AFD Arbeits- und Forschungsber. z. sächs. Bodendenkmalpflege 35, 1992 S. 101-110 ARCHÄOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM STADTGEBIET VON ALTENBURG Von Heinz-Joachim Vogt In den vergangenen drei Jahren führte das Landesmuseum für Vorgeschichte Dresden im Stadtgebiet von Altenburg (Taf. 9 a) mehrere archäologische Grabungen durch, die das Ziel verfolgten, Klärungen zu einigen Fragestellungen der stadt geschichtlichen Entwicklung herbeizuführen. Vorausgegangen war eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Fachvertretern des damaligen Rates der Stadt Altenburg. Nachdem vom Landesmuseum eine .Konzep tion zum innerstädtischen Bauen und zur Realisierung der archäologischen Stadt kernforschung in Altenburg' vorgelegt worden war und Akzeptanz fand, konnten Einzelfragen vorab geklärt werden. So war vorgesehen, zwei Altstadtgebiete, das ,Nicolaiviertel‘ und das im Grundriß sich als größere Einheit erweisende Siedlungs areal um das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift — „Das Kloster zum Berge“ mit den Roten Spitzen — zu archäologischen Flächendenkmalen zu erklären und damit vor jeglichen größeren Eingriffen in den Boden zu schützen. Das erschien dringend notwendig, nachdem große Teile des ehemaligen Siedlungsgebietes ,Naschhausen', unterhalb des Schloßberges gelegen, weitgehend unbeobachtet in der Grundstruktur durch Neubebauung verändert worden waren. 1 Auch der Ortsteil Pausitz — ein pod grodici Ort 2 — war, in seiner Gebäudesubstanz weitgehend zerstört, wieder für eine Bebauung mit Einfamilienhäusern vorgesehen. Da sich große Gebäudekomplexe im gesamten Altstadtbereich in einem total desolaten Zustand befinden (Taf. 9 b), war geplant, die notwendigen Abrißarbeiten zu begleiten, um etwaige massiv errichtete Wohntürme, Kemenaten sowie andere ältere Reste zu erkennen und wenigstens dokumentarisch zu erfassen. Damit sollte gleichzeitig ein zeitlicher Vorlauf geschaffen werden, um zwischen Abriß und Gründungsarbeiten gezielte Grabungen zu ermöglichen. Ausgangspunkt der konzeptionellen Überlegungen war die Tatsache, daß nicht alle 1 Vgl. dazu die Bemerkungen von E. W. Huth (1979, S. 3f.), nach denen es sich wegen der geborgenen Funde des späten 13. bis 15. Jh. um eine junge Siedlung handelt. Angesichts der Ausmaße der Baugrube von 100 x 300 m scheint es mir mehr als fraglich, daß es möglich gewesen sein soll, alle Befunde und Funde zu sichern. 2 Diese sich aus dem altsorbischen „podegrodicz’ abgeleitete Namenform bedeutet .Leute unter der Burg“ (Eichler/Walther 1966, S. 18) und wird von der historischen Forschung als Kennzeichnung zur Burg gehöriger Dienstsiedlungen interpretiert (Fiedler 1988, S. 152—157; Brachmann 1982). Offenbar handelt es sich um eine Siedlungsart, die älterslawische Verhältnisse widerspiegelt.