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Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188810205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881020
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881020
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-10
- Tag 1888-10-20
-
Monat
1888-10
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.10.1888
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Sächsisches. — Für Radfahrer. Wie das »Stahlrad" erfährt, wird der Kampf um »die Meisterschaft von Europa" auf dem Ziveirad am 24. Februar des Jahres 1839, bei Gelegenheit der Fahrrad- AuSstellung zu Leipzig stattfinden. — Den Titel „Meistcrfahrer im Tourfahren" verleiht die »Allgemeine Radfahrer-Union". Es wird dieser Titel jedoch nur zuerkannt für das Zweirad bei einer Minimal leistung von wenigstens 10,000 iriu und für das Dreirad von Wenigstens 5000 kw. — Dresden, 19. Oktober. Die gestern in Baden-Baden ver storbene Herzogin von Hamilton, Tante unserer Königin Carola, wurde am 11. Oktober 1817 geboren, war mit dem Herzog von Hamilton vermählt und seit 1863 Wiltwe. — An der Grundstein legung zum Reichsgerichts-Gebäude in Leipzig werden auch Prinz Georg und Prinz Friedrich August theilnehinen. — Schon seit längerer Feit haben sich, wie anderwärts, so auch hier in Dresden beurlaubte französische Officiere vorübergehend ausgehalten, angeblich um die deiitsche Sprache zu erlernen. Die Herren pflegten sich bei der Militärbehörde vorzustcllen, micthetcii eine Privalwohnnng und be wegten sich dann überall nngenirt, eifrig bemüht, deutsche Verhältnisse kennen zu lernen. War der eine obgereist, so kam bald wieder ein Anderer, zuweilen waren auch gleichzeitig mehrere da. Neuerdings scheint man min aber in Regicrungskrciscn auf das Thun und Treiben dieser französischen Officiere besonders aufmerksam geworden zu sein und deren Anwesenheit an den verschiedenen Orten im deutschen Reiche für bedenklich zu halten. Wie wir aus sicherer Quelle erfahren, sind in den letzten Tagen hier zwei dieser Herren auf ministerielle Anordnung seitens der König!. Polizcidirektion aufge fordert worden, innerhalb einer kurzen Frist abzurciscn, welcher Weisung sie auch pünktlich nachgekommcn sind. Einer dieser beiden Officiere, ein junger Leutnant ans Compiegne, war am Tage vor seiner Ab reise noch eifrig bemüht, die großen militärischen Etablissements der Albertstadt kennen zu lernen, obschon ihm seitens der Königl. Komman dantur ausdrücklich eröffnet worden war, daß ihm das Betreten dcr Aascrnen rc. nicht gestattet werden könne. Er suchte zunächst an die Echießstände hinzukommen, an denen gerade eifrig geschossen wurde, und verschmähte es zu diesem Behufe nicht, abseits von de» betretenen Wegen im Gehölz der Haide nach einem Eingang herumzusuchen, er fand ihn jedoch nicht, denn das sragliche Terrain ist überall umzännl. Dann wollte er in eine Ercnadierkaserne eintreten, wurde aber vom Posten zurückgewiescn. Endlich versuchte er von rückwärts in die Grenadicrkaserncn hincinzugclangcn, indem er die Marien-Allee hinauf- und hinter jenen Kasernen im Gebüsch hinnnterging bis hinter das Exercierhaus. Allein auch dort versperrten Zäune seinen Weg. Vergeblich bemühte er sich, dieselben zu durchdringcn, indem er hier und da eine Stange loszurcißen oder durch eine Lücke sich durchzudrängen suchte. Er fand keinen Durchgang und mußte sich schließlich damit begnügen, am Kadettenhaus dem Exercieren einiger Kadctlen-Abtheilungcn zuzusehcn. Wenn dieser Herr ge ahnt hätte, daß er während seines Studiengangcs sorgfältig be obachtet wurde, würde er wohl weniger wißbegierig gewesen sein. — Wie würde man wohl in Frankreich mit deutschen Officiercn Verfahren, die jo unbesonnen wären, ihr Interesse an militärischen Einrichtungen in der vorbeschriebcnen Weise an den Tag zu legen? —- Am gestrigen Tage beging das Garderciierregiment einen seltenen Gedenktag. ES war seinem früheren mehrjährigen Commandenr (1849—54), dem hier lebenden Obersten a. D. Grasen v. Holtzen- dorsf, vergönnt, die 75jährige Wiederkehr des Schlachttages von Leipzig, in welcher er als 19-jähriger junger Offizier in den Reihen des Regiments focht, in verhältnißmäßiger Rüstigkeit und Frische zu feiern. Eine Deputation des Regiments mit seinem Commandenr an der Spitze beglückwünschte deshalb den greisen Jubilar in seiner Wohnung, Lültichanstraße 5, vor welcher Mittags die Capelle des Regiments ein Ständchen brachte. — Das genannte Regiment führte damals den Namen Leibkürassiergarde. Graf v. Holtzcndorfs beging im Mai d. I. seinen 94. Geburtstag. — Ein gräßliches Ende fand am Mittwoch Vormittag in Radeberg das dreijährige Söhnchen des Möbelfabrikanten Koch. Das Kind fiel in den Müblgraben und wurde sofort von dem Mühl rad ersaßt und nach entsetzlichen Verstümmelungen — cs wurden demselben die Besuchen förmlich vom Körper gerissen — erdrückt. — Leipzig, 18. October. Aus Anlaß des heutigen 75jähr. Gedenktages der großen Völkerschlacht war namentlich das Denkmal des Fürsten Schwarzenberg, sowie dasjenige ans dem Monarchen Hügel ans das Reitst? mit Blumen geschmückt, und am Abend wurde vom Miliiärvcteran des Monarchenhngels eine festliche Beleuchtung der Denkmäler vorgenommcn. Der Besuch aller geschichtlich so denk Würdigen Stätten unserer Umgebung war in den letzten Tagen und ganz besonders heute ein sehr reger; Einheimische und namentlich auch Fremde besuchten den Napolconstein, den Monarchenhngel ec., wodurch von Neuem bestätigt wurde, wie groß das Interesse der Bevötkernng an allen dicicn historischen Orten ist. — Ans Anlaß der Feierlichkeiten am 31. October werden diejenigen Straße», welche als wenn sie cs waren — und wenn ich unglücklich bin, so kann mir Keiner Helsen!" „Keiner, Maren?" „Nein, und ich will auch nicht, daß sich Einer darum bemüht. Es würde ihm so wenig Freude bringen, als mir." „Und wenn ich nun doch fest entschlossen wäre, cs zu versuchen? Ihre Pflegeeltern sind arm, und Sic haben mit ihnen unter dem Druck dieser Armuth zu leiden. Ich hoffe, dies schöne Antlitz wieder lächeln zu sehen, wenn die düsteren Sorgen verschwunden sind." „Wenn Sie damit meinen, daß Sie uns etwas schenken wollen, Herr, so lassen Sie sich » gesagt sein, daß wir keine Almown nehmen Und ich rathe Ihnen: lassen Sie Uwe Petersen nichts von cincr solchen Absicht merken. Er hat sein Ehrgefühl so gut als irgend ein seiner Herr, und wie gut er auch immer sein mag, wenn er darin gekränkt wird, ist cS schwer, mit ihm fertig zu werden. — Und da mit noch einmal gute Nacht." Diesmal hatte der junge Maler keine Zeit mehr, sie zurückzu- halten, so rasch batte sie sich nmgewcndet und den kurzen Weg bis zum Hause znrückgclegt. „Und wenn eS mich mein halbes Vermögen kosten soll," mur melte er, indem er sich bemühte, die von der Finsterniß schon halb verschlungenen Umrisse ihrer Gestalt zu erspähen. „Diesen Schatz zu heben ist wohl einige Anstrengung Werth!" Und die allmächtige goldene Wünschelruthe, welche schon so viel Sprödigkeit besiegt und so viel Unschuld bethbrl hat, sie schien auch hier ihre alte Zauberkraft zu bewähren. Am nächsten Morgen brachte ein Hausdiener ans dem Hotel die wenigen Gerät schaffen und Materialien, deren der Maler - er stand in der Frcmdenlistc als Felix Winsperg aus Brünn — zur Einrichtnng seines improvisirtcn Ateliers bedurfte, und schon am folgenden Tage hätte man in dem kleinen Laden des Gärtners ver gebens nach einem von Maren s Händen gebundenen Strauß ge sucht. Auf Uwe Petcrscn's ausdrücklichen Wun'ch war sie zu Hans geblieben, denn abgesehen davon, daß der neue Miethcr säst während des ganzen TagcS die Kammer nicht verließ und darum mannigfacher Aufwartung bedurfte, halte sich auch durch ihn urplötzlich eine Ein nahmequelle anfgethan, welche ungleich lohnender war, als das Blumenwindcn. Der alte Fischer Pries cs als einen überaus glück lichen Zufall, daß dieser fremde Maler gerade jetzt auf den Gedanken kommen mußte, ein Bild yerznstellen, dessen Hauptfigur durchaus die Allerhöchsten Herrschaften auf ihr« Fahrt berühren, von Seiten der Stadt festlich geschmückt werden. Ueberdle» soll aber noch, wie bei allen solchen Gelegenheiten, ein Aufruf an die Bewohnerschaft erlassen werden, diese zu veranlassen, dem von der städtischen Behörde gegebenen Beispiel zu folge».— Auf dem ReichSgerichtS-Bau platz herrscht eine ungemein rege Thätigkeit zur Errichtung der Bau lichkeiten; die Anstrengung ist nothwendig, weil das fast beständige Regentvetter der letzten Zeit die Arbeiten wesentlich erschwerte. Die Tribünen werden an der nach dem Conservatorium rc. zu gelegenen Seite des Bauplatzes errichtet. — Zwickau, 17. October. Heute stütz hat ein lediger Hand arbeiter in einem Anfall von Delirium in seiner Wohnung auf mehr fache Weise versucht, sich das Lebe» zu nehmen, wurde aber von seiner hinzugekommeucu Mutter, mit welcher er in einen förmlichen Kampf gerieth, an der Ausführung seines Planes verhindert. Zu nächst brachte sich Meyer mit einem Hammer durch Schläge auf den Kopf mehrere Wunden bei, sodann versuchte er mit einem Messer sich die Pulsadern zu öffnen, was ihm nur zum Theil gelang, hier auf ergriff er die Ofenthnr und schließlich einen eisernen Tiegel und brachte sich damit mehrere Kopfwunden bei, bis er schließlich infolge des Blutverlustes ohnmächtig wurde. Als er nach einiger Zeit wicder zur Besinnung kam, sprach er sein Bedauern darüber aus, daß ihm eine Mutter seine Absicht vereitelt habe. — Meerane. In der Nacht zum 17. Oct. entstand Feuer in der an der Waldcnbnrgerstraße gelegenen Färberei der Herren Schneider u. Fritzsche und zwar in dem zu der Fabrik gehörende» Trockenhanse. Obgleich nun das Feuer schon einige Stunden ge brannt haben muß, bevor cs bemerkt und die Feuerwehr hcrbcige- rufen wurde, so gelang cs der letzteren doch, alle sonstigen, auch die direkt an die Brandstelle grenzenden Gebäude des Etablissements, welche zum Theil sehr brennbare Stoffe wie Heu und Futtervorräthe bargen, zu retten. Das Trockenhans dagegen brannte bis aus die Uinsaffungsinaucrn vollständig ans, wobei das Feuer einige kleinere im oberen Trcckcnranm befindliche Garnvvrräthc, sowie die zum Trocknen benutzten Fahrstühle vernichtete. Die Entsichungsursache des Brandes ist unbekannt. — Hohenstein. Ein abscheuliches Bubenstück ist in der Nacht zum 8. October wieder an der Straße von hier nach Langcn- berg verübt worden. Laut einer Bekanntmachung des Gcmeinderaths ;n Langcnberg haben in genannter Nacht und zwar schon das zweite Mal in diesem Jahre ruchlose Subjecte 14 an der Langcnbcrg- Hohensteincr Straße (Langcnbcrger Anthcil) angcpflanzte -Bäumchen umgebrochen. Der Gcmcinderath zu Langcnberg setzt dem Erniittler des Urhebers dieser Sckiandthat 50 Mk. Belohnung ans und wäre cs nur dringend zu wünschen, daß cs gelänge, den oder die Thätcr zu ermitteln. In der Nähe des Thatortes ist am Morgen des 8. Oct. ein zerbrochener Spazicrstock aufgefnnden worden, derselbe befindet sich in Händen der Ort-Polizeibehörde. H—. Burkhards darf, 18. Oktober. Auch in unscrm Orte haben cs sich einige denkende Männer zur Ausgabe gemacht, einen Verein für Natnrheilkunde ins Leben zu rufen, wie derartige bereits in vielen Ortschaften bestehen. Hoffentlich erfreut sich dieses Unter nehmen einer zahlreichen Bethcilignng. — Burgstädt. Ans der Gewerbe-Ausstellung zu Zeulenroda sind die Fabrikate des Petinctfabrikantcn Herrn Hermann Fritzsche hier mit dem II. Preise (der höchsten Auszeichnung für daselbst aus gestellte Strnmpswaaren) prämiirt worden. — Ter Stadtrath zu Frankenbcrg hat jetzt auch ein Verbot öffentlicher hypnotischer Vorstellungen erlassen. Dasselbe hat nachstehenden Wortlaut: „Nach einem von dem Königlichen Landes medizinalcollegium dem Königlichen Ministerium des Innern er statteten Gutachten können durch die Hypnotisirung für die diesem Vorgänge unterworfenen Personen in verschiedenen Richtungen Nach- thcile und Gefahren, insbesondere auch erhebliche Gesnndheitsschädig- nngcn erwachsen. Erhaltener Verordnung zufolge wird daher die Veranstaltung öffentlicher hypnotischer Vorstellungen in unserem Stadt bezirk von jetzt an bei Vermeidung von Geldstrafe bis zu 150 M. oder entsprechender Haft verboten." — Redlich Wort gehalten. Folgendes bemcrkenswerthe Geschichtchcn hat vor Kurzem in L. seinen Abschluß gefunden. Vor 30 Jahren lernte ein junger Mann in Chemnitz als Kaufmann. Derselbe äußerte eines Tages zu dem in demselben Geschäfte Ihätigen Marklbetscr: er werde wohl nicht alt werden. Ter Marktbclfcr cnt- gegnctc hierauf: Das bezweifle ich. Sic werden nach Verlauf von 30 Jahren windestens ganz bestimmt noch am Leben sein. — Wenn dieser Fall Antritt, sagte der Lehrling zum Mnrtlhclfer, und Sie haben sich bis dahin in Ihrer Stellung gut geführt, so bekommen Sie 95 Thalcr von mir, sofern dies meine Verhältnisse alsdann ge stalten. — Es wurde nun zur Bekräftigung dieses Versprechens ein Dokument ausgeferligt und dem Mark.hclfer versiegelt übergeben, damit er es nach Verlauf von 30 Jahren an demselben Tage Vor züge. Und dieser Tag kam kürzlich. Ter damalige Aussteller des Dokumentes, heute Conimercienr.rlh und Besitzer einer großen Fabrik im Städtchen L, ist zwar zur Zeit kränklich, doch lud er nichtsdcsto- lein anderes Gesicht haben durfte, als das seiner Pslegetochter Maren — denn so ungefähr hatte ihm Felix sein Anliegen zu er klären gewußt — und als er nun gar hörte, daß c-s Sitte sei, den jungen Damen, welche sich malen ließen, dafür sehr anständige Ent schädigungen zu zahlen, da war er keinen Augenblick mehr darübcr im Zweifel, daß Maren nicht Nein sagen dürfe. Und als sie seine kindliche Freude sah, als sic erkannte, welche bittere Enttäuschung ihm ihre Weigerung bereiten müsse, da willigte Mare» in der That um ihres Pflegevaters willen ein, dem Maler während einiger Stunden des Tages als Modell zu sitzen. Was er matte, begehrte sie nicht einmal zu wissen, und als er gleich im Anbe ginn den Versuch machte, ihr den Gegenstand und den Gedanken seines Bildes mit einem großen Aufwand schön gewählter und hoch klingender Worte zu erklären, da hatte sie ihn kurz unterbrochen mit der Bemerknug, daß sic daS nicht verstehe und daß cS sie auch »ich: kümmere. Zuerst hatte Felix auch den Wunsch ausgesprochen, ihr das phan tastische Costüm anscrtigen zu lassen, in welchem er sic zu malen wünschte, aber sie hatte mit einer so klaren und bündigen Entschieden heit jeden derartigen Gedanken weit von sich abgewicsen, daß er sehr- rasch darauf verzichtet hatte. Nur einen durchsichtigen meergrünen Schleier mußte sie in sorgfältig angeordnctcr Drapirung um Haupt und Schultern legen, und nach langem Zögern hatte sic sich auch bereit gefunden, ihr herrliches Haar anfznlösen und einige frische Blumen in seinen goldigen Wellen zu befestigen. Durch diese einfachen Hülfsmittcl, von dem geübten Auge dcs KünsilerS angcordnct, wurde ihre seltene Schönheit freilich in einer wahrhaft siimdcrückciidcii Wci'c hervorgehoben, und Maren selbst abnte wohl nicht, einen wie märchenhaft tiefen, feuchten Glanz ihre Angen gewannen, wenn sie wahrend der Arbeit des Maler-? mit sehnsüchtigem und schmerzlichem Ausdruck durch das niedrige Fenster hinausichweisten in die weite, unbestimmte Ferne. Felix Winsperg war klug genug gewesen, seine allzu kühnen Eroberungsversnchc anszugcbcn und einen andern Weg cinzuschlagcn, der ihn seiner Meinung nach — wenn auch langsamer, so doch sicherer zu ihrem Herzen führen sollte. Er beobachtete zunächst eine zarte und ritterliche Zurückhaltung, um ihr Vertrauen wieder zu ge winnen, und wenn er einmal das Schweigen brach, so sprach er nur von Dingen, welche weitab lagen von dem Gegenstand ihrer ersten kurzen Unterredung und welche mit Maren s Person anscheinend durchaus nichts zu schaffen hatten. Er erzählte ihr von den Schön weniger den noch in Chemnitz lebenden Mackthelfer ein, ihn zu be suchen. Der Letztere fand in L. nicht nur eine gute Aufnahme, sondern bekam auch die ihm vor 30 Jahren versprochene Summe aus- gezahlt. — Ehre Dem, dem Ehre gebührt. Aits Nah und Fern. — Ein Schildbürgerstreich absonderlicher Art wird aus einem Dorfe im Kreise Büdingen (Oberhesse») berichtet. Besagtes Dorf hat eine sehr schöne alte Kirche aus der Uebergangsepoche. Es war nun beschlossen worden, die alten unschöne» Glassenster durch neue, gemalte zu ersetzen. Als die in Heidelberg angeferligten schönen bunte» Fenster aber ankamcii, entdeckte man zu nicht geringer Be stürzung, daß dieselben rechteckig waren, während die Fensteröffnungen rnndbogig sind. Allgemeine Rathlvstgkeit, bis ein weiser Salomo den Rath giebt, der auch befolgt wird: Man bricht die schönen Rund bogen aus und macht so die Fcnsterösfnuiige» rechteckig und für die neuen Fenster passend. Der Pfarrer des Ortes soll sich den „Obcrh. Nachr." zufolge nach Gießen uni Hilfe gewandt haben. Aber zu spät. Die Kirche ist ihre Rundbogen los und hat dafür schöne vier eckige Fenster. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. Di-grenntri»iIe>eSLla>I«S werte» »sucht. mir wichtige Begebenheiten giNigl mNpithel!«»- Cbemnitz, den 19. October. — Auszeichnung. Am Mittwoch fand in der Königlichen Akademie der bildende» Künste in Dresden die Preisvertheilung aus das Jahr 1868 statt. Das akademische Neisestipendinm von 2400 Mk. jährlich auf 2 Jahre erhielt Herr Bruno Fischer ans Dresden für das GypsmoüeU „Adam und Eva" znertannt. Die große goldene Medaille wurde Herr» Friedrich Hecht ans Dresden ertheitt. Eine kleine goldene Medaille empfing u. Ä. Herr Alfred Reuter aus Chemnitz, ein Ehrenzcngiiiß mit Prämie Herr Erich Hösel ans Annaberg und eine Prämie Herr Paul Rohr ans Chemnitz. —cit. Zur Weihe der Petrikirche haben wir ini Anjchlnß an unseren gestrige» Bericht noch Folgendes mitziuheileii: Nach dem Bortrag der Mo tette: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, o Herr" durch de» unter Leitung des Herr» Canlor Mayerhofs stehenden Kirchenchor und dem Gesang zweier Bersc des Liedes Nr. 220 ergriff Herr Pastor Frominhold zur FcstprcLigt das Wort. Er legte derselben Matth. 16, 15—19 zu Grunde und dic-ponirte sein Thema in de» Sätzen: Unsere Losung roll sein: Die Petrikirchc, eine rechte Pelrigemeindc, und zwar eine Gemeinde 1. aus dem Felsen des Peirus- betcnntnisses begründet und 2. durch das Band des Petrusbernses geeint. Tie Predigt verfehlte ihren Eindruck aus die Zuhörer nicht. Es folgte der Gesang der Versammelte» eines Bcrses von Lied Nr. 119 und dann die Intonation Nr. 124 durch Herrn Tiaconus Colditz, woraus letzterer Schlußgebet und Segeii sprach- Ter Choral „Laß mich dein sein und bleiben" beendete den feierlichen Weihegottesdienst, und als die Masse» derKirchenbcsilcher ans dem neuen Goileshanse strömlen, wurde von dom »lajcslätischc» Thurme „Ein' jeste Burg ist »liier Gott" geblasen. Herr Coiisistarialpräsidcnt Gcheimrath von Berlepsch versammelte alsdann den Kirchenvorsland von St. Petri und sprach ihm im Beisein des Herrn Bürgermeister Vetters, sowie des Superintendenten Herrn Prof. Michael und der Parochialgeisitichc» seinen Dank für die Mitarbeit am Ban der Kirche und seine Glückwünsche ans. Nachmittags 2 Uhr war ein Festgotiesdicnst, bei dem Taust» und Trauungen vollzogen wurden. 18 Täuflinge wurden durch Herrn Tiaconus Colditz in den Bund der Kirche ausgenommen und drei Paare durch Herrn Tiaconus Päutz getränt. Herr TiaconnS Colditz sprach bei dieser Gelegenheit über das Bibclwort: „Ich werde meines Namens Gedächtnis; daselbst stifte», da werde ich zu dir komme» und dich segnen", und Herr Diaconns Päutz über das Wori: „Der Herr hat dich erwählet, daß du eilt Haus bauest zum Heiligthiu», sei geirost und mache es." Nachmittags 4 Uhr sand im Gasthaus zur „Linde" ein Festmahl statt, zu dem sich gegen 150 Theilnchincc gefunden hatten. Tie Gcidcl'sche Kapelle spielte die Tasel- musik. Trinksprüche brachten ans der Coiisistorialpräsideiit Herr Geheimrath von Berlepsch aus Kaiser Wilhelm und König Albert, .Herr Pastor Frommhold auf Präsident von Berlew'ch, worauf dieser entgegnend der Kircyengcmeinde und ihrer Vertretung sein Glas weihte. Herr Diaconus Päutz trank auf die Collaturbchörde Chemnitz, Herr Bürgermeister Bellers auf den Kirchcnvorstand St. Petri, Herr Schnldirccior Gesell auf Herrn Bürgermeister Beitels und Herrn Superintendent Prof. Michael. Herrn Pastor emui. Gntzschcbauch, der am Tage der Weihe seinen 72. Geburts tag beging, ließ Herr Snpcriniciident Prof. Michael hochlcben. Herr Bau- rath Engelhardt vcrbreitcie sich über die Geschichte des Kirchcnbaucs und dankte den städtischen Behörden, insbesondere Herrn Bürgermeister Vetters, sür deren mannigfaches Entgegenkommen. Dem Kirchcnbanmeister Herrn Enger wurde ei» Toast durch Herrn Professor Gottichaldt. Herr Pastor Frominhold überreichte »nier Worten der Anerkennung und des Lautes fol genden Herren, welche tun de» Ktrchenban dciondere Verdienste haben, D>plome: Banrath Engelhardt, BrandllcrsichernngS-Jnspcctor Fuchs, Professor Goitschaldt, ferner Herren Hahncr, Igel, Meynig und Kirchenrech- nuitgssührcr Fritzsche. Herr Professor Goitschaldt erhielt anxerdem als be sondere Anszetchnnng seitens des Kirchciivorsiandes ein goldene Glashütter Uhr. Bon den übrigen ernsten und heiicicn Auslassungen, die das Mahl würzten, heben wir noch hervor den Trink milch des zaerrn Justizrath Enz- manti aus die Parvchialgeistächen Herrn Pastor Frommhold und Herren TiaconnS Päutz nnbZLolditz. Daß zu der vortrefflichen Stimmung, welche während des ganzen Festessens herrschte, nicht zum wenigsten die Bewindung des Herrn Kirvach beitrug, braucht bei dem Ruse, welchen die „Linde" be sitzt, kaum besonders betont zu werben. -s- Der Bezirksverein der inneren Stadt hielt — wie uns ge schrieben wird — am 16. October im Gasthaus zum „schwarzen Wali sisch", Brngasse, die monatliche Bereinsversammlutig ab. Ta der erste Vor sitzende behindert ivar, die Versammlung zu teile», und in Anbetracht des Umstandes, daß sür den verstorbenen zweiten Vorsitzenden eine Eriatzwahl noch nicht stcnigcsinidcn Halle, erössnctc der erste Schrislsührer des Vereins, Herr Max Jacob, die Sitzung, begrüßte die ncucrschienencn Mitglieder auf heilen seiner österreichischen Hcffnath und schilderte mit der warmen, eindringlichen Beredsamkeit, welche ihm eigen war, die Annehmlich keiten und Genüsse des städtischen Lebens. Das Alles kam scheinbar so absichtslos und beiläufig zu Tage, daß Maren unmöglich den verborgenen Zweck ahnen konnte, welchen Felix damit verfolgte, und er Halle eine so besondere Art, fesselnd und anschaulich zu erzählen, daß ihre Aufmerksamkeit zuweilen fast wider ihren Willen gefangen genommen wurde. Ob seine Schilderungen einen tieferen Eindruck ans ihre Phantasie hervorbtachlcn, und ob sic, wie er es wünschte, in ihrem Herzen das Verlangen wachricscn, all' diese unbekannten Herrlichkeiten auch einmal mit eigenen Angen zu schauen, das war freilich ans ihrem Benehmen nicht zu erkennen. Auch wenn ihre Augen voll Thcilnahmc an seinen Lippen hingen, blieb ihr schönes Gesicht unverändert ernst, und das flüchtige Lächeln, das zuweilen sür einen rasch vorübergehenden Moment um ihre Lippen huschte, ließ nur um so schärfer den schmerzlichen Zug hervortreten, welchen ein früher Kummer dort cingczcichnet zu haben schien. So verging Tag um Tag, und einer sah dem andern zum Verwechseln ähnlich. Obwohl er sich nicht eben sonderlich mit seiner Arbeit beeilte, ging doch Marcn's Porträt unter den geschickten Händen des jungen Maler-? mehr und mehr der Vollendung entgegen, und mit einiger Sicherheit konnte er schon jetzt den Tag voranSbc- stimmcn, an welchem ihm auch der letzte Vorwand genommen sein würde, diese köstlichen Stunden eines ungestörten Beisammenseins fortznsctze». Mit de» Fortschritten aber, die er in der Gunst seines schönen Modells gemacht, war Felix Winsperg durchaus nicht zu frieden. Nur ein einzige-? Mal, als ihn ihre statuenhafte Unbeweglich keit ungcdulbig gemacht hatte, war er etwas näher auf sein Ziel lo-gcgangen, und Halle mit einer geschickten Wendung von seinen heißen Empfindungen zu sprechen begonnen. Da aber hatte sie ihre schönen Augen mit einem so ernsten, strafenden Blick ans ihn ge richtet, daß er »»willkürlich innc gehalten hatte und daß er mit ver schwiegenem Ingrimm zu der Erkcnntniß gekommen war, mit all' seinem diplomatischen Vorgehen noch nicht das Geringste gewonnen zu haben. Aber diese scheinbare Unmöglichkeit eines Sieges, den er sür einen so leicht und mühelos zu erringenden gehalten hatte, steigerte sein Begehren nach dem unerreichbaren Besitz zu einem immer heißeren und leidenschaftlicheren Verlangen, und von Stunde zu Stunde kostete cs ihm größere Mühe, einen stürmischen, alle Schranken niedcrreißen- dcn Ausbruch dieser Leidenschaft zurückzudräugcn. Fortsetzung folgt.
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