Für die nachfolgenden Zeiten gibt es über viele Jahrhunderte keine eindeutigen Hinweise auf eine Benutzung des Passes. 6 Ende des 11./Anfang des 12. Jh. zeichnete sich eine slawisch getragene Ausbauphase in südlicher Richtung zu beiden Ufern der Neiße ab. Dabei ist die Frage der entscheidenden Einflüsse hinsichtlich der politischen Herrschaft nicht eindeutig zu klären. Neben deutschen liegen polnische und tschechische Initiativen im Bereich des Möglichen. Insgesamt sprechen die archäologischen Funde für ein Wiederbeleben der Lückendorfer Paßverbindung. An erster Stelle ist der Einzelfund eines Gefäßes von Lückendorf selbst zu nennen. In seiner Bedeutung kommt ihm die gleiche Stellung zu wie dem Gefäßfund aus Deutscheinsiedel, Lkr. Marienberg, an der Saydaer Paßverbindung (Geu- pel/Wernicke 1981, S. 44 ff.). Dazu treten noch Funde u. a. in Hirschfelde, Pethau und Oybin, Lkr. Zittau (Corpus 1985, S. 179 f.). Inwieweit das um die Jahrtausend wende mit seinen zwei Suburbien als Frühstadt anzusprechende Bautzen (Billig 1989, S. 227 ff.) Auswirkungen auf einen südlich gerichteten Handel hatte, ist schwer abzuschätzen. Gänzlich zu verneinen ist diese Möglichkeit nicht, obwohl die Hauptverkehrsrichtung ost-westlich geprägt war. Die Neiße-Talrand-Straße im Mittelalter Im Zusammenhang mit dem hochmittelalterlichen Landesausbau und der Entwick lung der Städte mit ihrem regelmäßigen Marktgeschehen und einem erhöhten und stetigen Warentransport kommt es zur Herausbildung der hochmittelalterlichen Straße sowie zu einer Ausweitung des Verkehrsgefüges. Wie alle relevanten Nord-Süd-Verbindungen der Oberlausitz, versucht auch die Neiße-Talrand-Straße Anschluß an die Hohe Straße zu gewinnen, die sie in Görlitz erreicht. Neben den sich festigenden politischen Verbindungen zu Böhmen waren es besonders wirtschaftliche Belange, die einen Ausbau des Verkehrsgeschehens in Nord-Süd-Richtung erforder ten. Vor der Gründung von Zittau war Görlitz erster bedeutender Ort nach Überquerung des Gebirges. 1071 (CDS 1,1,141) erstmalig als Dorf erwähnt, entwickelte es sich über einen mehrstufigen Prozeß zur Stadt (Czok 1982, S. 105 f.). Der Bau der Nikolaikirche, den K. Blaschke (1971, S. 5; 1990, S. 113) um 1150 annimmt, zeigt die Stellung der aufstrebenden Siedlung in der Nähe der Kreuzung der Hohen Straße mit der Neiße-Talrand-Straße an. Die günstige Verkehrslage war jedenfalls auch für die Entstehung Zittaus von Vorteil und spricht für dessen wirtschaftlich-politische Bedeutung bereits vor der Stadtgründung. Diese ist, nach der chronikalischen Überlieferung Johanns von Guben (JJG Bl. 2a), in der zweiten Hälfte des 13. Jh. anzusetzen. 1255 soll die Stadt ummauert worden sein, was mit einer Stadtrechtserhebung verbunden gewesen sein könnte. Als Vorgängersiedlung ist der Stadt ein um 1200 gegründetes Waldhufendorf gleichen Namens vorausgegangen (Klecker 1989, S. 71 ff). Durch weitere Rechte, wie eine eigene Gerichtsbarkeit und das Münzrecht (ZUB 36), 6 E. Plesl (1977) nimmt auch für die Hallstattzeit Verbindungen über den Lückendorfer Paß an.