Suche löschen...
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.01.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188501108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850110
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850110
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-01
- Tag 1885-01-10
-
Monat
1885-01
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.01.1885
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
a«t,»t'alt«ng».vlatt z«m „»yemnttze, «»,-lger". «Ohne Zweifel, dar ist jetzt nöthiger denn jemals. Welche» Mittel gedenken Sie anzuwenden ?" «Ich weiß es nicht," erwiederle Moule. „Vergeblich sinne ich nach, ich finde nichts. Wieder anzufangen, was man schon versucht hat — das wäre nutzlos, sie bleibt hartnäckig." In diesem Augenblicke wünschte ein Gefaugenwärter den Unter suchungSrichter zu sprechen. «Wa» giebt'S?" fragte dieser. „Der Gefangene hat mich gebeten, ihm Schreibzeug zu ver schaffen." „Und Sie haben e» ihm selbstverständlich gebracht?" «Ja, hier ist der Brief, den er mich an die Adresse zn besorgen und eigenhändig abzugeben bat. Ich habe zum Schein eingewilligt." «Tut, geben Sie Herl" Herr Thorier öffnete das Kouvert und zog daraus vier engbe schriebene Seiten hervor. Tr durchflog den Brief eilig und reichte ihn dann Moule, der zitterte, als er die Aufschrift las. «Jetzt find Sie wohl nicht mehr in Verlegenheit um ein Mittel, jene» Mädchen zum Sprechen zu bringen ?" fragte der Richter lächelnd. «Nein, und rS ist um so bester, daß Sie es vor mir gefunden haben. Morgen wissen wir hoffentlich, woran wir sind " «Ich hoffe es gleichfalls." Der Brief trug die Aufschrift: Fräulein Emilie Suchapt. Zwei Stunden nach dieser Unterhaltung trat die Langeon. so hieß die obenerwähnte Verkäuferin, zu Pulchörie freudig ins Zimmer. „Meine liebe Kleine," sagte sie, «ich bringe Ihne» ein- gute Nachricht. Ihr Schatz hat die Anklage nicht mehr zu befürchten, es steht anscheinend viel besser um ihm" «Wieso?" «Er ist ein Teufelskerl I Er hat ihnen so klar wie der Tag be wiesen, daß er zu der Zeit, wo seine Mutter ermordet wurde, ganz ruhig, die Hände in den Taschen, auf dem Boulevard oder den LhanpS ElysiöeS, wer weiß wo, spazieren ging. Er wird sich wohl au» der Schlinge ziehen." „Meinen Sie?" fragte schnell Pulchörie. «Banz gewiß wenn es so ist, wie man sich erzählt. Er ist seit zwei oder drei Tagen nicht mehr im engeren Gewahrsam und hat mit seinem Advokaten verhandelt, einem alten Schlaukopf, der die elendste Diebsseele noch den Krallen des Teufels entreißen würde." «Er ist nicht mehr «n engerem Gewahrsam sagen Sie? Dann kann man ihn ja sprechen?" «Gewiß, aber nur mit Erlaubnißkarte" «Bon wem und wie erlangt man dieselbe?" „Nichts leichter als das. Einer meiner Neffen, ein Gefangen wärter, von dem ich alle diese Einzelheiten habe, wird Ihnen dieselbe verschaffen. Morgen früh bringe ich sie Ihnen." «Wirklich? Ach meine gute Frau Langeon, wie danke ich Ihnen!" Pulchdne schlief die ganze Nacht nicht. Sie stellte sich auf hundert Arten vor, wie Laurent sie empfangen würde. Ec eilte auf st« zu, er umarmte sie leidenschaftlich, indem er fragte, was sie um ihn gelitten; er liebte sie mehr als je, und wenn er freigesprochen, würden sie glücklich zusammen sein. Oder er empfing sie vielleicht gleichgiltig, kalt; sie hielt ihm sein Verbrechen vor, sie drohte jenes Beweisstück, das sie aufgerafft hatte, auszuliefern, und ob dieser Drohung schauderte er, fiel er ihr zn Füßen. — Doch nein, er liebte sie ja, darauf kam sie immer wieder zurück. Und seltsam! Der Ge danke, daß er schuldig war, beschäftigte sie kaum. Das war neben sächlich, fast gleichgiltig. Sie wollte geliebt sein. WaS ging sie das Uebrige au! Am andern Morgen brachte Frau Lanzeou in der That ein« Erlaubnißkarte. «Jetzt sagen Sie, ob ich nicht gut gegen Sie bin," fragte sie f«ß lächelnd. Pulchörie umarmte sie und machte sich sofort auf den Weg. 35. Kapitel. Der Besuch im Gefängniß. Je näher Pulcherie dem Gefängnisse kam, desto mehr mäßigte sie ihre Schritte. Unsicherheit und Besorgniß bedrückten ihr das Herz. Endlich durchschritt sie die Pforte des Gefängnisses, zeigte ihre Karte vor und wurde hineingesührt. Wäre sie weniger in Gedanken gewesen, so hätte sie wohl in einem Winkel innerhalb des Hauses Moule bemerkt, der auf sie wie auf eine Beute lauerte. Sie wartete einige Minuten in einem Zimmer des Erdgeschosses. Endlich führte «in Wärter Laurent herbei und ließ Beide allein. «Pulcherie!" rief er, sie bemerkend. „Du! Du gedenkst mein? Ach, Du liebst mich noch!" «Ja, Du weißt eS wohl," murmelte sie mit vor Rührung er stickter Stimme. «Und Du eilst jetzt herbei, wo alle meine Freunde mich fliehen und darüber errölhen, mich gekannt zu haben. Und ich habe Dir so viel Unrecht gethan. Hast Du eS vergessen? Vergiebst Du mir?" «Du siehst es wohl, da ich gekommen bin. Dann habe ich auch überlegt, und ich glaube, auch Du liebst mich noch, trotz Allem, nicht wahr?" „Ja, ich glaube, Dich nie so sehr geliebt zu haben, wie jetzt «Und Du liebst nur mich allein?" „Gewiß!" „Schwörst Du «S mir? „Du weißt es ja, ich habe es Dir hundertmal gesagt Du glaubtest mir nicht." «Jetzt glaube ich Dir. O, jetzt bin ich glücklich. Du sprichst von Deinem Unrecht! Nein, ich allein habe Unrecht. Ich habe Dich mit meiner Liebe gelangweilt und ermüdet. Und entsinnst Du Dich noch meiner Eifersucht. Ich war eine Närrin; wenn ich Dich zer streut, gleichgiltig, verdrießlich sah, so bildete ich mir ein, eine Neben buhlrrin zu haben. Aber meine einzige Nebenbuhlerin war diese unselige Leidenschaft für das Spiel, nicht wahr?" „Ach ja!" »Ich verzeihe sie Dir! Ich hätte das auch einsehen können und wäre dann immer gut. sanft und liebreich gewesen, denn es gab Augenblicke, in denen ich Dich lieber todt gesehen hätte. — Und das war eine Qual. — Ach, welche Qual während dieser wenigen Monate! Jetzt ist eS vorüber, denn eS ist wahr, Du liebst mich und täuschtest mich nicht?" «New, ich täusche Dich nicht und fühle in meinem Herzen die lebendigste, tieffle Neigung. — Und wie sollte ich nicht gerührt sein? Du hast keinen Augenblick an mir gezweifelt, in d m Unglück, das mich betroffen hast Du nicht» als Mitleid empfunden. — Du weißt e» wohl, nicht wahr, daß ich nicht schuldig bin?" «Lasten wir das," sagt« sie verwirrt mit leiser Stimme. (Fortsetzung folgt ) Was wir liebe«. Line Betrachtung von Gräfin Mathilde Luckner (Nachdruck verboten.) Wie seltsam verschieden und eigenthümlich find doch unsere Neigungen und welche Bedeutung bei der Entwickelung derselben spielt die Alters-, Rang- und Bildungsstufe! Selbst die oberflächliche Betrachtung unsrer nächsten Umgebung zeigt eine Mannigfaltigkeit von Lrebhabereieu de» Geschmackes hat gar viele Sprossen. Da befand ich mich einige Zeit auf dem Landgute von Freunden. - Wir saßen zur Dämmerstunde um den hellflackernden Kamin, sprachen über die große und über die kleine Welt und freuten uns gegenseitig unserer übereinstimmenden Ansichten. Draußen wetterte ein Wintersturm von rechter Art, und gegen die hohen Bogenfenster des alten Schlosses klatschte und rauschte der Schnee; doch die dicken Mauern ließen keine Zugluft eindringen und im Bemach wehte eine wohlthätig, durchdustete Atmosphäre. „So liebe ich's," sagte die Schloßherrin, drehte den feinen Faden ihrer Spule und ließ ihr Spinnrädchen lustig schnurreu. «Giebt es wohl etwas Behaglicheres, als so, wie wir eS jetzt thun, im warmen Zimmer zu sitzen, während eS draußen stürmt und tobt? Man wird sich dabei so besonders bewußt, wie bevorzugt man vor Anderen ist, wie gut man es im Leben hat!" Der Gatte der Dame richtete sich bei diesen Worten auf: „Ge wiß, liebe Fanny," sagte er. „Doch doppelt liebe ich das Glück der eigenen vier Wände, wenn ich mich so ausdrücken darf, wenn liebe Gäste bei uns weilen!" Er streckte mir die aristokratisch geformte, abgemagerte Greifen- Hand freundlich entgegen und, als ich meine Hand in die seine legte, küßte er galant meine Fingerspitzen. „Manchmal ist es doch recht einsam bei uns," fuhr er fort. „Wenn die Witterurm meinem Podagra nicht erlaubt, zu pirschen, und ich mein liebstes Vergnügen, die Jagd, wochenlang, wegen dem da," er deutete auf sein rechtes Bein, „entbehren muß, so wird mir das viele Stillsitzen oft unleid lich. — Doch wenn dann sympathische, interessante Freunde aus der Residei z kommen und mir altern Knaben mit ihren Hosgeschichlen und Berichten aus der „Gesellschaft" die schöne Jugendzeit wieder in das Gedächtniß znrückrufen, ja, — das liebe ich!" Ich lachte: „Wenn aber dann der Schnee schmilzt und die Lust nicht mehr so eisig über die Felder fegt — dann können die „guten Freunde" gern zu ihrer „Gesellschaft" zurückkehren, nicht wahr? Denn daun kommt bald Ite.,uii>iso-l->! — .putz' die Gewehre," — und Oeuli — „da kommen sie," — und I^luro — „das sind die Wahre" — und .lu-Iiv^ — „Ja, ja," unterbrach mich leuchtenden Auges der alte Herr, „ lucli-u — „sind sie auch noch da", denken Sie im vorigen Frühjahr schoß ich, als ich das erste Mal auf den Schncpfenflrich ging, zwei Stück mit einem Schuß! Ein famoser Schuß, der sehr selten vorkommt, meine Gnädige, aber so liebe ich's! Die Hagelkörner hat mir damals meine Enkelin Eva in das Futter meines Jagdrockes einnähen müssen, der Kobold that es mit verhal tenem Lachen — aber das bringt Glück. Wir Jäger sind Alle etwas abergläubisch." — DieZiwmerthür wurde stürmisch ausgestoßen und, von einem Diener gefolgt, wirbelte, einer Schneeflocke gleich, die eben erwähnte Eoa in's Gemach. „Großpapa, Großmama," jubelte sie und drehte sich lachend im Kreise herum. „Sehe ich nicht aus, wie ein Schnee mann?" Allerdings, man erkannte sie kaum auf dem Pelz ihres Man tels, auf ihren Schultern, auf ihrer Kopfbedeckung, überall lag die weiße Masse in dicken Flocken, sogar in den krausen Stirnhaaren, ja in den Augenbrauen und Wimpern hing der Schnee. „Wie eine Schneekönigin i" sagte der galante Großpapa, zog sich aber gleich darauf vorsichtig zurück, als besagte Schneekönigin ihm die rothen Lippen zum Küste darbot. Aengstlich klopfte er sich die Flocken fort, welche bei Eoa'S Um armung aus ihn niedergeschneit waren. Eva ließ sich von dem Diener die nassen Sachen abnehmen und ich neben uns am Kamin niedersetzend, rief sie einmal über das Andere: „Ach, ihr glaubt es nicht, wie schön es war. Alles weiß: Bäume, Erde und Himmel, und unser Schlitten sauste in die weiße Herrlichkeit hinein, — ach, so lieb' ich's!" Ihre Augen strahlten vor Vergnügen bei der Erinnerung an die Fahrt. „Und wo ist Dein Bruder?" fragte der Großvater. Eva zuckte die Achseln: „ach, der Duckmäuser," sagte sie, „er wird wohl wieder in irgend einem Winkel seinen Kopf hängen lasten I Ich weiß nicht, was letzthin mit dem lustigen Georg ist? Kein Wort hat er aus der ganzen Fahrt geredet, und je lustiger mich das reizende Gestöber machte, desto trübseliger blickte er." Besorgt sah die Großmama auf. „Was mag er nur haben?" lüsterte sie mir zu. „Seine Schwermuth ist mir schon seit einigen Tagen ausgefallen. Sollte er etwa verliebt " Sie stockte plötzlich und sah mich mit einem eigenthümlich fcharfen, forschenden Blicke an. Dieser Blick, das hastige Jnnehalten, was bedeutete es? „Ja, ja," nickte sie leise vor sich hin, indem sie an ihrem Spinnflachse herumnestelte, „seit einigen Tagen! Ungefähr so lange Sie hier sind." Die alte Dame ahnte offenbar nicht, daß sie laut dachte. Sie that dies öfters, wenn sie irgend Etwas erregte, und daß dies augenblicklich der Fall war. bewies mir ein kleiner Borgang an ihrem Spinnrad. Der feine Faden, den ihre Finger so geschickt zu drehen verstanden, er war gerissen, — just, als sie mir den wunder lichen Blick zuwarf. Gräfin Degenhardt war eine ausgezeichnete Spinnerin, ihr Faden riß sonst nie — sie mußte eben mit ihren Gedanken sehr weit fort gewesen sein! Mich amüsirte das ungemein, gerade weil ich wußte, wie falsch die Großmama kombinirte, — doch ich schwieg natürlich. Ich muß gestehen, von Kindheit an hat mir die Lust zum Fabuliren tief in der Seele gelegen, und wenn sich die Pariserinnen unter einander statt, wie wir das übliche „guten Tag" sagen, mit der Frage begrüßen: ..Oo.nment vn ,.»tea -»tiä^no?' so stehe ich in diesem Punkte unseren Schwestein an der Seine näher, als der deutschen Formel. So ein kleines, harmloses Spiel, ein Bischen Folter für den lieben Nebenmenschen, vor Allem eine hacke Nuß seinem Wissens drang zu knacken zu geben, — ja, das lieb' ich! Zur Abendtasel hatte sich die Großmama den melancholischen Enkel an ihre Seite befohlen; sein sonstiger Platz neben mir war durch einen jungen Musiker besetzt worden, welcher seit kurzer Zeit damit beschäftigt war, Gräfin Eva in die Mysterien des General basses und des Kontrapunktes einzuweihen. Seine schwarzen Künstlerlocken umflatterten wild das Haupt, als er mir zwiscyen Dessert und dem Her umgeben jener bekannten „blauen Kummen", welche leider beginnen, sich auf feudale Landsitze zurückzuziehen — seine Ansichten über Liszt und Wagner klarlegte „Weshalb verließen Sie uns gestern so rasch nach Ihrem Vor trag, noch vorm Abendessen?" fragte ich ihn. Die musikalischen Locken geriethen in elegisch lyrische Bewegungen : „ich hatte so göttlich schön gespielt." antwortete er, ich „bedurfte der Ruhe, — ich liebe in solchen Momenten mit meiner Muse allein zu sein." Gräfin Eoa, welche diese Worte vornominen hatte, warf mir einen boshaft-entzückenden Blick zu und sagte rasch und halbleise: „I luv« 8u«!> touis" — wohl wissend, daß Keiner der uns Nahe sitzenden Englisch verstand. Sie unterhielt sich dann eifrig weiter mit ihrer Nachbarin, der Frau des Dorfgcistlichen und ich hörte dieselbe sagen: „mit Rosinen und Mandeln liebe ich die Weihnachtskuchen am meisten, doch dem Gesinde gebe ich statt besten Syrup dran, - sie lieben das mehr und außerdem ist das billiger. „Nun beichte mir ernsthaft, mein liebes Kind," Hub die Groß mama an, al» sie Graf Georg glücklich nach dem Effetr in eine Fen sternische hineingeschmeichelt hatte, wa» birgt denn jene» blaue Me daillon, das ich seit Kurzem an Deiner Uhrkett« bemerke und dessen Inhalt ich Dich vorhin so lange betrachten sah?" — «Rief mich da nicht eben Großpapa?" sagte der junge Mann, heftig erröthend, und wollte sich der strengen Beichte entziehen. Mir hüpfte hinter meiner Fenstergardine da» Herz vor Ver gnügen über «nutls intlizus", als die alte Dame mit einem ener gischen „nein, nein" da» besprochene ungewöhnlich große Medaillon erfaßte und dadurch ihren Enkel zum Bleiben zwang. Die Kapsel sprang auf und «gerechter Himmel, weiße Haare?" — rief entsetzt die Großmama, eine allerdings weiße Lock« in dem Schmuckstück gewahrend. Unverwandt starrte sie die sonderbar« Haarfarbe an und bat mir und meinem Blond jetzt gewiß im Geist« den bösen Verdacht ab. «Ach, Großmama," sagte halb lachend, halb verlegen der jung« Graf, «daS ist die Wollenprobe von einem Shrupshire-Schaf, da» ich neulich drüben bei Graf Freiten sah. Die Zucht ist wirklich un vergleichlich schön und ich bin ja doch einmal so ein enragirterLand- wirth und Viehzüchter; zu gern möchte ich diese» Vieh bei mir ein- sühren, aber es ist gar zu theuer. Ich war die letzte Zeit über ganz verstimmt, weil ich die Shrupshire nicht halten kann, und Freiten schenkte mir. um meine Kauflust noch zu verstärken, diese Locke. Ich liebe die Schafe zu sehr!" Nun lachte die Großmama, — da» erste laut« Lachen, da» ich von ihr hörte' „Mn Schaf, ein Schaf," lachte sie immer von Neuem, und wir Alle mußten einstimmen, so herzlich, so glücklich klang e»I Da fuhr ein Wagen vor, — „bist Du da» schon, Georg?" fragt« Eva den Bruder welcher seine GutSwirthschaft nur deS Sonn tags halber auf einige Nachmittagsstunden verlassen konnte. Man hörte Stimmen, Rufe, rasche» Gehen vieler Personen auf der Freitreppe des Schlöffe», dann Schritte im Nebenzimmer, die Flügelthüren wurden hastig geöffnet — und Graf und Gräfin De genhardt, die Kinder de» Schloßhern und die Eltern von Georg und Eva traten ein. „Zurück vom Reichstag! Ich habe einiger wichtigen Geschäfte halber drei Tage Urlaub genommen, nun treffen wir Euch ja Alle beisammen," riefen die Eintretendeu in den BegrüßungSsturm hinein. Man erdrückte fast die wunderschöne, unglaublich jugendliche Frau, und für mich, die ich das Ehepaar heut zum ersten Male sah, war eS ein wahrer HerzenSgenuß, das Bild vor mir mit Mnße in mich aufzunehmen: — da» stolze bewußte Glück in den Zügen de» Mannes, der vornehm vom Scheitel bis zur Sohle als Muster «ine» Edelmannes gelten mußte, — und die schlanke Frau an seiner Seite, umflossen von idealer Anmuth. Sehr bald war Graf Waldemar mit seinem alten Vater im Gespräch mitten in der Session deS Reichstags. Er sprach lebendig und überzeugend, ein gewisser Nimbu» von Kraft, lag über Allem, was er sagte „Da haben wir aber den OppofitionShelden ordentlich Bescheid gegeben," sagte er fröhlich. „Haben ihnen in'» Gedächtniß gerufen, was es heißt: ein große» deutsche» Reich, ein Kaiser! — Oh!" — seine breite Brust dehnte sich — „da fühlte ich mich so ganz in meinem Element; den politischen Gegnern tüchtige Schläge zu versetzen, oh — wie liebe ich da»! — „Und wenn Waldemar dann zu mir in da» Hotel heimkam," fiel die Gattin ein. „da hätte» Ihr ihn sehon sollen, — er bebte förmlich vor Erregung nach seinen Rede». Mir wurde dann die liebe Aufgabe zu Theil, ihn zur Ruhe zu plaudern! Um ihn zu zer streuen. besuchten wir gemeinsam Theater und Museen, haben herr liche Genüsse gehabt I Da» ist doch das Allerbeste auf der Welt: mit ihm, den man liebt, sich an den schönen Künsten zu erfreue», d«S liebe ich!" »«rantwortlichn Redakteur -ranz Götze in Lhemnitz. — Druck und Berlag von Alexander Bied« in Lhemnitz. Empfang des Landesdaters. Der Bürgermeister und die Herrn vom Rath, Der Superintend im geistlichen Ornat, Diakonus und Justitiar, Der Lehrer mit der Schülerschaar; Schwarze Fracks, Zylinderhüte, Mittelalter, Jugendblüthe, Laufen, Schnattern, Sonnenschein, Polizei und Jungfräulein, Greise, Kinder, Frauen, Aufgeputzt wie Pfauen; Auch Bürgerschützen In Waffen blitzen; Banner, Flaggen; Blumen, Wachen; Glockenton I Kommt er schon? Kann sein! Ja! Nein! Er! Wer? Nu, der König! — Wagenrollen, Jubeltollen; Vivat Hoch! schreit'» im Chor. Bürgermeister stürzt hervor, Eine Ansprache muß er halten, Legt sein Antlitz in würdige Falten, Räuspert sich, fühlt sich erhaben und groß Und legt dann folgendermaßen lo»: «Majestät, Tausende lassen Sie grüßen, Tausend und Abertausend Majestät!" Weiter will doch die Rede-nicht fließen, Wie auch auf Kohlen der Redner fast steht. Aber Kourage faßt frisch der Manu, Fängt herzhaft wieder von vorne an: „Majestät, Tausende lasten Sie grüßen, (Donnerwetter das Böllerschüßen), Tausend und Abertausend Majestät! (Wenn ich nur wüßte, wies weiter geht?). Zuckt eS dem König auch im Gesicht, Unterbricht er die Pause doch nicht. Aller guten Dinge sind drei, Denkt der Redner, beginnt auf'» Neu: „Majestät, Tausende lasten Sie grüßen, Taufend und Abertausend Majestät!" (Himmelkreuzd ..., man könnt' sich erschießen, Wie sich Alle- im Kopfe mir dreht.) „schön", spricht der König, „mein lieber Mann, „Grüß' er die Leute wieder sodann, Aber einzeln, ich bitte darum." — Alle stehen betreten und stumm, Doch ein neue» Hurrahgeschrei, Macht die Leute vom Banne frei. Der Köllig winkt zur Weiterfahrt. Den Witz hat man in L. bewahrt. R. Aster.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite