LDP: Publikationen des Landesamts für Archäologie Sachsen
Saxonica
Strukturtyp
Band
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Titel
Die Entwicklung des Burg-Stadt-Verhältnisses in den bischöflich-meißnischen Städten Wurzen, Mügeln und Nossen von seinen Anfängen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts
listen noch voll in das feudale Ausbeutungssystem integriert waren, einzig ihre zeit weise oder ständige Erzeugung von gewerblichen Produkten hob sie aus der länd lichen Umgebung heraus. Auch die Bewohner der Suburbien, besonders die Handwerker in den ältesten Suburbien, waren ohne Zweifel noch in hohem Maße von der jeweiligen Feudalge walt abhängig. Da sie in der Vorburg (Suburbium) Schutz fanden, mußten sie sich den Machtansprüchen der Feudalherren beugen (Herrmann 1976 a, S. 166). In die ser Anfangsphase der Herausbildung städtischer Verhältnisse (10./11., möglicher weise schon 9. Jh.) müssen Burg und Vorburg als zwei Seiten einer Erscheinung auf gefaßt werden, die eine zeitliche und wirtschaftliche Einheit darstellten (Krüger 1962, S. 110, 116) und demzufolge stark voneinander abhängig waren. Das zeigt sich deutlich darin, daß bei der Zerstörung der Burg oder ihrem Bedeutungsverlust durch andere Einflüsse auch die nichtagrarische Siedlung verkümmerte und besten falls zu einem Dorf herabsank (z. B. Baderitz(Zschaitz). Ende des 11./Anfang des 12. Jh., an bedeutenden Orten schon eher (Meißen, Altenburg, Bautzen u. a.), erreichte das Burg-Stadt-Verhältnis durch das Ansässig werden von Kaufleuten, die nicht mehr so eng mit der adligen Oberschicht ver bunden und ihr zu Diensten waren, eine neue Stufe. Das zeigt sich äußerlich in der Anlegung von neuen Siedlungsteilen, die sich nunmehr in einiger Entfernung von der Burg befanden. Denn „der Kaufmann ließ sich nicht ohne weiteres nieder, son dern nur nach Zusicherung von Rechten, gewissen Immunitäten und Freiheiten ge genüber fürstlicher Willkür“ (Herrmann 1976 a, S. 167). In diesen Siedlungen ver band sich der Kaufmann zunehmend mit den Handwerkern und Gewerbetreiben den und wirkte über den Markt in beschränktem Maße auf die Produktion ein. Den Abschluß dieses Prozesses bildete die planmäßig angelegte mittelalterliche Stadt. Insgesamt wird deutlich, daß sich im Verlaufe des Frühfeudalismus im Verhältnis von Burg und Stadt ein qualitativer Wandel vollzog. Anfangs stellte die Burg im europäischen Maßstab eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung städtischer Verhältnisse dar. Sie wirkte als Kristallisationspunkt der neuen nichtagrarischen Produktivkräfte und verlor diese Funktion in dem Maße, wie die städtischen Pro duktivkräfte erstarkten und als politische Kraft immer selbständiger handelten. Letzten Endes wurde die Burg auch in ihrer Schutzfunktion entbehrlich und die Abhängigkeit vom Feudalherren der städtischen Entwicklung hinderlich. 1.1.2. Zu Wesen und Erscheinungsformen der frühen Stadtentwicklung unter be sonderer Berücksichtigung des ehemals westslawischen Gebietes Wie bereits erwähnt, spielen die beiden Komponenten Burg und Stadt im Laufe der Feudalentwicklung eine unterschiedliche Rolle. Der konstantere Faktor ist die Burg. Sie wandelt sich zwar in ihrem äußeren Erscheinungsbild, bleibt aber stets Sitz der Feudalgewalt, deren Bestreben es ist, aus dem gegebenen Verhältnis öko nomische, politische und militärische Vorteile zu ziehen und damit ihre Machtgrund lage zu festigen.