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stehen, dessen Verbindung mit Menschen und Menschengruppen, bedürfen kombi nierender Interpretation. Damit sind die allgemeinen Grundbeziehungen angedeutet. Das Bedingungs gefüge in seiner Gesamtheit ist jedoch noch nicht angesprochen und genau bestimmt. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Gattungen der verschiedenen Quellenarten, ihre Binnenstruktur, treten hinzu und wirken im vergleichenden Untersuchungsvor gang stets gravierend. Es ergibt sich daraus die Notwendigkeit, daß auch von den Nachbarwissenschaften die Unterschiede und gegenseitigen Beziehungen der narrati ven Quellen und der Urkunden beachtet werden. 3 Die erzählenden Geschichtsquellen erwähnen Burgen meist beiläufig, ihre Namen und Gestalt erscheinen weniger interessant. Die von ihnen herausgestellten Akteure, die religiös befangene Weltauffassung, die Traditionen der geistlichen Einrichtungen, denen die einzelnen Geschichtsschreiber entstammen, überdecken zumeist die histo risch-topographischen Details. Beispielhaft zeigt sich das bei Widukind von Cor vey (Rerum gestarum Saxonicum libri tres, bearb. v. P. Hirsch 1935; Beumann 1950; Wattenbach/Holtzmann 1967, T. 1, S. 25 ff.). Eine Durchsicht der drei Bü cher Sachsengeschichten ergibt für die eroberten westslawisch besiedelten Gebiete zwischen Elbe/Saale und Oder relativ wenige exakte Ortsnennungen mit Burgen bei einer charakteristischen Streuung. Je viermal werden Magdeburg und Merseburg erwähnt (Widukind 11,6; 11,41; 111,10; 111,75; 11,3; 11,18; 11,19). Sie stellen nicht nur Kaiserpfalzen dar, sondern verkörpern zugleich die frühstädtischen Umschlag punkte zwischen fränkisch-deutschen Stammlanden und den slawisch besiedelten Marken (Schlesinger 1963; 1968; Lampe 1966; Nickel 1973). Dazu treten Bran denburg mit zweifacher sowie Lenzen und Gana mit einmaliger Nennung in auf schlußreichem Zusammenhang (Widukind 1,35; 11,21; 1,36; 1,35). Auch diese Orte befinden sich bis auf Gana in grenznaher Lage. 4 Gana markiert die am weitesten im Osten liegende bei Widukind namentlich erwähnte Burg (Coblenz 1977). Für die Wertigkeit genauer topographischer Festlegungen bei Widukind ist aufschlußreich, daß zu diesen fünf exakt bezeichneten Burgen in zwölf angesprochenen historischen Vorgängen sieben anonyme Stellen mit Wehranlagen in historisch relevanten Zu sammenhängen hinzutreten (Widukind 1,32; 1,38; 11,3; 11,4; III,8; 111,45; 111,68). Dazu gehört auch die Wehranlage in der Nähe des Schlachtfeldes von Riade, die die Schwester des Königs bewohnte und die von den Ungarn belagert wurde (Widu kind 1,38). Ebenso wie der Bau von Burgen zum Schutze vor den Ungarn und die Zerstörung von Burgen durch die Ungarn allgemein und anonym beschrieben wer den, bleibt auch diese Burg namenlos. Genau so unbekannt bleiben Name und Lage der Burg des Wagrierfürsten Selibur, der den Wichmann als Vertreter der sächsischen 3 Brandt 1958; Santifaller 1967. Vgl. auch Ordnungs- und Verzeichnisgrundsätze für die staatlichen Archive der DDR. Ergänzung 4 Urkunden, Potsdam 1980. Besonders die für die Regestierung festgelegten Grundsätze ermöglichen auch für die Burgenforschung eine optimale Erfassung der urkundlichen Quellen, S. 22 ff. Ein unserem Anliegen entsprechendes differenziertes Herangehen an die Urkunden seitens der Namenkunde zeigen beispielhaft Eichler/Walther 1981. 4 Brandenburg liegt 40 km Luftlinie östlich der Elbe, im Bereich der vom Magdeburger Elbüber- gang ausgehenden frühgeschichtlichen Oststraße. Vgl. Herrmann 1964.