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und folgerichtig aus einem funktionstüchtigen Fronhof der Milzener Stammesfürsten der Burg Budusin hervorgegangen sein. Dies ergibt sich auch aus dem Wissen, daß die Milzener unter die Tributpflicht des deutschen Königs Heinrich I. gezwungen und somit zu Naturalabgaben verpflichtet waren. 3 " Die Existenz eines Wirtschaftshofes, an der alten Fernhandelsstraße und der Stelle des heutigen Kirchengutes am Holzmarkt/Töpferstraße vermutet (Abb. 4), war bislang mit archäologischen Funden nicht belegbar. Hier sollten künftig Beobachtun gen darauf zielen, endgültige Klarheit in dieser Frage zu gewinnen. 30 31 Die in unmittelbarer Nähe vom Burgkomplex gelegenen und offensichtlich landwirtschaft lich bestimmten Orte Broditz und Goschwitz sind altsorbische Weiler, wie wir sie auch in der Seidau und in Strehla erblicken. 32 Einige von ihnen mögen mit Recht als Dienstsiedlungen der civitas bzw. urbs Budusin bezeichnet werden, was im Ortsnamen von Strehla (sorb. Trelany) zum Ausdruck kommen mag. 33 Für die Vorstufe der Stadtentwicklung haben wir somit die wesentlichsten Strukturelemente beschrieben und zu lokalisieren versucht: Burg, Vorburgsiedlung (suburbium) und Wirtschaftshof. An der frühstädtischen Entwicklung haben aber mannigfache weitere Faktoren mitgewirkt, wobei der strategischen Bedeutung der alten Handelsmagistrale, die als transkontinentale Fernstraße unterhalb der Burg die Spree querte, der Vorrang gebührt. Die Burgsiedlung mit all ihrem Zubehör gewährleistete die Überwachung und den Schutz der sehr bedeutenden Ost- West-Verbindung, der Hohen bzw. der Königlichen Straße (via regia), die von Frankfurt/Main, Erfurt und Leipzig kommend bei Strehla die Elbe überschritt und von dort nach Bautzen führte. Weiter zielte ihre Trasse ostwärts nach Görlitz, Breslau und Krakau, und von da nach Kiew (Frenzel 1933, S. 59 — 64; Heidel 1978; Herzog 1986; 1989, bes. S. 346). Obwohl es im östlichen Grenzgebiet des deutschen Reiches erst im 12. Jh. zur Gründung von Kaufmannssiedlungen kam, kann für Bautzen die Feststellung getroffen werden, daß hier Vorbedingungen für die Niederlassung von Kaufleuten bereits in der Mitte des 11. Jh. vorhanden waren. Ein wichtiger Grund hierfür bildete die unmittelbare Nähe der Burg zur genannten Fernhandelsstraße und die hervor ragend überwachte Spreefurt. 34 Der starke Burgkomplex mit dem bedeutenden 30 Die Tributpflicht der Milzener kann als charakteristisch für ihre Stellung im 10. Jh. gelten (vgl. Thietmar, Chronik, Buch 1,6; Lübke 1985, Regest-Nr. 37, S. 56f.). 31 Ein befestigter Fronhof des königlichen Tafelgutes, wie er von R. Schrammek (1984, S. 78, mit Stadtentwicklungsplan um 1160) postuliert wurde, ist bislang nicht nachgewiesen. 32 Eine Gleichsetzung des slawischen Wirtschaftshofes mit dem Dorf Broditz und dessen sprachliche Abwandlung zu „Grodis“ (= Burg) ist nicht haltbar. Der mit Sicherheit existente Weiler Broditz (Brodicz) sollte westlich der Töpferstraße gesucht werden und war der Ort der Siedler an der Spreefurt (vgl. Anm. 9 und Billig 1989 a, S. 29, Anm. 47). 33 Vgl. Eichler/Walther 1975, S. 306, Nr. 825. J. Meschgang (1973, S. 135) deutet Strehla als den Ort der Leute, die irgend etwas mit Pfeilen zu tun haben (vgl. dazu auch Brachmann 1972). 34 Nach dem Ausbau der Bautzener Ortenburg, deren örtlichkeitsbezogener Burgname die Bedeutung einer Burg am äußersten Rand bzw. an der Spitze hat (vgl. Walther 1982, S. 266), wurde spätestens im 12. Jh. auf dem Protschenberg vermutlich eine „Sperrburg“ zur Sicherung der Seidauer Spreefurt errichtet (vgl. dazu Anm. 7—8).