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führender Weg, der die Muldenburgen verbindet, Vermutung. Chronikalisch und urkundlich nachzuweisen sind diese Wegeführungen erst im 10. Jh. und zu Beginn des 11., sie können aber zweifellos schon eher als Richtungswege (Speck 1953, S. 148) bestanden haben. (Abb. 1) Außer Wurzen kommen als Muldenübergänge auch Eilenburg und Püchau, weiter südlich vielleicht auch Nerchau und Trebsen in Frage. Es ist nicht leicht zu entschei den, welcher der älteste ist. Herrmann setzt den Muldenübergang bei Eilenburg in die karolingische Zeit (Herrmann 1968, S. 121; S. 314, Nr. 174). Auch die Mul denübergänge bei Püchau und Wurzen sind sehr alt. Allgemein gilt der Püchauer als der ältere, der vom Wurzener abgelöst wurde. 21 Verkehrsgeographische Faktoren, die Beschaffenheit der Furt und ihre Lage zu Anfang der Muldenaue sowie sied lungsgeschichtliche Aspekte sprechen jedoch dafür, daß der Wurzener Muldenüber gang im 10./11. Jh. der bedeutendere war. 22 Obwohl Püchau eher als Wurzen er wähnt wird, überliefert keine der Nachrichten des 10./11. Jh. eindeutig eine Fluß überschreitung bei Püchau, während das für Wurzen mehrfach bezeugt ist. Erstmals, wenn auch umstritten, geht eine Überquerung der Mulde bei Wurzen aus der arabischen Reisebeschreibung des jüdischen Kaufmanns Ibraim ibn Jacqub hervor, der 965 von Magdeburg über Calbe (Faliwi) - Nienburg (Nobograd, Nub Grad) und eine Saline an der Saale nach Böhmen zog. Dabei passierte er die Mulde bei dem Ort Nurndjin oder Burdschin/Wuradzin, der sprachlich sowohl Wurzen als auch Nerchau bedeuten kann (Naumann 1964, S. 261 f.). Bezieht man die nachweis lich frühe Bedeutung des Ortes Wurzen, die Erwähnungen weiterer Flußüberschrei tungen zu Beginn des 11. Jh. sowie die Überlegung mit ein, daß der jüdische Kauf mann bestimmt einen traditionellen Weg benutzt hat, so dürfte der Wurzener Über gang am ehesten in Frage kommen. Daß der Name „Alte Salzstraße“ (FNV Altenbach, AH Oschatz 2) in südlicher Richtung nur bis Altenbach vorhanden ist, könnte ebenfalls ein Anhaltspunkt sein, daß der alte Verkehrsweg in Richtung Wurzen auf die Mulde zulief. Zum Jahre 1018 berichtet Thietmar (VII, 64), daß die Lutizen als Bundesgenossen Heinrichs II. bei Wurzen die Mulde überschritten. Aus einer Nachricht der Pegauer 21 Ein alter Hohlweg von der Burg Püchau in Richtung Mulde, die Flurnamen „kalte Furt“ und „alte Mulde“, der „Rasenweg“ in Nischwitz (FNV Nischwitz, AH Grimma 115), der vermutlich in Körlitz die alte Ost-West-Trasse wieder erreichte, stehen sicher im Zusammenhang mit einem alten Muldenübergang. 22 Ebert, der aus siedlungskundlicher Sicht dazu Stellung nimmt, kommt zu der sehr einleuchtenden Schlußfolgerung, daß wahrscheinlich das weite Vordringen der ältesten Siedelformen im Osten des Wurzener Landes bei Körlitz (trotz ungünstiger Bodenverhältnisse) und westlich von Dalen im engen Zusammenhang mit der Wegeführung der Hohen Straße zu sehen ist, deren Verlauf durch eine „dünne Stelle“ im Grenzwaldgürtel zwischen den Altlandschaften vorgezeichnet gewesen sei (Ebert 1930, S. 90, Anm. 1). Ausschlaggebender scheint mir die Lage und die Beschaffenheit der Furt selbst zu sein. Für sie hat Ebert eine ausgezeichnete Charakteristik abgegeben. Er hebt hervor, daß der Übergang gerade dort am Rande des Muldendurchbruchs liege, wo die Aue noch breit und trocken ist, „an einer Stelle, die die Überschreitung der Mulde mit primitiven Mit teln gestattete“ und wo auf der anderen Seite der terrassenförmige Anstieg, z. B. in der Ero sionsrinne des Rietzschkebaches, in Richtung Roitzsch und Körlitz die Ersteigung des Plateaus ermöglichte (Ebert 1930, S. 39).