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nordalpinen Hallstattkultur, die sich ihrerseits sowohl im westlichen als auch im östlichen Hallstattkreis nicht vor Hallstatt C nachweisen lassen.“ (Peschel 1990, S. 31) 74 Ein Widerspruch besteht indessen wohl nur scheinbar, denn Tradierung örtlicher Gewohnheiten schließt Rezeption fremder Anregungen, zumal solcher ähnlicher Tendenz, nicht aus. Wird ersteres an mancherlei mit dieser Grabform verbundenen Phänomenen gleichermaßen deutlich, worauf auch Karin Peschel hinweist (Lage inmitten der Friedhöfe, Mehrfachbestattungen, spezifische Keramikbeigaben), so steht ebenso außer Frage, daß die Billendorfer Kammergräber zugleich in den komplexen Zusammenhang hallstättischer Neuerungen gehören. Mehrfachbestat tungen sind nicht a priori an diese Grabform gebunden. In Bautzen fanden sie sich in 10 der 1936 untersuchten 37 Anlagen — außer einigen vermutlichen Kammergräbern meist in kleineren Rechteckgräbern, ja selbst in „gewöhnlichen’ Rund- bzw. Ovalgräbern 75 (Herbach 1938, S. 21; Simon 1988, S. 206). Wie im Hallstattbereich war auch in den hiesigen Kammergräbern meist jeweils „nur eine Bestattung vorhanden“ (Oberhofer 1960, S. 82); in unserem Falle ging es, den südlichen Verhältnissen noch näher vergleichbar, nachweislich um einen Krieger. Allerdings fand auch er zwischen den vielen anderen seine letzte Ruhe. 76 Absonderung im Tode reflektiert zweifellos eine — wie auch immer geartete — Heraushebung im Leben. Zur Etablierung elitärer Männergemeinschaften wie in der älteren Hallstattkultur ist es an ihrer nordöstlichen Peripherie aber offenbar nicht gekommen. 77 Eine Bestattung mit Waffen und Pferdegeschirr, hier die exklusive Ausnahme, fiele dort nicht aus der Reihe. Der zweite Abstand liegt auf der Hand, allein die ideelle Ausrichtung muß so grundverschieden nicht gewesen sein. Das Tertium comparationis geben vielleicht die tiefgreifenden Veränderungen ab, die von der „thrako-kimmerischen“ Bewegung ausgegangen waren und bereits im 8 Jh. v. Chr. weite Bereiche im südöstlichen Mitteleuropa erfaßt hatten. Die Kombination von Ärmchenbeil und Zaumzeug im Grabe unseres ,Reiterkriegers 1 bietet einen — wenngleich allgemeinen — Hinweis auf den weit nordwärts wirksamen Ausgriff dieser Neuerungen, zumal sich die spezifische Ausgestaltung der 74 Zur Datierung der ältesten Kammergräber im Hallstattbereich sowie Problemen bei der Einordnung möglicher Vorläufer im mitteldanubischen Raum und weiter südöstlich vgl. Kossack 1970, S. 140 ff. Die Schwierigkeiten scheinen weniger sach- als forschungsbedingt zu sein. 75 Letztere z. B. Grab A5 und B20 (Herbach 1938, S. 6, 12 f.). 76 Zwar waren die acht Bautzener Kammergräber der Grabungssaison 1956/57 einander relativ benachbart (Oberhofer 1960), jedoch lagen sie keineswegs „in einem gesonderten Teil des Gräberfeldes“ (Buck 1973 b, S. 417). Auch hinsichtlich der großen Viereckanlagen von 1936 (Al, B24, B29, B30, B40 u. a.) „konnte eine besondere Regelmäßigkeit nicht beobachtet werden“ (Fundbericht K. Herbach, eingegangen 27. 8. 1937 — Ortsakte Archiv Landesamt für Archäologie Sachsen). 77 Auch in den hallstättischen Kernräumen stehen reine Kammergräberplätze wie Großeib stadt neben herkömmlich gemischten Friedhöfen wie Beilngries, die nur wenige derartige Bestattungen aufweisen; vgl. Kossack 1970, S. 157f.