Volltext Seite (XML)
(Oberfranken). Dem Prinzip möglichst kurzer, geradliniger Wegeführungen gemäß, dürfte das diesseits des Gebirges Konsequenzen nach sich gezogen haben. Die vielschichtige Methodik der Altstraßen- oder besser Altwegeforschung (Denecke 1979, S. 434) soll hier nicht diskutiert werden. 179 Aufgrund archi valischer Quellen, Orts- und Flurnamen, streckenweise erhaltener Wegespuren, auch verkehrsorientierter Anlagen sowie der geographischen Leitlinien vermag sie, das Verkehrsnetz seit dem Mittelalter in den großen Linien verläßlich zu rekonstruieren (Denecke 1979, S. 435 f., Übersicht 1). Dem Archäologen stehen für die früheren Zustände, abgesehen von Ausnahmen (z. B. Knüppel- und Bohlenwege, Grabhügelreihen), demgegenüber nur Besonderheiten im Fundbild sowie das topographische Angebot zur Verfügung. 180 Gewisse Hinweise geben außerdem die allgemeinen kulturellen Bindungen und örtliche Häufungen fremder Kulturelemente (z. B. Gühne/Simon 1986, S. 325 f.). Die hoch- und spätmittelalterlichen Verhältnisse können, da in einer andersartigen gesellschaft lichen Situation aufgrund spezifischer Verkehrsbedürfnisse und -techniken ent standen, leider nicht in die Vorzeit zurückprojeziert werden, was vielfach, auch von der vogtländischen Lokalforschung der dreißiger, vierziger Jahre 181 , außer acht gelassen worden ist (Billig/Wißuwa 1987, S. 4). Dennoch sind die Unter suchungen über das mittelalterliche Verkehrsnetz unter Berücksichtigung seiner historischen Bedingtheit auch hinsichtlich älterer Zustände von großem Nutzen (vgl. Denecke 1979, S. 439ff.). Der Weg war „nie Selbstzweck ..., sondern zu allen Zeiten Träger des Ver kehrs, der sich aus diesem Grunde nur dann entwickeln konnte, wenn ein Ver kehrsbedürfnis vorlag“ (Fischer 1943, S. 20). Die vogtländische Fundstatistik spricht dafür, daß dies nicht über Jahrhunderte und Jahrtausende in gleicher Weise der Fall gewesen ist. Vielmehr ordnen sich die dafür in Anspruch ge nommenen Zeugnisse, obwohl meist außerhalb der engeren Siedelzone gewonnen und nur deswegen als Wegindikatoren nutzbar, vornehmlich in die Begehungs- und Besiedlungshorizonte des Vogtlandes ein. Diese Korrelation ist kaum zu fällig; freilich besteht ein zu vermutender Zusammenhang wohl nur darin, daß letztere, wie ausgeführt, Perioden allgemeiner Kulturentfaltung, wirtschaftlicher Blüte und einer Zunahme der Bevölkerung waren, was sich im Hinblick auf unsere Fragestellung einerseits in der Erschließung gebirgiger Lagen, anderer seits in weitläufigen und vielfältigen Kontakten (Güter- und Ideenaustausch, 179 Für das Mittelalter, besonders unter methodischen Aspekten, vgl. u. a. Denecke 1979; für den mitteldeutschen Raum, auch im Hinblick auf die urgeschichtlichen Verhältnisse, vgl. Bahn 1972; 1990, S. 30ff.; speziell für das Vogtland seit dem Mittelalter vgl. Billig/ Wißuwa 1987; Wißuwa 1987. 180 Bis in das frühe Mittelalter hat man sich die gebirgsüberschreitenden Steige ohnehin als pendelnde Fuß- und Saumpfade vorzustellen (Denecke 1979, S. 458). Neuerdings entdeckte Wagenspuren aus der Bronzezeit im thüringischen Altsiedelraum (Möbes 1986; 1987) belegen dort auch den Gebrauch des Wagens, wiederholt mit einer Spurbreite von 1,0—1,1 m. 181 Vgl. noch Ritter 1977, S. XII: „Diese ... mittelalterlichen Handels- und Geleitstraßen folgten mit großer Wahrscheinlichkeit den seit der Altsteinzeit benützten Saumpfaden.“