Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 10.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188808101
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880810
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880810
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-08
- Tag 1888-08-10
-
Monat
1888-08
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 10.08.1888
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
WWWWWWM! Nr. 185. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend lmit Dann» des solgenden Tage-) zur BersendlMg gelingende „Sächsische Landes-Anzetgr^ Mil täglich einem besonderen Unter- haltungSblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 Psg., bei denPoft-Anst. -5 Pf. (1888er ZtgS.-Prei-liste Nr. SOSS.) UWMWWWWWA» SSchsischer Loawer-Eiseubaiinfahrvlanheft für Sachsen. Kinter-Eisenbahiifahrplanheft für Sachsen. Jllustr. ikalender des Sächsischen Landboteu. Züuftrirte- ZahreSbuch des Landes-Aiizeigers. L«>ii»ks.K«rkillkl mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Freitag, tz». yugust 188S. -!ZU- «n^e,»kki-d«»..«W.r«»a-»qch »aum ein« schmalen Torvn-zeile » Bevorzugte Stell« (Ijpalt. Petitzeil«) SO s BeiWiederbvlung großer AnnoncenRab« Bei Bestelluugen von Au-wärt- wolle man 8nserlion-betrag (in Briefmarken) beifüge» ne8Silben Torpnsschrift bilden ca. 1 Zeile.) Anuoncenannahnie nur bi» Bormittast Lnli»: Mimln M». Buchdnickeret. Chemnitz. Thraterftraße » (Fernsprechstelle Nr.1SV> Telegr^Adr.: Lander-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen 4. Sächsisches Allerlei - Unterbaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 5 Jllnftrirtes Unterhaltnngsblatt — 6 Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatts Lustiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Vom 8. August. London. Das Wetter oerzögert die militärischen Operationen im Zululand. Dinizulu und Abuko stehen mit 1500 bis 2000 Mann im Kezabusch. Die Transvaal-Regierung wiederholte ihre Zusage, daß sie die strikteste Neutralität bewahren und verhindern werde, daß die Aufständischen von den Boers unterstützt werden. Frankfurt a. M., 9. August, heute hier eingetroffen. London, 9. August, Mittags. Der König von Portugal ist Bei dem Bankett des Lord mayors erklärte Salisbury hinsichtlich der auswärtigen Politik, es herrsche im Ganzen Ruhe. Englands Politik bezüglich Egyptens sei unverändert. Auf Bulgarien hindeutend, erklärte der Redner, soweit die auswärtigen Mächte in Frage kommen, wollen dieselben nur Befestigung der Ruhe und des Friedens. England wünsche, daß die Freiheit und Unabhängigkeit Bulgariens aufrecht erhalten bleiben, Oesterreich befürworte die Beibehaltung des territorialen Bestandes, Rußland strebe als höchste Genugthunng für die Tapferkeit seiner Heere, welche ihr Blut für die Befreiung Bulgariens vergossen, die Blüthe des letzteren und die Zufriedenheit seiner Bewohner an. Der deutsche Kaiser habe von Anbeginn seiner Herrschaft hohen Sinn für den Werth des Friedens gezeigt. Der Frieden zwischen Rußland und Deutschland bedeute auch Frieden für Oesterreich, aber auch Frieden und Ruhe für Diejenigen, welche hohes Interesse für England haben müssen. Politische Rundschau. Chemnitz, den 9. August. Dentsches Reich. Kaiser Wilhelm wird, wie die „Neue Zeit" von bestunterrichteter Seite erfährt, im October im Schlosse zu Charlottenburg seine Residenz aufschlagen. Mit Rücksicht darauf würden nicht nur äußere Herstellungsarbeiten vorgenommen, sondern auch die inneren Räume des Schlosses einer zum Theil neuen Ein richtung unterzogen. — Graf Herbert Bismarck begleitet den Kaiser auch nach Wien und Nom. — General von Albedyll, der bisherige Chef des Militär- kabinets, ist nunmehr zum commandirenden General des 7. Armee corps an Stelle des Generals von Witzendorff ernannt worden. Nachfolger des Generals von Albedyll im Militärkabinet ist General leutnant von Hahnke. — Der Kaiser hat im Einverständniß mit dem Groszherzog von Baden ungeordnet, daß die Infanterie-Regimenter Nr. 110 und 114 fortan nachstehende Bezeichnung tragen sollen: „2. Badisches Grena dier-Regiment Kaiser Wilhelm I. Nr. 110" und „6. Badisches Infanterie-Regiment Kaiser Friedrich III. Nr. 114." — Zu dem französisch-italienischen Streit über Massanah nimmt jetzt auch die „N. A. Z." das Wort. Das Blatt des Reichs kanzlers schreibt: Frankreich hat so gut wie gar keine Handelsintcresseu in Massanah zu vertreten. Es leben dort nur zwei Franzosen, kleine Leute, für die allein unter gewöhnlichen Verhältnissen sicherlich kein Konsul eingesetzt wäre. Indem nun Frankreich die in Massanah an sässigen Griechen unter seinen Konsularschutz nahm und zum Protest gegen die Besteuerung bewog, that es etwas, wofür gar kein anderer Grund crfindbar ist, als der Wunsch, sich an Italien zu reiben. Der sranzösische Streitvvrwand Ist offenbar ein gesuchter und weit hcrgc- holter, und der ganze Vorgang sührt somit zu dem Schluffe, daß Frankreich diejenige unter den Mächten ist, die de» geringsten Werth auf die Erhaltung des europäischen Friedens legt und im Gegentheil In den Höllengrund. Novelle von Reinhold Ortmann. Fortsetzung. Nachdruck Verbote». „Ein prächtiger Bursche, dieser Trotha," sagte er. „Unser Haus macht neben ihm ja eine beinahe kümmerliche Figur. Das ist noch einer von den wurzclechten Stämmen, wie sie heutzutage selbst in den alten Geschlechtern leider immer seltener werde», und es ist wahrhaft herzerfrischend, in dieser Einsamkeit wieder einmal einen wirklichen Mann zu sehen." Elfriede stand mit halb abgcwendetem Gesicht am Fenster und antwortete ihm nichts. „Nun, warum bist Du so still?" fragte der Graf. „Hast Du denn gar keine Meinung über unseren Gast?" Sie kehrte sich ihm lächelnd zu, und ihr Gesichtchen, das von einer leichten Blutwelle übcrfluthet wurde, sah liebreizender aus als je. „Du hast ja das ganze Register der Lobpreisungen bereits erschöpft, Papa," erwiderte sie mit einem kleinen Anflug von Schelmerei. „In welchen Ueberschwenglichkeiten müßte ich mich bewegen, wenn ich dem noch etwas Neues hinzufügen wollte." „Aber er gefällt Dir doch auch, Du Kobold?" „Ich werde mich wohl hüten, darüber schon jetzt eine Meinung zu äußern. Glaubst Du, daß cs so leicht sei, mir zu gefallen? Damit, daß es ein schöner Mann ist, ist's noch nicht gethan!" Und sie schlüpfte lachend hinaus, um sich für den Abend mit ganz besonderer Sorgfalt anzukleideu. Graf Recke aber schaute ihr kopfschüttelnd nach. „Ich sehe sie nun vom Morgen bis zum Abend," brummte er oor sich hin, „und ich werde doch ebensowenig jemals aus ihr klug werden können, wie einst aus ihrer Mutter. Aber wenn mich nicht alles täuscht, hat der Trotha mit seinen blauen Augen bereits eine ganz ansehnliche Bresche geschossen in das trotzige kleine Herz! — Nun, ich wünsche ihm für den Sturmangriff gewiß den aller besten Erfolg!" 4. In dem uralten Hochwald, der in seinem friedlichen Halbdunkel und in seinem majestätischen Schweigen ganz die Erhabenheit eines natürlichen Tempels hatte, rauschte und knisterte es nur von brechenden Zweigen; dann wurde der von dem moosigen Grunde gcdämpfte Huf- schlag zweier Pferde vernehmbar, und nun erklangen auch jugendlich mit unverkennbarem Eifer keine geeignet erscheinende Gelegenheit vorübcrgehen läßt, um denselben zu beunruhigen. — Die Mitthcilung des „Reichsanzeigcrs" vom 3. August hatte dem Streite über die Frage der Ursprungszeugnisse bei der Ausfuhr gewisser deutscher Artikel nach Frankreich anscheinend ein Ende gemacht. Das amtliche Blatt stellte zweifellos fest, daß die französische Zoll behörde die für die Einfuhr aus Italien besonders in Betracht kom menden Maaren auch aus Deutschland nicht anders als mit vom französische» Consulat beglaubigten Ursprungszeugnissen die französische Grenze passiren lasse. Inzwischen hat sich das Blatt wieder ge wendet. Entweder haben die Beschwerden der Kaufleute, die Artikel der deutschen und besonders der reichsländischen Presse ihre Wirkung gciha», oder die sranzösische Zollbehörde hat sich überzeugt, daß es mit ihrer Maßregel nicht ganz in der Ordnung sei. Wie dem nun aber auch sein mag, die Thatsache steht fest, daß man in Frankreich zur alten Praxis zurückgekehrt ist, daß also entweder ein von de» deutschen Grenzzollämtern ausgestelltes Ursprnngszeugniß oder ein von den Lvkalbehörden am Absendungsorte ausgestelltes und vom französischen Cvnsul beglaubigtes Zcngniß verlangt wird. — Deutsche Firmen, welche Geschäfte mit Sizilien machen, bez. geschäftliche Verbindungen daselbst anzuknüpfen beabsichtigen, werden wohl daran thun, auch für ihr Theil eine Warnung zu beherzigen, welche der britische Konsul in Palermo an die Kaufleute und Ver frachter seines Heimathslandes richtet. Es fehlt nämlich auf jener schönen Insel nicht an kommerziellen Freibeutern, berufsmäßigen Bankerotteuren, welche nichts ihr Eigen nennen, als ein Pult und ein Paar Schemel, womit sie ihr „Bureau" ausstasfirt haben. Diese Leute nun betreiben den Waarenschwindel als System, zum schweren Schaden Aller, die ihre Verbindungen nach Sizilien nicht unausge setzt kontrolliren. Der Konsul tadelt namentlich die oft inkorrekte und ungenaue Ausstellung der Frachtbriefe und Kanossamente, welche den palermitanischen Schwindlern ihr Handwerk erleichtern. — Wie verlautet, hat sich Fürst Bismarck befriedigt über das Ergebniß der Petersburger Kaiserznsammenknnft ausgesprochen. Das positive Ergebniß der Zusammenkunft ist die Knüpfung eines Verhält nisses gegenseitigen Vertrauens zwischen de» beide» Herrschern. Da mit ist menschlichem Ermesse» nach eine Periode der Beruhigung und eines auf Jahre gesicherten Friedens eröffnet. Der so gewonnene Bode» wird jedenfalls dazu benutzt werden, um den Ausgleich der widerstreitenden Interessen aus politischem und wirthschastlichem Ge biet anzustreben. Es gilt unter diesen Umständen als wahrscheinlich, daß der Versuch der Schließung eines deutsch-russischen Handelsver trages ausgenommen und eine Kommission zu diesem Zwecke zu- sammentrcn wird. Daß die Schwierigkeiten einer handelspolitischen Verständigung durch die Art gewachsen sind, wie jenseits und dies seits der Grenze seit einigen Jahren die Zollpolitik festgelegt worden ist, liegt nur allzusehr auf der Hand. Auf der andern Seite darf nicht verkannt werden, daß eine Herstellung normaler Verhältnisse zwischen Rußland und Deutschland zwar durch die Leitung der großen Politik angcbahnt werden kann, eine Verständigung von Volk zu Volk aber bedingt ist durch möglichst rege wirthschastliche Beziehungen. — In München waren seit längerer Zeit Verhandlungen über die Gründung einer bayerischen Spiritnsgcscllschaft im Gange. Wie jetzt bekannt wird, bieten die Verhandlungen wenig Aussicht auf Erfolg. — Der heftige Streit zwischen der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" und der „Krcnzztg." über die Wicdcrerneucrung des Wahl- kartclls für die preußischen Landtagswahlen scheint sich nunmehr seinem Ende zu nähern. Die Erstere hat constatirt, daß der Regier ung die deutschconscrvative Partei ebenso angenehm sei, wie die frei- conscrvative und »ationallibcrale, daß »nr von einem Bündniß der Deutschconservativen mit dem Centrum und Herrn Windthorst keine Rede sein könne. Was nun kommen wird, läßt sich absehen: Ein officieller Parteikartellabschluß wie bei den Reichstagswahlen wird freilich kaum erfolgen, aber Natt'onalliberale und Conservative werden sich stillschweigend unterstütze», resp. ihren Parteimitgliedern in deu Wahlkreisen einen Kartellabschluß Wahlkreis für Wahlkreis empfehle«. Bor der Hand wird die Wahlbewegung aber schwerlich in Nuß kommen. Die überwiegende Mehrzahl der Wähler sehnt sich noch nach Ruhe und erst in den letzten Wochen vor dem entscheidenden Termine ist daher eine lebendige Agitation zu erwarten. Italien. Der deutsche Botschafter in Rom, Graf SolmS, hat dem italienischen Ministerpräsidenten Herrn Crispi die amtliche Mit theilung von dem bevorstehenden Besuche Kaiser Wilhelms in Rom gemacht. Der Kaiser reist direct von Wien nach Rom, wo er vom König Hnmbert, Staats-und städtischen Behörden empfangen werden wird. Die officielle Feststellung der aus Anlaß der Anwesenheit deS Kaisers stattfindenden Festlichkeiten wird demnächst erfolgen. WaS den Besuch -im Vatikan anbetrifft, so wird er sich wohl ähnlich dem jenigen vollziehen, welchen Kaiser Friedrich als Kronprinz dem Papste abstattete. Man sagt, es werde ein Cardinal in Berlin eintreffen und dort alle Einzelheiten seststellen. Auch dem Fürsten Bismarck soll ein Besuch dieses Kirchenfürsten zugedacht sein. Frankreich. Die Arbcitsverhältnisse werden in Paris immer schlimmer. Die Streikbewegung gestaltet sich immer mehr zu einem anarchistischen Aufstande. Berichte aus Amiens, wo Webereiarbeiter eine große Fabrik plünderten und anzündeten und erst nach einem regelrechten Straßenkampfe durch Militär vertrieben werden konnten, lassen keinen Zweifel daran, daß die Neigung zu Excessen in bedenk lichem Wachsthnm begriffen ist. In AmienS sind übrigens an 60 Arbeiter und 20 Polizisten und Soldaten verwundet. In Paris haben die Streikenden gleichfalls zu plündern begonnen, die von der Regierung getroffenen Vorsichtsmaßregeln müssen also doch nicht durchgreifend genug gewesen sein. Auf den Boulevards von Roche- chouart und Belleville wurden zwei Kaffeehäuser geplündert, mehrere der Ruhestörer, wie der Polizisten verwundet. Die tumultuarischen Auf tritte sind übrigens gar nicht mehr zu zählen, alle zehn Minuten giebt es in den Straßen von Paris Skandal. Eine bedenkliche Kunde ist es, daß vom nächsten Sonnabend auch die zahlreichen Glasarbeiter in Lyon zu streiken beginnen wollen. Lyon hat sehr unruhige Köpfe. Gestern sollte die Beerdigung des in einer Streik versammlung am Sonntag plötzlich vom Schlage getroffenen ehe maligen Kommunegenerals Eudes stattfiuden. Da die Anarchisten eine große Demonstration angekündigt hatten, waren auch von der Regierung umfassende Maßnahmen getroffen worden. Die gesammte Pariser Garnison war in den Kasernen konzentrirt. Die repub likanische Garde, Infanterie und Kavallerie, sowie mehrere tausend Polizisten waren aufgeboten, um revolutionäre Kundgebungen zu verhindern. Eine gewaltige Menschenmenge durchwogte die Straßen von dem Sterbehause in der Rue Reaumur bis zum Kirchhofe Pöre-Lachaise. Das Ministerium hatte dem sehr energischen General Saussier, Generalgouvernenr von Paris, unbeschränkte Vollmachten übergeben. Saussier ließ seine Osficiere zusammen kommen und sagte ihnen kurz und bündig: „Bei der ersten Ruhestörung lassen Sie sofort die Menge mit dem Bajonnet oder dem blanken Säbel angreifen. Keine Philantropie!" Der Leichenzug setzte sich um 11 Uhr Vormittags in Bewegung, das Leichengefolge war unabsehbar. Nochesort, Louise Michel, das kommunistische Comitee waren darunter. " Viele Kränze mit rothen Blumen, umhüllte rothe und schwarze Banner wurden im Zuge getragen, fortwährend wurden Hochs auf die Kommune ausgebracht. Als der Leichenzug auf dem Boulevard Vvltaire eintraf, wurden auf ein Zeichen die meisten der rothen Banner entfaltet und nun gab es eine wahre Schlacht. Gendarmerie, Polizei und Kavallerie drang mit blanker Waffe in die dichten Haufen ein, die Kommunisten wehrten sich mit Knüppeln, Stockdegen und Revolvern, zahlreiche Personen wurden verwundet. Es war eine fürchterliche Scene, die von entsetzlichem Geschrei begleitet wurde. Polizei und Militär setzten die Konfiskation der Fahnen Helle, heitere Menschenstiminen. Auf einem schmalen Pfade, der für für diesen Ausflug gerade den Tag ausgesucht an dem er zum ersten einen Reitweg gewiß sehr wenig geeignet war, kamen Seite an Seite auf wohlgebauten, vollblütigen Rossen Cvmtesse Elfriede Necke und Graf Herbert Trotha ans der gchÄmiiißvolle» Tiefe des Forstes gegen den lichteren Berghang hin vor. Sie waren durch das Terrain gezwungen, ihre Pferde im Schritt gehen zu lassen, und sie waren dadurch um so weniger in ihrer Unterhaltung behindert. Graf Trotha war es, der dieselbe fast ausschließlich führte. Der Civilanzug, den er heute trug, stand zwar seiner reckenhaften Gestalt weniger gut, als die Uniform, aber er sah noch immer stattlich und ritterlich genug ans. Und der Schönheit seines aus drucksvollen Gesichts konnte auch die veränderte Kleidung nicht Ein trag thun. Namentlich jetzt, wo ihn der Gegenstand des Gesprächs lebhaft hinzureiße» schien, war etwas ungemein Fesselndes in seinem Mienenspiel und in dem rasch aussprühenden Feuer seiner Augen. Er sprach von dem Verlauf einer berühmten Schlacht, die er selber als blutjunger Rciteroffizicr mitgekämpft, und er schilderte die Attaque, welche ihm das eiserne Kreuz und eine schwere Verwundung einge tragen, mit all' jener Anschaulichkeit und hinreißenden Wärme, deren eben nur der Soldat und der persönlich Bethciligte fähig war. Und er konnte sich kaum eine aufmerksamere Zuhörerin wünschen, als es Cvmtesse Elfriedc war. Sie heftete ihre braunen Angen unverwandt auf das Gesicht des Erzählers und ihre Brust hob sich in rascheren Athcmzügcn, als er mit feuriger Beredtsamkeit von den Einzelheiten jenes Todcsritts sprach. Nun hatte er geendet und zugleich waren ihre Pferde aus dem Walde hervorgetrcten, wo sie von den Reitern angehalten wurden. Unmittelbar vor ihnen lag eine tiefe Schlucht von malerisch wildem und düsterem Charakter. Sie konnten nicht daran denken, ihren Weg hier zu Pferde fortsetzen: denn der schmale Fußpfad, welcher oben noch für eine kurze Strecke hart am Rande der Schlucht weitcrführte, um sich dann in kleinen Windungen steil genug in dieselbe hinab zu senke», war wohl ein geeigneter Verkehrsweg für Schmuggler oder andere geübte Bergsteiger, konnte aber unmöglich von einem Reiter passirt werde», selbst wenn derselbe ein Virtuose in seiner Kunst gewesen wäre. „Das ist der Höllcngrund, den ich Ihnen zeigen wollte," sagte Elfriedc, „eine unserer berühmtesten landschaftlichen Schönheiten. Da ich weiß, daß mein Vetter Hans für diese Dinge keinen Sinn hat, Mal verhindert ist, mit uns zu reiten." „Und ich danke Ihnen dafür von Herzen, Cvmtesse," antwortete Trotha, der sich aufmerksam umgesehen hatte. „Das herrliche Bild allein mit Ihnen genießen zu dürfen, ist ein wahrhaft bencidens- werthes Glück." Sie bemühte sich, das Gespräch rasch auf etwas Anderes zu bringen. „Wissen Sie auch, daß sich an diese Schlucht eine alte Familientradition der Recke knüpft?" plauderte sie weiter. „Einer meiner Vorfahren — ich glaube wohl, daß cs mein Urgroßvater gewesen — war der berühmteste Reiter im ganzen Lande, und sein Meisterstück war, daß er nach einer durchzechtc» Nacht infolge einer tollen Wette hoch zu Roß in den Höllengrund Hinabstieg. Er ist zwar unversehrt unten angekommen, soll sich aber hoch und theuer verschworen haben, das Wagestück nicht zum zweiten Mal zu unter nehmen." „Ihre Ucberlieferung in Ehren, Cvmtesse, aber diese letzte Hin zufügung kann der Wahrheit unmöglich entsprechen. Wenn Ihr er lauchter Vorfahr ein so tüchtiger Reiter war, diesen Abstieg einmal zu wagen, hat er sich auch gewiß nicht davor gefürchtet, den Scherz zu wiederholen. Und auf eine» Scherz läuft cs doch schließlich nur hinaus. Oder glauben Sie wirklich, daß es etwas so Ungeheuer liches sei, da hinab zu reiten?" „Ich halte es für fast unmöglich! Sollien Sie etwa Neigung verspüren, Graf, dem alten Herrn seinen bisher unangetasteten Ruhm streitig zu machen?" „Warum sollte es mich nicht reizen, den Beweis zu liefern, daß die Trotha den Recke auch auf dem Gebiete ritterlicher Hebung ebenbürtig sind? Es giebt doch wohl da unten irgend einen Ausweg aus der Schlucht?" „Gewiß! — Sic würden nicht genöthigt sei», wieder a» der Wand cmporznklimme». Aber das ist ein toller Gedanke, Herr Gras! Sie werden ihn natürlich nicht zur Ausführung bringen!" „Zweifeln Sie an meinem Muth, Comteffe?" „Nein! Aber vielleicht an Ihrer Geschicklichkeit, solch ein Birtuoscnstück ohne Schaden an Leib und Leben durchzuführen. Lassen Sie uns umkehre»!" „Nein, nein!" rief er, und cs war ein seltsames Funkeln in und da mich seine Blasirtheit immer von neuem ärgert, habe ich mirs einen Augen. „Sie wisse», daß dereinst die Damen ihren Cava« Der heutigen Nummer deö Sächsische«» LattSes.Anjcigcrö liegt Sei VaS Beiblatt „Sächsisches Allerlei".
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite