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Bedeutung kommt offenbar ernährungsbedingten Stoffwechselstörungen zu, die das Knochenwachstum hemmen. Einen ersten Fingerzeig gibt der enge Zusammenhang von Körperhöhe und Sterbe alter. Denn die starke Abhängigkeit der Mortalität von den Lebensbedingungen im weitesten Sinne steht grundsätzlich außer Frage und konnte auch für Schirmenitz wahrscheinlich gemacht werden. Überdurchschnittliches Alter haben etliche Erwach sene mit großen Körperhöhen (Grab 16, 21, 37, 45-47), aber nicht einer der Minder wüchsigen erreicht. Diese sind dagegen in größerer Zahl vorzeitig gestorben (Grab 5, [6], 8, [10], 11, 13, 18). 243 Dazu kommen entsprechende Morbiditätskriterien: In erstgenannter Gruppe fallen Individuen mit geringer Kariesbelastung (Sk. 46, 47), in letztgenannter dagegen solche mit kariösen, spondylotischen und arthrotischen Veränderungen (Sk. 5, 8, 11) aus dem Rahmen der altersgemäßen Erwartung. Die Beziehung zwischen Wachstum und Sterblichkeit bzw. Krankheitsbelastung läßt sich im übrigen - mit umgekehrtem Vorzeichen - als ein Phänomen der Akzeleration in der Gegenwart nachweisen. Danach bildet die gemeinsame Grundlage für Wachs tumsbeschleunigung und Sterblichkeitsabfall neben der Zurückdrängung der Infek tionskrankheiten vor allem die Verbesserung der Ernährung im Kleinkindalter.24 Von nachhaltigen Wachstumsstörungen im Kindes- und Jugendalter zeugen die bei nicht weniger als 15 von 26 beurteilbaren Skeletten (58%) röntgenologisch festge stellten Wachstums- oder Harrisschen Linien (Tab. 25). 25 Es handelt sich um lamel- läre Sklerosierungen der Spongiosa in den Metaphysen (seltener in den Epi- und Dia- physen sowie Apophysen) der großen, aber auch der kleinen Röhrenknochen sowie in den Hand- und Fußwurzelknochen und in den Wirbelkörpern. Sie treten im Rönt genbild meist unterhalb und parallel der Epiphysenlinie als querverlaufende feine Verdichtungslinien in Erscheinung (z. B. Abb. 34). Vergleichbar den Jahresringen der Bäume, bezeichnen sie zeitweilige Stillstände bzw. Minderungen des Knochen wachstums am Ort ehemaliger Wachstumsflächen. Genauer gesagt handelt es sich um Auswirkungen des wieder beginnenden Wachstums bei noch nicht ausbalancier tem Verhältnis von schnell aktivierten knochenbildenden Zellen (Osteoblasten) und langsamer reifenden Knorpelzellen in der Wachstumsschicht. Deutlichkeit, Häufig keit und Abstand dieser Retardationslinien wechseln. Daraus wird auf Intensität und Anzahl von Störungsphasen bzw. Dauer zwischenzeitlicher Wachstumsschübe ge schlossen. Im ungestört sich entwickelnden Knochen sollen derartige Strukturen nicht entstehen.26 Harrissche Linien treten in unserem Material (Tab. 25) - abgesehen von entspre- 243 Bei Gegenüberstellung der über- bzw. unterdurchschnittlich alten Individuen (vgl. Tab. 15) mit über- bzw. unterdurchschnittlich großen Körperhöhen (d 170/< 150 cm, ? > 160/< 140 cm) unter Einschluß der Juvenilen und Juvenil-Adulten (n = 17) ergibt sich Signifikanz: x2 = 6,493 beif = 1, Ckorr =0,744. 244 Vgl. z. B. D. Vogt 1965, bcs. S. 264 ff. 245 Vgl. Anm. 126. 246 Vgl. etwa F. Heuck 1976, S. 58 ff.; Forschungsgeschichte bei S. M. Garn et al. 1968, Tab. 1; ausführliche, leicht verständliche Darstellung bei I. Kühl 1977, S. 165 ff. - Frau Dr. Kühl, Schleswig, danke ich für die freundliche Bereitstellung ihrer Publikation sowie weiterer Literatur.