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Münzstätte heranzurücken und mit dem alten Marktort bei der Matthäikirche zu vereinigen. Handel und Marktverkehr ließen sich dadurch besser beaufsichtigen, Einkünfte aus dem zunehmenden Getreidehandel erhöhen und der größere Schutz, der der Stadt zugute kam, kommerziell besser nutzen. Außerdem war dem Ausdehnungsbedürfnis der Stadt am Muldenknie keine Chance gegeben, Platz für durchziehende Handelswagen und den Warenstapel wahrscheinlich nicht mehr ausreichend vorhanden. Eine Stadterweiterung schien geboten. Zudem berichtet die chronikalische Überlieferung von Hochwasserkatastrophen, denen die Muldenaue in historischer Zeit ausgesetzt war. Die Überflutung der Terrassen der jungdiluvialen Talaue mochte im 13. Jh. als Folge des Eingriffs der Menschen in die Natur während des Landesausbaus, durch Rodungen und Mühlenstau, zur erhöhten Gefahr für Ufersiedlungen werden. Es mag ein Ursachenbündel gewesen sein, das zwischen 1278 und 1280 zum organisierten Wegzug aus der Talstadt auf die Hochfläche vor der Leisniger Burg führte. Dort entstand eine planmäßig angelegte, erweiterte Stadt (Taf. 12), die die alte Marktsiedlung um den Altmarkt (Taf. 11 a), deren Anfänge in salische Zeit zurückreichen dürften, in sich aufnahm, ohne deren rechtliche Selbständigkeit beizubehalten. Das rechtliche Übergewicht der verlegten Siedlung am Zielort bestimmte die Entwicklung der neuen Stadt. Die Geländetopographie beeinflußte wesentlich die Gestalt der spätstauferzeitlichen Anlage mit den zu Blöcken zusammengeschlossenen Hofstätten, dem diese erschließenden Straßen system, dem von der durchziehenden Fernstraße berührten großen Marktplatz (120 x60 m) und der die Stadt umschließenden Begrenzung in Gestalt einer gradlinigen Mauerführung (Meckseper 1977, S. 76 ff.). Damit war ein wesentlicher gesellschaftlicher Prozeß, den die mehrstufig verlau fende und durch eine vollkommene Siedlungsverlegung besonders akzentuierte Stadtentwicklung Leisnigs darstellt, zu einem gewissen Abschluß gelangt. Der Ausbau des Stadtinneren zog sich dagegen noch längere Zeit hin. Die Burggrafen von Leisnig haben bis zu ihrer Vertreibung im Jahre 1365 einen bestimmenden grundherrlichen Einfluß auf die Stadt ausgeübt. Deren Gestalt und Anlage war von geographischen und topographischen Faktoren beeinflußt, doch besteht kein Anlaß, die Dynamik des Urbanisierungsprozesses unter formalstatistischen Aspekten ein zuengen, eine Gefahr, der Dietrich Zühlke (1982, S. 269 — 278) nicht völlig entgangen ist. Die erweiterte Rechtsstadt Leisnig nahm, aufs Ganze gesehen, als lokales Gewerbe- und Produktionszentrum, als zentraler Ort der noch bis 1329 reichs unmittelbaren Burggrafschaft, eine günstige Entwicklung. Zu einer Rückübertra gung der Stadt an ihren Ausgangsort — eine Möglichkeit, die manche verlegten Orte nicht selten anstrebten (Fischer 1952, S. 248) und die auch der Entschädigungsvertrag von 1286 ausdrücklich einräumt, — kam es daher nicht. Den kleinstädtischen Rahmen überschritt Leisnig im Mittelalter jedoch nicht; seine Bevölkerung kann um 1300 mit etwa 1000 Personen beziffert werden (Blaschke 1967 a, S. 140). Gravierende Veränderungen hatte die Stadtverlegung im Bereich der Kirchenorga nisation hervorgerufen. Sie waren Anlaß genug, um die Ursache des Streits der Pfarrer des verlegten und des Zielortes um die Ausdehnung ihrer Sprengel, die