LDP: Publikationen des Landesamts für Archäologie Sachsen
Saxonica
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Titel
Die Entwicklung des Burg-Stadt-Verhältnisses in den bischöflich-meißnischen Städten Wurzen, Mügeln und Nossen von seinen Anfängen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts
delt. Als sie später ihre Funktion verloren, wurden sie an die Stadt vererbt und verschmolzen topographisch mit der Gründungsstadt (Abb. 5 b). Was hier durch Abgabeverhältnisse sichtbar gemacht werden konnte, nämlich das Nebeneinanderliegen von Grundstücken vermutlich nichtagrarischer Produzen ten und Burglehnern in einer als Suburbium anzusprechenden Siedlungseinheit, fin det von archäologischer Seite her in der Anlage der ersten Leipziger Burg und ihres Suburbiums eine treffende Parallele. Im Norden der in das 10. Jh. datierten Burg (Küas 1976, S. 50) befanden sich langgestreckte Freihöfe (Burglehen). Daran schloß sich östlich der Burg ein Abschnitt an, dessen kontinuierliche slawische Besiedlung erwiesen ist und der das älteste Handwerkerviertel der Stadt gewesen sein soll. Beide Teile zusammen werden von Küas als Suburbium interpretiert. Auch die Lage der einzelnen Siedlungsteile (Burg und Suburbium mit Burglehen und Handwerker ansiedlung) zueinander entsprechen sich in beiden Burganlagen. Während Küas für Leipzig eine Befestigung des Suburbiums annimmt, gibt es für Wurzen diesbezüg liche Hinweise nicht. Da die Burglehen zeitlich an die Existenz einer Burgmannschaft gebunden sind, kommt für die Anlage der streifenartigen Grundstücke frühestens das 10. Jh. in Frage. Bei dem Ineinandergreifen beider Grundstückstypen ist es schwer, das Alter der kleinen Grundstücke zu bestimmen. Sie können ebenfalls noch in das 10. Jh. ge hören, oder der Raum kann auch schon vor der Grundstücksabgrenzung besiedelt gewesen sein. Da Wurzen bereits in altslawischer Zeit ein bedeutender Punkt war, der an einem wichtigen Ost-West-Verkehrsweg lag, ist nicht auszuschließen, daß an der Wurzener Burg im 8./9. Jh. ein undifferenziertes Suburbium entstand, wie das sich auch an einigen anderen bedeutenden Burgen andeutet. Seine volle Ausprägung setzt allerdings feudale Verhältnisse voraus. Die Rechtsstellung der Bewohner des Suburbiums ist nur zu vermuten. Sicher wa ren sie in starkem Maße vom Burgherren abhängig, denn er bot ihnen Schutz, und die Bewohner waren mindestens teilweise unfrei. Da kaufmännische Schichten im Wur zener Suburbium nicht vertreten waren (sie siedelten später nördlich der Burg), trifft die Feststellung Herrmanns, daß die gegenüber dem flachen Land andersartige Zu sammensetzung und wesentlich andere wirtschaftliche Grundlage eine andere recht liche Stellung erwarten läßt (Herrmann 1968, S. 237 f.), hier nur bedingt zu. Daß das Suburbium jahrhundertelang ökonomisch und rechtlich auf die Burg be zogen blieb, drückt sich auch darin aus, daß die Bewohner kein bürgerliches Recht durchsetzen konnten. So zahlten sie noch im 19. Jh. an das Domkapitel Erbzins wie die ländliche Bevölkerung der umliegenden Dörfer auch. Noch 1413 (Schöttgen 1717, S. 19) erfolgte die rechtliche Gleichstellung mit den anderen Vorstädten und der Gründungsstadt nur formal. Die Suburbiumsbewohner erlangten weder städte bürgerliches Eigentum noch wurde die feudale Ausbeutung gemindert, denn die Dienste, Freiheiten und Gerechtigkeiten des Bischofs wurden 1413 ausdrücklich be stätigt. Die Interpretation der Färbergasse als Suburbium steht trefflich im Einklang mit den Forschungsergebnissen Eberts, der einleuchtend nachgewiesen hat, daß sich der