LDP: Publikationen des Landesamts für Archäologie Sachsen
Saxonica
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Band
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Titel
Die Entwicklung des Burg-Stadt-Verhältnisses in den bischöflich-meißnischen Städten Wurzen, Mügeln und Nossen von seinen Anfängen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts
giatsstifts von 1114 (Bönhoff 1913, S. 1 ff.) sichtbar. Sie gibt Aufschluß über die Eigentumsverhältnisse in Wurzen und ist für die Entwicklung Wurzens im 12. Jh. ebenso wichtig wie der Kührener Ansiedlungsvertrag. Der Bischof als Aussteller der Urkunde handelte im Sinne des Eigenkirchen rechts, wenn er das Stift mit einer kleinen Kirche und reichlich Gütern und Einkom men ausstattete. Im einzelnen sind es folgende Güter und Einnahmen: 1. der Burgward Pouch mit Kirche, Zehnten und aller Nutzung; 2. der Zoll in Wurzen; 3. das Lehen eines Ritters Piso und seines Sohnes Friedrich, nämlich die Dörfer Moscivicz (?) und Truskow 28 ; 4. die Lehen von bischöflichen Ministerialen (Bönhoff, ebenda; Schlesinger 1962 a, S. 255 f.): das Lehen Herrmanns („beneficium Hermanni servientis, qui sine hae- rede obiit, ecclesiae situm Wurczin“), das Lehen eines Johannes, das Lehen eines Egonis; 5. einige Dörfer und Landstücke: zwei Hufen in dem eigenen Dorf Wurtaw („in propria villa Wurtaw“) 29 , sechs Hufen in Treben; 6. drei Hufen in Chorwati 30 . Abgesehen vom Burgward Pouch und den vom König überwiesenen Hufen, muß man die Güter in Wurzen selbst oder in der unmittelbaren Umgebung suchen. Auch der bischöfliche Zoll in Wurzen, die Ansiedlung von Kolonisten in Kühren sowie die Wendung „in territorio Wurczensi“ legen den Schluß nahe, daß der Bischof Eigentümer der Burg, des Ortes und des umliegenden Territoriums war. Daß der Bischof Eigentümer der Burg war, geht auch daraus hervor, daß die neue, zum Stift gehörige Kirche unmittelbar neben der Burg errichtet wurde, noch im alten slawi schen Ringwall. Sie war offensichtlich der Vorläufer der heutigen Domkirche. Auch die Lehen der Ministerialen dürften im Zusammenhang mit der Burg zu sehen sein. Sie bestätigen, daß auch der Ort Wurzen dem Bischof gehörte. Für den Besitz des Burgwards sprechen die aufgeführten Orte nahe Wurzens. Mit den sich in der ersten Hälfte des 11. Jh. herausbildenden Herrschaftsverhält nissen fanden die guten natürlichen und sozialökonomischen Voraussetzungen eine treffliche Ergänzung. Der Bischof von Meißen gelangte mit Wurzen in den Besitz eines Ortes und eines Territoriums, in dem er die weltliche und geistliche Macht auszuüben in der Lage war. Als 1040 der Besitz Püchaus hinzukam, dürfte Wurzen schon einen weiteren Vorsprung in seiner Entwicklung erreicht haben. Es ist als sicher anzunehmen, daß der Bischof bestrebt war, seine beginnende Landesherr schaft auszubauen und den Ort Wurzen durch die Gründung eines Kollegiatsstifts in seiner Bedeutung anzuheben. 28 Nach Ebert (1930, Beil. 6) kann Miscivicz mit der Scheinwüstung (?) Mischwitz in der Flur Körlitz oder mit der Wüstung Mischwitz nördlich von Pausitz identifiziert werden. Die Wüstung Truskow liegt nördlich Wurzens. 29 Wüstung nördlich Wurzens. Vgl. auch Abb. 1. 30 Nach Bönhoff vermutlich Korbetha bei Leipzig (Bönhoff 1913, S. 1 ff.).