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Leider sind die Spuren dieser Wehrsiedlung aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit in jüngerer Zeit weitgehend der Zerstörung anheimgefallen. 6 Hier trennt ein leicht gebogener Abschnittswall von etwa 200 m Länge eine Innenfläche von knapp drei Hektar (ca. 250 x150 m) ab. Der Wall ist durch die Anlage eines Friedhofes seit Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jh. bis auf geringe Reste eingeebnet, im Südteil sogar völlig zerstört worden (Heino 1902; Knebel 1960; Coblenz 1962; Eckhard 1962). Die auf dem nach drei Seiten natürlich geschützten Plateau gelegene Wehrsiedlung, nach Ausweis der archäologischen Funde und Befunde in der jüngeren Bronzezeit erbaut und genutzt, fand im hohen Mittelalter, im 11. und 12. Jh., als Siedlungsplatz eine Nachfolge. 7 Die ausgeprägte verkehrstopogra phische Lage der jungbronzezeitlichen Burgwallsiedlung an und über der uralten Ost-West-Handelsmagistrale, die als „Strata regia“ oder „via regia“ beziehungs weise als „Hohe Straße“ (1252) im Mittelalter häufige urkundliche Erwähnungen findet, ist lange bekannt (Gritschker 1934, S. 23 ff.; Schrammek 1984, S. 21f., 70ff., 92f.). Die Grabungen des Jahres 1960 und die Notbergungen von 1975 erbrachten einige Siedlungsgruben und die Reste eines Grubenhauses mit Keramik des 12. Jh. 8 Die Platzkontinuität der Siedlung auf dem verfallenen Burgwall des Protschenberges ist mit in die Reihe von Überlagerungen und Wiedernutzungen bronzezeitlich-früheisenzeitlicher Wallanlagen beim Bau von milzenischen Burg wällen einzuordnen. Das beste Beispiel dafür bietet die mächtige Wehranlage in Ostro, Kr. Kamenz, wo die slawischen Siedler in ihrem neu in Besitz genomme nen Stammesgebiet einen eineinhalb Jahrtausend zuvor verfallenen Burgwall der Lausitzer Kultur erneuerten und wiederbenutzten, da in der Landschaft keine bessere von der Natur vorgezeichnete Schutzlage vorhanden war (Coblenz 1958; Billig 1979, S. 4f.; Knebel 1987, S. 2). Die slawischen Siedler haben hier, direkt gegenüber ihrer ehemaligen Stammes- hauptburg an der Stelle der heutigen Ortenburg, wohl eine Siedlung zur Straßen bewachung errichtet, was der topographischen Lage nach, direkt über der Spreefurt, als gegeben erschien. Die Deutung der deutschen Bezeichnung „Proitzschenberg“ bzw. „Protschenberg“ (1585 erstmalig „Proczenberg“) ist auch immer wieder mit der in der Stadtlandschaft von Bautzen aufgegangenen slawischen Dorfsiedlung Broditz (1372 „in der Brodicz“) und dem slawischen Siedlungsnamen „Brodica“ bzw. „Brodec“ (Furtort) sowie der strategisch äußerst günstig zur Spreefurt gelegenen 6 Als Ergebnis einer völligen Fehleinschätzung des „Protschenberges“ als archäologisches Bodendenkmal ist die ungenehmigte und behördlich angeordnete Errichtung von 18 z. T. unterkellerten Bungalowbau ten im Frühjahr des Jahres 1975 innerhalb der Innenfläche anzusehen (vgl. Coblenz 1978, S. 49; Spehr 1988, S. 135). 7 Bei den von Advokat Holtsch 1830/31 durchgeführten Untersuchungen (vgl. Budissiner Nachrichten vom 10. 7. 1830) und den weiteren Suchgrabungen der Gesellschaft für Anthropologie, Urgeschichte und Geschichte für Bautzen und Umgebung (1910, 1915, 1917) konnten neben den Funden aus urgeschichtlicher Zeit auch solche aus der Zeit kurz nach 1100 u.Z. geborgen werden. Neben ausgesprochen frühdeutscher Keramik treten auch mit Wellenband verzierte Scherben und Randstücke „mit slawischem Profil und Dekor“ auf (Frenzel 1933, S. 90f., Taf. IV; Oberhofer 1956). 8 Vgl. Spehr 1988. Leider steht das bei W. Frenzel (1933) abgebildete Keramikmaterial im Museum Bautzen nicht mehr zur Verfügung, da höchstwahrscheinlich Kriegsverlust.