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slawischen Ursprung beider Burgen liefert auch das in Treben, Röcknitz, Böhlitz (?), Moschütz, Körlitz, Nemt und Obervogtshain (?) nachweisbare Zipkorn (Zinsregi ster des Domarchivs Wurzen von 1571/72) (Abb. 1). Daß die Wurzener Burg nach der deutschen Eroberung weiterbenutzt wurde, während andere, nicht unbedeutende slawische Burgen verfielen, verdankt sie sicher ihrer ausgezeichneten strategischen Lage. Von hier aus konnte man das Tal des Rietzschkebaches, die Muldenterrasse und die Aue mit dem Muldenübergang in sei nen verschiedenen Trassen überschauen, den Muldendurchbruch beherrschen (Ebert 1930, S. 39) und damit die gesamte Muldenaue im Zusammenspiel mit der Burg Püchau wirksam schützen. Das war für die Auseinandersetzungen mit den Slawen und dem polnischen Heer von entscheidender Bedeutung. Dieser Umstand brachte Püchau als Rückzugspunkt Heinrichs I. die vergleichsweise frühe Erwähnung von 924 (Thiet. I, 15) ein und führte zur ausdrücklichen Privilegierung („Maiori gloria“) der „urbs Bichni“. Um 961 war Wurzen der bedeutendere Ort. Die Bezeichnung „regio Neletici, ubi est Vurcine civitas“ (MGD 0 I, 231) stellt eindeutig Wurzen in den Mittelpunkt der Landschaft. Daß es bereits Ausgangspunkt der Missionierung war, unterstreicht, daß Püchau im Begriffe war, seine Rolle als Mittelpunkt eines altbesiedelten klei nen Gebietes, dessen Umfang nicht mehr genau zu rekonstruieren ist, an Wurzen abzugeben. Ebert sieht darin die entscheidende Voraussetzung, daß die Burgwarde Wurzen und Püchau zu einer territorialen Einheit verschmolzen (Ebert 1930, S. 14, 16), die durch die Wendung „in territorio Wurczensi“ 1114 quellenmäßig bestätigt wird. (Bönhoff 1913, S. 1 ff.). Dieser Verschmelzungsprozeß setzte in der zweiten Hälfte des 10. Jh. ein, vertiefte sich durch den Verfall der Burgwardsverfassung im Muldengebiet zu Beginn des 11. Jh. (Ebert 1930, S. 15) und fand seinen Abschluß zu Beginn des 12. Jh. So gewannen im Zusammenhang mit dem Übergang zum Feudalismus Burgen an Bedeutung, die günstige Voraussetzungen boten, Kristallisationspunkte für die Ent faltung der Produktivkräfte zu werden. Ein solcher Ort war Wurzen. 2.7.3. Die Bedeutung des Muldenüberganges und der Hoben Straße für die Ent wicklung Wurzens Infolge der immer intensiver werdenden slawischen Besiedlung des Wurzener Ge bietes und der sich in den archäologischen Quellen andeutenden Arbeitsteilung dürf ten im 8./9. Jh. von Seiten der Produktivkräfte die Grundbedingungen für die Her ausbildung suburbialer bzw. frühstädtischcr Verhältnisse herangereift sein. Sie je doch allein aus dem lokalen Rahmen ableiten zu wollen, scheint verfehlt. Denn ge rade für Wurzen war die Verkehrslage von jeher außerordentlich bedeutsam. Durch die kleine Landschaft führte mindestens seit altslawischer Zeit ein wichtiger Han- , dels- und Verkehrsweg, der später als „Hohe Straße“ bezeichnet wurde. Obwohl das Gebiet auch gegen andere frühbesiedelte Landschaften an der Mulde nicht gänzlich abgeschlossen war (Ebert 1930, S. 90), bleibt ein auf der Muldenterrasse entlang-