anderen Grenz- festung zu begeben. — Galizischen Journalen wird aus Posen die bisher geheim gehaltene Antwort des preußischen Staatsministeriums auf die von den polnischen Abgeordneten des preußischen Landtages dem Kaiser Friedrich überreichte Adresse mitgetheilt. Darnach wurde den Ueber- reichern der Adresse bedeutet, daß die Krone, welche die treuergebenen Gefühle der Polen nicht bezweifelt, erwarte, die Polen würden sich dankbar erweisen für die Wohlthaten, die ihnen in Preußen zu Theil werden. Insbesondere sei zn erwarten, daß die Polnischen Abgeord neten fürder an der gemeinsamen Arbeit der Erledigung der StaatS- aufgaben sich lebhaft beteiligen werden. — Entgegen den Bestimmungen der Berliner Afrikaakte, nach welcher der Handelsverkehr auch im Niger-Gebiet keinerlei erschweren den Zöllen unterworfen werden sollte, hat die englische Compagnie doch solche Zölle verhängt. Die deutsche Kolonialgesellschast hat die Reichsrcgiernng ersucht, darüber bei dem Londoner Ministerium vor stellig zu werden. Oesterreich-Uttgarn. Der in Brünn in Mähren anSge- brochene Spinnerstreik hat sehr große Dimensionen angenommen. Leidenschaftliche Herzen. Roman von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. 8. Als er am Morgen darauf nengestärkt erwachte und in das Gast zimmer trat, wo das Frühstück schon für ihn bereit gestellt war, trat Wille mit einem ziemlich verlegenen Gesicht an ihn heran. „Na! 's ist Ihnen sauer geworden, wie ich gemerkt Hab'," Hub er mit einem leichten Lächeln an, „aber 's freut mich, Ihnen sagen zu können, daß man mit Ihnen zufrieden ist. Sie haben Ihre Sache gut gemacht; wenn Sie's »nr erst gewohnt sein werden." „Ja — wenn!" rief Werner; „glauben Sie denn, daß man sich an eine solche Herkulcsarbeit überhaupt gewöhnen kann? Steine klopfen und zentnerschwere Lasten schleppen ist ein Kinderspiel dagegen. Ich sage Ihnen, das Tanzspiclcn ist schon an und für sich für jeden einigermaßen gebildeten Musiker Gift. Wenn ich es aber in dieser Weise nur ein halbes Vierteljahr lang forttreibe, dann können Sie für meine Aufnahme in ein Tollhaus Sorge tragen." „Nun, nun!" tröstete der Wirth; „so schlimm wird es jawohl nicht sein. Will Ihnen etwas sagen, werde ein Piano anschaffe» und einen geschickten Klavier'picler engagiren; haben's dann leichter! Und als wollte er den Uiimulh seines Gastes dadurch verscheuchen, daß er seine Gedanken auf einen anderen Gegenstand lenkte, setzteer rasch hinzu: „Apropos I» ehe ich's vergesse. Es ist ein Stadtpostbrief für Sie angekommen." „Geben Sie her!" rief Werner, die Taffe absetzend, die er eben ^zum Munde geführt hatte. Wilke hatte den Brief zur Hand und überreichte ihn sofort. Hastig löste Werner das Couvert, nachdem er einen prüfenden Blick auf die Adresse geworfen und darin die Handschrift seines Freunde-, de- Schwerdtmann, erkannt hatte. Eine günstige Nachricht vermuthend, überflog er rasch die Zeilen Er hatte sich nicht getäuscht. Der Spediteur übersandte ihm ein Verzeichniß derjenigen Ge> -fchtistslcute der Stadt, welchen er den Freund empfohlen hatte. „Gute Nachrichten?" fragte Wilke, dem das Aufleuchten der Äugen in dem Antlitz seines Gastes nicht entgangen war. «Kann'» noch nicht sagen," lautete die Antwort, „hoffe eS aber I" Damit stürzte er zur Thür hinaus, eilte auf sein Zimmer und begann ans das Sorgfältigste Toilette zn machen. Mit einem leichten spöttischen Lächeln schaute der Wirth ihm nach. Bald kam der junge Mann die Treppe herab, verließ rasch das Haus und schlug den Weg in die Stadt ein. Nach einer haben Stunde betrat er das Gcschäftslvkal des Spediteurs, dessen Name obenan auf seiner Liste stand. Die'er, ein alter Herr mit schneeweißem Haar und einem ziem lich nichtssagenden Gesicht, empfing den Bittsteller ziemlich gleich gültig, hörte seine wohleinstudirtc Rede kaum zur Hälfte an und unterbrach ihn mit den dürren Worte»: „Ja, ja! Herr Schwerdtmann hat mir schon gesagt! Wollen sehen, was sich ihn» läßt. Für jetzt ist in meinem Contor Alles besetzt. Ueberdcm ist jetzt die sogenannte Saiiregurkcnzeit. Fragen Sie jedoch i» einigen Monaten wieder an." Ohne gerade in seinen Hoffnungen sehr hcrabgcstimmt zn sei», verließ Werner das Contor, um den zweiten der Merkurssöhne anfzusiichen. Als er aber von diesem im Allgemeinen dieselbe Auskunft erhielt und mit wenige» Abweichungen auch der dritte und vierte der vor geschlagenen Kanflente ihm keinen besseren Trost geben konnte, da sah er wohl ein, daß er seine Hoffmnigen zn hoch gespannt hatte und kaum vermochte er es über sich zu gewinne», auch noch den Uebrige» einen Besuch abzustatten. Der Abend war bereits hercingebrvchen, als Werner, ohne im Geringsten seinem Ziele näher zu sein, der Matrosenschänke wieder znlenkte. Das Local war bei seinem Eintritt schon hell erleuchtet. Mehr als je entmuthigt, wollte er schon sein Instrument herunterholen und die „Herknlesarbeit" beginne», denn in dem Tanz saal waren bereits einige Dirnen sichtbar, die sich zwanglos ihrem Vergnügen an den rohen Späßen der Matrosen überließen, als der Wirth ihn daran mit den Worte» erinnerte: „Kommen Sie erst, und genießen Sie etwas; 's wird heute länger als gestern dauern, und 's thut Noth, daß Sie sich zuvor ordentlich kräftigen. „Haben noch Zeit genug. Ehe die Mannschaften von der „Olympia" nicht eingetroffen sind, brauche» Sie nicht anzufangcn. Denn das sind die rechten Stammgäste vom „straffen Segel," und diese Leute müssen wir vor allen Dingen respcctiren." In der That datierte es noch eine volle Stunde, bis die Ma trosen sich so zahlreich versammelt halten, daß zur Eröffnung des Balles gcschritten werden konnte. Dann aber nahm er seinen g» wohnten Platz ein und strich, ohne lange zu zaudern, kaltblütig und ruhig darauf los. Er hatte die Genugthuung, zu sehen, daß die Gesellschaft sich heute bei Weitem rücksichtsvoller, als gestern, gegen ihn benahm. Niemand störte ihn während der etwas längeren Pansen, die er nach Beendigung jedes Tanzstückes eintreten ließ, und als er endlich nach Mitternacht mit dem Kästchen, welches die frei willigen Spenden der Tänzer enthielt, sich auf sein Zimmer begab, verspürte er jene Mattigkeit und Zerschlagenheit, welche ihn in de» vergangenen Nacht so lief entmuthigt hatte, fast gar nicht mehr. „Es wäre Alles vortrefflich," konnte er nicht umhin, leise vor sich hin zu flüstern, als sei» Auge mit dem Ausdrucke einer gewissen Befriedigung die verhältnißmäßig hohe Summe überflog, die in allen erdenklichen in- und ausländischen Münzsorten vor ihm lag, „wenn mir die Rolle, die ich hier spiele, nur nicht in einem gar zu selt samen Lichte erschiene. Indessen sie ist ein Mittel zum Zweck; denn wenn cs so svrtgcht, kann ich mir etwas zurücklegen und mit dem ersparten Capital später ein kleines Geschäft etabliren. Arbeit schändet nicht, und eine Arbeit ist'S ja, wenn auch eine verteufelt saure." Am Vormittage des folgenden Tages stattete er auch den übrigen Geschäftsfirmen seinen Besuch ab; doch war der Erfolg kein besserer. Außer den gewöhnlichen Redensarten des Bedauerns und Vertrösten» ans spätere Zeit bekam er nichts zu hören, was ih» mit zuversicht licher Hoffnung hätte erfüllen können, und als er das „straffe Segel" wieder erreichte, stand es fest in ihm, keinen Schritt mehr zur Er langung einer kaufmännischen Hilfsarbeiterstelle zu thun, sondern sich durch eigne Kraft und Anstrengung aus dem eigenthümlichen Wirkungs kreise, in den der Zufall ihn gestellt, den Eintritt in die Handelswelt und damit in die bessere Gesellschaft zu bahnen. Wieder war der Abend gekommen, und zur gewohnten Stunde^ begab sich der junge Musiker in den Tanzsaal. Zn seinem Erstaunen' bemerkte er beim Eintritt ein geöffnetes Piano in Tafelform, vor» welchem ein junger, hochaufgeschossener Mensch von schlankem, beinahe schmächtigem Körperbau Platz genommen hatte. j,. „Ein reisender Virtuose, flüsterte ihm der Wirth mit bedeutungs vollem Kopfnicken ins Ohr; „wollte Gastvorstellungen gebe» im hiesigen Schauspiclhause, kam aber nicht dazu, vcriiiuthlich — weil» hier fehlt!" — Er machte die Pantomime deS Geldzäsi:'.:Z. ihn zu Jbrc.' Erleichterung auf einige Wochen engagi»:, n.r.tedi ,1.. gegen ein Gewisses! Brauchen Sie nicht mit ihm a>> o>.r sieht zu theilen. Der heutige« Rümmer des.ELchfischen LandeS-An-etgers liegt bei das Beiblatt „Sächsisches «gerlei".
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