setzte das unmittelbare Interesse sowohl der Bauern als auch der Feudalherren große schöpferische Kräfte der damaligen Gesellschaft frei. Die Ausbreitung der Ware-Geld-Beziehungen erleichterte wesentlich die Mobilität größerer Menschenmassen und ihr Vermögen, in neuer Umwelt sicher Fuß zu fas sen. Der Einsatz des eisernen Scharpfluges (Bodenwendepfluges) ermöglichte eine intensive Bodenbearbeitung und die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Produk tionsfläche auch auf weniger wertvolle Böden. Möglicherweise begünstigte eine all gemeine leichte Erwärmung (Kleines Klimaoptimum) mit Höhepunkt im Hochmit telalter 130 das Aufsiedeln höher gelegener Gebiete. Doch alle wesentlichen Voraus setzungen für die großräumige Kolonisation im 12. und 13. Jh. sind darin zu suchen, daß die Gesellschaft in ihrem Leistungsvermögen einen Stand erreicht hatte, der es ihr ermöglichte, in der Erschließung neuer Naturbezirkc und -reich- tümer einen wichtigen Schritt voranzukommen. 4.6.2. Die Frühphase der Kolonisation Der Hauptphase der Kolonisation ging eine frühe Stufe voraus (etwa 1130 bis 1160), die sich kontinuierlich an den Landesausbau in jungslawischer Zeit anschloß und den alten Siedlungsraum Nisane nach West und Süd erweiterte. Dieser Aus bau scheint noch in Anlehnung an die Burgwardbezirke erfolgt zu sein und wurde gemeinsam von deutschen und slawischen Siedlern getragen, wobei bereits in dieser Phase der deutsche Anteil die Oberhand gewann. So schließen sich unmittelbar an das Altsiedelland Platz-, Straßenanger- und Doppelzeilendörfer mit deutschen Ortsnamen an, in deren Flurbild oft Gewanne und Gelänge dominieren. Im Westen erreichte die Besiedlung spätestens bis zur Mitte des 12. Jh. den oberen Rand der Wilsdruffer Hochfläche. Das Platzdorf Hühndorf ist ein „Höhendorf“. Der Zschonergrundbach hieß ursprünglich Kamenica (= Steinbach). Die slawische Siedlung Kemnitz am Unterlauf und die deutsche Neusiedlung Steinbach am Ober lauf haben dieselbe Namensbedeutung. Auch Unkersdorf und Rennersdorf sind deutsch benannt, wobei bei Rennersdorf an eine Umbenennung aus einem slawischen Namen gedacht werden könnte 131 . Bei Kesselsdorf, Braunsdorf und Oberhermsdorf ist bereits Waldhufenflur erkennbar. Wichtig für die Zeitansetzung dieser Früh phase der Kolonisation im Osten der Wilsdruffer Hochfläche ist eine Urkunde von 1140, in der u. a. „Hermanni villa" (Oberhermsdorf) „in burgwardo Woz“ erwähnt wird. 132 Ausgangsgebiet dieser Aufsiedlung war demnach der Raum um Nieder wartha-Briesnitz. Die neuen Kirchspiele Weistropp, Unkersdorf und Kesselsdorf bildeten den westlich vorgeschobensten Teil des Archidiakonates Nisane. Aus dem Altsiedelraum von Buistrizi ergriff die Besiedlung auch die Randgebiete des Freitaler Beckens. Weißig (= Ort auf der Höhe) und Großopitz besitzen be reits Waldhufenflur. Der Name des Doppelzeilendorfes Niederhäslich (Wyndischen 130 H. Jankuhn 1977, S. 54 f.; H. Jäger 1978, S. 23. 131 Siehe auch W. Fleischer 1961 b, S. 98. 132 CDS II, 1, Nr. 47.