Volltext Seite (XML)
Die Schirmenitzer lassen sich danach anscheinend besser mit den ähnlich kleiner- wüchsigen Slawenpopulationen des hohen Mittelalters in den nördlich und östlich angrenzenden Räumen als mit den gleichzeitigen Bevölkerungen der westlichen und südlichen Nachbargebiete vergleichen, die - wie auch die lokalen germanischen Vorsiedler - im allgemeinen großwüchsiger waren. 112 Schlüsselt man die Daten chronologisch auf, so deutet sich eine Abnahme der mittleren Körperhöhe um ins gesamt etwa 7 cm an, die im 9. und 10. Jh. einsetzte und seit der zweiten Hälfte des 12. Jh. wieder von einer Phase raschen Körpergrößenwachstums abgelöst wurde (Abb. 16). 113 Täuschen nicht die methodisch und umfangbedingten Unschärfen, so hat sich dieser säkulare Trend in dem oben umrissenen nordöstlichen Vergleichs gebiet später und deutlicher als im Süden und Westen ausgewirkt. 114 Schirmenitz markiert mit den tiefsten Punkt der Depression. Die Erwachsenen der rd. ein Jahr hundert älteren Altlommatzscher Gruppe waren im Mittel noch etwa 4 cm größer. Das sich abzeichnende Bild eines räumlich und zeitlich differenzierten Körperhöhen wandels ähnelt auffällig den Veränderungen im mittleren Sterbealter (Abb. 11). 115 Wie diese möchten wir auch den allgemeinen Wechsel der mittleren Körpergröße in erster Linie auf die sich regional gleichsinnig verändernden Lebensbedingungen zurückführen, während durch Engzucht bestimmte Lokalbefunde, obwohl an sich zu erwarten, anscheinend zurücktreten. 116 Danach hätten die Slawen im Gebiet und nicki nach I. Ostrowska u. T. Ziolkowski 1938, S. 273 ff.; Espenfeld nach H. Bach u. A. Bach 1971, Tab. 14, 19; Leubingen nach W. Müller 1906, S. 75 ff. (Neuberech nung nach B/B); Hradsko u Kanina nach M. Blajerov 1978, S. 402, Tab. 22 (Klassen mittel nach Martin); Bilina nach H. Hanak ovä 1971, S. 121, Tab. 20; Mlodzikowo nach J. Gladykowska-Rzeczycka 1968, S. 171 (für Frauen vgl. Anm. 109); Schirmenitz s. S. 211 f.; Gustävel nach L. Schott 1960, S. 197 f., Tab. 6; Berlin (Nikolaikirche) nach C. Müller 1963, Tab. 4 (Umrechnung nach S. 109 auf der Grundlage der Daten bei L. Schott 1957/58, S. 639); Reckahn nach L. Schott 1962, S. 33; d c r s. 1963 b, S. 114, Tab. 1 a,b. 112 Derartige Unterschiede deuteten bereits H. Bach u. A. Bach 1971, S. 162 f., Tab. 24, an. 113 Diese scheint im selben Raum bald von einer Zeit erneut kleinerwüchsiger Populationen gefolgt gewesen zu sein; vgl. z. B. Teplicc (M. Blajerovä 1961, S. 656, Tab. 2); Leipzig (L. Schott 1957, S. 292). 114 Das räumlich und zeitlich viel zu weitmaschige Netz statistisch repräsentativer Vergleichsdaten ließ bisher nur vermuten, daß „von der Völkerwanderungszeit bis in das 19. Jh. eine Körper höhenabnahme feststellbar“ sei; vgl. A. Bach, H. Bach u. K. Simon 1972, S. 22 (Zi tat), Tab. 6; H. Bach u. A. Bach 1976, S. 34. 115 Darüber hinaus könnte wie bei diesem (vgl. Anm. 57) auch die Körperhöhendifferenz zwischen den Geschlechtern gleichsinnigen Schwankungen unterlegen haben. Die Abweichungen der mitt leren Körperhöhen der Frauen von denen der Männer betragen in den erfaßten bäuerlichen Serien (nach Tab. 12, Reihenfolge wie Tab. 6) für das 8.-9. Jh. 4,0 % (Großschwabhausen - Ober möllern), für das 10.-12. Jh. 7,6% (Dreitzsch - Gustävel einschl. Liebon-Zscharnitz), für das 13. Jh. wieder 6,4 % (Reckahn). 116 Für eine örtliche begrenzte Endogamiedepression (vgl. zuletzt J. Schwidetzky 1978, S. 42) sprechen nur wenige Serien. In unser Modell fügen sich allein die gemessen an der Erwar tung zu niedrigen Körperhöhen für Obermöllern und Bilina nicht ein, die allerdings nach Pearson bzw. Manouvrier berechnet sind. Die kleinen, schlecht bestimmten Serien von Staßfurt (nach O. Förtsch 1907, Tab. I) und Damm, Kr. Rostock (K. Kasbohm 1953, S. 118) mit x = 159 bzw. 165 cm sind kaum verwertbar.