Volltext Seite (XML)
kam allerdings nicht in Frage, weil sie nur bei höheren Brenntemperaturen entsteht. Eine niedrig schmelzende Glasur bildet sich aber aus Bleioxid und Siliziumdioxid. Dies war bereits in der Antike bekannt, war aber im Mittelalter teilweise in Verges senheit geraten (Salomon/Duma 1981). Bei genügend hohem SiO2-Gehalt des Tones war es ausreichend, wenn eine Aufschlämmung aus gemahlenem Bleiglanz oder Bleiglätte (Bleioxid) auf die geschrühte Keramik aufgetragen wurde. Die ältere bleiglasierte Keramik kommt vor allem als Außenglasur auf Gefäßen, Tonfiguren und Fließen vor. In unserem Gebiet sind solche Funde auf jedem Falle Import. Aus dem Stadtkern von Mittweida liegen bis jetzt derartige Töpfererzeug nisse nicht vor. Im Stadtkern von Mittweida findet sich erstmals innenglasierte Keramik in Schichten, die in die zweite Hälfte des 15. Jh. datieren/' 9 Der Ton ist genau so be schaffen, wie die gelbliche unglasierte Ware dieser Zeit. Bei der Glasur handelt es sich um eine transparente gelbliche Bleiglasur mit mehr oder weniger dunklen Spren keln. Die gelbliche Farbe kam offensichtlich dadurch zustande, daß die Glasur im Glattbrand mit Eisenverbindungen des Tones reagiert hat. Die gleiche Ursache ha ben auch die dunklen Sprenkel. Als häufigste Gefäßform findet sich der Henkel topf mit kragenartiger Randlippe. Die Gefäßwandungen sind mehr oder weniger stark gefurcht. An erster Stelle ist hier der als „Zauber“ vergraben gewesene Hen keltopf (Kat.-Nr. 65) mit Deckel (Kat.-Nr. 57) von der Zimmerstraße zu nennen (s. 2.3.). Der Deckel ist aus dem gleichen Material wie der Topf, allerdings ungla siert. Außerdem liegt noch eine Reihe von Fragmenten solcher Töpfe vor. Hierher gehört auch der Griff eines Grapentiegels mit Spuren aufgetropfter Glasur (Kat.- Nr. 66). An der Mittweidaer Keramik des 16. Jh. kann man eine bedeutende Änderung auf dem Gebiet der Töpferei bemerken - eine Erscheinung, die in ganz Europa fest gestellt werden konnte (Pajer 1983, S. 3, 198). Diese Innovationen sind im Zusam menhang zu sehen mit der gesellschaftlichen Entwicklung jener Zeit. Im 16. Jh. än derte sich nicht nur die Keramiktechnologie, sondern es trat neben die alten Gefäß formen eine ganze Reihe neuer Typen. Hervorgerufen wurde dies u. a. durch neue Eßgewohnheiten im Bürgertum. Bei den Gefäßen kann als allgemeine Tendenz be obachtet werden, daß sich der Schwerpunkt der Gefäßkörper vom oberen Drittel im Spätmittelalter bis zur Mitte und z. T. sogar bis in das untere Drittel bei den frühneuzeitlichen Formen (Kat.-Nr. 65, 67-70, 83-85) verlagerte -, ein Phänomen, das auch anderenorts auftritt. 49 50 Neben den Henkeltöpfen sind Grapentiegel (Kat.- Nr. 74-77) häufig, wobei größtenteils an Stelle des Tüllengriffs (Kat.-Nr. 74) ge kehlte Bandhenkel (Kat.-Nr. 75-77), die am Rand und am oberen Teil eines Fußes ansetzen, vorkommen. Verwandt mit dieser Form sind die Näpfe, die ebenfalls einen Henkel besitzen. Diese wie auch die Grapen haben an der Außenwand Spiral- 49 Auch bei Grabungen in der Burg Kriebstein wurde ähnliche glasierte Keramik entdeckt, die durch den Baubefund in die zweite Hälfte des 15. Jh. datiert wird. 50 Mechelk 1963, S. 156 ff.; 1970, S. 120 ff.; Huth 1975; Lappe 1983 a u. 1983b; Michna 1970; Pajer 1983.