Volltext Seite (XML)
Die behandelten Funde bezeugen eine, wenn anscheinend auch nur kurzzeitige bzw. sporadische Besiedlung des Platzes während der spätrömischen Periode. Die ge nauer bestimmbaren Stücke datieren sämtlich in einen mittleren Abschnitt (Stufen Eggers Cl/2-2), also etwa in die Spanne von der Mitte des 3. Jh. bis zum Beginn des 4. Jh. Eine Brücke zu den spätvölkerwanderungszeitlichen Siedlungsspuren läßt sich jedenfalls nicht schlagen. In kultureller Hinsicht fällt unsere Siedlung zweifellos in den Überschneidungsbereich zwischen oder- und elbgermanischer Gruppe (Meyer 1976, Kt. 4). Waren aus der Dresdener Elbtalweitung bisher nur linkselbisch einige odergermanisch gefärbte Inventare bekannt, so treten hier die elbgermanischen Züge in den Vordergrund. Sie sind auch im nordwestböhmischen Nachbargebiet evident (Sakaf 1966, S. 637, 647). Die scheibengetöpferte Schale verknüpft unsere Siedlung speziell mit dem nordsächsischen Elbgebiet. Das späte Terra-sigillata-Gefäß stellt sie in weiträumige Zusammenhänge, die, nach der durchweg frühen Datierung der böh mischen Belege (Sakar 1956, S. 66 f., 69) zu urteilen, eher nach Westen weisen. Späte Völkerwanderungszeit Mit acht Fundpunkten (4, 7, 9/10, 16, 17?, 19, 30, 37?), darunter lediglich zwei Sekundärbelegen (30, 37?), ist die späte Völkerwanderungszeit am Kohlmarkt bes ser als die latene- und kaiserzeitlichen Siedlungshorizonte vertreten (Abb. 72). Mehr fach ergeben sich Hinweise auf Häuser oder feste Wirtschaftsobjekte (St. 4, 9/10, 16, 17), und auch die Verbreitung im Gelände deutet auf einen geschlossenen Sied lungsgrundriß (Abb. 75 B). Auffällig ist allerdings die abseitige Lage einiger - frei lich verworfener und zudem atypischer - Scherben an Stelle 37. Auf die Schwierig keiten der Materialtrennung in den mit spätkaiserzeitlichen Funden vermischten Komplexen (St. 4, 9/10) wurde bereits hingewiesen. Einen ersten Fixpunkt gewinnen wir mit dem Oberteilrest eines vasenförmigen Topfes mit gewölbt-doppelkonischem Körper und steiler oder ausgebogener, enger Mündung aus der Hausgrube 4. Seine Schulter trug unter einer (wahrscheinlich zwi schen zwei) Horizontallinie(n) große dreilinige Andreaskreuze aus schmalen Rillen (Abb. 8,4, Taf. 33,11). Ältereisenzeitliche Datierung, wofür formale Entsprechungen aus frühem Jastorfzusammenhang herangezogen werden könnten (Reinbacher 1963, Taf. 6,A122a u. ä.), scheidet aus, da aus demselben Komplex keinerlei Zeugnisse solchen Alters vorliegen, diese überhaupt anders verbreitet waren (Abb. 74 B); auch sprechen die außen polierte, schwarzglänzende Oberfläche und der harte Brand da gegen. Vielmehr liegt ein guter Vertreter eines Gefäßtyps vor, der aus dem Gebiet der nördlichen Elbgermanen beiderseits der Niederelbe abgeleitet wird (Ziegel 1939, S. 45 f.; Mildenberger 1958, S. 511 f., 514; 1959, S. 91 f., 96 f.; Schmidt 1961, S. 101 f.) und dessen Ausbreitung diagonal durch Zentraleuropa über das Mittel elbe- und Untersaalegebiet sowie die Böhmischen Länder bis in den nördlichen Mit teldonauraum verfolgt werden kann (Svoboda 1965, S. 165 f.; Tejral 1976, S. 44). Kaum von ungefähr liegt sein Verbreitungsschwerpunkt nicht im Zentrum des Thü-