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T— Kaiser Friedrich hat noch am Tage vor seinem Tode eine Anzahl militärischer Ernennungen vollzogen. Dem Vecnehmen nach ist befördert: Generalmajor Blume, Direktor des Militär-Oekonomie Departements, zum Direktor des Allgemeine» Kricgsdcpartements; Kühne, Kommandeur der 44. Jnfantcriebrigade, zum Direktor des Militär-Ockvuomic-Departements. Außerdem ist noch eine Anzahl von Obersten zu Brigadekommandenren ernannt. — Es ist ausgefallen, daß die ursprünglich nicht beabsichtigte Obduktion wenigstens einzelner Tyeile der Leiche des verewigten Kaisers schließlich doch vorgenommen ist. Wie bekannt, hatte die Kaiserin-Wittwe Bictoria den Wunsch, daß die Sektion nnicrbkeibc, Md dieser Fordening trat auch der Kaiser, dem cs hier wie in anderen Dingen HerzenSbcdürfniß war, den Willen seiner kaiserliche» Mutter zu rcspcktircn, lehhaft bei. Das Staatsministeriui» mußte indessen, im Hinblick auf die Bestimmungen des Königlichen Hans- gesetzeS, wonach unter allen Umständen die Todesursache nach dem Abscheider, des Monarchen authentisch festgestellt werden soll, gegen die Unterlassung der Obduktion in bestimmtester Weise pflichtmäßigen Einspruch erheben. — Sir Morell Mackenzie hat am Dienstag, nachdem er sich vorher bei der Kaiserin-Wittwe Victoria verabschiedet, Friedrichskron verlassen und reist im Gefolge des Prinzen und der Prinzessin von Wales nach England zu seiner Familie. Sein Assistenzarzt vr. Hovcll bleibt vorläufig in der Umgebung der Kaiserin Victoria. — Der preußische Landtag ist auf Donnerstag den 28. Juni nach Berlin berufen. — Das deutsche Manövergeschwader, bestehend aus den Schiffen »Bayern", »Baden", „Kaiser", „Friedrich der Große", „Ziethen", hat am Dienstag den Hafen von Kiel verlassen. — In Posen ist die Enthüllung des Kriegerdenkmals bis Mitte August verschoben worden. — Ueber die Trauerkundgebungen für Kaiser Friedrich im Reiche und im Auslande laufen noch immer massenhafte Nachrichten ein. Besonders haben es auch die Deutschen im Auslande sich nicht nehmen lassen, des thcuren Herrn i» der würdigsten Weise zu ge denken. Anzuerkennen ist namentlich auch, daß selbst in den ent ferntesten britischen Besitzungen der Beisetzungstag Kaiser Friedrichs ein allgemeiner Trauertag war. — Gerüchtweise heißt es, die Kaiserin- Wittwe Victoria wolle mit ihren Töchtern künftig in Hannover Wohnung nehmen. — Die deutsche Kolonialgescllschaft theilt Folgendes mit: Nach >oeben aus Lugos (Westasrika) eingehende» Nachrichten soll die eng lische Regierung beabsichtigen, einer Handelscompagnie Schutzbricfe zu ertheilen für die sogenannten Oelflüsse zwischen Lugos und dem deutschen Schutzgebiete Kamerun. In Lugos hat am 9. Mai eine Versammlung von europäischen und einheimischen Kaufleuten und Händlern stattgefunde»; cs wurde beschlossen, gegen dieses Vorgehen ^r englischen Negierung Protest einzulegen. Oesterreich-Ungarn. Die Blätter besprechen die Proklamation Kaiser Wilhelms II. sehr sympathisch. Die „Presse" sagt: „In ihrer schlichten, aber klaren Sprache verkündet die Proklamation ein starkes, frommes und gerechtes Regiment. In milden, guten, hofsnnngsfrohen und hosfnungserweckcnden Worten zeige sich die Kraft und das Pflicht bewußtsein des Regenten." Die „Neue Freie Presse" meint, die Proklamation werde einen versöhnenden und tröstlichen Eindruck Her vorrufen. Die dem Andenken des Vaters gewidmeten Worte seien von so edler Empfindung durchglüht, daß sie weit mehr bedeuteten, als leere Courtoisie. — Auch die ungarischen Blätter äußern sich sehr sympathisch, wenngleich manche von ihnen größere Deutlichkeit wünschen. Die ungarischen Zeitungen find aber mit den deutschen Verhältnissen zu wenig vertraut, als daß ihren Aenßernngen be sonderer Werth beizumessen wäre. — Auch im Obcrhause des ungarischen Reichstages sprach der Präsident unter allseitiger Zu stimmung in bewegten Worten seine Theilnahme au dem Hinscheideu Kaiser Friedrichs aus. Der Ministerpräsident wurde ersucht, diese Kundgebung der deutschen Reichsregierung auf amtlichem Wege mitzutheilen. Italien. König Humbert hat in der That in voriger Woche die Absicht gehabt, an das Krankenlager seines kaiserlichen Freundes nach Friedrichskron zu eilen. Der König ging nach Monza, um von dort ans durch die Schweiz schnell nach Deutschland reisen zu können. In Monza erwartete der König ein Telegramm des Botschafters Grafen Lauuay, welcher ihm mittheileu sollte, ob noch eine Hoffnung vorhanden wäre, den Kaiser lebend anzntreffen. Der italienische Bot schafter war nicht in der Lage, diese Hoffnung auszusprechen, und in Folge dessen mußte der König auf seine Absicht verzichten. — König Hnmbert stattete übrigens dem deutschen Botschafter Grafen Solms einen Kondolenzbesuch ab. — Bei den Gemeindewahlen in Rom unterlag, wie schon kurz gemeldet, die päpstliche Partei. Es wurden Kundgebungen gegen den Vatikan versucht, aber von der Polizei bald Ruhe geschaffen. — Kaiser Friedrich hat unterm 6. Juni der Universität Bologna noch ein außerordentlich ehrendes und herzliches Glückwunschschreiben zugesandt. Schweiz. In Basel haben die Schwurgcrichtsverhandlungen gegen Verfasser, Drucker und Verbreiter des berüchtigten Fastnachts pamphlets, durch welches das deutsche Reich beleidigt wurde, statt- gefuuden. Die Geschworenen sprachen den Verfasser, Commis Schill, schuldig, dagegen den Bizchdrncker Müller und den Buchhändler Festersen bei. Der Staatsanwalt beantragte gegen Schill 3 Wochen Gcfängniß, 1000 Franke» Buße und 200 Franken Urtheilsgebühr. Da; Gericht erkannte nicht auf Gcfängniß, sondern nur auf 800 Franken Geldbuße, 200 Franken Urtheilsgebühr und auf Tragung aller Kosten. Frankreich. Es gicbt in der That fast kein französisches Blatt, welches nicht mit außerordentlich thcilnahmsvollen Worten die Nachricht vom Tode Kaiser Friedrichs begleitete. Das ist sehr anzu- crkcnnen, wenn auch die Sympathie mehr dem hohen Dulder als dem entschlafenen deutschen Kaiser gilt. Um so weniger Sympathie bringt die Presse aber Kaiser Wilhelm II. entgegen, einzelne extreme Blätter versteigen sich zu Aeußerungen, die absolut nicht wicderzugcben find. Auch die gemäßigten sind aber der Ansicht, der neue Kaiser werde ein „Soldatenkaiser" sei», die „Militärpartei" werde in Berlin bald allmächiig werden und wenn Fürst Bismarck einem ncukn Kriege auch wohl nicht so leicht zustimmen werde, so werde schließlich gegen seinen Willen losgeschlagen werden. Natürlich sind das Alles enorme Albernheiten, aber die Franzosen von ihrer Ansicht abzubringen wird ebenso vergebliche Mühe sein, als sie von ihrer Spioncnriccherei zu kurircn. Der Thronwechsel in Deutschland hat übrigens eine prak tische Wirkung in Frankreich doch gehabt. Er ist zu einem Wahl kniffe im Charente-Departement ausgebeutet worden, wo Boulangcrs Leibknappe Dsroulsde Kandidat war. Des letzteren bonaparlistischer Gegner ließ sofort nach dem Tode Kaiser Friedrichs im ganzen Wahlbezirk Aufrufe verbreiten, in welchen gesagt wurde, der neue Kaiser sei ein Gegner Frankreichs, der Krieg stehe vor der Thür, werde aber noch schneller zum Ausbruch komme», wenn erbitterte Deutschenhasser, wie Dsroulsde, in die Kammer gewählt würden. Dieses Blech hat in der That Eindruck gemacht und Dsroulsde ist, wie gemeldet, zum großen Schmerz der Bonlaugisten durchgefallen. — Der deutsche Botschafter Graf Münster drückte dem Minister des Aus wärtigen Goblet den Dank der Reichsregicrung für die Beilcidskund- gcbung der französischen Regierung beim Tode Kaiser Friedrichs aus. England. Beide Häuser des Parlamentes haben unter den Aeußerungen allgemeiner und herzlicher Sympathie Theilnahme- Adressen an die Königin Victoria und die Kaiserin Victoria aus Anlaß des Hinscheidens Kaiser Friedrichs zu richten beschlossen. — Die Londoner Blätter besprechen die Proklamation Kaiser Wilhelms II. und finden zumeist, daß für Europa der Passus besonders beruhigend ei, in welchem der Kaiser gelobt, nach dem Beispiel seiner Väter den Frieden zu schirmen. „Daily Telegraph" hebt den fürstlichen Ton der Proklamation hervor. „Standard" bezeichnet die Proklamation als eine solche, die sich gegen Niemand wende, Niemand verletze. — Im Parlament ist eine Vorlage betreffend die Reform des Ober hauses eingegegangen. Dänemark. Die dänische Mgierung hat das im Jahre 1685 erlassene politische Ausnahmegesetz wieder aufgehoben. — Aus Petersburg kommt das Gerücht, der Zar werde auch diesen Sommer nach Kopenhagen reisen und dabei Kaiser Wilhelm II. als Zeichen seiner Freundschaft einen Besuch abstatten. Wohl möglich! Rußland. Der Zar hat den deutschen Kaiser zum Chef des Petersburger Grenadier-Regimentes ernannt. Kaiser Wilhelm II. hat die Würde in einem sehr herzlichen Danktelcgramm angenommen. — Anläßlich des Hinscheideus Kaiser Friedrichs ist für das Peters burger Grenadier-Regiment, für das Infanterie-Regiment Kalnga und für das 33. Dragoner-Regiment eine vierwöchentliche Trauer ange ordnet worden. — Großfürst Wladimir, der Bruder des Zaren, wird demnächst die Truppen in Russisch-Polen inspizircn. — Die Peters burger Oberpreßverwaltung legt der russischen Presse das strengste Verbot auf, über die Thronbesteigung Kaiser Wilhelms II. irgend welche pessimistische Betrachtungen bezüglich der internationalen Lage anznstellcn. (!) Afrika. Die Kongo-Regierung fängt nun endlich gleichfalls an, zu glaube», daß es mit Stanley und seiner ganzen Expedition vorbei sei. Sieben Flüchtlinge von den Leuten der Expedition sind am Nam- buga eingetrvffen und theilten mit, daß Stanley (wann?) in einen schweren Kampf mit kriegerischen Negerstämme» gerathen sei. Der Generalgouvcrneur am Kongo erklärte, er hege die schlimmsten Be sorgnisse. Eine bestimmte Todesnachricht liegt allerdings noch nicht vor. Sächsisches. — Auszeichnungen und Beförderungen. Landgerichts- Direktor vr. Schilling in Dresden wurde durch Beilegung des Charakters eines „Ober-Justizrath" ausgezeichnet. Oberzollinspector Wilhelm Nathusius in Leipzig und Obersteuerinspector Oswald Haupt in Bautzen wurden zu Finanzräthen und Mitgliedern der Zoll- und Steuer-Direction ernannt. — Dresden, 20. Juni. König Albert traf vorgestern Abend Uhr von Berlin kommend wieder hier ein. — Gestern Vormittag 11 Uhr traf Frau Prinzessin Friedrich Karl von Preußen zum Besuche ihrer schwer erkrankten Tochter, der Frau Prinzeß von Alten burg, auf dem Berliner Bahnhofe hier ein und begab sich sofort Bei diesen Worten hatte ich einen ängstlich flehenden Blick auf Mrs. Foresythe geheftet, und diese antwortete mit unterdrückter Be wegung: „Es wird Mabel nie an treuen Freunden und an sicherem Schutze fehlen, Miß Fraser, doch kann niemand ihr die Liebe und Sorge ersetzen, die Sie stets für sie gehegt und ihr bewiesen haben." Mrs. Foresythe blieb noch eine Weile bei Tante Janet, nahm dann mit wenigen Worten Abschied und ging mit dem Versprechen, am folgenden Tage wieder zu kommen. Beide waren ruhig und gefaßt, doch mußte ihnen ein sicheres Gefühl sagen, daß sie im Leben sich nicht mehr Wiedersehen würden. Kaum eine Viertelstunde später verließen Mrs. Foresythe und ich WhitegatcS. Es war ein Heller, kalter Herbstabend, und ich hatte mich in die graue Wolke gehüllt allein das große weiche Tuch er wärmte mich nicht; die Kälte, welche ich empfand, kam aus meinem Innern, sie entstand aus der nervösen Aufregung, in der ich schon so lange gelebt und die stets neue Nahrung erhalten hatte. Stumm und schweigend verfolgten wir unser» Weg, erreichten den Grenzstein von Abbeylands und betraten die zum Gute gehören den Felder. Ein dichter Nebel hatte sich auf die Erde hcrabgescnkt, über diesem stand der Mond am Hellen blauen Abcndhimmel und wir vernahmen keinen anderen Laut als das Rauschen unserer Gewänder, welche die zurückgebliebenen Stoppeln streiften. Jetzt brach Mrs. Foresythe das Schweigen und sagte mit einer Stimme, die zur Genüge ihre innere Erregung verrieth: „Mabel, laß uns endlich die Sache erwähnen, an die wir leide sicherlich jetzt denken und die wir besprechen müssen. Mein Herz empfindet deinet wegen das tiefste Weh, und dennoch, dennoch fürchte ich, glaube ich, daß das, was du heute beschlossen hast, das Beste und Richtigste für dich und auch für Donald ist." Auf diese Anrede hatte ich keine Erwiderung, denn ich mußte eine Frage an sie richten, die ich bis jetzt aufgeschoben hatte. Sie so ruhig wie möglich anblickend, sprach ich hastig und vielleicht in schärferem Tone, als ich sonst denselben ihr gegenüber anschlng: „Sie haben mir gesagt, Mrs. Foresythe, daß ich nicht offen und aufrichtig gewesen bin; darf ich fragen, wann ich mich dieses Vergehens schuldig gemacht habe?" „Mabel," antwortete meine Begleiterin mit derselben Erregung, indem wir beide im Gehen inne hielten, „Mabel, als ich zuerst er fahren hatte, daß du dein Vertrauen einer Fremden geschenkt, mit ihr von mir und meinem Sohne gesprochen hattest, und sie auch dringend gebeten hattest, mir gegenüber dies Vertraue» geheim zu halten, da habe ich gelitten, tief und schmerzlich gelitten, denn ich hatte dir meine ganze, volle Liebe geschenkt, und du bist mir sehr »Heuer gewesen." Mein Muth und meine Ruhe waren dahin, doch durchschaute ich das Werk der falschen, glatten Schlange, welche uns beide hinter gangen und betrogen hatte. Da ich nicht antwortete, fuhr meine Gefährtin fort: „Als Mrs. Bandeleur — ich nenne dir ohne allen Rückhalt ihren Namen — mir zuerst deine Befürchtungen mitthcilte, that sie dies in der besten Absicht, damit ich deine Besorgniß hinsichtlich meiner Billigung in Bezug auf die Wahl meines Sohnes erfahren sollte, und init aufrichtiger Trauer gewahrte sie, wie ich das nach meiner Ansicht ungeziemende Vertrauen aufnahm, das du einer Fremden geschenkt hattest." Fortsetzung folgt. Litterarisches. Die Brün! gbahn. Von Luzern nach Jnterlake». Von I. Hardmeyer. Mit 30 Illustrationen von I. Weber und I Karte. Preis i Mark. Der Brünig, dieser prachtvolle Durchgan i zwischen den klassischen Ufern des Vier waldstättersees und den majestätischen Thälern des Bcrneroberlaudes, wird in Zukunft noch viel mehr besucht werden, als cs bis jetzt geschah, weil eine interessante Eisenbahn, welche Luzern mit Brienz und Jutcrlakcn verbindet, seit diesem Sommer eröffnet ist. Die Verleger der berühmten Sammlung „Europäische Wanderbilder" haben unter ihre reizenden Bändchen ei» neues ausgenommen, welches uns die unvergleichliche Gegend, welche die neue Linie durchläuft, darstcllt. Der Text ist äußerst interessant, und die Illustrationen sind von einer wahrhaft überraschenden Vollkommenheit. Das neue Bändchen macht dem Autor (Hrn. Hardmeyer) und dem Künstler (Hrn. Weber) große Ehre, sowie auch den Verlegern, welche ans den Europäische» Wandcrbildcrn ein Werk von immer wachsendem Werthe machen. Soeben ist in der Verlagsbuchhandlung von I. I. Weber in Leipzig die zweite Lieferung des von uns bereits besprochenen Schuster-Nügnier'- schcn Wörterbuchs der deutschen nnd französischen Sprache erschienen. Auch diese 2. Lieferung läßt erkennen, daß das vortreffliche Werk, in der fünfzehnten Auflage erscheinend»-zu den besten lcxikographischen Hilfs mitteln gezählt werden darf. Bei dem äußerst mäßigen Preis von 60 Pf. pro Lieferung — (es werden im Ganzen 24 Wochcnliefernngen ansgcgeben) — verspricht die Verlagsbuchhandlung den Subskribenten noch die dazu ge hörigen 2 Einbanddecke» mit der 12. und 24. Lieferung unentgeltlich zu liefern. Bestellungen vermittelt jede Buchhandlung. nach Schloß Albrechtsberg, in welche», die Kranke bekanntlich residirt. Im Befinde» der Letzteren ist gestern eine so schlimme Wendung ein. getreten, daß man gestern Abend stündlich das Acnßerste befürchtete. In der 8. Stunde hatte die hohe Patientin ihren gesummten Hof staat um sich versammelt. — Der Chef des Großen Generalstabe» Graf Moltke hat dem in Dresden bestehenden Wohlthätigkeitsverein „Erzgebirger" für dessen Bibliothek das von der kriegsgeschicht- lichen Abtheilung des Großen Generalstabes heransgegebene Geschichts werk „Der deutsch-französische Krieg 1870/71" überwiesen. — Der gestrige hiesige Wollmarkt ward erstmalig zu allgemeiner Zufrieden heit von Käufern und Verkäufern auf dem PferdeausstellungSterrain, Wiesenthorstraße 8, abgehaltcn, woselbst sich bereits von den ersten Morgenstunden an ein reger Verkehr entwickelte. Verkauft und „er wogen wurden: 91 Wagenladungen mit 225 Ctr. Unverkauft blieben 11 Ladungen. Das Geschäft ging flau; die Preise waren gegen das Vorjahr bedeutend geringer. Er wurden bezahlt pro Ctr. 135 bis 150 Mk. Daß die Käufer in so geringer Anzahl erschienen, schreibt man nächst der ungünstigen Witterung noch dem Umstande zu, daß zugleich mit dem Dresdner Wollmarkte auch der Berliner abgehalten worden ist. Die Wäsche war durchweg gut. — Welche Gefahren den Umwohnern des Z e i t h a i n e r S ch i e ß- platzes trotz der besten Vorsichtsmaßregeln bei Verrichtung ihrer Landarbeit drohen, zeigt folgendes Beispiel: Vor einigen Tagen waren mehrere Frauen .auf nicht verbotener nnd demnach nicht ab- gcsperrtcr Fläche mit dem Mähen des Grases beschäftigt. Plötzlich schlug eine Granate etwa 10 Schritt von den arbeitenden Frauen in die Erde. Die Richtung, welche die Granate genommen hat, ist ganz winkelig und läßt sich nur dahin erklären, daß dieselbe beim Aufschlagen nicht krepirte und nach der Seite prallte. — Interessante Beobachtungen über den Flug der Kugeln lassen sich nach dem Schießen in den Waldungen anstelle,,. Oftmals sieht es ans, als habe der Zimniermann unter den Bäumen gewüstet. Starke Bäume sind wie Streichhölzer geknickt. Auch bemerkt man, daß oftmals mehrere Bäume hintereinander durchlöchert sind. Natürlich geschieht dies nur durch ich verirrende Kugeln. Nach beendigter Schießzeit werden jeden Tag die Kugeln von dazu beorderten Soldaten gesucht und dann gesprengt. — Leipzig, 19. Juni. Die Vorsteher sämmtlicher Militär vereine hier haben beschlossen, Sonntag, den 24. Juni, eine ge meinsame Trauerfeier für Kaiser Friedrich, bestehend in Kirchen- Parade und Gottesdienst, abzuhalten. — Die Ueberführnng des des Landesverraths angeklagten elsässischen Färbereibesitzers Appell nach Leipzig erfolgte am letzten Donnerstag Nachmittag mit dem 5,/g Uhr in Straßburg abgehenden Schnellzuge. Derselbe wurde durch den Pvlizeicommissar Lingel und einen Criminalschutzmann dorthin gebracht. — In vorgestriger Nacht wurde einer Gastwirthin in Leutzsch ein Pult erbrochen und daraus die Casse mit 1500 Mk. gestohlen. Anderen Tags verschwand der dortige Hansbursche, auf den man bereits den Verdacht des Diebstahls gelenkt hatte, und es war nunmehr wohl keinem Zweifel unterworfen, daß dieser den Dieb stahl wirklich werde ausgesührt haben. Da der muthmaßliche Dieb mit einer Droschke nach Leipzig herein gefahren war, wurde die hiesige Polizei von dem Vorfall verständigt und dieser gelang es denn auch, den bezeichneten Burschen in vergangener Nacht beim Herumbummeln in der Stadt zu ertappen und als Dieb zu entlarven. Es fanden sich noch 800 Mk. in seinem Besitze vor und einen Beutel mit 100 Mk. hatte er bei der Hcreinfahrt nach hier in der Droschke liegen lassen. Der Dieb kam auf dem Naschmarkt zur Haft und hierüber wurde noch der fragliche Droschkenkutscher heute Morgen wegen Unterschlagung zur Verantwortung gezogen, da er den Besitz der in seiner Droschke zurückgebliebenen 100 Mk., die man ebenfalls bei ihm vorfand, auf Vorhalt ablengnete und zu ver heimlichen suchte. — Plauen. Sowohl der Besitzer des in der vergangenen Woche abgebrannten Ellefelder Sägewerkes, Herr Grimm, als auch der Vater desselben, die Beide wegen Verdachts der Brandstift ung von der Gendarmerie verhaftet worden waren, such wieder in Freiheit gesetzt worden. — Reichend ach. Als der am Sonntag Morgen 7 Uhr 58 Mi», von Leipzig hier eingetroffcne Personcnzug sich in der Rich tung nach Hof zu wieder in Bewegung setzte, wurde aus einem Coups zweiter Klasse plötzlich ein Packet Kleidungsstücke, Ringe rc. auf den Perron geworfen. Als man den Zug wieder zum Stehen gebracht und dann das betreffende Coups öffnete, fand man in dem selben einen großen starken Mann aus Oelsnitz i.V.in vollständig nacktem Zustand nnb offenbar geistesgestört. Man nmhüllteden Bcdancrnswerthen, ohne weiteres Aussehen zu erregen, mit einigen Decken und brachte ihn nach dem Polizeizimnrer des Bahnhofes, von wo derselbe bald darauf „ach dem städtischen Krankenhanse übcrgesührt wurde. — Zwickau, 19. Juni. Herr Kreishauptmann Freiherr von Hansen ist vom Urlaube zurückgekehrt und hat die Geschäfte der königliche» Kreishaupt»,annschast wieder übernommen. — Heute be gann hier die Jahresversammlung der bischöfl. Mcthodistenkirch e von Deutschland. Etwa 72 auswärtige Dclegirte sind hier einge- troffcn. Die Verhandlungen finden unter Ausschluß der Oeffentlich- keit und nur für die Delegirten, die Gottesdienste dagegen für alle Mitglieder der Methodisten-Gemeinde statt. — Der des Mordes an Anna Marie Nötzold in Eibenstock verdächtigte Handarbeiter Carl Heinrich Jugelt daher ist, wie berichtigend zu bemerken ist, von dem Planitzer Ortspolizeidiener Kehrer festgeiiommen und der kgl. Gen darmerie übergebe» worden. Der genannte Beamte enthält die auf die Ergreifung festgesetzte Belohnung von 30 M. — Im Zwickauer Reviere sind gegenwärtig »och 19 Steinkohlenwerke mit zusammen 45 Schächten in Betrieb, davon sind 7 Werke mit 22 Schächten Actienunternehmen nnd 12 Werke mit 23 Schächten im Privatbcsitz. Bei diesen Werken sind insgesammt gegen 9700 Arbeiter beschäftigt, welche vergangenes Jahr einen durchschnittlichen Verdienst von 884 M. hatten. Kokcsbercitnngsanstaltcn befinden sich 8 in Betrieb. — Hohenstein. Die alljährliche Zusammenkunft der ver einigte» niedcrerzgebirgischen Pa storal-Conserenzcn, welche auch zahlreiche Nichtmitglicder ans de», geistlichen und Lai'enstande zu ihren regelmäßigen Besucher» zählt, ist diesmal aus Mittwoch, den II. Juli, Vorm. ^11 Uhr in Aussicht genommen und zwar wird wiederum der geräumige Saal . des Gasthofcs zu den „Drei Schwanen" in Hohenstein den Versammlungsort bilden. Die Tages ordnung weist einen wissenschaftlichen Vortrag des Kirchenraths Prof. v. Delitzsch über das Thema: „Der tiefe Graben zwischen alter und moderner Theologie" und einen praktischen Vortrag des Pastors I)r. Hölscher über die rechte Behandlung des Confirmanden- „nterrichts auf. — In der Nacht zu», Montag begaben sich zwei Knaben aus Gersdors auf die Halden der dortigen Kaisergrube, um Kohlen zu lesen. Dieselbe» scheinen aber dem Feuer zu nahe gekommen, von den Kohlengascn betäubt worden zu sein, denn einer der beiden ist dann verbrannt, der andere hatte, als man ihn fand, ebenfalls schon Brandwunden, doch hofft man, solchen „och retten zu können, obgleich sein Zustand nicht unbedenklich. —.4. Ernstthal. Am Sonntag den 17.Juni hielt der hiesige „Jugendsparverein Einigkeit" behufs Aufnahme in den Verband sächsischer Jugcndvereine eine Extraversammlung ab. Der selben wohnte der Präsident des genannten Verbandes, Herr Lud wig-Chemnitz, bei, welcher an» Bahnhof Hohenstein-Ernstthal vom Vorsteher I und den übrigen Vorstandsmitglieder» freundlichst em pfangen und nach dem Bereinslokal Bad Ernstthal geleitet ward, wo ihn die versammelten Vereinsmitglieder durch ein harmonische» „Grüß Gott l" begrüßten. Herr Ludwig nahm alsdann nach Eröffnung der Versammlung das Wort, »m das Statut des Verbandes zum Bor trag zu bringen und hieraus jeden einzelnen Paragraphen zu erklärcir