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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.01.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188501108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850110
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850110
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-01
- Tag 1885-01-10
-
Monat
1885-01
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.01.1885
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U-e«ö»itz«» «»-eiger «ööd Vt«dt»ot<- Nr. 7. Sonnabend, 10 Januar 188V. Sekt« 8. ö', A ^ ein abgeschloffenes Tanze behandelt, während die Protokolle über die Sitzungen de- Bundesraths ihren Ab chliiß immer mit dem der Sessionen im Herbst erhalten. Die Zahl der im Jahre 1884 ge machten Vortag n hat 1!>9 betragen; die letzte enthielt den Antrag auf den Reichszuschuß zur Ausführung des Zollanschlusses von Bremen. Jetzt liegt bereits Nr 1 deS neuen Jahres vor, welche «ine Eingabe von Vertrauensmännern des OrlsveibaudeS Kreuznach des rheinischen Ba irrnvereine« vom 19. De,br. 1884. betreffend die Einführung bezw. Erhöhung von Eingangszöllen für landwirthschaft Kche Produkte, Obst und Gemüse, insbesondere die Erhöhung der Zölle für Roggen, Fleisch. Wein und Weintrauben, enthält. — Die westafrikanische Konferenz nahm am Mittwoch daS Pro jekt der Deklaration, betr.de» Sklavenhandel, an; die Berathung der Nentralitätsfrage wurde vertagt — I» der Sitzung der Afrikanische» Konferenz am 22. Dezem der v. I. wurde der Kommisfionsautrag, betreffend die Einfuhr gei stiger Getränke in das Kongogebiet, in folgender Fassung angenom men: „Die in der Kovf renz vertretenen Mächte wünschen, um die eingeborene Bevölkerung gegen die aus dem Mißbrauch starker Ge tränke entstehenden Uebel zu schützen, daß eine Einigung zur Regelung der in dieser Hinsicht eventuell entstehenden Schwierigkeiten unter ihnen zu Stande komme, welche sowohl den Rechien der Humanität, als den HandelSintereffen, so weit sich dieselben als berechtigt darstellen, Rechnung trage." — Die Stanleyfeier in Köln begann gestern Vormittag mit einer öffentlichen Versammlung i»> großen Saale der Lesegesellschaft nnter Anwesenheit deS Gefeierten. Zuerst sprach Bauinspektor Jüttner über die Reisen Stanley'», sodann Do. Fabri über Livingstone und Stanley, die Bahnbrecher der Kuliivirung Afrikas. Hierauf ergriff Stanley das Wort und bemerkte, daß er ursprünglich nicht beabsich tigt habe, zu sprechen; der freundliche Empfang, den er hier g stunden, bewege ihn aber z» dem lebhaftesten Danke. Was ihn als Forscher, als welcher er hier gerühmt wurde, betreffe, so stehe er im Dienste der zivilisirtrn Welt und beabsichtige, dieser neue Absatzgebiete zu er schließe». Au der Hand einer Karte zeigte er, wie groß dieselben Werden können; Afrika habe noch ungeheure nnzivilifirte Strecken. Rach Beendigung der Rede Stanley'» wurde eine Resolution ange nommen, in welcher demselben als dem Repräsentanten der Afrika- Erforschungen der Tribut der Hochachtung und deS DankeS dargebracht »nd der Befriedigung für seine kraftvolle Arbeit am Kongo aus gesprochen wird; gleichzeitig wird die Berliner Kongokonferenz alsein Fortschritt moderner Kulturentwickelung begrüßt und in der Berufung «ud den bisherigen Erfolgen derselben die geniale Poliiik und die mächtige Hand deS großen deutschen Staatsmannes erkannt; das Vorgehen des deutschen Reichskanzlers biete die Gewähr, daß die kolonialpolitischen Schritte der Reichsregierung eine Aera friedlicher kultureller Erwerbungen herbeiführen werde. — Nach der Resolution wurde von dem Vorsitzenden, Kommerzienrath Langen, ein Hoch auf den Kaiser ausgebracht, welches begeistert ausgenommen wurde. — Sn dem Bankete, welches in dem mit der Büste des Kaisers und mit Flaggen aller Nationen und Blumen reichgeschmückten Gürzenich saale stattfand, nahmen 600 Personen Theil, darunter Oberpräsident ». Bardeleben, Gouverneur Generallieutenant v. Rosenzweig, Regie rungsvizrpräfident v. Sydow, die Eisenbahndirektionspräsidenten Rennen »nd Offerman« u. A. — Ueber di« unheimliche Sendung eines mit Sprengstoffen rc gefüllten Koffers an eine Familie in Nippes bei Köln theilt die „Köln. Ztg." noch Folgendes mit: Der in NippeS verhaftete Arbeiter, « welche» der Koffer mit Dynamit, Pulver und Zündschnuren ge schickt wurde — in dem Behälter befanden sich noch Bekleidungsstücke — ist seine» Zeichen» Anstreicher und heißt Jakob Merzenich. Der selbe hat sich seit 1879 in Holland und Belgien aufgehalten. Der Koffer kam auf der Eisenbahn von Lüttich. Merzenich ist bereits dem hiesigen Amtsgericht übergeben worden. Oesterreich-Ungarn. Die Frage, ob Triest oder Genua zu» Anfangspunkt der von der deutschen Reichsregierung zu etabli- renden Dampserunternehmung gewählt werden wird, geht den Wiener maßgebenden Kreisen sehr nahe und auch die Publizistik beschäftigt sich eingehend mit dem Thema, doch hat die letztere in der Behänd- lung desselben eine gewisse Ruhe und Reserve zu wahren gewußt «nd ist nicht in den Fehler der italienischen Presse verfallen» welche in der Diskussion de- Gegenstandes ein der Natur der Sache ganz ««angemessenes politische» Pathos entwickelt. AuS Belgrad melden Budapest« Blätter: „Der gemeinsame Finanzminifier, Benjamin v. Kallay, hat ein Werk unter dem Titel: „Geschichte der Serben" geschrieben. Der hiesige Professor Witkowitsch, ans Budapest gebürtig, hat mit Genehmigung des Verfassers das Geschichtswerk ins Serbische übersetzt und dasselbe an die Buchhand. Stadt-Theater. Schauspiel. Donnerstag, den 8. Januar: „Der Salontyroler", Lustspiel in 4 Akten von G. ». Moser. Achte Novität! — Bekanntlich hat sich der unermüdliche Biel schreiber Moser durch Defreggers berühmte« Genrebild ,.Der Salontyroler" zur Schöpfung des gleichnamigen Schwankes begeistern lassen, und damit das Publikum dies auch merkt, läßt der schlaue Dichter den dritten Akt seines lustigen Stückes durch eine lebende Gruppe eröffnen, die jenem Bild »achgestellt ist und durch eine entsprechende Musik eingeleitet wird. Aas diese» Tableau selbst, das wollen wir gleich «„schalten, möchte die Regie bei den Wiederholungen der Novität noch mehr Sorgfalt verwenden, daß es frischer, markiger und stimmungsvoller hervortritt. Bor Allem müssen die beiden Mädchen links in Haltung und Gesichtsausdruck mehr Leben und Energie entwickeln. Der Schwank selbst, der gegenwärtig sein« Rundreise über Deutschlands Bühnen macht, Hot eine etwas dünne Handlung, deren Inhalt man durchaus nicht auf ihre Wahrheit prüfen darf. Mit seiner bekannten kecken Unver frorenheit wirst der Autor Mögliches und Unmögliches flott und bunt durch einander; ihm kommt es, wie gewöhnlich, nur aus den «inen Zweck an, daß die Zuschauer lachen. Und damit dies geschieht, läßt er die Handlung über wuchern durch eine ganze Menge ergötzlichen, oft sehr burlesken »«Werks »nd durch allerlei drollige Schnurren, die uns die Armuth der dramatischen Entwicklung vergessen machen sollen. Seine Hauptforce entfaltet der dühnen- kundige Macher in den Aktschlüssen, welche sämmtlich von einschlagender und zuweilen anheimelnd-gemüthvoller Wirkung sind. Sa bildet beispielsweise da« Hereinplatzen des urwüchsigen Tyrolers in den Berliner Salon am Schluffe des ersten Akte« einen Effekt, der die frischeste und heiterste Stimm ung Hervorrufen muß, s, unwahrscheinlich der ganze Vorgang auch an und für sich ist. Während Moser dann im zweiten und drititn Akt sich «was krampfhast mit aneinandergereihten drastischen Episoden behilft, welche den Mangel der Aktion nicht immer gut decken, spart er sich für den Schlußakt »och eine recht vergnügliche und wirkungsvolle Lösung auf. Die eingestreuten Tyrolerlieder verfehlen natürlich ihres Eindrucks aus das Gemüth nicht und geben dem Stück zuweilen den Charakter eines Singspiels. Der Aufführung selbst gebührt voller Lob; denn die meisten Mitwirken den waren mit voller Seele bei der Sache und gingen munter und lebendig aus sich heraus. Freilich darf nicht verschwiege» werden, daß die Sicherheit im Dialog nicht bei Allen die gleiche war. Frl. Elair wird schon fühlen, aus wen wir dabei abziele». Es scheint, daß es diese Darstellerin endgiltig ousgegeben hat, die gebotene Rücksicht gegen das Publikum zu erfüllen und ihre Rollen taktfest einzustudiren. Auch wollte sie sich für die kecke Kammer zofe Setma nicht recht eignen. Der ganze Ton, in dem diese soubrettenhasle Liebhaberin gehalten ist, steht ihrem feineren Spiel und Wesen nicht an. Der Löweiianthcil des Ersolges gebührt unstreitig Herren Schady, der dem Joseph Slemmbacher eine so kcrnsrische, markige und innerlich durchge- füblte Gestaltung verlieh, daß wir unS diese prächtige Tyrolerfigur gar nicht besser dargcstelll denken können. Wir machen ihm unser auftichtiges Kom pliment für diese ausgezeichnete Leistung. Ebenso war aber auch der schlau« gemüthliche alte Bredo eine fei» »nd mit liebenswürdiger Komik durchge- Mrte Leistung de« Herrn Weber. Was nun den eigentlichen Salontyroler, diese erneute Ausgabe de» Stritzow im „versprechen hinter'», Heerd", an- lnngt, so suchte idn Herr Jordan so guimülhig, leichtsertig und launig als möglich zu verkörpern. Allerdings könnten wir unS diesen Berliner Jungen lungeo versendet. D'e »ach Serajewo zum Verkauf geschickten Exemplare wurden jedoch auf Befehl der bosnischen Zensurbehörde zurückgcschickt. weil der Inhalt deS Werkes für staatsgcsährlch gehalten wi>d." Was die Sach: noch komischer macht, ist der Umstand, daß Herr v. Kallay. der Verfasser deS für Bosnien gefährlichen Werke-, als gemeinsamer Finanzminister zugleich oberster Chef der bosnischen Landesverwaltung ist. Frankreich. Der Chef der Patriotenliga Deroulide hatte am Sonntag im Sterbehause Gambetta's eine seiner gewöhnlichen Hetzreden gehalten und die Gelegenheit benutzt, darin seinem Be dauern über die Demission de» Krieg-ministerS Campeuon Ausdruck >u geben, welch«, wie Herr DeroMde behauptete, lediglich aus dem Grunde erfolgt sei, weil der patriotische General durch die auswärtige Politik de» KonseilSpräfidenten Ferry in die Unmöglichkeit versetzt worden sei, sein einzige- Augenmerk nach Osten zu richten und die Armee auf da» einzig« und große Ziel der Revanche vorzubereiten. Ran war umsomehr geneigt, dieser Erklärung der Demission des Minister- keine weitere Bedeutung beizulegeu, als sämmtliche gam- ftettistische «nd ministerielle Journale in ihren Berichten über die Gedächtnißfeier im Sterbehause Gambetta'S die Rede Deroulöde's unterdrückt hatten. — Die Minister traten gestern Vormittag im Tlysee Palast zu einem Ministerruth zusammen; die Herren Martin-Feuilläe, Falliere», Waldeck Rousseau und Rouvier, sämmtlich von Paris abwesend, wohnten demselben nicht bei. Der neue Krirgsminister entwickelte seinen Plan zur Organisirung des Expeditionskorps in Tonkin. — Der „Voltaire" schreibt offiziös: „Mehrere Blätter be haupten, auf den Rücktritt des Generals Campen on werde derjenige de» Marineministers unverweilt folgen. Wir sind in der Lage, zu versichern, daß diese Nachricht ganz unbegründet ist." England. Mr. Chamberlain, der Präsident des Handels- amts» wurde gestern von dem neu gegründeten Gewerkvecein in Birmingham bei einem Diner bewirthet, unter besten Gästen sich auch ca. 600 Handwerker befanden. In Erwiderung auf einen Sympathie- und Bertrauensausdruck beglückwünschte der Minister die Anwesenden zu der Annahme der Wahlresorm - Bill und der Aussicht auf eine baldige Durchführung der Vorlage zur Neueintheilnng der Wahlsitze. Rußland. Bekanntlich war für dieses Jahr eine allgemeine Volkszählung in Rußland geplant, und unsere Statistiker freuten sich bereits darauf, binnen Kurze« ein reiches Material zur Versügung zu haben. Wie die „R. Corr." erfährt ist soeben beschlossen worden, die Volkszählung auf unbestimmte Zeit aufzuschieben und zwar, heißt es, weil es dem Finanzministerium nicht gelungen sei, den ihm ob- liegenden Theil der Vorarbeiten im Lau'e der siebzehn Monate, Welche ihm eingeräumt wurden, fertig zu stellen. - In letzter Zeit werden wieder zahlreiche Verhaftungen poli tisch verdächtiger Personen vorgenommen. In der vorigen Woche wurden 3 Marineoffiziere und endlich am Sonntag in Petersburg eine Gesellschaft von 4 Frauen und 2 jungen Männern, darunter ein Student, verhaftet. Chemnitz, den 9. Januar 1885. — Die kürzlich hier errichtete Beerdigungsanstalt „Pietät" bat bereits einen Konkurrenten erhalten. Einige hiesige Bürger, welche bereit» seit einer Reihe von Jahren die Uebersühruvg Ver storbener nach den Friedhöfen besorgt haben, werden in den nächsten Tagen die von ihnen begründete „Chemnitzer Beerdigungs anstalt Heimkehr" eröffnen. Die Begleiter der Leichenwagen sollen nach Wunsch der Hinterbliebene» entweder Gala Uniform oder Traueranzug tragen. DaS Tragen der Verstorbenen geschieht durch Träger der Weber-Innung oder Maschinenbauer, je nach Wunsch der Leidtragenden. —t. Wir verfehlen nicht, alle Theater- und vor allem Schan- spielfreunde auf da» Sonnabend stattfindende einmalige Gast spiel de» Herrn Max Grube aufmerksam zu machen. Wie ein Meteor, blendend förmlich, jedenfalls aber Alle überraschend und in seinen Hauptdardietungen — Franz Moor, Gloeester, Carlo — „Clavigo" Shylock — „Kaulmann von Venedig" — Publikum wie Kritik fort reißend, erschien der geniale jugendliche Künstler im Ensemble der Dresdner Hofbühne, dem ein zweimaliger Gastspielzyklus voran gegangen war, und befestigte sich neben dem vorzüglichen Herrn Jas sä in Jntriguantenrvllen schärferer Art immer mehr in dessen Gunst. — Die projektirte Jakob Grimm-Feier des regsamen Verein» „Deutschland" wird erst Sonntag im Börlensaale stattfinden. Leider hat der schon angekündigte Vortragende Herr Direktor Gesell cingetretenen Unwohlseins wegen absagen wüsten und wird an seiner Stall Herr Realgymnasialoberlehrer Or. Uhle über: „Die Ge- wohl noch ein gut Theil wirkungsvoller verkörpert denken. Doch Niemand kann über sich und seine Kräfte hinaus. Frl. Lili, hat wohl kaum eine Rolle so gewandt und frisch gespielt, wie die der Alpenschwärmerin Marianne. Ihr Spiel bei der Liebeserklärung im Schlußakt war s» schelmisch und herzgewinnend, daß sie Alles zum Ent zücken hinriß. Auch ihr Partner, Herr Schwel lach <Hans Werner), ging schneidig und energisch aus sich heraus und verlieh seinem Liebhaber zünden des Fener und erquickliche Wärme Nur hätte er im Verlaus der Handlung die erwachende und wachsende Neigung dem Publikum gegenüber deutlicher markiren dürsen- Nicht minder wäre seinem ganzen Auftreten etwas mehr Elastizität und Geschmeidigkeit z» wünschen gewesen. Tie Familie Lichten der g, Vater, Mutter und Tochter, waren durch Herrn Dahlen, Frau Moievius und Frl. Berger glücklich vertreten. Frl Corbach als an standsvolle Schwester Vredvs, sowie Frl. Baumgart in der Rolle der einanjipirten russischen Siudcutin waren gleichfalls trefflich am Platze; und um dem „Ende gut, Alles gut" zu seinem Rechie zu verhelfe», sei erwähnt, daß Herr Quandt den alten Slemmbacher vorzüglich individualisirte und daß Herr Huhn den Diener Ludwig mit köstlicher Komik zur Geltung ' , L' ' brachte. I)r. Lipps. Vermischtes. — Ein kulinarisches Märchen. ES war am Sylvesterabend. Melodische Akkorde klangen an mein Ohr - ick betrat, den edaposu cloguo im Arm, den im Glitylichtglanz erstrahlenden Tanzsaal, wo es bere is recht flott herging. Die Aristokratie der Nahrungsmittel Berlins — die Gour- mandisen — hatte nämlich eine gläuzende Nssemblee veranstaltet, wozu ich natürlich auch geladen war. Eine wirklich illustre Gesellschaft war da zusammen gekommen: Goldfasane in Burgunder, gebratene Gänse, gebackene »nd gedämpfte Hühner, auch die feudale Hnhnsamilie Derer von Frikassee war durch mehrere Mitglieder vertreten, dazu der niedere Adel der Salate und Mayonnaisen, die Büreankrati« der Kompots, Fische und Käse, kurz ein kulinarische- Gesellschaftsbild, wie man sich'S nicht bunter, jedenfalls aber nicht appetitlicher denken kann. Ich war gerade noch zur ersten Quadrille zurecht gekommen und konnte die interessantesten Beobachtungen machen. Wie sie da hüpften und schwebten, diese Reh- und Hammelkeulen, in graziösem Reigen und anmuthigen Wendungen! Wie sie sich verbeugten und unwider stehlich zu mache» suchten, diese schneidigen Hering-- und Hummersalate! Wie sic, vor Sehnsucht schmachtend, zerflossen, diese liebenswürdige» Gelees und Saucen. Es war ein wahres Vergnügen. Ein allgemeine- Naienrümpsen ging aber durch die Gesellschaft, als zwei bedenklich pariümirte Kavaliere: ein schon in Verwesung übergeganqener gespickter Hase und ein total madiger Limburger, sich zu« Tanze anickicklcn. Man wollt« dieie beiden anrüchigen Aristokraten, die doch eigertlich in der guten Gejellschait schon längst nicht wohl gelitten sind, eliminiren, dabei kam eS zum Eklat. ES bildeten sich zwei Parteien, von denen die eine sich ganz entschiede» ans die Seite der beiden beleidigte» Kavaliere schlug; und das war sogar die Majorität. Nun brach ein Skandal los, den man in einer so vornehm«, Gesellschaft nicht für möglich gehalten hätte. „Limburger raus!" schrie die lungenkräfrige Minorität, „Limburger hier bleiben!" antwortete daraus der größere Theil der Gesell schaft, bis es schließlich zum Handgemenge kam. Die Scherben flogen: die feindlichen Sauce» flössen sich gegenieitig in die Haare und der Fußboden färbte sich blutigroth von den eingemachten Kirschen, Himbeere» und sonstigen am Kampfe betheiligten Konserven ... Da plötzlich stürzt eine Rotte dick- leidiger Gesellen in den Saal — einen Moment glaubt «an, er sein, Echutz- brüder Grimm in ihrem Leben und Wirken" sprechen* Auch wird der BereinSaorsieher Herr Or. Fränkel noch Stellen aus den Werken der Gebrüder Grimm vortragen und darauf be zügliche weitere Mittheklungen folgen lasten. —u.— Am 7. d. M hielt der nördliche Bezirksverein in Stadt London seine diesjährige, ausnahmsweise sehr schwach be suchte Hauptversammlung ab. Nach Eröffnung derselven wurde der Inhalt der im vorigen Monat an dem Stadtrath abgegebenen Petition um Errichtung einer 1 Abtheilung in der 5. Bezirks schule bekannt gegeben und dabei gewünscht, daß schonlbei der diesjährigen Anmeldung schulpflichtig werdende Kinder seiten» der betreffenden Eltern auf die zu errichtende 1 Abtheilung gedachte Schule Rücksicht genommen werden möge, da bei zahlreich ergangenen Anmeldungen zvm Besuch dieser Abtheilung eine Berücksichtigung dieser Petition um so sicherer zu erwarten sei. Nach Vortrag deS Berichtes über die Thätigkeit des Verein« im vergangenen 10 Vereinsjahr wurde der mit 665 M. 10 Pf. Einnahme. 541 M. 78 Pf Ausgabe und 123 M. 32 Pf Bestand abschließende Kastenbericht vorgelegt und aus Antrag der Revisoren von der Versammlung genehmigt. An der hierauf vorgenommenen Neu- bez. Ergänzungswahl des Borstande- gingen hervor die Herren Maler Mrynig und Fabrikant Igel al» Vorsteher, Kaufmann Engelmann al» Kassner, Gewerb'chullehrer Gebauer und Kaufmann Mutter als Schriftführer, sowie die Herren Fabrikant Sühnel, Materialist Findeisen, Fabrikant Backofen, Kauf mann Eicke, Kohlenhändler Schurigt, Materialist Buschmann, Bäcker meister Emmrich, Hemdensabrikant Bach. Tischler Hänsch, Fabrikat t Richier, Agent Kinzel, Kaufmann Metz, Landgcrichtsraih Lipperh Kaufmann Wenzel, Lehrer Haupt und Direktor Hunger, als Aus schußmitglieder. Die Abhaltung eines Stiftungsfestes wurde ge nehmigt und die weitere Ausführung dem Vorstand übertragen. So dann wurde der fortdauernd schlechte Zustand des Trottoir» an dem Wittig'scheu Grundstück an der Schillerstraße, viu-L-vis der Aktien» spinnerei, gerügt und angeführt, daß bei Regen- bez. Thauwetter dieses Trottoir durch das. auch die nebenan befindliche Gartenmauer dringende Master geradezu überschwemmt und die Passanten dadurch zum Verlassen des Trottoirs gezwungen würben. Der Vorstand wurde beauftragt, um Beseitigung dieses Uebelstandes an geeigneter Stelle nachzusuchen, auch über den jetzigen Stand der Eirichtung einer Feuermeldestelle in der neuen Gasanstalt Erkundigung eiuzu- ziehen, da seit Monaten wohl ein Schild „Feuerglocke" daselbst ange bracht, von einer Jnbetriebgabe aber noch nichts bekannt geworden sei. Die schon in einer früheren Versammlung erwähnte Verunreinigung der Hozbach, durch Abiälle des SchlachthofeS, welche in letzterer Zeit geradezu belästigend auf die Passanten und Anwohner der von dieser Bach berührten Straßen wirkt, soll auch auf die Tagesordnung der nächsten Monatsversammlung gesetzt werden. In gleicher Weise soll auch die zur Sprache gebrachte jetzige mangelhafte Beschaffenheit de» Gases in hiesiger Stadt behandelt werden. —i. In den Räumen deS Gasthauses „zur Linde" hielt am gestrigen Ab nd der Wohlthätigkeilsverein „Sächsische Fecht- schule, Verband Chemnitz", seinen 2. Familienabrnd ab, der ebenso wie der vorige als trefflich arrangirt bezeichnet zu werden verdient. Der mehr als zahlreiche Besuch gab — bester, als es Worte zu thun vermögen — die Sympathie kund, die auch diese« neuen Vereine hierorts entgegengebracht wird, ebenso legte er aber auch Zengniß von der aufopfernden und angestrengtesten Thätigkeit deS Vorstandes ab, welcher sich keine Mühe verdrießen ließ, die mannigsachste» gediegenen Kräfte zur Milwirknng heranzuziehe». Die Militärkapelle unter Leitung ihres Dirigenten Herrn Pohle fand nach den verschiedensten Piöcen, hauptsächlich aber nach der höchst gelungen zu Gehör gebrachten Oaverture zur Oper „Zampa" und der Serenade für Flöte und Horn von Tittl den vollste« Beifall aller Anwesenden; auch eine Bearbeitung de» Volksliedes „Kommt ein Vogel geflogen" in der Manier unserer Musikheroen wurde bei fällig ausgenommen. Der Gesangverein „Sängerkranz" leistete in einigen gut cingeübten Gesängen, wie „Der Wald" von C. Häser» „Nachtzaubcr" von Storch, „Abendglöcklein" von Jsemann u. s. w. Vortreffliches, ebenso auch der Zitherklub „Max Albert", dessen gestrige Leistungen öffentliche Anerkennung verdienen. Einige gymnastische und equilibristische Darbietungen sorgten auch nach dieser Seite hin für Abwechslung im Programm. Im Speise saal war zur Unte: Haltung der Anwesenden in den Zwischenpausen ei» Schießnand errichtet, an welchem Schießauszeichnungen der Säch sischen Fechtschule errungen werden konnten, ebenso war auf ein« Waage und einem Meßapparat Gelegenheit zur Feststellung der Körpep länge und de» Köipergewicht» geboten. Nach dem Konzert folgt« Ball, an dem sich hauptsächlich die Jüngeren der Anwesenden bi» in die späte Nacht hinein betheiligten. — Sicherlich ist da» finanziell« leute, welche Ruhe Herstellen wollen, so wohlgenährt sehen sie «ui. — Aber bald klärt sich der fatale Jrrthum aus- Ek sind keine Schutzleute — e- sind Gourmands, die Aller in den Grund und Boden essen S»»iar löffeln sie mit Suppenkellen — Austern »erden gleich zu Dutzenden ans einmol heruntergeschluckt — kurz, die Kerle richten eine Verwüstung an, die kolossal — Appetit macht. Aber gerade in dem Augenblicke, al- ich mich au dem Zerstörungswerte betheiligen will, tritt «in spindeldürrer Herr — übrigen» der einzige im ganzen Saale — aus mich zu und redet mich mit folgende» Worten an: „Gestatten Sie. mein Herr, daß ich mich Ihnen vortzelle — ich bin der Magenkatarrh." — Ich schaudert« zurück bei diesen Worten; er aber sprach weiter: „Wenn Sie Ihr Leben, Ihre Gesundheit - Ihre» Magen lieb haben — dann essen Eie nichts von diesem KochkunstplunderI" - Die lebten Worte waren Io laut und nachdrucksvoll gesprochen, daß ich darüber erwachte .... Das Dienstmädchen war in demselben Augenblick in mein Zimmer getreten und hatte mir einen Blies aus» Bett gelegt. Hastig öffnete ich ihn . - . doch was enthielt er? — Di« Einladuag »nr Kochkunst-Ausstellung in der Philharmonie — Ich werd'mir'» natürlich noch sehr überlegen, ob ich dahin gehen soll. („Berl Lok.-Anz") — Die Kochkunstausstellung betreffend, läßt sich der „Ulk" schreiben: „Geehrteste Herren Veranstaltungs-Unternehmer! So was nenne. Sie also «ochkunst-vusstellung? Das ist was Rechtes! Unter so'ne Ver hältnisse kriege ich's auch zu Stande. Mit 'n großen Geldbeutel zum Schlächter gehen und 'n Braten von« Psundner achtzehn zu kaufen, dann ein schöne» Feuer anmachen, sich recht bequem dazu stellen, mit 'n Löffel tief in die Schmalzbüchse fahren und's Gewürze nicht geschont und mit aller Ruhe immer hübsch umgerührt «nd begaffen — Kunststück! Wenn Sie denken, daß Sie mir bei 'ner Ausstellung damit imponiren, da irren Sie sich gründlich. Da kommen Sie doch mal zu mir nach Hause, wenn Sie einen Begriff von Koch kunst bekommen wollen. Sehen Sie sich mal meine Frau an mit fünf kleine Kinder und zehn Mark Wirthschaflegeld die Woche. Kein Fleisch, kein Schmalz, keine Feuerung, kein Gewürz, vor Kindergeschrei keine ruhige Minute, ,» aus'S Essen auszupaffen, keinen ordentlichen Topf, kein« Extra-Küche — j«, meine Herren, wenn unter so 'ne Verhältnisse «aS zu Stande kommt, daß ist Kechkunst! So was sollten Sie mal ausstellen. Da zeigte sich'-, was der Mensch leisten kann. Der übrige KriskramS, wissen Sie, damit haben Sie bei mir kein Glück. Mit stets dem größten Appetit verbleibe ich Ihr trotz dem!,:er Scharbumke, Schuhmachergeselle." — .Ich bin zwar kein Dichter, aber ich habe «ine Idee!" Mit diesen bescheidenen und doch vielversprechenden Worten führte sich voo- gcstern ein junger Mann beim Dramaturgen eines Wiener Theater« ein und bat um eine Privatbesprechung in Dingen der Kunst. Nachdem der Sekretär des Theaiers dem Begehren des ideenreichen Nichtdichters Folge gegeben und denselben in ein stilles Seitengemach geführt hatte, begann der seltsame Fremde seine „Idee" vorzutragen. Dieselbe lautete: „Ein Parlamentär (?) hat einen Sohn, welcher der fortschrittlichen Partei angehört, während er selbst die aristokratische Sache zu der seinen gemacht har Hieran- ergiebt sich der dramatische Konflikt." . . . „Ich bin ein Eisenbahn-Beamter und kei» Dichter," schloß der Idealist seine „Idee", „aber ich bin überzeugt, daß »In Dichter aus dieser Idee etwas mache» könnte- Ich überlaste Ihnen die Idee- Der Dramaturg danklk dem Manne srcundlichst und erzählte ihm die Fabel zu einem Stücke, in welchem eine »on außen zugemachte Thür, sawie ei» Diener eine hervorragende Rolle spielen.
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