LDP: Publikationen des Landesamts für Archäologie Sachsen
Saxonica
Strukturtyp
Band
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Wahlperiode
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Titel
Die Entwicklung des Burg-Stadt-Verhältnisses in den bischöflich-meißnischen Städten Wurzen, Mügeln und Nossen von seinen Anfängen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts
1.2.2. Zur Entstehung und z um Wesen der mittelalterlichen Stadt Nach Stam entstand die mittelalterliche Stadt „infolge gefestigter, wachsender Pro duktivkräfte innerhalb der Grundherrschaften und der Entfaltung innerer Wider sprüche in der feudalen Produktionsweise“ (Stam 1978, S. 87). Infolgedessen muß die Entstehung der mittelalterlichen Stadt als ein sozialökonomischer Prozeß aufge faßt werden, der das quantitative und qualitative Wachstum der agrarischen Pro duktivkräfte zur Voraussetzung hat. Dieser Prozeß erreichte in den Gebieten der deutschen Ostexpansion nach der Mitte des 12. Jh. einen solchen Umfang, daß nicht nur die Anlage frühstädtischer Siedlungskomplexe in sonst naturalwirtschaftlicher Umgebung möglich wurde, wie das im Frühfeudalismus der Fall war, sondern die Arbeitsteilung zwischen landwirtschaftlicher und gewerblicher Produktion führte zur mittelalterlichen Stadt, dem Zentrum der kleinen Warenproduktion und des Waren austauschs. Da zu dieser Zeit die Klassenkampfbedingungen auf dem Lande relativ günstig waren, verblieb den bäuerlichen Produzenten ein Teil ihrer Arbeitsergebnisse zur erweiterten Reproduktion. So konnten sie zugleich als Verkäufer landwirtschaftlicher Produkte und als Käufer gewerblicher Waren auf dem städtischen Markt erscheinen (Töpfer 1983, S. 141 ff.). Das wirkte sich in zweierlei Hinsicht positiv auf die städ tische Entwicklung aus. Es steigerte den Absatz gewerblicher Waren und sicherte den städtischen Produzenten die Lebensgrundlage, so daß sie weitgehend auf eine land wirtschaftliche Nebenproduktion verzichten konnten. Zum anderen wirkte sich die fortschreitende Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land „aufgrund der für die Produ zenten gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ entwicklungsfördernd aus (ebenda, S. 134). Im Ergebnis wie im Zusammenhang mit der kommunalen Bewegung bzw. der Städtegründungspolitik des Feudaladels entstand die „städtische gewerbliche Pro duktion“ als ein „besonderer sozialökonomischer Sektor kleiner Warenproduktion im Feudalsystem, aber abgegrenzt von dem durch Eigentum an Grund und Boden, Feudalrente und persönliche Abhängigkeit gekennzeichneten feudalen Grundver hältnis ...“ (Küttler 1980, S. 99). Je nachdem, wie weit die städtische Produktion dem Einfluß und der Ausbeutung durch den Stadtherrn entzogen werden konnte, setzte sich „das juristisch anerkannte Eigentum des Arbeitenden (des Handwer kers) an den Grundbedingungen seiner Produktion (Werkzeuge, Werkstatt) und an den Resultaten seiner Arbeit“ durch (Bare, zitiert bei Küttler 1980, S. 105). Die auf der Identität von Arbeit und Eigentum beruhende kleine Warenproduk tion wurde so immer umfangreicher und stimulierte den für den Markt produzieren den Handwerker, neue Produktionsinstrumente zu entwickeln, mit anderen Hand werkern zu kooperieren und sein Gewerbe zu spezialisieren, während der Kaufmann neben den fernhändlerischen Aufgaben (je nach Stadttyp) die Verbindung zwischen Produzenten und Verbrauchern auch im lokalen Rahmen übernahm. Die „ständige Wechselbeziehung zwischen gewerblicher Produktion und durch die Kaufleute ver- mittelte(r) Zirkulation“ (ebenda, S. 106) wurde zum charakteristischen Merkmal der städtischen Wirtschaft.