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Gemmen Gemmen (von lat. gemma - Edelstein) dienten schon in den ältesten Hochkulturen Mesopotamiens, Ägyptens und im kretisch-minoischen Bereich als Siegel, Schmuck und Amulett. 4 In großer Zahl wurden sie vor allem im hellenistischen Griechenland des 3. bis 1. Jh. v. u. Z. gefertigt. Weiteste Verbreitung erfuhren sie, gestützt auf eine bedeutsame etruskische Tradition, im Römischen Reich. Gründe hierfür waren die gut eingespielten Fernhandelsverbindungen des Imperiums zum Bezug der be sonders geschätzten Halbedelsteine (Achate, Onyx, Jaspis, Amethyst u. a.), die vorrangig Indien, aber auch Kleinasien und Nordafrika lieferten. Hinzu kommt die technologische Möglichkeit, im Abdruckverfahren Glasintaglien als „Massen ware“ herzustellen (s. S. 136). Gemmen waren beinahe ausschließlich in Fingerringen gefaßt 5 und dienten im römischen Gebiet als Siegelsteine. Bei den spätrepublikanisch-frühkaiserzeitlichen Stücken überwogen extrem langovale, flache oder auch hochgewölbte Formen, wäh rend die späteren meist oval und flach oder leicht konvex waren. Eine genaue Datierung der geschnittenen Steine ist nicht zuletzt wegen ihrer Wie derverwendung schwierig. So können, besonders bei qualitätvollen Steinen, Schnitt und letzte Fassung über zwei Jahrhunderte auseinanderliegen. 6 Neben seiner Schmuckwirkung besaß der Stein je nach Art, Farbe und Motiv 7 eine im einzelnen schwer zu entschlüsselnde symbolische Bedeutung (Krug 1980, S. 157). Es überwiegen Abbildungen von Einzelgottheiten, deren Typus und Attri bute denen auf kaiserzeitlichen Münzen weitgehend entsprechen. Vieles deutet dar auf hin, daß die Darstellung bestimmter Götter an spezielle Steinarten und deren Farben gebunden war. Häufig kommen glückverheißende Motive aus dem Bereich des Handels (Merkur) und des Militärs (Mars, Virtus) vor. Seltener sind mythologische oder szenische Bilder, die schon im Laufe des 1. Jh. außer Mode kamen. Mit dem römischen Vordringen gelangten erstmals auch zahlreiche Gemmen in das Rheingebiet, wobei die ältesten, noch in das 1. Jh. v. u. Z. zu datierenden Stücke aus den früh angelegten Militärsiedlungen wie Köln, Mainz und besonders Xanten (Vetera) stammen. In den folgenden zweieinhalb Jahrhunderten gehörten Intaglien zu den wichtigsten Objekten römischer Kleinkunst, 8 die, wie sämtliche anderen Industriegüter auch, den Weg nach Innergermanien fanden. 4 Siehe Krug 1980, S. 154 - dort auch ausführliche Angaben über Spezialliteratur, Corpora (Antike Gemmen in deutschen Sammlungen, München — Wiesbaden, 1968 ff.) und regionale Material vorlagen aus der Germania Romana (Krug, in: Germania 53, 1975, S. 113 ff.; 55, 1977, S. 77 ff.; 56, 1978, S. 416 ff.; 58, 1980, S. 117 ff.). 5 Überliefert ist jedoch die Verwendung als Besatz kostbaren Schmuckes, wie Hals- und Arm bänder, Gürtel und Schnallen, oder von Edelmetallgefäßen (aurum, argentum gemmatum), Waf fen, Kandelabern, Saiteninstrumenten, Sänften, Prunkwagen u. a. (Henkel 1913, S. 350). 6 Als bestes Beispiel hierfür s. 9. Langenstein, Kr. Halberstadt. 7 Zur Technik des Gemmenschnittes ausführlich Furtwängler 1900, Bd. 2, S. 383 ff. 8 Im römischen Germanien ist nicht eine Glyptikwerkstatt archäologisch nachgewiesen. Bei dem hohen Stand aller übrigen Industrien und Gewerke wäre ein Fehlen verwunderlich. 135