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Als 995 die Meißnische Kirche vom Kaiser die weltliche Oberhoheit über den Burgward Wurzen 23 zugesprochen bekam, bestand östlich davon, aber mit deut licher Grenzziehung, 24 ein dem König unterstehender selbständiger Siedlungskom plex. 25 Die Burg auf dem Lüptitzer Spitzberg 26 dürfte die Ostgrenze des Wurzener Burgwardbezirkes markieren, wenn sie nicht gar erst - was noch wahrscheinlicher ist - im Zuge jüngerer Kolonisation in das zunächst noch bewaldete Grenzland zwi schen Wurzen und Hohburg (Ebert 1930, Beil. 9) hineingeschoben wurde. Die Hoh burger Siedlungsinsel, ein befestigter königlicher Wirtschaftshof, wird mit dem seit langem gesuchten „Tafelgut Hohenborc“ (Brühl/Kölzer 1979, S. 15) identifiziert. Für diese Gleichsetzung sprechen zunächst Gleichklang und Gewicht des Namens. In seiner Ortsnameninterpretation schreibt H. Naumann: „In onomasiologischer Sicht erscheint die Interpretation der Bildungsweise des Ortsnamens Hohburg allein von der sozialen Oberschicht ausgehend nur hypothetisch möglich.“ (Kaufmann/Nau- mann 1964, S. 105). Da ein historisch bedeutsames Geschlecht in Hohburg nicht nach weisbar ist, sieht er in „hoch“ lediglich eine topographische Angabe, obwohl eine die sen Namen rechtfertigende hochgelegene Burg auch nicht ohne weiteres zu finden ist. Geben wir dem Namen eine längere Tradition und beziehen wir ihn auf die nachgewiesene königliche Befestigung des 10./11. Jh., so löst sich dieser Wider spruch von selbst auf. Entsprechend seiner Stellung im Tafelgüterverzeichnis wurde „Hohenborc“ bisher zwischen Goslar und Pöhlde gesucht; der Bruch in der „geo graphischen Ordnung“ wird mit der Vermutung abgeschwächt, daß es sich im Falle Hohenborc um einen späten Nachtrag im Verzeichnis handeln könnte. 27 Schwerer wiegt hier der Umstand, daß ein namensgleicher Hof mit eindeutigem Unterstel lungsverhältnis nachgewiesen werden konnte. Es ist zu vermuten, daß das Tafelgut eine größere Siedlungseinheit am Rande der Dahlener Heide umfaßte, dessen Name an einem (dem wichtigsten?) seiner Einzel- 23 Zuletzt Thomas 1985, S. 54. 24 Die kartographische Darstellung von Ebert (1930, Beil. 9), „Waldverbreitung und Siedlungsland“, zeigt zwischen Lüptitz und Hohburg einen Waldstreifen, der den Gedanken an eine dort verlau fende Grenzziehung illustriert. 25 Vgl. Anm. 19. 26 Dem Versuch, alle den Wall auf dem Spitzberg betreffende Überlieferungen zu systematisieren, sind durch dessen völlige Abtragung enge Grenzen gesetzt. H. Döring konnte den Berg noch 1890 in anscheinend voller Schönheit fotografieren (Radig 1929, Taf. 2 b). Nach seinen Beobachtungen zeigte sich die Befestigung auf dem Berg nur „als sanfte Welle im oberen Theile des Ostabhanges“ (ISIS, Berichte 1894, S. 10). Ein Foto der von ihm auf dem Spitzberg geborgenen Funde belegt deren Datierung in spätslawische Zeit, kaum vor den Beginn des 12. Jh. (Ortsakte Lüptitz im Ar chiv urgeschichtlicher Funde aus Sachsen). Unter den mit der „Sammlung Birke", Wurzen, ins Dresdner Landesmuseum gelangten Funden vom Spitzberg überwiegt ebenfalls diese Datierung (S.: 713/69 und 714/69), wenn auch einige ältere Stücke darunter sein können. Bemerkenswert ist das Auftreten eindeutig vorslawischer, vermutlich latenezeitlicher Siedlungskeramik. Leider sind die Funde nicht mehr eindeutig der Befestigung zuzuordnen; schon H. Dörings Bericht ist in diesem Punkt ungenau. Am Fuß des Spitzberges sind verschiedene slawische Siedlungsstellen nachgewiesen. Dadurch wird die Zuordnung der Funde noch unsicherer. Mit der Abtragung des Spitzberges ist also gleichzeitig eine für die Siedlungsgeschichte wichtige Erkenntnisquelle vernich tet worden. 27 Frdl. Hinweis meines Kollegen R. Spehr.