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menhänge, so fällt auf, daß die Burg mit dem Dorf „Nuzzin" (AZR 141), das gegenüber liegende Wirtschaftsgut (Abb. 7 c) und die Kirche ein Ensemble bilden, so daß sie, wenn auch nicht gleichzeitig, doch in einer Entwicklungsreihe stehen. Am ältesten dürfte die dörfliche Siedlung sein, am jüngsten die im Schutz der Burg erbaute Kirche. Unterstellt man, daß die Siedlung an der Muldenfurt nicht auf den Schloßberg bezogen war (Pkt. 3.2.), kommt für das 1264 erwähnte Dorf „Nuzzin“ nur die Anhöhe west- bis nordwestlich des Schloßberges (heutige Stadt) in Frage. Seiner langgestreckten Form nach und aufgrund seiner Flurgröße muß man in ihm ein Dorf der zweiten Etappe der feudalen deutschen Ostexpansion sehen, ob wohl die amorphe, blockartige Flur auch ältere Nutzung nicht ausschließt (Pkt. 1.1). Da die Kirche in Nossen unmittelbar der Burg vorgelagert ist, muß aus topo graphischen Gründen die Burg vor der Kirche erbaut worden sein. Somit dürfte der älteste Nachweis der Nossener Kirche auch Aufschluß über das ungefähre Alter der Burg geben. Die früheste Nachricht über eine Kirche in Nossen stammt aus dem Jahre 1254 (Berger 1936, S. 35) mit dem Nachweis eines Pfarrers. 1264 wird Kirchengut („de dos ecclesiae") an der Pietzsche erwähnt (AZR 141). 1305 stellen die Ritter von Reinsberg im Nossener Pfarrhof („in curia plebani in Nuzzin“) eine Urkunde für das Kloster Altzella aus. Indirekte Schlüsse für das Alter der Nossener Kirche ergeben sich aus der Grenzurkunde von 1185. Denn geht man davon aus, daß hierbei Flurstücken aus gespart werden mußten, die später der Kirche gehörten (Pkt. 1.5.), u. a. der Pfarrberg unmittelbar an der Pietzsche (Oeder, Bl. 12), müßte die Gründung und Dotierung der Kirche vor 1185 liegen. Das würde heißen, daß die Burg auf dem Schloßberg bereits bestanden haben müßte. Damit ergäbe sich für den Bau der Wehranlage ein Zeitraum etwa zwischen 1185 und 1224. Man kann also Berger, entgegen Knauth, insofern zustimmen, daß ein Zu sammenhang zur deutschen Ostexpansion besteht, aber die Annahme, daß sie spätestens 1268 ihren heutigen Standort einnahm, kann zugunsten eines früheren Zeitpunktes zurückgewiesen werden. Wichtig ist dabei aber, daß sich Berger bei der zeitlichen Einordnung der Burg auf dem Schloßberg auf ein Dokument stützt, daß 1768 beim Brand des Schloßturmes neben Münzen und anderen Schriftstücken im Turmkopf entdeckt wurde (Loc. 35990, StAD). Daraus geht hervor, daß das heutige Schloß einen Vorgängerbau hatte, der einer alten Ritter burg, vielleicht einem Wohnturm des 12. bis 14. Jh., sehr ähnlich war. Wörtlich heißt es: „Gegenwärtigen Ort, alwo in mitten des Plazes ein uraltes kleines Schloß auff einem stichlichten Felsen, umb und umb ganz frei gelegen, gestanden, und uff Churfürstliche gnädigste Anordnung Anno 1667 abgetragen, auch den Felsen abgebrochen, und dem Hofe gleichgemachet worden ...“. Dieses „uralte kleine Schloß“ könnte mit einem kleinen wehrhaften, fensterlosen Bau auf der Zeichnung von Dilich identisch sein, der auf der Südseite liegt und die Nossener Burg in zwei unterschiedliche Teile (evtl. Burg und Vorburg) trennt, die einer 239