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Adelsopposition aufgenommen hatte (Widukind 111,68). In diesen Feststellungen zu genannten und ungenannten Burgen in Verbindung mit wichtigen Überlieferungs teilen bei Widukind von Corvey wird einerseits sichtbar, daß in den militärischen Auseinandersetzungen und im politischen Leben Burgen eine bedeutende Rolle spiel ten. Andererseits zeigt die Wiederholung der Anonymität der Burgen, daß für Wi dukind es völlig ausreicht, wenn man typisierend weiß, eine Burg war im Spiel. Wel che Burg, wo sie lag und wie sie aussah, war für ihn nur von sekundärem Interesse. In den historisch-topographischen Relationen vergleichbar erscheinen beispiels weise auch die wesentlich jüngeren Ausführungen Lamperts von Hersfeld (Ausgew. Quellen z. Dt. Gesch. d. Mittelalters, Bd. XIII; Wattenbach/Holtzmann 1967, T. 2, S. 456 ff.) Seine drei Erwähnungen von Meißen zu 1071, 1075 und 1076 stel len Burgenfragen und räumliche Positionen zurück (Lampert, Ann., S. 152, S. 310, S. 376). Im Vordergrund stehen die Auseinandersetzungen zwischen Kaiser, Mark graf, Böhmen und Polen. Außer dem Namen Meißen sind keinerlei Einzelheiten zur Burg zu erkennen. Aus der Subjektivität der Überlieferung und aus der literarisch formalen Bindung der Niederschrift (äußerlich sichtbar in metaphorischen Bibelzitaten und in Zitaten und Anklängen an antike Schriftsteller) ergeben sich bei den narrativen Quellen zu gleich Übertreibungen. Als Beispiel sei auf die Schilderung von Kiew durch Thietmar von Merseburg verwiesen, der sonst verläßlich und real berichtet und mit der Be schreibung der Lage von Meißen ein herausragendes Beispiel historisch-topographi scher Detailtreue für seine Zeit lieferte (Ausgew. Quellen z. Dt. Gesch. d. Mittel alters, Bd. IX; Wattenbach/Holtzmann 1967, T. 1, S. 52 ff.; Lippelt 1973). Er be zeichnet Kiew als „sehr starke“, „große Stadt“ mit „400 Kirchen und acht Märkten“ und einem „sagenhaften Schatz“, „die Zahl der Einwohner ist unbekannt“ (Thiet mar, Chronik VIII,32). Historisch-topographische Detailtreue ist bei den verschiedenen Geschichtsschrei bern verschieden ausgeprägt. Weitsicht, Darstellungsweise und Form der Chroni ken, Annalen und verwandten Geschichtswerke sind jedoch von Klassenpositionen und Traditionen der Schulen in der gegebenen Variationsbreite gleich gerichtet ausge prägt, so daß sich die Burgenerwähnungen der narrativen Quellen von denen der Ur kunden prinzipiell unterscheiden. Der Urkunde ist die exakte Detailauskunft we senseigen. Unabhängig von ihrem Rechtsinhalt gewährt auch ihre Form relativ prä zise Auskünfte. Aussteller und Ausstellungsort stehen zum Vorgang genau so in einer ursächlichen Beziehung wie Intervenienten und Zeugen. So erscheint auch für die Burgenforschung die Urkunde als die verläßlichste Quellengattung der schriftlichen Überlieferung (Santifaller 1967, S. 7). Wir können angesichts der Differenziertheit und Variabilität der urkundlichen Überlieferung direkte und indirekte Erwähnungen von Burgen unterscheiden (Billig 1962, S. 150 ff.; 1963, S. 334 ff.; Buchner 1982, S. 144 ff.). Direkt erfassen wir eine Burg, wenn sie explizit als castrum, castellum, munitio, im frühen Mittelalter als urbs oder civitas, in deutschen Urkunden des Hochmittelalters als Sloß, Hus, festes Hus oder Feste aufgeführt wird (Geppert 1927, S. 168 ff., 244; Grimm 1958, S. 132 ff.;