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wurde die Stadtentwicklung begünstigt. Diese Förderung entspricht einer gewissen Schutz- und Rastfunktion, die Zittau als erste bzw. letzte Stadt nach bzw. vor der Überschreitung des Gebirges zu erfüllen hatte. 7 Der strategische Ge sichtspunkt wird durch die Ereignisse von 1253, in deren Verlauf das Zittauer Land zum Grenzgebiet wird, erhärtet. Südlich von Zittau verliert die Neiße-Talrand-Straße ihren bisherigen flußbeglei tenden Charakter und spaltet sich in zwei bedeutende Straßenzüge auf: die Alte Leipaer Straße und die Gabler Straße, die das Zittauer Gebirge überqueren. Die Leipaer Straße erscheint mit ihrem relativ sanften und gleichmäßigen Anstieg als die bequemere. Sie wird von der Wehranlage Oybin gedeckt, deren Funktion auch durch den Straßenschutz determiniert ist (Klecker 1989, S. 76 f.). Sein Pendant findet der Oybin in der Burg Bürgstein (Sloup) auf der Südseite des Gebirges. Auf- und Abstieg der Leipaer Straße sind somit geschützt. Ein Herrensitz auf dem Oybin ist für 1291 (ZUB 48) belegt, und die archäologischen Funde auf dem Bürgstein datieren diese Anlage ebenfalls vor 1300 (Waldhauser 1971, S. 33). Die Entstehungszeiten der Stadt Zittau und der Burgen Oybin und Bürgstein entsprechen einander annähernd. Neben dem Straßenschutz ist die Aufgabe des Oybin auch in der Sicherung der Landesherr schaft zu sehen. Aufgrund dieser Gesichtspunkte und erhärtet durch chronikalische Überlieferungen 8 ist die Leipaer Straße als die wahrscheinlich ältere und mindestens bis Anfang des 14. Jh. als die bedeutendere der beiden Straßen einzuschätzen. Im 14. Jh. wird eine Bedeutungsverschiebung zwischen beiden Straßen deutlich, die insbesondere auch in den schriftlichen Quellen ihren Niederschlag findet. 1346/47 (ZUB 160) geben die „erbleuthe" aus Zittau an Karl IV. einen Bericht, in dem sie bestätigen, daß es früher nur die Straße Niemes (Mimon) — Gabel (Jablonne) — Zittau über das Gebirge gegeben hätte. Anlaß für diesen Bericht wird die Umgehung Zittaus durch die Görlitzer Kaufleute gewesen sein, denn 1351 (ZUB 183) verbietet Karl IV. den Görlitzern die neue Straße über Friedland (Frydlant). Zugleich wird deutlich, daß es neben der Verbindung Görlitz —Zittau auf der linken Seite der Neiße mindestens seit dem 14. Jh. eine zweite, den Fluß auf dem östlichen Ufer begleitende Straße gegeben hat. Der Hinweis auf die Gabler Straße als die ältere bezieht sich somit nicht auf einen direkten Vergleich mit der Leipaer Straße, erhellt aber den Stellenwert der Gabler Führung. Der Bau der Burg Karisfried an der Gabler Straße unterstreicht nachhaltig deren Verkehrsrelevanz und bildet zugleich ein klassisches Beispiel für die Komplexbildung 7 Johann von Guben (JJG Bl. 2a) schreibt dazu: „... daz hievor, czu cziten es deze stat vz gelegt wart, daz bye diszit dez gibirgiz kretschin gebuwet worden, ... dor ynne die vurluete vnd ander lute, die do wandirten vbar daz gebirge in die marke, halten ir nachtleger." Ursächlich erscheint der Zusammenhang der Stadtgründung mit der Straße. 8 Joh. v. Guben (JJG Bl. 5 b): „... wenne czu der selben czit worn gutir hande Iwte uf dem die die wayne beleyten vor dem Oyben ken der Lypen; wenne cze den geczyten czoch man die stroze ... vor di Lype ...“. J. Prochno (1941, S. 10) sieht ebenfalls in der Leipaer Straße die ältere Führung. Dagegen sehen M. Pescheck (1850, S. 219) im Weg entlang dem Weißbach zum Böhmischen Tor, E. Heyne (1924, S. 233 f.) in der Gabler Straße und M. Kaiser (1954, S. 1 f.) im Weg über das Kammloch bei Oybin die ältesten Verkehrszüge.