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Grabgefäße müssen zudem beim Bestattungszeremoniell oft am Rande des Scheiter haufens bzw. auf ihm gestanden haben. Denn Urnen und Deckschalen zeigen häufig zusätzlich Brandspuren in Form von Hitzekrakelurcn sowie hellen, geflammten Ver färbungen auf der gewöhnlich dunklen Oberfläche; die kleinen Beigefäße sind z. T. gänzlich, manchmal bis zur Frittung überbrannt (Simon 1979 b, S. 178). Der un gesteuerte Sekundärbrand hat indessen offensichtlich nicht zu größeren Spannungs unterschieden und ihrem gewaltsamen Ausgleich an den statisch am meisten ge fährdeten Stellen geführt. 2 Die strukturell bereits angelegten Mängel sind vermut lich, durch den Tonslip verdeckt, derzeit noch nicht sichtbar, zumindest nicht voll wirksam gewesen, denn die Gefäße haben ihre Funktion im Grabbrauch im allge meinen erfüllt. Flickungen abgeplatzter Böden oder gesprungener Unterteile an Urnen lassen sich nur ausnahmsweise, in unserem Material nicht ein einziges Mal, nachweisen (z. B. Holter 1933, S. 90 f., Abb. 30, Taf. XX, 1; Dresden-Stetzsch, Mus. Dresden S.: 1551/59). Daß das Auftreten von Garnierrissen tatsächlich in einem Zusammenhang mit geringer Brandhärte steht, verdeutlicht eine Gegenüberstellung mit den Gefäßen, die regellos-polygonal verlaufende Brüche aufweisen. Letztere sind in Dreitzsch im Mittel härter gebrannt (Abb. I). 3 Übrigens handelt es sich dabei vorwiegend um urnenfelderzeitliche Belege. Das auch sonst auffällige Über wiegen früheiscnzeitlichcr Nachweise für Wulsttechnik gegenüber solchen aus der jüngeren Bronzezeit im Elbsaalegebiet mag vor allem in derartigen Härteunterschie den begründet sein. Bruchlinien im Bereich ehemaliger Aufbaufugen haben als Hinweise auf die Formungstechnik prähistorischer Keramik schon seit langem Beachtung gefunden. Den Zusammenhang belegen entsprechende ethnographische Befunde: “Frequcntly cracks occur in the joints between the coils,... and the presence of horizontal cracks in primitive pottery is surely satisfactory proof of the technique used” (Linne 1925, S. 78; vgl. auch Shepard 1968, S. 183 ff., bereits Nordenskiöld 1906, S. 9 f.). Ähn lich wird die gelegentlich zu beobachtende Gliederung der Gefäße durch ringförmig ausgewölbte oder verdickte Wandungszonen gedeutet (Abb. 2, 11,6; ferner z. B. König 1926, Taf. IX,21,2,4- Coblenz 1962, S. 76, Abb. 4-6; Simon 1972, S. 22 - Grab 4). Bisher ließ man es gewöhnlich bei der pauschalen Folgerung bewenden, die Keramik sei im Wulst-, genauer im Ringwulstverfahren hergestellt worden (z. B. Kostrzewski 1950, S. 224f.; Löwe/Coblenz 1956, S. 153; Kossack 1959, S. 109; Billig 1960, S. 208; Rieth 1960, S. 12 f„ 15 ff. mit Anm. 25, S. 44; Pescheck 1965, S. 13, 16), ja, man sah dieses als „die damals unumschränkt ausgeübte Herstellungs technik der Tonware“ an (so Keiling 1962, S. 72). Doch ist mit einer derart allge- 2 Von den Dreitzscher Gefäßen (vgl. Anm. 1) zeigen 46 (41 %) sekundäre Brandspuren, und zwar Gefäße mit beobachteten Fugenresten (28 von 67) nur unerheblich häufiger als solche ohne diese (18 von 46). 3 Im Gesamtmaterial von Dreitzsch (einschl. Grabungskampagnen 1976 und 1979) ist die Ver teilung der nachweislich in Ringwulsttechnik hergestelltcn Gefäße (x = 3,2 bei n = 76) gegenüber solchen mit deutlich polycdrischem Bruch (x = 4,0 bei n = 16) hinsichtlich der unterschiedenen fünf Härteklassen (einschl. der Zwischenwerte 2-3, 3-4, ohne 1; vgl. Simon 1981, S. 507 ff.) statistisch signifikant verschieden: x2 = 27,919 bei f C korr = 0,596.